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Dem Drahtwurm an den Kragen

Lesezeit: 7 Minuten

Drahtwürmer können jungen Mais erheblich schädigen. Über neue Monitoring-Ergebnisse und Bekämpfungsstrategien informieren Dr. Jörn Lehmhus vom Julius Kühn-Institut und Prof. Stefan Vidal, Uni Göttingen.


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Bundesweit gibt es kaum eine Region, in der Drahtwurmschäden nicht zunehmen. So hat sich der Drahtwurm mittlerweile zu einem der gefährlichsten Schädlinge im Mais entwickelt. Die Fraßschäden verursachen dabei die Larven bestimmter Schnellkäferarten.


Über die Gründe, die zu diesem Problem geführt haben, gibt es unterschiedliche Ansichten und Hypothesen: Neben der Klimaveränderung nennen Berater und Landwirte auch das Verbot verschiedener Wirkstoffgruppen für die Saatgutbeizung und ein verändertes Anbau-regime.


Wie viel Fläche ist betroffen?

Um die Drahtwurmschäden im Mais richtig einschätzen zu können, führt das Julius Kühn-Institut (JKI) jährlich Umfragen in den Bundesländern durch. Die Ergebnisse der letzten 4 Jahre entnehmen Sie Übersicht 1. Nicht berücksichtigt sind die Schäden in anderen landwirtschaftlichen Kulturen. Gerade im Kartoffelbau, vor allem in ökologisch wirtschaftenden Betrieben, klagen die Landwirte in verschiedenen Regionen in den letzten Jahren auch verstärkt über Drahtwurmschäden.


Die Mais-Flächenanteile mit Schäden lagen in 2012 etwas höher als in 2011 und bewegen sich seit 2009 insgesamt auf einem Niveau von knapp unter 5 %. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Zahlen nur eine grobe Annäherung an die Feldsituation sind, da nicht in allen Jahren Daten von der gesamten Anbaufläche vorliegen. Das gilt vor allem für die Angaben in der unteren Befallsklasse von 0 bis 5 % geschädigter Pflanzen. Insgesamt zeigen die Ergebnisse aber dennoch ein repräsentatives Bild der Situation im Mais bei uns in den letzten Jahren.


Nur bei einem geringen Befall bis 5 % geschädigter Pflanzen tritt in der Regel kein wirtschaftlicher Schaden auf. Viele Landwirte verzichteten jedoch bereits bei niedrigem Drahtwurmbesatz in den Vorjahren vorausschauend auf den Maisanbau. Dabei nehmen sie häufig wirtschaftliche Einbußen in Kauf, da wirksame Mittel gegen Drahtwürmer in der Regel nur begrenzt zur Verfügung stehen.


Drahtige Überlebenskünstler:

Zwei Faktoren erschweren die Bekämpfung von Drahtwurm-Arten besonders: Zum einen überdauern die Schädlinge ungünstige Ernährungssituationen schadlos, da die Larven lange hungern können. Bereits Erstlarven kommen bis zu ca. einen Monat ohne Nahrung aus, letzte Larvenstadien sogar bis zu ungefähr einem Jahr. Zum anderen dauert die Entwicklung der meisten Drahtwurm-Arten 3 bis 5 Jahre. Das führt dazu, dass an einem Standort oft verschiedene Entwicklungsstadien gleichzeitig vorkommen (siehe Übersicht 2, Seite 102).


Nach Grünlandumbruch kann z. B. die Schadwirkung durch Drahtwürmer erst nach 3 oder 4 Jahren so gravierend sein, dass dann Maßnahmen nötig werden. Es können aber auch direkt nach dem Umbruch Schäden auftreten. Die Larven haben meist zwei Fraßphasen im Jahr: eine im Frühjahr von März bis Mai und eine im August/September. In den Zwischenzeiten wandern die Larven in tiefere Bodenschichten ab.


Befall richtig erfassen:

Bei Verdacht auf ein erhöhtes Drahtwurmauftreten, empfiehlt es sich, die Befallsdichten auf der Fläche vorab zu erfassen. Geeignet dazu sind z. B. vorgequollene Getreidekörner als Köder, die Sie in mit Löchern versehenen Behältern in den Boden einlassen können. Nach ca. 1 Woche graben Sie diese Fangbehälter wieder aus und zählen die Drahtwurmlarven. Aber Vorsicht: Wenn Wildschweine die Felder besuchen, sind diese Tiere sehr schnell und effektiv in der Lage, die Köder auszugraben und die Larven als leckeres Futter zu verwerten.


Alternativ können Sie auch an verschiedenen Stellen des Feldes den Boden aufgraben und Köder (Kartoffelscheiben, Möhren) an markierten Stellen ca. 15 bis 20 cm tief im Boden auslegen.


