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Hybridgerste – jetzt umsteigen?

Lesezeit: 8 Minuten

Rund 5 dt/ha Mehrertrag gegenüber den besten Liniensorten verspricht der bislang einzige Anbieter von Hybridsorten. Ob sie diesen Anspruch tatsächlich erfüllen können, hat Dr. Ulrich Lehrke, LWK Niedersachsen, Hannover, analysiert.


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Erste Schätzungen belegen, dass sich der Anbau von Wintergerste in Deutschland in diesem Jahr mit etwa 1,2 Mio. ha wieder stabilisiert hat. Mit der starken Ausdehnung des Maisanbaus war die Anbaufläche seit 2010 um mehr als 200 000 ha gesunken. Damit bleibt die Gerste zweitwichtigste Getreidefrucht – mit deutlichem Abstand hinter Winterweizen (ca. 3,2 Mio. ha).


Die Wintergerste bleibt jedoch in vielen Ackerbaubetrieben eine Nischenfrucht. Die Gründe dafür sind vielfältig. Sie liegen unter anderem in der geringen Wettbewerbskraft gegenüber Winterweizen, der größeren Ertragsschwankung und der schlechteren Eignung für den pfluglosen Anbau. Nicht zuletzt trägt der geringe Züchtungsfortschritt zum Anbaurückgang bei. So ist die Sorte Lomerit, die im Jahr 2001 zugelassen wurde, immer noch eine feste Größe in der Praxis.


Hybridgerste kommt:

Hybridzüchtung steht in vielerlei Hinsicht als Synonym für Zuchtfortschritt. Dies gilt vorrangig für die Erfolge bei Mais, Rüben und Roggen. Bei diesen Fremdbefruchtern konnten die Züchter in den vergangenen Jahren erhebliche Züchtungsfortschritte erzielen. Die Praxiserträge stiegen zum Beispiel bei Rüben pro Jahr um 1,75 dt je ha Zuckerertrag an. Dies entspricht einem Vorteil von etwa 40 €/ha und Jahr. Bei Getreide und vor allem bei Wintergerste blieben diese Erfolge allerdings aus. Seit 1972 stieg der Ertrag der Wintergerste in Deutschland auf Grundlage der Erntestatistik nur um etwa 15 kg/ha und Jahr an.


Die Züchter und Landwirte erhoffen sich, dass mit der Einführung der Hybridzüchtung bei Wintergerste ähnliche Erfolge zu erzielen sind. Allerdings ist beim Selbstbefruchter Wintergerste eine geringere Ertragssteigerung im Vergleich zu den Fremdbefruchtern zu erwarten. Ähnliche Beobachtungen sind bei Weizen zu machen. Im Vergleich zum Winterweizen wurde bei Gerste jedoch bereits früh eine genetische Sterilität entdeckt. Diese erlaubt es den Züchtern, eine Hybridvermehrung auch in Deutschland durchzuführen. Da beim Weizen zur Sterilisierung Gametozide eingesetzt werden müssen, ist die Vermehrung in Deutschland nicht erlaubt.


Zzoom seit 2008:

Die Geschichte der Hybridgerste begann in England bereits Anfang der 90-er Jahre. Seit 2008 sind mit Zzoom und Yoole von Syngenta die ersten Hybriden in Deutschland zugelassen. Inzwischen sind Hobbit (2010) und SY Leoo (2012) als weitere Sorten dazugekommen. Weitere Neuzulassungen werden erwartet.


Allerdings hat sich bislang nur diese Züchterfirma intensiv mit der Produktion von Hybridgerstensorten befasst. Alle anderen deutschen Gerstenzüchter setzen bislang noch auf Linienzüchtung. Mittlerweile beginnt in vielen Häusern aber ein Umdenken. Denn die Vermarktung von Hybriden verspricht einen deutlich höheren Profit vor allem aufgrund des hohen Nachbauumfangs bei Getreide.


Anhand der aktuellen Anmelde­zahlen für die Saatgutvermehrung in Niedersachsen (siehe Übersicht 1) wird deutlich, dass die Vermehrungsfläche für Hybridgerste in diesem Anbaujahr erheblich ausgedehnt wurde. Die im Jahr 2012 zugelassene neue Sorte SY Leoo nimmt mit 363 ha die größte Fläche ein. Ebenso wurden Volume und Hobbit nochmals deutlich im Vermehrungsumfang ausgeweitet.


