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Feldhygiene: Köpfchen statt Schnellschuss

Lesezeit: 8 Minuten

Wo liegt das Geheimnis der Ackerbauern mit grünem Daumen? Sie denken im System, handeln langfristig und greifen seltener zu Notnagel-Lösungen. Mehr dazu von Josef Ettl und Johann Thalhammer, Amt für Landwirtschaft Deggendorf.


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Als Landwirt sind Sie bestrebt, ihre Felder so nachhaltig zu bewirtschaften, dass Sie sichere Erträge erzielen. Dabei ist es immer sinnvoll, längerfristige Auswirkungen von Maßnahmen und Entscheidungen zu berücksichtigen. Die Grundsätze der Fruchtfolge völlig außer acht zu lassen, kann einige Jahre gut gehen. Plötzlich auftretende Krankheiten oder Schadorganismen können die Produktion jedoch erheblich verteuern oder sogar zu Totalverlusten führen.


Auch bei bisher gut selbstverträglichen Kulturen wie Mais führt der Anbau in Monokultur über viele Jahre oder Jahrzehnte zu einem Kostenanstieg im Anbau. Weizenanbau in Monokultur geht je nach Standortbedingungen oft mehrere Jahre gut. Ackerfuchsschwanz, Trespen oder schwer bekämpfbare Krankheiten können dann aber diesen Monokulturanbau unrentabler machen.


Es ist absolut nicht im Sinne eines integrierten Pflanzenbaues, den Karren erst an die Wand zu fahren und dann gezwungenermaßen wieder umzudenken. Damit schaffen Sie sich nicht nur auf Ihrem Betrieb nachhaltige Probleme, sondern manchmal auch noch bei Ihren Nachbarn. Denn viele Schadorganismen bleiben nicht nur auf den eigenen Betrieb begrenzt, wie z. B. die Ausbreitung von Ackerfuchsschwanz, Trespen, Disteln, Zünsler oder Maiswurzelbohrer zeigt.


Manche Probleme lassen sich häufig nicht in einem oder zwei Jahren lösen. Wenn es überhaupt geht, dann dauert es oft Jahrzehnte. Nach dem Grundsatz: „Währet den Anfängen“ zu handeln, ist meist der bessere Weg. Das verlangt aber von Ihnen, dass Sie als Landwirt immer flexibl vorgehen. Der Grund: Die Natur reagiert nicht statisch, sondern dynamisch.


Plötzlich auftauchende Resistenzen oder die Anpassung von Schaderregern an neue Naturräume verlangen vom Landwirt, dass er sich darauf einstellt. Auch der Klimawandel fördert unerwartet einzelne Arten oder drängt andere zurück. Wer z. B. übersieht, dass sich wärmeliebende Arten wie Samtpappel, Giftbeere oder Stechapfel auf seinen Feldern schleichend ausbreiten, hat plötzlich neue Pflanzenschutzprobleme.


Viele Grundsätze der Feldhygiene gelten schon seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten. Das meiste davon ist nach wie vor so aktuell wie vor Jahrzehnten. Moderne Anbaumethoden können manche Probleme entschärfen, aber meist nicht beseitigen. Deshalb stellen wir Ihnen die wichtigen Grundsätze der Feldhygiene vor.


Fruchtfolge: Baustein der Bodenhygiene


Die Grundsätze einer Fruchtfolge sind für die Feldhygiene nach wie vor von großer Bedeutung. Verschiedenste Schadorganismen passen sich umso schneller an ein neues Nahrungsangebot an, je öfter diese Kultur flächendeckend auf den Feldern steht. Dies gilt auch für eine so selbstverträgliche Kultur wie den Mais.


Vernünftige Fruchtfolgegrundsätze kön­nen Hygieneprobleme zwar nicht immer verhindern, aber auf alle Fälle abmildern und deutlich verzögern. Durch den dadurch verzögerten Aufbau von Hygieneproblemen haben z. B. auch Gegenspieler verschiedener Krankheiten und Schädlingen länger Zeit, sich zu entwickeln. Es stellt sich dann leichter ein biologisches Gleichgewicht ein. Dies bewirkt, dass die Probleme meist nicht extrem in eine Richtung eskalieren.


