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Künftig wieder intensiver ackern

Lesezeit: 10 Minuten

Die Zeit, in der sich Fehler durch Pflanzenschutz und Düngung einfach verdecken ließen, ist vorbei. Die Bodenbearbeitung wird wieder stärker zum Schlüssel für Unkraut- und Krankheits-kontrolle sowie Düngeeffizienz.


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Die zwei vergangenen milden Winter und die Phasen mit ausgeprägter Trockenheit in diesem Jahr haben gnadenlos eine mangelnde Qualität der Bodenbearbeitung „aufgedeckt“. Fehler oder Unterlassungen zeichneten sich auf vielen Schlägen in regelmäßigen „Mustern“ ab, die von Fahrspuren vergangener Jahre oder einer nicht angepassten Bodenbearbeitung herrührten. Flächen mit diesen „Mustern“ reiften schneller ab und brachten weniger Ertrag. Die Bearbeitungsfehler haben darüber hinaus auch Stellen mit Trockenschäden, die auf Bodenunterschiede zurückzuführen waren, unnötig vergrößert. Wie viel Ertrag das gekostet hat, lässt sich aber nur schwer abschätzen.


Der Boden als Bindeglied:

Aber nicht nur unter den besonderen Bedingungen im Jahr 2015 ist die Bodenbearbeitung ein wichtiges Thema, um hohe, stabile Erträge zu erzielen. Der Boden ist nicht nur die Schnittstelle für die Wurzel und ihre Umwelt. Er bietet neben dem Gas­austausch für die Wurzelatmung auch die Grundlage für die Versorgung der Pflanze mit Wasser und Nährstoffen. Zusätzlich ist der Boden Schnittpunkt aller Nährstoffströme im Ökosystem „Acker“ und ein wichtiger Speicher. Ohne seine Funktionsfähigkeit ließen sich die Düngewirkung von Ernteresten und der Einsatz organischer Dünger nur schwer einschätzen. Selbst manche Mineraldünger sind auf die Funktion des Bodens angewiesen, um eine hohe Nutzungseffizienz zu erreichen.


Die Funktion des Ackerbodens lässt sich durch viele Maßnahmen sicherstellen. Längerfristig wirken eher folgende: Der Einsatz organischer Dünger über den Zwischenfrucht­anbau, die Förderung der Mikroorganismen, die Fruchtfolge und eine positive Humusbilanz bis hin zur mineralischen Düngung, z. B. mit Kalk.


Als kurzfristige Maßnahme kommt meist nur die Bodenbearbeitung infrage. Sie leistet vor allem Folgendes:


  • Sie schafft ideale Wachstumsbedingungen durch Saatbettbereitung und eine für die Pflanze passende Boden­struktur in der gesamten Krume.
  • Sie steuert die Nährstofffreisetzung über Humusbildung und Minerali­sation.
  • Sie reguliert der Krankheitserreger (Pathogene) und Unkräuter.
  • Sie steuert den Wasserhaushalts in der Krume.


Die „Blüte“ der intensiven Bodenbearbeitung war vor mehr als 25 Jahren. Seitdem haben Betriebe aus ökonomischen und arbeitswirtschaftlichen Gründen die Zahl der Überfahrten reduziert und die Arbeitsintensität oder -tiefe reduziert. Der kurzfristige Erfolg scheint dem auch Recht zu geben. Treten doch mal Probleme auf, lassen sich diese elegant durch eine geänderte Herbizid- und Fungizidstrategie, ein abgewandeltes Düngungssystem oder Kulturpflanzenauswahl und eine vereinfachte Fruchtfolge kaschieren.


In der Praxis stoßen aber viele Betriebe vermehrt an Grenzen des Verschleierns der Probleme. Die Folge: Die Bodenbearbeitung rückt wieder zurück in den Mittelpunkt der pflanzenbaulichen Strategien. Wie sehen diese im Einzelnen aus?


1. Unkrautregulierung:

Ein Bereich, bei dem die „Verschleierungs-Taktik“ auf Problemstandorten bereits scheiterte, ist die Unkrautkon­trolle. Hierbei sind vor allem Ackerfuchsschwanz und Windhalm vermehrt resistent geworden. Die hauptsächlich blattaktiven Herbizid-Strategien mit ACCase-Hemmern (Fops, Dims und Den) und ALS- Hemmern (Sulfonylharnstoffe und ­Pyrimidin-Triazole) sind dort an die Grenzen der Wirksamkeit gestoßen.


Aber auch manche Unkräuter sind in der Praxis zunehmend schwerer zu bekämpfen. Ist das System erst entgleist, lassen sie sich auf diesen Standorten nur durch ökonomisch unpopuläre Maßnahmen wie ein konsequentes Erweitern der Fruchtfolge oder gar den Feldfutterbau mühsam wieder in den Griff bekommen.


