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das Aktuelle Interview - Düngungsverordnung: „Wir wollen die Landwirte sensibilisieren“

Lesezeit: 5 Minuten

Deutschland steht unter dem Druck der EU, die Düngeverordnung (DüV) zu novellieren. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe (BLAG) hat dazu Vorschläge erarbeitet. Die Wissenschaftlichen Beiräte des BMELV und der Sachverständigenrat für Umweltfragen fordern in ihrer gemeinsamen Stellungnahme nun noch schärfere Regelungen. Was steht auf dem Spiel, wenn Deutschland keinen Entwurf auf die Beine stellt, den Brüssel akzeptiert?


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Taube: Zunächst würde die Derogationsregelung mit Ablauf des Jahres 2013 auslaufen, wenn bis dahin keine von der EU-Kommission notifizierte neue DüV in Kraft tritt. Darüber hinaus sind verschiedene Szenarien denkbar, im Extremfall könnte die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren anstreben.


Die Beiräte fordern z. B. ab 2020 eine flächenbezogene Hoftorbilanzierung, um das N- und P-Management in den Betrieben zu kontrollieren. Diese ist sehr aufwendig. Bringt sie Landwirten einen Nutzen?


Taube: An erster Stelle wollen wir damit die Landwirte sensibilisieren; Kontrolle rangiert dahinter. Ein zusätzlicher Aufwand ist nicht wirklich gegeben, denn es handelt sich lediglich um eine andere Form der Bilanzierung. Das jetzige Verfahren ist aufwendiger, da für jede einzelne Kulturart die Flächenbilanz zu erstellen ist. Als technische Voraussetzung für die Hoftorbilanz muss aber ein bundesweit einheitliches, einfach handhabbares EDV-gestütztes Werkzeug geschaffen werden. Ist dies vorhanden, verringert sich der Aufwand für viele Betriebsleiter sogar. Der Nutzen für die Landwirte ist, dass sie Defizite in der Düngerausnutzung für ihren Betrieb schnell und einfach erkennen können. Vor allem in vielen Futterbaubetrieben ist das mit dem bisherigen Verfahren nicht der Fall, da Ertragsmessungen auf den Flächen in der Regel nicht vorhanden sind und durch unzureichende Schätzverfahren ersetzt werden.


Pauschale Düngungsobergrenzen, wie in den Niederlanden und Dänemark, lehnen Sie ab. Sie fordern stattdessen, den Nährstoffüberschuss als relevante Größe heranzuziehen. Wie soll das funktionieren?


Taube: Wie bisher, nur auf Basis eines aussagekräftigeren Bilanzierungsverfahrens. Also mit fixen Obergrenzen unter Berücksichtigung unvermeidbarer Verluste. Bisher müssen Betriebe, die diesen maximalen Wert deutlich überschreiten, keine Konsequenzen ziehen. Das halten wir nicht für zielführend. Vielmehr sollte hier eine Be­ra- tungspflicht einsetzen, um den Betrie­ben zu helfen, zurück in den Zielkorridor der N- und P-Salden zu kommen.


Den P-Überschuss auf 20 kg/ha auf hoch versorgten Böden im 6-jährigen Schnitt zu begrenzen, geht Ihnen nicht weit genug. Sie wollen für diese Böden von 2020 bis 2026 vorschreiben, dass sie nur noch unterhalb des Entzuges gedüngt werden dürfen. In Stufe C soll kein Überschuss mehr erlaubt sein. Ist das nicht für Veredlungsbetriebe ein Abstockungsgebot?


Taube: P-Dünger sind ein endliches Gut. Deshalb müssen die Signale klar gesetzt sein, dass nicht mehr eingesetzt wird als notwendig, um einen hohen Ertrag abzusichern. Dies ist mit unseren Vorschlägen gegeben. Zum anderen tragen hohe Phosphat­überschüsse maßgeblich zur Eutrophierung bei. So weist die Nordsee an allen 28 Messstellen einen Eutrophierungsgrad aus, der nicht den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie entspricht. In Veredlungsregionen wird dies ohne Frage einen Anpassungsdruck erzeugen, aber was wäre die Alternative? Die allermeisten Betriebe haben andere Anpassungsmöglichkeiten als die Abstockung, nur wurden diese bisher nicht wirklich eingefordert.


Sie wollen die Gülle- bzw. Gärrestlagerkapazitäten für flächenlose Viehhaltungs- und Biogasbetriebe auf 9 Monate raufsetzen. Wie sollen sie das finanzieren?


Taube: Auch aus den Vorschlägen der BLAG ergeben sich diese Lagerkapazitäten auf vielen Betrieben (ohne Grünland). Betriebe mit Biogasanlagen setzen als pflanzliche Substrate vornehmlich Mais ein. Daraus resultiert ein pflanzenbaulich sinnvolles Düngefenster von ca. 3 Monaten und somit eine Lagerkapazität von 9 Monaten. Wir fixieren damit das, was bereits heute gute fachliche Praxis der Düngung ist. Weil uns klar ist, dass das nicht aus dem Stand zu stemmen ist, haben wir Übergangsfristen und Vorschläge zur finanziellen Abfederung genannt.


Warum pochen die Beiräte auf weitergehende Kontrollen (webbasierte Datenbank, Kontrolle Mineraldüngerverkauf Landhandel) und Sanktionen (kostenpflichtige Beratung, Ordnungswidrigkeit)?


Taube: Bereits die bestehende DüV sieht Kontrollen und Sanktionen vor. Das derzeitige Problem ist nur, dass sich die Nährstoffbilanzen auf vielen Betrieben nicht korrekt erfassen lassen. Wenn dann ein Fehlverhalten vorliegt, ist es konsequent, die Beratungspflicht anzuwenden und Sanktionen anzuwenden, wenn diese Beratung keine Früchte trägt. Im Übrigen sind die Re- gelungen in Nachbarstaaten mit intensiver Viehhaltung wie den Niederlanden oder Dänemark deutlich restriktiver. Wir wollen mit unseren moderaten Vorschlägen erreichen, dass sich die Nährstoffüberschussproblematik mit stagnierenden knapp 100 kg N/ha ohne Dünge-Obergrenzen usw. lösen lässt.


Haben Sie berechnet, welche Kosten Ihre Forderungen Landwirten verursachen?


Taube: Es sind ganz andere primäre Treiber, die hohe Pachtpreise verursachen. Außerdem gibt es „den Landwirt“ als Modell für solche Kostenkalkulationen nicht. Es wird Gewinner geben (ge- ringere Düngekosten durch bessere Produktionstechnik, bessere Ausnutzung organischer Dünger, höhere Erträge), aber auch Betriebe, denen höhere Kosten entstehen (Regionen mit sehr hohen Viehdichten). Dem sind die eingesparten gesellschaftlichen Kosten (Emissionsreduktion) gegenüberzustellen. Die Beiräte haben Vorschläge un­ter­breitet, um die einzelbetrieblichen Kosten durch Investitionsförderung abzufedern.


Prof. Dr. Friedhelm Taube, Uni Kiel und Mitglied im Wissenschaft­lichen Beirat für Agrarpolitik des Bundeslandwirtschafts-ministeriums.

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