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Die Hohe Schule der Herbizidstrategie

Lesezeit: 7 Minuten

Ob All-In-One-Pflanzverfahren, Trockenheit, empfindliche Sorten oder spezielle Problemunkräuter – Sie müssen die Unkrautbekämpfung danach ausrichten. Feinheiten dazu von Dr. Luitpold Scheid, LWK Niedersachsen, Bezirksstelle Uelzen.


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Die Kartoffel toleriert nur einen geringen Unkrautbesatz. Speziell in blattarmen Sorten oder lückigen Beständen verursachen oft schon wenige Unkräuter einen Minderertrag. Auf ty-pischen Kartoffelstandorten ist eine Unkrautbekämpfung wegen der star-ken Verunkrautung (z. B. Knöterich-Arten, Klettenlabkraut, Weißer Gänsefuß, Acker-Stiefmütterchen, Schwarzer Nachtschatten) ohnehin ein Muss. In erster Linie entscheiden Unkrautspektrum, Kartoffelsorte und Standortbedingungen, welche Strategie Sie dabei einschlagen müssen.


Schwarzer Nachtschatten: So packen Sie ihn


Haben Sie Last mit Schwarzem Nachtschatten, ist die Strategie praktisch vorgegeben. Eine wirkungsvolle Bekämpfung des Nachtschattens lässt sich nämlich nur mit dem Vorauflaufmittel Tacco erzielen. Da Tacco Wirkungslücken aufweist (z.B. Weißer Gänsefuß, Windenknöterich) braucht es auf jeden Fall einen Mischpartner. In unseren Versuchen überzeugte die Mischung aus 0,25 l/ha Tacco plus 0,5 kg/ha Sencor plus 1 l/ha Boxer mit einer beachtlichen Breitenwirkung. In Kartoffelsorten, die den Wirkstoff Metribuzin nicht vertragen, scheidet diese Variante aus. Hier können Sie z. B. die Tankmischung aus 0,25 l/ha Tacco plus 2,5 l/ha Bandur einsetzen. Sie besitzt ebenfalls eine ansprechende Wirkungsbreite, verursacht aber höhere Kosten von ca. 20 €/ha (siehe Übersicht 1). Letztlich entscheidet die Kartoffelsorte, welche Mischung zum Einsatz kommt.


Probleme gibt es, wenn der Schwarze Nachtschatten auf drainierten Flächen steht. Hier darf kein Tacco eingesetzt werden. Einzig denkbare Alternative ist der Einsatz von Artist (2,0 bis 2,5 kg/ha). Doch letztlich fällt auch diese Maßnahme speziell unter trockenen Bedingungen deutlich in der Nachtschatten-Wirkung ab. Insofern ist der Einsatz von Artist keine wirkliche Alternative, wenn es um die Bekämpfung des Schwarzen Nachtschattens geht. Oftmals sind Nachbehandlungen mit Sencor (0,3 kg/ha) einzuplanen, die vielfach nur Teilerfolge bringen. Somit wird deutlich, dass Metribuzin-unverträgliche Sorten nichts auf drainierten Flächen zu suchen haben, wenn dort der Schwarze Nachtschatten bekämpft werden muss.


Metribuzin-unverträgliche Sorten – was tun?


Die Liste der Sorten, die den Wirkstoff Metribuzin nicht vertragen, wird immer länger (siehe Übersicht 2). Da in diesen Sorten die Mittel Sencor (Mistral/Lexone) und Artist zum Teil deutliche Ertrags-einbußen verursachen und folglich nicht eingesetzt werden können, ist praktisch auch in diesem Fall die Herbizidstrategie vorgegeben. So ist hier mit dem Vorauflaufherbizid Bandur zu arbeiten, das je nach Verunkrautung entsprechend ergänzt werden muss.


Tritt Schwarzer Nachtschatten auf, so empfehlen wir die Mischung aus 2,5 l/ha Bandur plus 0,25 l/ha Tacco. Bei normaler Mischverunkrautung auf Ihren Kartoffelflächen können Sie ebenso mit einer Tankmischung aus z. B. 2,5 l/ha Bandur plus 2,5 l/ha Boxer arbeiten. Die Wirkungsbreite dieser Mischung ist ansprechend, so dass sie auch auf drainierten Flächen angewendet wird.


