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Kartoffeln übers Blatt düngen - was bringt das?

Lesezeit: 9 Minuten

B ei der kritischen Durchsicht von Versuchen zur Wirtschaftlichkeit von Blattbehandlungen im Qualitätskartoffel-anbau stößt man auf viele Widersprüche. Identische Präparate zur gleichen Zeit auf vergleichbaren Standorten eingesetzt, zei-gen abweichende Ertrags- und/oder Qua-litätsergebnisse. Vielmehr wird deutlich, dass der Jahreseinfluss dominiert. Kartof-felanbauer machen ähnliche Erfahrungen. Deshalb zeigt sich bei der Blattdüngung in der Praxis folgendes Bild: Uneinge-schränkte Akzeptanz oder kritische Dis-tanz bis hin zur völligen Ablehnung. Diese Widersprüchlichkeit sollte Kartoffelanbauer motivieren, eigene Erfahrungen mit der Blattdüngung zu sammeln. Vor allem auf Standorten, auf denen das Ertragsniveau oder die Qualität zu wünschen übrig lässt, soll-te nach kritischer Fehlersuche auch über Blattbehandlungen mit Mikro-und Makronährstoffen nachgedacht werden. Der Erfolg lässt sich durch Proberodungen auf Teilflächen oder in einem ausreichend großen Spritz-fenster schnell überprüfen (siehe top agrar 7/1999, Seite 66). Alles eine Frage der Verfügbarkeit Viele Böden verfügen über ein ausreichendes Mikronährstoffpoten-zial. Vor allem dann, wenn auf ihnen Wirtschafts- und/oder Sekundärnähr-stoffdünger wie Komposte, Klär-schlämme oder ähnliches eingesetzt werden. Denn sie bringen große Men-gen an Mikronährstoffen auf die Flä-chen. Ob diese Nährstoffe aber der Kar-toffel zur Verfügung stehen, bestimmen unter anderem folgende Faktoren: Kälte beschränkt die Verfügbarkeit durch reduzierte Mineralisation. Trockenheit behindert die Aufnahme durch das Fehlen des Transportmittels Wasser. Verdichtungen und Überlockerungen des Bodens unterbrechen den Nährstoff-fluss. Nicht der Bodenart angepasste pH-Werte legen Mikronährstoffe fest. So sinkt die Verfügbarkeit von Mangan kon-tinuierlich mit steigendem pH-Wert, die von Magnesium steigt dagegen. Bor ist am besten verfügbar im schwachsauren Be-reich, oberhalb von pH 6,5 wird es zuneh-mend festgelegt. Maximalerträge und enge Kartoffel-fruchtfolgen wirken sich verschärfend auf die Verfügbarkeit der Nährstoffe aus. Auch kann es vorkommen, dass eine Unterversorgung nicht richtig erkannt wird, z. B. wenn Blattnekrosen auf Grund von Nährstoffmangel für eine natürliche Abreife oder Folge einer pilzlichen Er-krankung angesehen werden. Mikronährstoffe dienen nicht nur der Ernährung der Kartoffel. Sie lassen sich auch gezielt zur Steuerung von Ertrags-und Qualitätsfaktoren einsetzen. Außer-dem dienen sie als Stressbremse, z. B. nach Herbizidbehandlungen oder Hagelschlag. Auch erhöhen sie die Widerstandskraft ge-gen Krankheiten. Der Vorteil der Blattdüngung liegt da-rin, dass sie sich exakt dosieren lässt. Durch eine termingerechte Behandlung ist eine bedarfsgerechte und sofort verfügbare Nährstoffversorgung der Pflanzen möglich. Eine in kurzen Ab-ständen wiederholte Behandlung ist einer einmaligen immer vorzuziehen. Der Wirkungsgrad einer Blattbe-handlung soll zehnmal höher sein als der einer Düngung über den Boden. Produktionstechnische Fehler lassen