Weil die Drahtwürmer im Feld oft sehr unregelmäßig verteilt sind, die Artenzusammensetzung unterschiedlich ist und die Fangerfolge der Köder schwanken, lässt sich keine klare Schadensschwelle angeben. Auf sehr stark befallenen Flächen empfiehlt es sich, unempfind­liche Alternativfrüchte anzubauen.j


Granulat gegen Drahtwürmer:

In der Vergangenheit haben Saatgutbehandlungsmittel aus der Gruppe der Neo-nikotinoide gut gegen Drahtwürmer gewirkt. Sie waren aber in den letzten Jahren in Mais und Getreide wegen der Staubentwicklung bei der Aussaat und den dadurch entstandenen Bienenschäden bundesweit nicht zugelassen. In Raps und Rüben konnten die Landwirte Neonikotinoide zur Saatgutbehandlung dagegen weiter anwenden. Wie sich dies künftig entwickelt, ist derzeit noch nicht zu beantworten.


Ob Sie – wie in 2012 – das Feingranulat Santana mit dem Wirkstoff Clothianidin nutzen können, war bei Redaktionsschluss (Anfang März) noch offen. Es wird mit 7 kg/ha während der Maissaat im Boden abgelegt. Ein Antrag auf eine befristete Genehmigung für den Einsatz im Mais ist gestellt. Über den aktuellen Stand informiert Sie top agrar im Internet (www.topagrar.com unter „Acker + Wetter“) und in der nächsten Ausgabe.


Beachten Sie bei der Anwendung Folgendes: Es werden nach § 29 Abs. 1 Satz 2 PflSchG den Vorjahren entsprechende Auflagen festgesetzt. So muss z. B. die Ausbringung mit einem geeigneten, in der Pflanzenschutzgeräteliste des JKI eingetragenen Granulatstreuer erfolgen. Eine Liste geeigneter Streuer finden Sie im Netz un­ter: http://www.jki.bund.de/de/startseite/institute/anwendungstechnik/geraetelisten/granulatstreugeraete.html


Eine Nebenwirkung auf Drahtwürmer hat zudem die Maisbeizung mit Methiocarb (Mesurol flüssig). Bei schwachem Befall kann die Wirkung bereits ausreichen. Beim Einsatz von Mesurol sollten Sie Folgendes beachten: Setzen Sie pneumatische Sägeräte ein, die mit Unterdruck arbeiten, müssen diese über eine anerkannte Vorrichtung verfügen, die die Abluft auf oder in den Boden ableitet.


Gibt’s neue Methoden?

Einige Praktiker empfehlen, Kalkstickstoff in den Boden einzuarbeiten oder Fangpflanzen anzubauen. Diskutiert wird derzeit auch der Einsatz von Nematoden oder entomopathogenen Pilzen, die die Drahtwürmer schädigen. Die Bekämpfungserfolge dieser Maßnahmen gegen Drahtwürmer sind jedoch nicht verlässlich. Sie hängen von verschiedenen Faktoren ab. Derzeit wirken sie noch nicht ausreichend sicher und sind für den praktischen Einsatz oft noch zu teuer.


Ein weiterer Ansatz ist die so genannte Biofumigation. Dabei wird eine senfölhaltige Frucht (z. B. Rübsen) in den Boden eingearbeitet. Die entstehenden Zersetzungsprodukte wirken toxisch auf die Drahtwürmer. Allerdings ist auch hier die Wirkungssicherheit nicht in allen Fällen gegeben.


Senken lässt sich die Zahl der Drahtwürmer mit einer intensiven Boden­bearbeitung. Diese sollte am besten dann erfolgen, wenn die empfindlichen Entwicklungsstadien (Eier, Junglarven, Puppen) auftreten. Diese Maßnahme wird den Befall in der Regel zwar senken, sie reicht allein aber auch nicht aus.


In der Entwicklung sind derzeit Bekämpfungsoptionen, die unter dem Namen „Attract & Kill“ (Köderverfahren) bekannt sind. Dabei macht man sich zunutze, dass Draht­würmer Kohlendioxid – eventuell auch noch andere Wurzel-exudate – benötigen, um zu den Wurzeln zu gelangen. Werden nun künstliche CO2-Quellen kombiniert mit einem Insektizid in den Boden eingebracht, könnte man die Larven über eine größere Distanz und einen längeren Zeitraum gezielt anlocken. Probleme, die sich aus dem derzeitigen Einsatz von Insektiziden ergeben (vor allem Zeitpunkt und Wirkort), ließen sich damit umgehen. Durch das gezielte Anlocken der Drahtwurmlarven lässt sich eine hohe Effizienz bei gleichzeitig reduzierten Aufwandmengen erreichen. Diese Strategie wird in verschiedenen Projekten untersucht. Sie würde auch mit dem „Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln“ übereinstimmen. Ziel dieses Aktionsplans ist, die durch chemische Pflanzenschutzmittel verursachten Risikopotenziale bis zum Jahr 2020 um 25 % zu reduzieren.


Diese neuen Bekämpfungs-Möglichkeiten werden uns voraussichtlich kurzfristig nicht zur Verfügung stehen. Ein großes Problem in der Forschung sind vor allem die langen Entwicklungszyklen der Drahtwürmer.

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