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„Grüne Brücken“: Hier lauern die Virus-Vektoren

Lesezeit: 8 Minuten

Trocken-warme Sommer begünstigen die Vektoren von Verzwergungsviren. Im Süden treten immer öfter Schäden auf. Neue Ergebnisse eines Monitoring-Projektes stellt Nadine A. Gund, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising, vor.


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Verzwergungsviren verursachen verstärkt Schäden im Getreide. Seit 2004 – nach dem Jahrhundertsommer 2003 – und nach dem milden Herbst 2006 ist dies zu beobachten. Betroffen sind zum Beispiel Bayern, Niedersachsen, Thüringen und Österreich. Bereits im Frühjahr 2002 kam es aufgrund des vorausgegangenen warmen Oktobers zum Umbruch von 20 000 ha Wintergetreide in Österreich. Auch letztes Jahr mussten österreichische Landwirte WDV- und BDV-bedingt mehrere zehntausend Hektar Winterweizen umbrechen.


Frühsaat fördert Viren:

Ursachen für die zunehmenden Probleme mit Verzwergungsvirosen sind offenbar frühere Saattermine und der mit dem Klimawandel einhergehende Temperaturanstieg mit verlängerten Wärmeperioden im Herbst.


In Deutschland sind derzeit etwa 15 Viruskrankheiten an Getreide bekannt. „Verzwergungsviren“ verursachen davon folgende:


  • Das durch Blattläuse übertragene Gerstengelbverzwergungs-Virus (BYDV) und das Getreidegelbverzwergungs-Virus (CYDV).
  • Das durch eine Zikadenart über­tragene Weizenverzwergungs-Virus (WDV) bzw. Gerstenverzwergungsvirus (BDV). Die Zwergzikade „Wandersandzirpe“ (Psammotettix alienus) kann auch das Haferverzwergungs-Virus (ODV) übertragen.


Von BYDV/CYDV sind bisher weltweit 9 verschiedene Varianten, so genannte Serotypen, bekannt. Allerdings sind bisher nicht alle in Deutschland nachgewiesen. Unterschiedliche Blattlausarten übertragen die verschiedenen Varianten. Diese Serotypen unterscheiden sich zudem in ihrer Virulenz und im Vorkommen. Was ist bislang über diese variantenreichen Verzwergungsviren in Gerste und Weizen bekannt?


Gerste, Weizen, Hafer, Roggen, Triticale und Mais sind Wirtspflanzen für beide Verzwergungsviren. Sie können sich auch in mehr als 150 Gräserarten auf Grünland, Grünbracheflächen, Feld­rainen und Rasengürteln vermehren. Diese Flächen sind also Virusreservoire, die vor allem für die Virusübertragung in Neusaaten wichtig sind. Ausfallgetreide oder Gräser dienen als „grüne Brücke“. Sind sie infiziert, können geeignete Vektoren die Viren in die neu gesäten Bestände übertragen.


Nur eine resistente Sorte:

Alle Getreidearten sind anfällig gegenüber Verzwergungsviren. Allerdings bestehen Sortenunterschiede. Eine resistente Futtergerstensorte gibt es bereits. Die zweizeilige Sorte Paroli weist eine Resistenz gegenüber BYDV-PAV und BYDV-MAV, nicht jedoch gegenüber dem bei uns selteneren CYDV auf. Laut Züchter-Empfehlung eignet sich diese Sorte besonders für den Anbau in der Nähe der Wirtspflanze Mais, für Frühsaaten in warmen Lagen und bei Anbau ohne Insektizideinsatz gegen Blattläuse.


Typisch für BYDV-/CYDV- und WDV-/BDV-Befall sind Zwergwuchs in Kombination mit gelb verfärbten Blättern. Bei Hafer kommt es zu einer rötlichen Blattfärbung. Zudem behindern die Viren das Wurzel- und Sprosswachstum. Die Folge: Das Schossen bleibt aus, die Pflanzen bestocken sich verstärkt. Es bilden sich weniger Ähren aus, teilweise gibt es taube Ähren.


Der Saftstrom transportiert die Viren in der Pflanze. Das führt zum verminderten Assimilattransport und Anhäufen von Kohlenhydraten. Die Folgen: schwächere Photosyntheseleistung und weniger Chlorophyllgehalt.


