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Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

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„Ich bin mehr Öko- als Techno-Bauer“

Lesezeit: 7 Minuten

Mit viel Geduld und Experimentierfreude feilt Dieter Helm, Ackerbauer in Brandenburg, an seinem Anbausystem. Sein Ziel: Stabil 100 dt/ha Weizen auf 34er-Böden ernten!


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Wer Dieter Helm mit dem Spaten oder der Bodensonde über seine Felder in Bückwitz, nordöstlich von Berlin ziehen sieht, denkt nicht, dass in dem ruhigen Ackerbauern ein Querdenker steckt: „Steigende Erlöse werden bei uns Landwirten immer abgeschöpft durch höhere Preise für Produktionsmittel, davon muss ich mich als Landwirt abkoppeln“, so Helm. „Welche Kosten kann ich minimieren? Die Pacht nicht, aber in der Produktion bei Düngung, Pflanzenschutz, Technik, Energie und Arbeitseinsatz.“


Wie will er das schaffen? Mit einem ausgeklügelten Anbausystem, bei dem er auf seinem eher mageren Standort (24 bis 50 BP) in Bückwitz alles auf die Karte „Bodenfruchtbarkeit“ setzt. Diese zu stabilisieren bzw. zu steigern, ist Kern seiner „Betriebsphilosophie“ (siehe Übersicht 1). Nicht ganz einfach, zumal auf dem sandigen Lehm nur 580 mm Niederschlag fallen. Weiteres Problem: Eine undurchlässige Tonmergelschicht im Untergrund. Das heißt, die Pflanzen bekommen ihr Wasser nur von oben, es gibt keine Nachlieferung aus dem Grundwasser.


Vielfalt statt Einfalt:

Seinem Ziel, dauerhaft 100 dt/ha Weizen zu ernten, rückt Helm mit Beharrlichkeit näher. In 2012 ist es ihm erstmalig gelungen, diese Marke zu knacken. Auf Teilschlägen hat er mit seinen beiden Söhnen (siehe Kasten „Profil“) 130 dt/ha Weizen gedroschen. Je nach Jahreswitterung ernten sie 70 bis über 90 dt/ha Wintergetreide. Selbst der Winterroggen bringt bereits über 90 dt/ha.


Seine Strategie: „Konventioneller biologischer Landbau“ – Pflanzenschutz und Düngung ergänzend, aber nicht dominierend einsetzen. „Aufrüsten der organischen Substanz im Boden“, das ist aus Sicht von Helm bei der zunehmenden Ressourcenverknappung die Zukunft. Sein Grundsatz ist, dass er die „Bodenfruchtbarkeit“, die beim Anbau aus dem Boden auf das Produkt Getreide, Mais, Raps usw. übertragen wird und beim Vermarkten den Betrieb verlässt, immer wieder reproduziert. „Wenn ich das als Ackerbaubetrieb nicht tue, fahre ich auf Verschleiß. Ich betreibe dann konjunkturellen und nicht nachhaltigen Ackerbau.“


Doch was versteht er unter „Bodenfruchtbarkeit“? Der studierte Landwirt liefert seine Definition wie aus der Pistole geschossen: „Das ist die Menge an organischer Substanz und Nährstoffen, die ich dem Boden zuführen muss, um das Bodenleben komplett zu ernähren.“ Dreh- und Angelpunkt in der Helm GbR ist dabei die neungliedrige Rahmenfruchtfolge, die Dieter Helm so ausgerichtet hat, dass zwischen jedem Glied der Anbau von Zwischenfrüchten möglich ist, auch vor Mais (Übersicht 2, Seite 71). „Es gibt kein starres Schema, wir passen die Fruchtfolge flexibel an. Unser Grundsatz ist aber, nie mehr als 25 % Raps, 25 % Mais und 50 % Getreide anzubauen“, erklärt Helm. Die Grasververmehrung liegt bei 5 bis 10 %. Es sind zwar nur 5 bis 6 Hauptkulturen im Anbau, aber durch die Zwischenfruchtgemenge mit über 10 Partnern bringt Helm Vielfalt in die Fruchtfolge.


Die winterharte Zwischenfruchtmischung MaisPro TR, die er vor Mais anbaut, besteht aus Felderbse, Futterroggen, Inkarnatklee, Phacelia, Buchweizen, Sonnenblume, Schwedenklee, Öllein, Leindotter, Pannonische Winterwicke, Ramtillkraut, Perserklee und dem Rettich Deeptill aus den USA. Diese Mischung bringen Helms per Düngerstreuer mit 35 kg/ha plus 40 bis 50 kg/ha Lupinen direkt nach der Getreideernte aus. Danach folgen 25 m3/ha Biogasgülle und ein Walzgang. Zusammen mit dem Ausfallgetreide entwickelt sich zügig ein üppiger Pflanzenbestand. Klee und Getreide kommen durch den Winter, die übrigen Pflanzen frieren ab. Anfang April wird der Bestand mit Glyphosat behandelt und nach einem Scheibeneggengang erfolgt die Maissaat. Den Effekt der Zwischenfrucht zu Mais beziffert Helm mit 20 % Mehrertrag. Außerdem soll sie mindestens zwei Jahre nachwirken.


„Wir haben mit den Zwischenfrüchten viel auf unserem Betrieb experimentiert“, so Helm. Statt Lupinen verwendet er z. B. auch Ackerbohnen (75 kg/ha).