Beachten Sie, dass Mittel wie Bandur oder Tacco reine Vorauflauf-Produkte sind. Sie müssen daher bis ca. eine Woche vor dem Durchstoßen der Kartoffeln eingesetzt werden. Andernfalls kann es zu Pflanzenschäden kommen.


Strategie für normale Mischverunkrautung


Wenn bei Ihnen der Schwarze Nachtschatten keine Rolle spielt und Sie bei der Herbizidwahl durch die Kartoffelsorte nicht eingeschränkt sind, sollten Sie die Herbizidstrategie an den Standortbedingungen ausrichten. Letztlich hängt es davon ab, ob die Bodenfeuchte bzw. die organische Substanz im Boden eine ausreichende Wirksamkeit der Bodenherbizide erwarten lassen. Wenn ja, hat es sich bewährt, Boxer zusammen mit Sencor in einer Aufwandmenge von ca. 3,5 l/ha plus 0,5 kg/ha auszubringen. Diese Kombination besitzt eine gute Breitenwirkung.


Gleichzeitig hat diese Mischung den Vorteil, dass sie sich relativ flexibel – bis kurz vor dem Durchstoßen der Kartoffeln – einsetzen lässt. Wenn Sie diese Möglichkeit nutzen und mit der Behandlung bis unmittelbar vor dem Durchstoßen der Kartoffeln warten, sind die Unkräuter meist schon aufgelaufen. Dadurch kommt bei den Mitteln neben ihrer Boden- auch ihre Blattwirkung zum Tragen – eine deutliche Verbesserung der Wirksamkeit ist die Folge!


Trockene Bedingungen – was tun?


Unter trockenen Bedingungen kommt es bei den im Vorauflauf eingesetzten Bodenherbiziden zu einer Wirkstoff-Festlegung und damit zu einer Minderwirkung. Insofern raten wir bei Trockenheit von dem Einsatz der oben empfohlenen Mengen (z. B. 3,5 l/ha Boxer plus 0,5 kg/ha Sencor) ab. Stattdessen empfehlen wir verringerte Aufwandmengen in Spritzfolgen auszubringen. Die Behandlungstemine und damit die Mittelwahl richten sich nach dem Zeitpunkt des Unkrautauflaufs.


Sind bereits erste Unkräuter vorhanden, wenn die Kartoffeln unmittelbar vor dem Durchstoßen sind (z. B. beim All in One Verfahren), so hat es sich bewährt, zu diesem Termin eine geringe Herbizidmenge aus z.B. 1,5 l/ha Boxer + 0,4 kg/ha Sencor vorzulegen. In allen anderen Fällen warten wir mit dem Herbizideinsatz bis die ersten Unkräuter aufgelaufen sind. Dann sollten Sie vorgehen wie beim „verspäteten Dammaufbau“.


Die Tankmischung aus Boxer plus Sencor brennt das bei der Behandlung aufgelaufene Unkraut zunächst weg. Entscheidend ist dabei, dass Sie die Unkräuter bei der ersten Behandlung sicher erfassen. Hierfür muss die Herbizidmischung über eine hohe Blattaktivität verfügen. Insofern tragen alle Maßnahmen, die die Blattwirkung erhöhen, zu einer Wirkungssteigerung bei. So lässt sich der Wirkungsgrad durch die Zugabe eines Additivs (z. B. Oleo FC 1 l/ha) erhöhen. Noch besser verhält es sich, wenn die Herbizide in einem Gemisch aus Wasser und AHL (Verhältnis 1:1) ausgebracht werden. Weitere Wirkungssteigerungen bringen zwei blattaktive Mittel, die in den nächsten Jahren für die Anwendung im Vorauflauf zugelassen werden sollen und die Mischung Boxer plus Sencor (1,5 l/ha + 0,4 kg/ha) noch sicherer machen.