Bei BYDV-/CYDV-Infektionen liegt meist ein nesterartiger, über das Feld verteilter Befall vor. Denn nachdem die geflügelten, virus-tragenden Blattläuse in den Bestand eingeflogen sind, bewegen die sich später entwickelnden ungeflügelten, virus-tragenden Blattläuse sich von Pflanze zu Pflanze.


Zikaden folgen meist den Drillreihen, da es dort oft wärmer ist und breiten von dort aus die WDV/BDV-Infektion aus. Aufgepasst! Nährstoffmangel, Bodenverdichtung oder Staunässe verursachen ähnliche Erscheinungen.


Gefährliche Herbstinfektion:

Infektionen im Herbst können zu Wachstumsdepression, Schwächung und schließlich zum Absterben der Pflanzen über Winter führen. Dadurch entstehen erhebliche wirtschaftliche Verluste. Generell ist festzustellen, dass Herbst- und auch Frühjahrsinfektionen umso weniger ertragsrelevant sind, je später sie erfolgen und je weiter fortgeschritten die Entwicklung eines Bestandes ist.


Auch die Frostresistenz der Pflanzen wird durch den Virusbefall erheblich verringert. Deshalb führen frühe Schäden mit Verzwergungsviren im Herbst oft zu einem Umbruch der stark betroffenen Flächen. Zudem sind mit Verzwergungsviren infizierte Getreidepflanzen anfälliger gegenüber anderen Schaderregern, vor allem Pilzen.


Blattläuse übertragen BYDV und CYDV persistent (dauerhaft). Dabei reicht ein Anstechen und kurzes Saugen an einer virusinfizierten Pflanze nicht aus, um das Virus aufzunehmen. Auch bei der Virusabgabe an die Wirtspflanze genügt ein Probestich nicht. Die Blattlaus muss länger an der Pflanze saugen, um das Virus abzugeben. Die Blattläuse übertragen die Viren zeitlebens beim Saugen. Auch durch Häutungen geht das Virus nicht verloren. Die Viren vermehren sich aber nicht in den Läusen. Diese geben sie auch nicht an ihre Nachkommenschaft weiter.


Bei WDV, BDV und ODV scheint es sich um semipersistent übertragene Viren zu handeln. Wenige Minuten Saugzeit reichen für die Virusaufnahme und -abgabe durch die Zikade aus. Die Zikade kann das Virus mehrere Tage bis Wochen abgegeben. Sie gibt es – wie Blattläuse – aber nicht an die Nachkommen weiter. Die erwachsene Zikade und alle fünf Larvenstadien können WDV und BDV übertragen.


Die Zwergzikade ist mobiler als Blattläuse. Sie nimmt die Viren schneller auf und gibt sie auch rascher wieder ab. Somit ist sie in der Lage, in kürzerer Zeit mehr Pflanzen zu infizieren.


Virusquelle Ausfallgetreide:

Das Befallsrisiko für Verzwergungs-Viren hängt von Infektionsquellen, Witterung und Auftreten der Vektoren ab. Tritt Befall in der Region auf, ist dies ein Indiz dafür, dass auch eigene Bestände befallen sein können oder zufliegende Vektoren diese infizieren. Besonders problematisch ist, wenn sich Vektoren im Ausfallgetreide vormals infizierter Bestände aufhalten. Zusätz-liche Virusquellen, wie Gräser oder Mais in der Nähe, steigern die Gefahr.


Massiv gefährdet sind frühgesäte Wintergetreidebestände und spätgesäte Bestände von Sommergetreide – vorausgesetzt, es sind Infektionsquellen und Vektoren da. Warme, windgeschützte Lagen, wie Südhänge, Hecken und Waldränder, fördern Auftreten und Aktivität der Vektoren. Die wärmeliebenden Vektoren fühlen sich in lückigen Beständen wohl und sind dort bei warmer Witterung aktiver. Lange trockene, warme Perioden im Herbst und Frühjahr fördern Auftreten bzw. Populationsentwicklung der virusübertragenden Insekten. Ebenso begünstigt ein milder Winter das Überleben der Vektoren und damit nachfolgende Frühjahrsinfektionen.