sich jedoch nicht durch Blattbehand-lungen korrigieren. Blindschüsse mit chelatisierten oder aufwändig formulierten Cock-tails, sind nicht zu empfehlen. Oft sind sie zu teuer und negative Wech-selwirkungen zwischen den einzelnen Mikronährstoffen können nicht aus-geschlossen werden. Alternativen hier-zu sind die preiswerten Grünma-cher AHL, Harnstoff und Bittersalz. Bevor Sie Blattdünger einsetzen, sollten Sie eine Blattanalyse durchführen lassen. Sie gibt Auskunft über den aktuellen Ver-sorgungsstand und vor allem wichtige Hin-weise für die künftige Anbaustrategie. Sie sollte besonders auf Schlägen durchgeführt werden, deren Versorgungssituation als unsicher einzustufen ist. Mg-Spitzenbedarf mit Bittersalz abdecken Die in manchen Anbauregionen üb-lichen mehrmaligen Bittersalz-Anwen-dungen mit MgSO4 dürfen nicht kritiklos übernommen werden. Versuche auf leich-ten Standorten belegen sogar einen eher negativen Einfluss. Als Ursache muss ein auf leichten Standorten nicht untypischer Mangan-Mangel vermutet werden. Denn zwischen Mangan und Magnesium besteht ein ausgeprägter Antagonismus (Konkur-renz). Neben ertragssteigernden Effekten be-legen neuere Untersuchungen einen hem-menden Einfluss von Bittersalz auf den Befall mit Schorf. Die Praxis berichtet von einer vitalisierenden Wirkung der Bit-tersalzSpritzungen. Behandlungen sind überall dort sinnvoll, wo ein ausgeprägter Antagonismus zwischen Magnesium und Kalium und/oder Ammonium-N vermutet wird. Dies ist unter folgenden Bedingun-gen der Fall: Bodengehalte weisen ein Verhältnis von Kalium zu Magnesium von über 3 : 1 auf, hohe Kali-Düngung, intensiver Einsatz von Wirtschafts- und Ammonium-Düngern sowie niedriger pH-Wert des Bodens. Bewährt hat sich die drei- bis vierma-lige Blattbehandlung mit jeweils 8 bis 10 kg/ha Bittersalz. Die erste Behandlung sollte vor Knollenansatz, die letzte in der Blüte erfolgen. Wiederholte Anwendun-gen von Bittersalz in kleinen Mengen füh-ren zu einer größeren Wirkungssicherheit. Werden sie bei bedecktem Wetter oder in den Morgen- und Abendstunden ausge-bracht, gewährleistet dies eine längere Aufnahme- und Eindringzeit. Folge: Hö-here Effizienz gegenüber Behandlungen, die in der warmen Tageszeit bei ausge-prägter Wachsschicht erfolgen. Tankmi-schungen aus Bittersalz, Fungizid- und Fungizidkombination sind üblich. Immer wieder berichten Praktiker von unerwarteten leichten bis mittleren Blatt-irritationen. Wodurch werden diese verur-sacht? Die sulfatische Salzlösung erhöht in Verbindung mit Pflan-zenschutzmitteln die Ag-gressivität der Spritz-brühe. Dies kann bei la-biler Wachsschicht und hoher Lichtintensität in blattlabilen Sorten Re-aktionen hervorrufen. Ergebnisse von Ver-suchen zeigen, dass mit-unter eine Stärke sen-kende Wirkung bei wiederholten Bittersalz-Anwendungen zu be-obachten ist. Dieser mögliche Verdünnungs-effekt muss v. a. bei Sor-ten mit labilem Unter-wassergewicht, wie z. B. Agria, beachtet wer-den. N und P übers Blatt geben Der Mangel an Phos-phat kann zu einem ver-minderten Knollenan-satz führen. Folgen: Übergrößen, Hohlher-zigkeit und physiologische Eisenfleckig-keit. Ursache für den P-Mangel ist jedoch