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Gemeine Rispe –Blender auf dem Grünland

Lesezeit: 7 Minuten

Das Gras bringt weniger Ertrag als es verspricht. Der „Bluffer“ hat aber noch weitere üble Eigenschaften. Lernen Sie ihn kennen, damit Sie den Kampf nicht verlieren. Hilfe gibt Dr. Johann Junk, DLR Eifel, Bitburg.


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Keiner kann sie sich leisten, aber jeder hat sie im Grünland: Die Gemeine Rispe. Viele Betriebe schöpfen das Ertragspotenzial ihres Grünlandes bei weitem nicht aus. Wie hoch die Erträge auf Grünland sein können, führen immer wieder die Ergebnisse von Grünlandversuchen vor Augen. Mitunter liegen Welten zwischen den Erträgen auf Versuchsparzellen und Praxisflächen. Woran liegt das?


Das hat meist mehrere Gründe: Niedrige pH-Werte, schlechte Grundnährstoffversorgung (vor allem Kali in den Folgeschnitten), unterlassene oder zu geringe N-Düngung für den letzten Aufwuchs im Jahr, zu tief angesetzte Schnitte (Rasierschnitte), die Schwefeldüngung „vergessen“ oder auch, „weil in den Kleinparzellen des Versuchswesens angeblich immer höhere Erträge erzielt werden“.


j Ertragsschwacher Blender


Dass sich ähnlich hohe Erträge wie im Versuchswesen auch in der Praxis erreichen lassen, beweisen etliche Betriebe, die diese regelmäßig erzielen. Häufig sind es aber die Pflanzenbestände, die wegen ihrer Zusammensetzung nicht mehr leisten können. Der Grund: Sie enthalten Arten, die früher an die Ertragsgrenzen stoßen als andere. Wenn sie dann auch noch qualitativ zurückfallen, müssen Sie eingreifen. Das Problem verschärft sich noch dadurch, dass niedrigere Flächenerträge mit schlechter Qualität die gleichen Kosten und Arbeiten verursachen wie hohe Erträge guter Qualität.


Einer der ertragsschwachen Kandidaten ist die Gemeine Rispe. Dabei ist sie durchaus in der Lage, verhältnismäßig großes Massewachstum vorzutäuschen. Ihr 1. Aufwuchs ist im Vergleich zu anderen Arten mindestens zufriedenstellend. Das hängt auch damit zusammen, dass sie im 1. Aufwuchs relativ schnell den Blütenstand (Rispe) schiebt. Aufgrund des üppigen Blatt- und Halmwuchses bildet sie dann auch einen vernünftigen Ertrag.


Der 2. Aufwuchs fällt dagegen häufig ernüchternd dürftig aus. Ein Grund dafür ist die Umstellung von einem aufrechten zu einem liegenden, kriechenden Wuchs. Sommertrockenheit verschärft die Probleme mit der Gemeinen Rispe, da sie nur extrem flach wurzelt. Das bedeutet: Sie ist das erste Gras in den Grünlandbeständen, das unter stärkerer Trockenheit leidet. Sie reagiert mit eingeschränktem Wachstum, das sie dann sogar völlig einstellt. Die neuen Blätter werden extrem klein und schmal. Schließlich vertrocknen die Blätter mehr oder weniger vollständig.


Enttäuschend sind auch die Ergebnisse beim Weidegang. Die Tiere fressen die Gemeine Rispe nicht gerne. Außerdem reißen Rinder sie – zumindest bei feuchteren Bodenbedingungen – stets mit den Wurzeln aus. Wurzeln mit oberirdischer Restmasse beißen sie ab und lassen diese auf die Narbe fallen.


In feuchteren Standorten oder Jahren sind die Folgeaufwüchse nicht ganz so schwach, vor allem dann nicht, wenn die Stickstoff-Versorgung ausreicht. Aber auch unter diesen Bedingungen sind die besseren Grasarten immer zu bevorzugen.


j Lästiger Lückenbesiedler


Als klassischer Lückenbesiedler ist die Gemeine Rispe praktisch in fast jedem bewirtschafteten Grünlandschlag zu finden. Der Grund: Sie findet immer wieder kleine und kleinste Narbenlücken, in die sie einwandert. Diese Lückenbesiedlung ist meist deshalb so erfolgreich, weil sie mit ihren oberirdischen Ausläufern viel schneller Lücken erschließen kann als junge Gräser, die aus Samen auflaufen. Da sie gleichzeitig schnell an den Knoten der Ausläufer Seitentriebe bildet, schließt sie Lücken rasch und besonders dicht.


Gerade im Intensivgrünland bildet sie eine extrem dichte Narbe. So hält sie sich erfolgreich Konkurrenz vom Leib. Lichtbedürftige Samen und auch junge Keimpflanzen haben kaum eine Entwicklungschance. Umso mehr sollten Sie darauf achten, dass die Gemeine Rispe, höchstens auf einen völlig unbedeutenden Anteil begrenzt bleibt und nicht irgendwann zu einem der Hauptbestandsbildner wird.


j Erfolgreicher Kriecher


Ist der 1. Aufwuchs nicht zu hoch mit Stickstoff gedüngt und wird nicht zu spät geschnitten, lagert der Bestand zum Schnittzeitpunkt meist noch nicht. In den Folgeaufwüchsen geht die Gemeine Rispe mit ihren kriechenden Ausläufern jedoch immer zügig ins Lager. Tiefschnitt ist dabei keine Lösung. Im Gegenteil: Er schwächt oder schädigt die wertvollen Grasarten, nicht jedoch die Gemeine Rispe. Denn er verzögert und schwächt den Wiederaustrieb der guten Gräser. Das nutzt die Gemeine Rispe dazu, mit ihren Ausläufern zwischen den anderen Gräsern hindurch zu wachsen und sich so weiter auszubreiten.