Blattlausbekämpfung:

Insektizide können Sie nur gegen Blattläuse einsetzen, nicht aber gegen die Wandersandzirpe. Dafür gibt es keine Zulassung. Bekämpfen Sie Blattläuse nur, wenn mit ernstzunehmendem Befall zu rechnen ist. Bekämpfungswürdig sind:


  • 20 % mit Blattläusen befallene Pflanzen ab dem 2- bis 3-Blattstadiums des Getreides und
  • bei Frühsaaten (Auflauf vor dem 25. September) 1 Blattlaus/10 befallene Pflanzen (zählen Sie dazu 100 Pflanzen/Schlag aus).


Wichtig ist, dass Sie den Termin richtig treffen. Ein Einsatz vor Erreichen der Schwellen, sichert keine wirtschaftlichen Mehrerträge. Setzen Sie Insektizide nur dann ein, wenn dies unbedingt nötig ist, auch um Resistenzbildung zu vermeiden. So hat man in England im letzten Jahr bereits Pyrethroid-resistente Getreideläuse nachgewiesen. Dabei handelt es sich um die Große Getreideblattlaus. Diese ist auch bei uns einer der Hauptvektoren des Gerstengelbverzwergungsvirus.


Es ist ratsam, für gezielte Maßnahmen Laboruntersuchungen durchführen zu lassen. Denn die Schadbilder lassen sich in der Praxis nicht oder nur schwer einem bestimmten Virus zuordnen. Auch verursachen abiotische Schäden zum Teil ähnliche Symptome an Pflanzen.


Die wichtigsten ackerbaulichen Maßnahmen, um Infektionen zu vermeiden, entnehmen Sie dem Kasten.


Bayerische Ergebnisse:

Seit 2010 führt die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft in Kooperation mit den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ein bayernweites Monitoring-Projekt durch. Das Monitoring im Ausfallgetreide dient dazu, das Infektionsrisiko der späteren Neusaaten abzuschätzen. Hier die bisherigen Ergebnisse:


  • 2010 bis 2013 war der Befall mit WDV/BDV im Ausfallgetreide unterschiedlich hoch. Einheitliche Tendenzen in der Befallsentwicklung über die drei Jahre hinweg ließen sich nicht feststellen. Auch von Schlag zu Schlag variierte der Befall sehr stark (0 bis 100 %), so dass regionale Aussagen nur schwer zu treffen waren.
  • Obwohl in den Jahren 2010 bis 2012 die WDV- und BDV-Befallshäufigkeiten auf einigen Schlägen im Ausfallgetreide mit bis zu 75 % sehr hoch waren, traten ähnlich hohe Werte nie in den Neusaaten des Wintergetreides auf. Der maximal erreichte Wert dort lag bei 12 % WDV-/BDV-Befall.


Eine mögliche Ursache dafür könnte das geringe Auftreten von Vektoren sein, sodass diese nur wenige Infektionen vom Ausfallgetreide in die Neusaat des Wintergetreides übertragen konnten. Tatsächlich haben die Ämter nur wenige Zikaden eingesandt. Noch geringer waren die WDV-/BDV-Befallswerte im Frühjahr des jeweiligen Folgejahres. Dies war möglicherweise eine Folge der Auswinterungsschäden.


  • Der BYDV/CYDV-Befall im Ausfallgetreide schwankte von 0 bis 12 % und lag immer deutlich unter den Befallshäufigkeiten von WDV und BDV. In den Neusaaten des Wintergetreides war der höchste BYDV/CYDV-Befallswert 8 %, meist lag er nur bei ca. 2 %.
  • Die ermittelten Befallshäufigkeiten auf 48 Schlägen des diesjährigen Frühjahrsmonitorings spiegeln das beobachtete, sehr geringe Vektorenaufkommen wider. Der WDV/BDV-Befallswert lag insgesamt bei ca. 3 %. Der höchste WDV/BDV-Befall betrug auf einem Ausfallgetreideschlag 25 %. Keine WDV-/BDV-Infektionen wiesen 34 der 48 Schläge auf. Der Befall bei BYDV/CYDV war mit weniger als 1 % noch deutlich geringer.


Wie die Virussituation in Winter-weizen im Norden ist, lesen Sie auf den folgenden Seiten.

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