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Drahtseilakt im Mittelgebirge

Lesezeit: 7 Minuten

Schonend und schnell rücken: Wir haben uns in Franken einen flexiblen Seilkran fürs Mittelgebirge angesehen.


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Wir treffen Norbert Harrer in der Nähe von Nürnberg. Seine Mitarbeiter vom Forstservice Harrer & Mayer bringen gerade den Herzog-Seilkran Grizzly 400-Yarder in Stellung. Der gelernte Forstassessor Harrer ist zusammen mit seinem Kompagnon Richard Mayer einer der wenigen in Deutschland, die mit diesem System arbeiten. Das Unternehmen hat 23 Mitarbeiter und besteht seit 1999.


Kran am Bagger.

Das Funktionsprinzip der Seilkrananlage ist schnell erklärt: Entlang von Seiltrassen wird ein Tragseil durch den Bestand gespannt. Auf diesem Seil läuft ein Wagen mit dem Zugseil. Per Seil lassen sich die gefällten Bäume aus dem Bestand zur Seiltrasse rücken, dann geht’s mit dem Laufwagen weiter bis zum Waldweg wo die Anlage aufgebaut ist. Die Idee der Yarder, der Seilkranbringung, kommt ursprünglich aus Nordamerika, wo gigantische Maschinen vor allem auf Kahlhiebsflächen im Einsatz sind. Bei Harrer ist der Seilbahn-Mast am Arm eines Kobelko Kettenbaggers montiert. Das macht die Anlage sehr beweglich und gleichzeitig standfest. Beides zahlt sich in kurzen Rüstzeiten aus. Der Unternehmer kann die Anlage auch bei geringeren Einschlagmengen einsetzen. Die Leistung der Anlage siedelt Harrer zwischen den Einsteigergeräten für den Schlepperanbau und einer professionellen Hochgebirgsanlage auf Lkw-Basis an.


Vor dem eigentlichen Einsatz beginnt die sorgfältige Vorbereitung. Der ideale Abstand der Seiltrassen liegt bei rund 30 m, das hat sich bewährt. Allerdings lässt das System auch Abstände bis 60 m zu, dann steigt allerdings auch die Gefahr von Rückeschäden im Bestand deutlich an.


Die rund 2,5 m breiten Seiltrassen müssen natürlich schnurgerade sein – das Tragseil verläuft schließlich nicht um Kurven. Harrers Männer setzen deshalb einen speziellen Kompass ein, der ihnen die genaue Richtung weist. Gleichzeitig suchen sich die Profis die passenden Ankerbäume aus und entscheiden, ob das Tragseil unterwegs über Sattelbäume geführt werden muss.


Die Reichweite der Anlage liegt zwischen 200 und 400 m, je nach dem ob das Holz bergan oder bergab gerückt wird. Wenn irgend möglich, meidet Harrer das Bergabrücken. Das hat mehrere Gründe: Weil die Anlage den Laufwagen hier hangaufwärts zum Einsatz-ort zieht, läuft das Zugseil über eine Umlenkrolle am Ende der Seiltrasse. Das halbiert die Reichweite des Krans. Beim Bergaufrücken rollt der Laufwagen einfach per Schwerkraft zum Einsatzort, das funktioniert ganz einfach ohne Umlenkrolle.


Weiterer Nachteil der Umlenkung: Der Waldarbeiter muss beim Aufbau die schweren Trag- und Zugseile bergan zum Ende der Trasse ziehen. Weil das kaum zu schaffen ist, setzen die Männer in diesen Fällen eine Hilfswinde mit dünnerem Seil ein, was natürlich zusätzlich Zeit kostet. Und schließlich könnten die Bäume beim Bergabrücken unkontrolliert ins Rutschen kommen. Das sind alles Gründe, warum es bei Harrer & Mayer lieber bergauf geht. Nach dem Aufhauen der Seiltrasse muss am Ende ein geeigneter Baum bestiegen werden, um das Tragseil zu befestigen. Dazu kommt das Abspannen dieses Baumes.


Der Bagger auf der anderen Seite hat es einfacher. Er setzt den Mast mit einem Sporn senkrecht auf den Boden ab. Oben ist der Kran zum Heckgewicht des Baggers abgespannt. Wenn der 25 Tonnen-Bagger gerade vor der Trasse steht und keinem größeren Seitenzug ausgesetzt ist, kann er ohne weitere Ankerbäume arbeiten – ein wichtiger Vorteil im Vergleich zu allen anderen Kransystemen.


Dazu kommt die Mobilität. Durch das Raupenfahrwerk ist der Baggerkran anders als Hochgebirgsseilkräne nicht an feste Wege gebunden.


Wenn die Seillinie freigehauen ist, brauchen Harrers Männer ungefähr 1,5 Stunden, um die Anlage zur nächsten Gasse umzusetzen. „Im Mittelgebirge sollten es rund 40 bis 50 fm pro Linie sein“, rechnet der Unternehmer vor. Das entspricht in etwa der Tagesleistung des Krans – das Team muss also nur einmal am Tag zur nächsten Seillinie umziehen.