Folgendes beeinflusst die Fruchtfolge, die ein wichtiger Baustein der Bodenhygiene und Bodenfruchtbarkeit ist:


Krankheiten und Schädlinge, die kulturartenspezifisch auftreten, wie z. B. bei


Gerste und Weizen: Fußkrankheiten, Viren,


Hafer und Roggen: spezielle Nematoden, Älchen,


Mais: Beulenbrand, Kopfbrand, Blattflecken, Zünsler, Wurzelbohrer,


Rüben: Nematoden, Rübenfäule, Rübenfliege,


Kartoffeln: Nematoden, Viren, Krebs,


Kreuzblütler: Kohlhernie, Stängelrüssler, Glanzkäfer,


Rotklee: Kleekrebs, Nematoden.


Kulturartenspezifische Unkräuter und Ungräser (z. B. Herbst- oder Frühjahrskeimer, Spätkeimer-Hackfrüchte u.a.),


Spezifische Nährstoff-Bedürfnisse der Kulturpflanzen (z. B. Leguminosen: Kalk, Rüben: Bor, Raps: Schwefel),


Unterschiedliche Ansprüche der Kulturpflanzen an die Wasserversorgung, die Durchwurzelung, Bodenart, Humusversorgung, usw.


Beeinflussung der Nachfolgekulturen durch Wurzelausscheidungen und Toxine. Pflanzenausscheidungen und Umsetzungsprodukte von Pflanzenrückständen können toxisch wirken.


Diese kulturspezifischen Wirkungen der Kulturpflanzen auf den jeweiligen Standort beeinflussen nachhaltig die Bodenfruchtbarkeit und Bodenhygiene. Einseitige Fruchtfolgen führen daher auf Dauer zu Problemen. Auch nicht aufeinander abgestimmte Fruchtfolgen können zu erheblichen Problemen führen, wie folgende Beispiele zeigen:


Rüben nach Mais fördert Rübenfäule.


Weizen nach Mais begünstigt Ährenfusariosen, wenn Maisstoppeln im Weizenschlag zu finden sind.


Weizen nach Gerste puscht Halmbruch und Durchwuchsprobleme.


Raps nach Getreide mit häufigem Kreuzblütler-Zwischenfruchtanbau (Senf, Raps) fördert Kohlhernie.


Pflug zur Pflanzenhygiene


Mit der Bodenbearbeitung können Sie die Bodenhygiene ebenfalls erheblich positiv oder negativ beeinflussen. In der Praxis dreht es sich dabei häufig um die Frage: „ Pflug – ja oder nein“. Für manche ist ein regelrechter Glaubenskrieg daraus entstanden.


Starre Systeme können nicht die Lösung bringen. Für die meisten Landwirte ist es besser, mit flexiblen Bodenbearbeitungssystemen zu arbeiten. Die Fruchtfolge, Bodenart, Ertragserwartung oder klimatischen Bedingungen des Betriebes spielen dabei eine wichtige Rolle.


Ohne Pflugeinsatz ist es jedenfalls deutlich schwieriger, Probleme der Boden- und Pflanzenhygiene in den Griff zu bekommen. Die höheren Kosten für den Einsatz des Pfluges sind oft der Grund für den Verzicht auf ihn. Dabei ist aber mehr zu berücksichtigen als nur die aktuellen Kosten. So macht ein nachfolgender erhöhter Pflanzenschutzaufwand z. B. den kurzfristigen Kostenvorteil für den Pflugverzicht wieder zunichte. Der Vergleich der Vor- und Nachteile des Pflugeinsatzes mit Minimalbodenbearbeitung und Direktsaat macht dies deutlich (siehe Kasten).


Der einzelne Betrieb gewichtet diese Vor- und Nachteile unterschiedlich. So muss sich ein Betrieb mit enger Mais-Weizen-Rübenfruchtfolge überlegen, wie er die Probleme mit Ährenfusariosen in Weizen oder Probleme mit der Rübenfäule in den Griff bekommt. Ein Landwirt auf einem Standort mit schweren Ton-Keuperböden oder hohem Steinbesatz muss die Bewirtschaftung der Ackerflächen möglichst ohne Pflugeinsatz planen.