Außerdem steigt mit dem Tiefschnitt der Rohaschegehalt (Schmutz) stark an. Dies stört die Milchsäuregärung (s. Kasten auf Seite 109), so dass der gesamte Gärvorgang nicht optimal verlaufen kann. Außerdem ernten Sie mit dem Tiefschnitt das qualitativ schlechteste Material des Aufwuches mit. Auch erfassen Sie dabei größere Anteile von wertlosen, abgestorbenen Blättern mit, die oft von pilzlichen Krankheitserregern befallen sind. Manche Pilze, wie z. B. Fusarium, bilden Mykotoxine. Bringen Sie gar größere Klumpen geschädigten oder angefaulten Materials in den Silostock, bilden sich Schimmel- oder Faulnester, die sich mehr oder weniger schnell ausbreiten.


Gelangen aber viele einzelne, abge-storbene oder angefaulte Pflanzenteile (Blätter und Halme) gut verteilt in den Silostock, ist die Gefahr nur scheinbar geringer. Die veränderten Gäreigenschaften auf kleinstem Raum sind nicht zu sehen. Bei TS-Gehalten der Silage über 40 bis 45 % sind aber Nachgärungen vorprogrammiert. Sie lassen sich nur durch den gezielten Einsatz von Silierzusätzen verhindern.


j Trickreicher Täuscher


Lassen Sie sich bei längeren Trockenphasen im Sommer nicht von der Gemeien Rispe an der Nase herumführen. Sie hat die Eigenschaft, unter diesen Bedingungen das Wachstum einzustellen. Die Blätter werden zunächst extrem kleinwüchsig und verdorren dann. Schließlich sieht die Pflanze wie abgestorben aus.


Doch das trügt: Sehr häufig sind die am Boden liegenden Halme nur zu einem kleineren Teil abgestorben. Der größere Teil lebt weiter und wartet auf die nächsten Niederschläge, um dann wieder rasch auszutreiben und oberirdisch kriechend neue Ariale zu erschließen. Aus jedem am Boden liegenden, noch lebenden Knoten bilden sich neue Wurzeln und Blätter/Halme, die sich verselbstständigen und somit neue Pflanzen bilden.


j Muffiger Appetitzügler


Stickstoff beschleunigt diesen Prozess stark. Aber schon bald beschatten die höher angesiedelten Blätter die unteren, so dass diese absterben und faulen. Diese faulenden Blätter in Bodennähe sondern einen dumpfen Geruch ab, der die Weidetiere davon abhält, tiefer abzuweiden. Außerdem fressen die Tiere von der Gemeinen Rispe wesentlich weniger als z. B. vom Appetit anregenden Deutschen Weidelgras.


Durch das Heruntertreten der Triebe auf den Boden verstärkt sich die vegetative Vermehrung erneut. Jeder Kontakt von Knoten der Gemeinen Rispe zum Boden führt dazu, dass sie sich bewurzeln und austreiben. Ist es feucht genug, breitet sich das minderwertige Gras munter weiter aus. Es erobert zunehmend die Narbe und wird im Laufe der Zeit sogar zum Hauptbestandsbildner.


j Starker Stickstoffräuber


Weil die Gemeine Rispe fast aus-schließlich flach streichende Wurzeln bildet, erreicht der gedüngte Stickstoff diese zuerst. Das sehr dichte Wurzelgeflecht nimmt ihn schnellstmöglich auf. Die Gemeine Rispe fängt quasi den Stickstoff ab, so dass er nicht in tiefere Schichten einsickert und anderen Pflanzen nicht oder nur stark eingeschränkt zur Verfügung steht. Das unerwünschte Gras partizipiert also als erstes und am meisten von einer N-Düngung. Es setzt den Stickstoff aber nur unzureichend in nutzbaren Ertrag um, weil sich die am Boden liegenden Ausläufer nicht ernten lassen.


Damit aber nicht genug: Ein Großteil, zumindest jedoch wesentliche Teile oder Abschnitte der Ausläufer überstehen auch die Unbilden des Winters recht gut. Schlimmer noch: Die Mulcharbeiten im Herbst erfassen die Gemeine Rispe nicht. Selbst wenn eine größere Mulchauflage die wertvollen Gräser bereits schädigt oder gar vernichtet, überstehen die Ausläufer der Gemeinen Rispe den Winter ganz gut.


Offensichtlich sind die Ausläufer sehr gut vor Fusarium geschützt. Auch wenn weitgehend alle Blätter der Ausläufer verfault sind, treiben zumindest Teile der Ausläufer an verschiedenen Knoten im folgenden Frühjahr wieder aus. Das Mulchen ist also kein geeignetes Mittel, die Gemeine Rispe zurückzudrängen.

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