Auch Grasuntersaaten mit Rotschwingel gelingen im Mais. Der Grassamen wird drei Tage vor dem Maislegen mit der Drillmaschine (9 kg/ha) breit gesät.


Boden ständig bedeckt:

„Unser Ziel ist, dass der Boden immer bedeckt ist“, erklärt der Diplom-Landwirt. „Das ist die beste Maßnahme, um Stressbedingungen des Bodens wie Trockenheit, Hitze, Starkregen und Kälte zu reduzieren.“ Der schützende Hohlraum, den die Zwischenfrüchte über dem Boden bilden, verlängert z. B. im Herbst die Umsetzungsprozesse im Boden und verhindert Erosion. Hinzu kommt, dass die Böden besser befahrbar sind, was z. B. bei der Maisernte von Vorteil ist.


Die vielfältigen Haupt- und Zwischenfrüchte dienen mit ihren Wurzel- und Pflanzenresten, die auf dem Feld bleiben, als „Futter“ für das Bodenleben. „Selbst als viehloser Ackerbauer bin ich Tierhalter, denn auf einem Hektar leben 4 bis GVE im Boden. Die muss ich füttern“, weiß Helm, der sich viel Wissen über die Bodenlebewesen, ihre Aktivitäten und Bedeutung für die Bodenfruchtbarkeit angelesen hat. Besonders fasziniert ihn die Theorie, dass Pflanzen Nährstoffe nicht nur in wasserlöslicher, mineralischer Form als N, P und K („Mineralstofftheorie“), sondern über ihre Wurzeln bevorzugt organisch gebundene Nährstoffe aufnehmen. Nach dieser These muss organische Substanz nicht erst durch lange Abbauprozesse völlig mineralisiert werden, bevor sich die Pflanzenwurzeln die Nährstoffe erschließen können. Sie sollen, wie Mensch und Tier, ganze Mikroorganismen und einzelne Zellbestandteile durch Aus- und Einstülpungen ihrer Wurzelschleimhäute aufnehmen können (Endozytose). Das klingt abenteuerlich, aber wie ein „Sektierer“ wirkt der belesene Landwirt nicht, der zu DDR-Zeiten als stellvertretender LPG-Leiter für den Ackerbau auf 4 500 ha verantwortlich und von 1990 bis 2009 CDU-Landtagsabgeordneter in Brandenburg war. „Wir können gar nicht genug organische Substanz in unsere degradierten Brandenburger Böden bringen“, ist seine Devise. „Es gibt dabei kein zu viel.“ Deshalb will er den Humusgehalt seiner Böden kontinu­ierlich aufbauen. Der Einsatz von Gesteinsmehl soll zu­dem die Voraussetzungen zur Bildung von Tonmineralen schaffen – ein langwieriger Prozess, von dem erst seine Enkel profitieren werden.


Neben Zwischenfrüchten und Biogasgülle setzt er Hühnertrockenkot und Kompost ein. Den Einsatz von Biogasgülle kombinieren Helms mit der Kalkung, damit die Bodenkolloide nicht zerfallen (Kali-Überschuss).


Kein PK mehr!

Die Versorgung der Pflanzenbestände mit P und K erfolgt mittlerweile ausschließlich über organische Düngung. Zugekauft wird noch mineralischer N-Dünger. „Wir reden nicht mehr von Düngung, sondern von Pflanzenernährung. Wir ernähren das Bodenleben“, sagt Helm. „Wir wollen der Pflanze nicht ins Maul düngen. Sie soll sich die Nährstoffe im Boden selbst suchen, sonst wird sie faul.“ Neben einer guten Durchwurzelbarkeit und Wasserhaltefähigkeit achtet Helm auf ein ausgewogenes Nährstoffverhältnis im Boden. Seit zwei Jahren lässt er die Boden­untersuchung in einem Labor in Österreich durchführen, das sehr umfangreiche, detaillierte Ergebnisse liefert. Statt nur alle 6 Jahre will er künftig alle 3 Jahre von ausgesuchten Schlägen, die die Bodenqualität widerspiegeln, eine Untersuchung machen lassen, auch wenn diese 280 ¤ kostet. „Ich möchte die Entwickung wichtiger Werte, wie z. B. Nährstoff-, Humusgehalt und Basensättigung, verfolgen“, so der Ackerbauer. Nur das Auge reicht nicht, um die Versorgung der Bestände beurteilen zu können. Deshalb überprüft er mit Pflanzenanalysen, ob die Nährstoffe tatsächlich in der Pflanze angekommen sind.


Auch achtet er auf den pH-Wert, der u. a. für die Nährstoffverfügbarkeit wichtig ist. Gekalkt wird möglichst jedes Jahr, je nach Bedarf mit unterschiedlichen Kalken, wie z. B. Dolomit, wenn Mg fehlt und Gips bei S-Bedarf.


Strip Till:

Der 72-Jährige, der sich in der Helm GbR um Buchführung, Finanzen, Strategie, Fruchtfolge- und Anbauplanung kümmert, steckt voller Pläne. Die Bodenbearbeitung auf Strip Till umstellen, ist das nächste Ziel. Helms testen bereits das Verfahren, kombiniert mit platzierter Düngung.


Sein Wissen gibt er gerne weiter. Jedes Jahr kommen Studenten der Humboldt-Uni auf den Betrieb, um von Helm zu lernen.-hm-

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