Viele Betriebe können nach Vorfrüchten, die den Boden in guter Struktur hinterlassen, meist ohne größere Probleme auf den Pflug verzichten. Wenn nach Kartoffeln oder Rüben Weizen folgt, kann ein Pflugverzicht die Kosten senken. Nach Kartoffeln ist ein Pflugeinsatz in der Regel problematisch, da die tief eingepflügten Restkartoffeln heute meist nicht mehr erfrieren und für Durchwuchsprobleme im nachfolgendem Weizen sorgen. Getreidestarke Fruchtfolgen benötigen häufig auch den Pflug, um die Verungrasung in Schach zu halten. Nur mit Gräserherbiziden wird es immer schwieriger z. B. Fuchsschwanz oder Trespen in den Griff zu bekommen


Können Regenwürmer den Pflug ersetzen?


Es gibt eine Reihe von Betrieben, die ganz auf den Pflug verzichten. Ein Argument ist dabei z. B., dass sie den Regenwurm für sich pflügen lassen. Es ist aber nicht richtig, nur den Regenwurm als Gradmesser für die Ertragsfähigkeit des Bodens heran zu ziehen. Für die Umsetzung der Nährstoffe sind viele verschiedene Organismen wie Bakterien, Pilze oder Algen verantwortlich. Der Anteil an Regenwürmern beträgt nur etwa 12 %.


Viele der für die Nährstoffumsetzung im Boden lebenden Lebewesen brauchen ausreichend Luft, um aktiv werden zu können. Bodenbearbeitungsgeräte, die dichter lagernde Böden lockern, können trotz einer Regenwurmschädigung die Ertragsfähigkeit dieser Böden erhöhen.


Unter bestimmten Bedingungen (weite Fruchtfolge mit höherem Blattfruchtanteil, leichtere Böden) lässt sich ohne größere Probleme auch ganz auf den Pflug verzichten. Betriebe, auf denen z. B. ein feines Saatbeet wichtig ist und die eine enge Fruchtfolge praktizieren, können damit aber erhebliche Probleme bekommen. Viele Anbauer setzen nach Jahren des Verzichts den Pflug wieder ein, weil Ährenfusariosen, Wurzelunkräuter oder Ungräser deutlich zugenommen haben.


Betriebe, die ganz auf dem Pflug verzichten wollen, aber Weizen nach Mais anbauen, müssen dafür sorgen, dass das Maisstroh bis zum Auflaufen des Weizens weitgehend verrottet ist (frühreifere Maissorte, Maisstroh exakt zerkleinern). Für den Fusariosenbefall des Weizens sind zwar eine Reihe von Faktoren verantwortlich, wie z. B. Sortenanfälligkeit oder Witterung zur Weizenblüte. Maisstoppeln auf der Bodenoberfläche sorgen jedoch für ein hohes Infektionspotenzial.


Ein Reihe von Versuchen, die Bayern und andere Bundesländer in den letzten Jahrzehnten durchgeführt haben, zeigen deutlich, dass allein durch den Pflugeinsatz Wurzelunkäuter wie Disteln, Ziest, Beinwell oder Huflattich zurückgehen. Auch reduzierte er die Probleme mit vielen Schadgräsern wie Trespen, Fuchsschwanz oder Quecken.


Verschleppung über Maschinen vermeiden


Maschinen verschleppen viele Krankheiten, Unkräuter und Ungräser. Bei überbetrieblichem Einsatz verbreiten sie diese sehr schnell über ein größeres Gebiet. So haben Lohnmähdrescher den Ackerfuchsschwanz auf vielen Feldern eingeschleppt. In Niederbayern hat sich auch die Strandsimse aus dem Donautal in die Gäulagen verbreitet, wo sie sich bisher nicht sicher bekämpfen lässt. Oft sind es nur einzelne Pflanzen, die sich noch relativ leicht per Hand beseitigen lassen. Die Strandsimsen haben – wie das berüchtigte Erdmandelgras – Wurzelknollen, die sie sehr widerstandsfähig machen. Haben sie sich bereits großräumiger ausgebreitet, wird es schwierig. Die Verschleppung von Problemorganismen über den Maschineneinsatz lässt sich nicht ganz vermeiden, aber durch sorgsamen Einsatz deutlich vermindern.

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