Team mit Funk:

Unten im Bestand arbeitet ein Zweierteam und schlägt die Bäume ein. Die Stämme werden im spitzen Winkel zur Gasse gefällt, also fischgrätförmig. So lassen sie sich einfacher auf die Seillinie einschwenken. Der Einschlag kann natürlich auch vor dem Seilbahneinsatz laufen.


Im Bestand steuert das Zweierteam den Seilkran per Funk. Ist die Last gebildet, startet die Seilbahnfahrt Richtung Waldstraße. Per Knopfdruck übernimmt nun ein dritter Kollege die Steuergewalt, hängt oben die Bäume ab und schickt den Laufwagen retour in den Bestand. Die Teams müssen gut eingespielt sein und sich auch menschlich prima verstehen. Denn sie sollten sich regelmäßig abwechseln, um die körperliche Belastung gleich zu verteilen.


Im Prinzip kann das System bei jeder Hangneigung arbeiten – so lange sich die Teams noch sicher bewegen können. Für einen Radharvester ist meist bei 50 bis 55 % Hangneigung Schluss. Norbert Harrer setzt das System teils auch in der Ebene ein. In der Region gibt es einige Moorflächen, die nicht befahrbar sind.


Der Seilkran trägt bis zu 4,5 t, das entspricht einem Holzvolumen von 4 bis 5 fm. In Fichtenbeständen werden so komplette Vollbäume gerückt. Oben übernimmt dann ein zweiter Bagger mit Harvesteraggregat den Baum und arbeitet ihn auf. Dieser spezialisierte Fahrer wechselt sich nicht mit den anderen Teams ab. Der Seilkran benötigt zum Rücken keinen Fahrer, hier läuft alles über Funk.


Bei stärkerem Holz oder in Laubbeständen führen die Waldarbeiter schon im Bestand die Trennschnitte aus. Kürzere Teilstücke sind allerdings nicht ganz unkritisch, sie hängen frei am Laufwagen und pendeln. Das kann die Bäume entlang der Seiltrasse schädigen.


Aber auch bei aufgearbeiteten Abschnitten übernimmt der zweite Bagger das Holz. Er legt die Stämme geordnet ab und verhindert, dass die Abschnitte wieder bergab rutschen. Besonders bei glatter, feuchter Buche müssen die Mitarbeiter vorsichtig sein.


Norbert Harrer rechnet den Einsatz des Systems nach Festmetern ab. Dazu gehören das Einschlagen, Rücken, Annehmen und Aufarbeiten per Harvesteraggregat und das Rücken zur Forststraße. Im Schnitt berechnet er dafür 38 €/fm plus Steuer.


Zuschuss im Schutzwald:

In Bayern gibt es eine Besonderheit, die den Seilakt interessanter machen: In Schutzwäldern wird diese Holzbringung vom Freistaat mit 20 €/fm gefördert. „Deshalb steigt auch der Anteil an Schutzwäldern in unserem Einzugsgebiet“, sagt der Unternehmer mit einem Augenzwinkern. Seit über zwei Jahren ist der Yarder nun im Einsatz. Die Investitionskosten für den Kranmast lagen damals bei rund 200 000 €. Weil die Maschine aus der Schweiz stammt, dürfte der Preis durch die Euroschwäche mittlerweile deutlich höher liegen. Dazu kommt ein (gebrauchter) Bagger als Trägerfahrzeug, der mit rund 100 000 € zu Buche schlägt. Zusätzlich gehören zum System noch „Kleinteile“ im Wert von ca. 30 000 €, wie Anschlagseile, Rundschlingen, die kleine Hilfsseilwinde und natürlich die Kletterausrüstung. Hier sind noch nicht die Kosten für den zweiten Bagger, Tief-lader usw. berücksichtigt.


Norbert Harrer sieht in der Krananlage eine sehr sinnvolle Ergänzung seines Service-Angebots – vorher war er nicht in Gebirgslagen aktiv. Der Yarder trägt etwa 10 % zu den 180 000 fm Gesamt-einschlag von Harrer & Mayer bei. Und weil die Anlage in der Szene mittlerweile ziemlich bekannt ist, kommt noch der Marketing-Effekt dazu.


Für den effizienten Einsatz braucht man schon einiges an Know-how. Der Konkurrenzdruck ist deshalb weniger scharf als in anderen Bereichen der forstlichen Dienstleistungen, hat der Unternehmer festgestellt. Auch die Zuverlässigkeit scheint okay zu sein. Bisher hat die Anlage zwei Wochen gestanden – und zwar auf der letzten KWF-Tagung und der Austrofoma, jeweils als Ausstellungsstück des Herstellers.Guido Höner

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