nicht ein zu geringer Vorrat an Boden-phosphaten, sondern die P-Verfügbarkeit. Diese wird verursacht durch niedrige Temperaturen in der Jugendphase der Kartoffel, die geringe Mobilität von Phos-phat sowie durch Trockenheit, Vernäs-sung, Strukturprobleme und pH-Werte von deutlich über bzw. unter 6. In der Praxis wird versucht, die Ver-fügbarkeit zu erhöhen, indem Frischphos-phat möglichst zum Pflanzen und wurzel-nah ausgebracht wird. Andere Wege sind eine P-Unterfußdüngung wie bei Mais oder eine P-Beizung des Pflanzgutes. Möglich ist aber auch eine mehrmalige P/N-betonte Blattbehandlung. Hierbei müssen Sie jedoch die Einsatztermine ge-nau beachten! Die erste Behandlung dient dazu, den Knollenansatz zu fördern und zu stabili-sieren. Sie erfolgt erst, wenn sich die ers-ten Stolonen anfangen zu verdicken. Die nachfolgenden Blattdüngungen unterstüt-zen das Dickenwachstum der Knollen und die Bildung von Inhaltsstoffen. Erfolgt die Erstbehandlung zu spät, bleibt sie erfolg-los. Feldkontrollen sind daher unverzicht-bar! Hohe Luftfeuchte und milde Tempe-raturen fördern die Aufnahme der Nähr-stoffe über das Blatt. Bei hohen Tempe-raturen sind die Behandlungen auf den späten Abend oder sehr frühen Morgen (Tauspritzung ideal) zu verlegen. Beispielhaft werden zwei im Rheinland praktizierte Strategien genannt, die über vorzeigbare Versuchsergebnisse verfü-gen: Phosphat-betonte Blattbehandlung mit 10 l pro ha Lebosol-Calphos oder Mag-phos, um den Knollenansatz zu fördern und zu stabilisieren. Gefolgt von 2 x 5 l/ha Lebosol oder Magphos, um das Wachs-tum der Kartoffelknollen zu fördern. N-orientierte dreimalige Behandlung mit 5 bis 10 l/ha Wuxal Basis. Der Knollenansatz wird im Speisekar-toffelanbau gefördert oder bei sehr ansatz-trägen Veredlungssorten, um über den er-höhten Knollenansatz den Marktwarener-trag zu erhöhen. Blattbehandlungen er-übrigen sich dagegen bei abgekeimten Pflanzkartoffeln, auf sommertrockenen Standorten ohne Beregnung und bei stabi-len optimalen Wachstumsbedingungen. In der Direktvermarktung und im Vered-lungskartoffelanbau wird auf die Ansatz-förderung verzichtet. Dort wird ledig-lich durch die nachfolgenden Behand-lungen das Dickenwachstum unter-stützt. Eine Ausnahme stellt allerdings die Sorte Agria dar. Bei höheren N-Gaben wird zuneh-mend eine Splittung in zwei Drittel zur Pflanzung und ein Drittel zum Knol-lenansatz diskutiert. Dies kommt der bedarfsgerechten N-Versorgung der Kartoffel sehr entgegen. Aber auch bei einmaliger N-Gabe zum Pflanzen bzw. nach dem Legen kann eine zusätzliche Blattdüngung mit AHL oder Harn-stoffLösung sinnvoll sein. Während bei Trockenheit lediglich der Nähr-stofffluss unterbrochen ist, können nach Starkniederschlägen erhebliche N-Verluste entstehen. Diese lassen sich nicht immer durch die N-Minera-lisation des Bodens ausgleichen. Bei einem Kurzniederschlag wandert Ni-trat beispielsweise um 30 cm nach un-ten und zwar auf Sand bei 30 mm, auf leh-migen Sand bei 60 mm und bei sandigem Lehm, Lehm und Löss bei 90 mm Nieder-schlag. In Tankmischungen mit Fungiziden sollten Gaben von 10 kg N/ha als AHL oder Harnstoff nicht überschritten wer-den, wobei der Spielraum bei