Da sich mit diesen geringen Wirkstoffmengen keine nachhaltige Unkrautbekämpfung erreichen lässt, sind die Flächen ca. 10 bis 14 Tage nach der ersten Herbizidmaßnahme auf neu keimende Unkräuter bzw. Ungräser zu kontrollieren. Diese lassen sich dann gezielt im Nachauflauf bekämpfen. So kann z.B. neu aufgelaufener Knöterich oder Weißer Gänsefuß mit einer Nachlage aus 200 g/ha Sencor plus 35 g/ha Cato + FHS erfasst werden. Klettenlabkraut, Kamille oder Hirse lassen sich mit einer Nachlage von 35 bis 40 g/ha Cato + FHS wirksam bekämpfen.


Verspäteter Dammaufbau


Haben Sie den endgültigen Dammaufbau erst sehr spät vorgenommen, so dass beim Durchstoßen der Kartoffeln noch keine Unkräuter vorhanden sind, sollten Sie unter trockenen Bedingungen von einer Herbizidmaßnahme zunächst absehen. Warten Sie stattdessen bis die Kartoffelstauden eine Größe von ca. 5 cm erreicht haben. Während dieser Zeit dürften die ersten Unkräuter aufgelaufen sein. Mit einer Behandlung genau zu diesem Zeitpunkt kann ein Mittel wie Sencor neben seiner Boden- auch die Blattwirkung voll zur Geltung bringen.


Da Sencor nicht die erforderliche Wirkungsbreite hat, sind Mischungen mit Cato vorteilhaft. Gute Bekämpfungserfolge liefert z. B. die Tankmischung aus 200 g/ha Sencor plus 25 g/ha Cato + FHS. Diese Maßnahme ist nach ca. 10 Tagen zu wiederholen, wenn die nächste Unkrautwelle aufläuft. Aus alten Versuchen wissen wir, dass mit zunehmender Sencor-Aufwandmenge die Wirkung von Cato abfällt. Daher darf die Sencor-Menge in der eben empfohlenen Tankmischung nicht weiter erhöht werden.


Schadgräser bekämpfen


Neben Unkräutern verursachen auch Ungräser Mindererträge, die eine Gräserbekämpfung rechtfertigen. Mit Herbiziden wie Artist, Boxer oder Sencor lässt sich – zum richtigen Zeitpunkt ausgebracht – eine Wirkung auf Gräser erzielen. Diese reicht aber nicht immer aus. In diesem Fall sind Cato oder die reinen Gräsermittel (Fusilade Max, Agil-S, usw.) einzusetzen (Übersichten 1 und 4). Als idealer Termin hat sich das 2- bis 4-Blattstadium der Gräser erwiesen.


Auch Quecken können Sie damit problemlos in Kartoffeln bekämpfen. Setzen Sie die reinen Gräsermittel (Übersicht 1 und 4) ein, muss die Quecke zur Wirkstoffaufnahme genügend Blattmasse gebildet haben (15 bis 20 cm hoch). Das Mittel Cato müssen Sie mit jeweils 25 g/ha im Abstand von ca. 8 bis 10 Tagen ausbringen. Die Quecke sollte dabei mindestens 2 Blätter ausgebildet haben und nicht höher als 15 cm sein. Vergessen Sie aber nicht, dass sich Quecken am kostengünstigsten nach der Getreideernte mit Glyphosat-haltigen Produkten bekämpfen lassen.


Wir fassen zusammen


Für eine wirksame Unkrautbekämpfung in Kartoffeln gibt es kein Patentrezept. Die Situation auf dem jeweiligen Schlag entscheidet, wie Sie am besten vorgehen. Dies hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. dem Unkrautspektrum, der Kartoffelsorte und den Bodenbedingungen.


Detaillierte Infos zu Wirkstoffen, Mengen, Terminen, Abstandsauflagen und Einsatzbedingungen der Mittel gegen Unkräuter und Ungräser in Kartoffeln sind in den Übersichten 3 und 4 zusammengestellt.

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