Hinter diesen Zahlen verbirgt sich offenbar eine Hybrid-Offensive des Züchters. Ab diesem Jahr werden alle Hybridsorten unter der Marke Hyvido vermarktet. Dahinter steht das Versprechen, dass die Sorten dauerhaft höhere Erträge erzielen, überlegene agronomische Eigenschaften und zudem mehr Ertragsstabilität als Liniensorten aufweisen.


Diese Marketingoffensive ist verbunden mit dem Versprechen, durch den Anbau von Hybridgerste den Ertrag gegenüber ausgewählten Liniensorten um 5 dt/ha zu steigern. Dieser Ertragsvorteil ist jedoch auch notwendig, um die höheren Saatgutkosten gegenüber Liniensorten auszugleichen (Übersicht 2, Seite 63) und einen kleinen Gewinn zu erzielen. Der Ertragsunterschied soll anhand von Praxisvergleichen belegt werden. Bei Nichterfüllung des Versprechens will die Züchtungsfirma die höheren Saat­gutkosten ersetzen – vorausgesetzt der Landwirt hat sich im Anbau an die Anleitung der Firma gehalten.


Sind Hybriden tatsächlich den Liniensorten überlegen oder handelt es sich bei der Kampagne nur um eine leere Marketingoffensive? Was sagen die langjährigen Ergebnisse aus den Exaktversuchen in Nord- und Westdeutschland?


Erträge auf hohem Niveau:

Die Ertragsfähigkeit der Sorten lässt sich aus den Leistungen in den Landessortenversuchen der LWK Niedersachsen für verschiedene Standortgruppen ableiten. Die Ergebnisse aus den Jahren 2009 bis 2012 (siehe Übersicht 3) machen deutlich, dass die Hybridgerstensorten auf allen Standortgruppen hohe Erträge erzielten. Auf der Marsch erreichte Zzoom langjährig einen mittleren Ertrag von rel. 107 %. Hobbit erzielte einen mittleren Ertrag von rel. 102 %. Im ersten Anbaujahr lag SY Leoo mit rel. 108 % mit einem deutlichen Abstand an der Spitze. Im Mittel erreichte die späte doppelresistente Sorte Nerz mit rel. 105 % das beste Ergebnis der Liniensorten. Damit lag Zzoom etwa 2 % oder 2 dt/ha vor Nerz. Im Anbaujahr 2012 betrug der Vorsprung von SY Leoo auf Nerz 5 % oder knapp 5 dt/ha.


Auf den Lehmböden im Nordwesten Niedersachsens betrug der Vorteil der besten Hybriden langjährig ebenfalls etwa 2 %. Gegenüber der neuen Sorte KWS Tenor war allerdings kein Ertragsunterschied zu erkennen. Im Anbaujahr 2012 lag KWS Tenor ebenfalls im Ertrag vorn, SY Leoo erreichte hier nur eine durchschnittliche Leistung.


Auch auf den Sandböden im Nordwesten ist langjährig ein kleiner Ertragsvorteil von 2 % zwischen Zzoom und Lomerit erkennbar. Allerdings lag auch hier KWS Tenor auf Augenhöhe mit den Hybriden – 2012 wiederum 3 % besser als SY Leoo. Auf den Sandböden Nordhannovers zeigt sich ein etwa gleiches Bild. Zwischen den älteren Sorten Lomerit und Zzoom beträgt der Unterschied ca. 3 % bzw. 2 dt/ha. Hobbit erreicht hier jedoch im Mittel sehr hohe Erträge von rel. 109 %. Gegenüber KWS Tenor und der zweizeiligen Matros beträgt der Ertragsvorsprung dieser Hybridsorte ebenfalls etwa 3 %. Auch hier erzielt SY Leoo 2012 nur durchschnittliche Erträge.


Keine Ertragsvorteile zeigen sich auf den Lehmstandorten. Unter den besseren Standortbedingungen war dies jedoch auch kaum zu erwarten. Auf den Höhenlagen konnten Zzoom und Hobbit dagegen wieder leichte Vorteile von 1 bis 4 % gegenüber der besten Liniensorte Leibniz realisieren. Aufgrund der Auswinterung wurden auf dieser Standortgruppe 2012 keine Versuche beerntet. Von der Auswinterung waren die Hybriden im Mittel etwas stärker betroffen. Vor allem Zzoom und auch SY Leoo zeigten vereinzelt stärkere Pflanzenausfälle. Hobbit lag gemessen an den Liniensorten im Mittelfeld (siehe Übersicht 3).