Harnstoff etwas höher liegt. Für Solobehandlungen gilt ein Grenzwert von 20 kg N/ha. Be-handlungen dürfen nur bei stabiler Wachsschicht und lichtarmer Witterung durchgeführt werden. In Kartoffelbestän-den mit intensiver Blattneubildung sind Blatt-Irritationen jedoch nie auszuschlie-ßen. Hier gilt die Regel: Wiederholte So-lobehandlungen mit niedrigen Aufwand-mengen durchführen! Ob sich der in der Praxis oft zu beobachtende Greening-Effekt immer ertraglich umsetzt, ist un-sicher. Wird Mangan zu wenig beachtet? Mangan-Mangelerscheinungen treten bei Kartoffeln und anderen Kulturen bei unzureichender Bodenversorgung vor al-lem auf kalkreichem Niedermoor und auf sandigen Böden auf, die durch unsach-gemäße Kalkung einen überhöhten pH-Wert aufweisen. Dort ist die Verfügbar-keit stark eingeschränkt. Bei pH-Werten von über 5,8 wird die Blattbehandlung mit speziellen Mn-Präparaten auf wachsende Bestände empfohlen. Die Symptome von Mangan-Mangel sind für das ungeübte Auge leicht mit de-nen von Altenaria-Befall oder natürlicher Abreife zu verwechseln. Pflanzen mit Mangelsymptomen treten häufig flecken-weise im Bestand auf und unterscheiden sich von gesunden Stauden durch ihre schmutzig-gelblichgrüne Farbe. Zunächst beginnen sich die jüngeren und mittleren Blätter an den Triebspitzen zwischen den Blattadern gelblich zu verfärben. Entlang der Blattnerven bilden sich später kleine dunkle nekrotische Punkte. Bei anhalten-dem Mangel rollen sich die Blätter unter Braunfärbung ein und sterben ab. Selbst mischen oder Spezial-präparate verwenden? Witterungsstress, wie z. B. Kälte oder Trockenheit kann einen bestehenden nicht sichtbaren Manganmangel entlar-ven und dies Symptom zum Vorschein bringen. In diesem Fall muss eine sofor-tige Behandlung mit einem speziellen Mn-Präparat erfolgen. Der Erfolg der Maßnahme sollte durch Teilflächenbe-handlung oder ein großzügiges Spritz-fenster überprüft werden! Eine Behand-lung gegen Schorf mit Mangan-Präpara-ten zum Zeitpunkt der Knollenbildung ist in seiner Wirkung unsicher. Geheimmischungen haben in der Pra-xis Konjunktur. Nicht selten werden Kom-binationen aus fünf und mehr Präparaten, bestehend aus Salzen, Fungiziden, Insekti-ziden, AHL oder Harnstoff, diskutiert. Vor solcher Alchimie wird gewarnt. Denn durch die Addition der Formulierungs-hilfsstoffe der Pflanzenschutzmittel wird die ohnehin vorhandene Aggressivität von Mehrfachmischungen verstärkt. Wechselwirkungen zwischen den ein-zelnen Komponenten sind ebenso wenig auszuschließen wie physikalische Unver-träglichkeit. Wer einmal mit verstopften Düsen und Filtern zu kämpfen hatte, weiß ein Lied davon zu singen. Landwirte, die über eigene Mischun-gen nachdenken, sollten zunächst die physikalische Verträglichkeit in kleinen Gebinden und anschließend ihre Mi-schung auf einer kleinen Fläche testen. Gegenüber den in vielen Versuchen ge-prüften Spezialdüngern zeigen Eigenmi-schungen außerdem deutlich geringere Wirkungsgrade. Bevor Landwirte aus preislichen Gründen auf scheinbar billige Eigenmischungen ausweichen, sollten sie sich über die Preise der Spezialdünger in-formieren.

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