Zusammengefasst zeigen die Hybriden ein recht ansprechendes Ertragspotenzial. Die versprochenen 5 dt/ha Mehrertrag gegenüber den besten Liniensorten konnte jedoch nur einmal auf den Marschböden erreicht werden. Im Mittel liegt der Ertragsvorsprung bei lediglich 1 bis 2 dt/ha. Auf den Lehmböden ist kein Ertragsfortschritt vorhanden.


Mehrertrag reicht nicht:

Damit können die Saatgutmehrkosten mit den bisherigen Sorten nicht ausgeglichen werden. Die Ertragsverhältnisse zeigen sich auch in der Beurteilung durch das Bundessortenamt. Neben den Hybriden sind auch Liniensorten wie KWS Tenor, KWS Meridian oder die neue Sorte Otto mit der Höchstnote 9 im Ertrag eingestuft.


Aus den Ergebnissen der Landessortenversuche kann auch nicht abgeleitet werden, dass Hybriden, anders als Liniensorten, aufgrund ihrer Vitalität eher für eine spätere Saat geeignet sind. Auf den Sandstandorten in Nordwesten waren KWS Tenor den Hybridsorten sowohl bei früher Saat nach Weizen als auch bei später Saat nach Mais Anfang Oktober überlegen. In der Spätsaat fielen Zzoom und Hobbit tendenziell sogar ab. Ähnliche Ergebnisse wurden bereits bei der Markteinführung von Zzoom erzielt.


Deutlich bessere Qualität!

Neben einem hohen Ertrag sollte die Wintergerste zudem ein hohes Hektolitergewicht aufweisen. Die ersten Hybriden wie z. B. Zzoom zeigten hier Schwächen. Die neuen Sorten wie Hobbit und SY Leoo sind hier jedoch deutlich verbessert und können mit den besten mehrzeiligen und zweizeiligen Liniensorten mithalten. Auffällig ist jedoch das schwächere TKG der Hybriden. Aufgrund einer sehr hohen Anzahl Körner/Ähre fällt dieser Ertragsfaktor offensichtlich noch ab.


Mittlere bis hohe Verluste:

Agronomische Vorteile von Sorten tragen dazu bei, unter anderem die Ertragsverluste durch Krankheiten sowie durch Lager oder Halm- und Ährenknicken zu reduzieren. Diese Merkmale lassen sich gemeinsam am besten durch den Vergleich der behandelten und unbehandelten Versuchsparzellen bewerten. Im Anbaujahr 2012 erfolgte dieser Vergleich auf 21 Versuchsstandorten. In der Kontrolle werden keine Fungizide und nur verhaltene Mengen an Wachstumsregulatoren eingesetzt. Im Mittel lag der Ertragsverlust der ausgewählten Sorten bei 10 dt/ha (siehe Übersicht 4).


Die Hybriden schneiden in diesem Vergleich durchschnittlich ab. Höhere Verluste verzeichnen die recht krankheits- und lageranfällige Sorte Lomerit sowie die lageranfällige Sorte Nerz. Gesunde, standfeste Liniensorten wie Ma-tros oder auch Souleyka weisen mit nur 7 dt/ha deutlich geringere Ertragsverluste auf. Bei den Hybriden resultieren diese dabei vorrangig aus der stärkeren Neigung zum Ährenknicken. Davon ist neben Zzoom auch SY Leoo betroffen. Dass Zzoom und Hobbit in Bezug auf die Anfälligkeit gegenüber Blattkrankheiten positiv abschneiden, wird zudem in Übersicht 5 deutlich. SY Leoo weist allerdings eine höhere Anfälligkeit gegenüber Zwergrost auf.


Zur Aussaat 2013 wird die Angebots­palette von Hybriden noch breiter. Die Sorte Galation wurde jedoch vom Bundessortenamt nicht eingetragen, kann aber als EU-Sorte vertrieben werden. Sie ist auch im Kornertrag mit 9 eingestuft und zeigt gegenüber den bisherigen Sorten eine Verbesserung im Ährenknicken. Die Sorte Varus muss noch durch die Registerprüfung, die Zulassung wird zum Sommer erwartet.


Neben diesen beiden neuen Hybriden wurden jedoch mit KWS Keeper und Anja (Saatzucht Breun) auch wieder mehrzeilige Liniensorten mit der Kornertragseinstufung 9 eingetragen. In diesem Jahr sind ebenfalls eine Reihe neuer Hybridstämme in der Wertprüfung. Erste Ergebnisse sind wiederum vielversprechend. Zur letzten Ernte konnten die Stämme jedoch nicht die Leistung von KWS Meridian übertreffen.

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