Daher müssen die Betriebe künftig bei der Bodenbearbeitung alles daransetzen, für die Herbizid-Anwendung optimale Bedingungen zu schaffen und diese durch die mechanische Bekämpfung zu unterstützen. Denn das konsequente Vorbeugen ist nachhaltiger als die kurzfristige Gewinnmaximierung.


Eine Strategie, mit der Bodenbearbeitung das Unkrautpotenzial eines Standortes abzusenken, ist die flache Stoppelbearbeitung. Diese soll Ausfallgetreide und Unkrautsamen aus durchgewachsenen Unkräutern zum Auflaufen bringen. Die Bearbeitung sollte dazu für die meisten Unkrautsamen nicht tiefer als 5 cm sein. Die Samen sollen aus den Ernteresten ausgeschüttelt, in ein feinkrümeliges Saatbett am unteren Rand des Bearbeitungshorizonts eingelegt und kräftig rückverfestigt werden.


Allerdings ist dies nicht auf allen Standorten zu schaffen. In den klassischen Ackerfuchsschwanz-Regionen mit hohem Tonanteil fallen hierbei Samen zusammen mit der Feinerde in die Schrumpfungsrisse. Dies geschieht vor allem unter trockenen Bedingungen. Dadurch gelangen diese zu tief in den Boden, sodass man sie in den Folgejahren wieder hocharbeitet.


Dass die Unkrautsamen nicht wie gewünscht auflaufen, liegt jedoch noch häufiger am falsch eingearbeiteten Stroh. Bei flacher Bearbeitung mischen es vor allem Scheiben-Werkzeuge in die wenigen Zentimeter zu gut ein. Die Folge ist ein kaum rückzuverfestigendes Saatbett und ein inhomogener Anschluss der Samen an das aufsteigende Wasser bei Trockenheit. Das Ergebnis: Ungleichmäßige Feldaufgänge, bei denen die Bearbeitungsrichtung klar zu erkennen ist. Der Bekämpfungserfolg ist also nicht homogen.


Saatbett für Unkräuter:

Viel wichtiger wird es bei der Bodenbearbeitung künftig sein, die Rahmenbedingungen für einen optimalen Herbizid-Einsatz zu schaffen. Die erste Grundvoraussetzung dafür ist der gleichmäßige Feldaufgang der Unkräuter nach der Aussaat der Hauptfrucht. Dies stellt vor allem auf Problemstandorten an das Saatbett in den obersten 3 cm fast aller Kulturen ähnliche Ansprüche, wie bei der Aussaat von Raps.


Unkrautsamen sind meist klein und benötigen daher einen sehr guten Boden-Samen-Kontakt. Zusätzlich sollte vor allem unter trockenen Bedingungen Wasser aus tieferen Bodenschichten aufsteigen können und dadurch die Keimung ermöglichen.


Der Boden unterhalb des Saatbetts muss sehr gut rückverfestigt sein. Nur dadurch ist es möglich, mit blattaktiven Wirkstoffen die Pflanzen möglichst früh bis zum 2- bis 3-Blattstadium noch einigermaßen sicher zu erfassen. Danach werden die Unkräuter robuster gegen Herbizide.


Vom gleichmäßigen Feldaufgang profitieren auch die Bodenherbizide, die man wieder vermehrt einsetzt, um das Resistenz-Management zu verbessern. Der Grund: Sie lassen sich besser terminieren. Eine möglichst feine, klutenfreie Oberfläche des Saatbetts fördert die Wirkung. Dadurch kommt pro Flächen­einheit, und somit auch pro Unkraut, deutlich mehr Wirkstoff am Ziel­ort an. Zudem wirken auch die meisten Bodenherbizide besser, wenn man Erntereste konsequent einarbeitet. Denn oft binden diese am Stroh und wirken dadurch nur sehr schlecht. Dies gilt vor allem unter eher trockenen Bedingungen.


2. Infektionswege unterbinden!

Erntereste können auch das Infektionspotenzial etlicher pilzlicher Erreger, wie z. B. Septoria tritici, HTR, Fusarium-Arten bis hin zu Fußkrankheiten, erhöhen. Eine extensive Bodenbearbeitung fördert den Abbau der Wurzel- und Strohreste nicht ausreichend, oder vergräbt diese nicht tief genug. Das verhindert nur unzureichend, dass anhaftende Pilzsporen oder -myzel auf die Folgekultur überspringen.


Bei einer optimalen Fruchtfolge spielen diese Aspekte kaum eine Rolle. Der Wechsel zwischen Halm- und Blattfrucht sowie idealerweise auch zwischen Winterung und Sommerung unterbricht effektiv die meisten Infektionswege. Wer aber aus kurzfristigen Überlegungen und ökonomischen Zwängen heraus die Fruchtfolgen vereinfacht, muss mithilfe der Bodenbearbeitung Probleme angehen. Dabei muss man vor allem dafür sorgen, dass die Wurzel- und Erntereste verrotten.


Dazu muss man die Wurzeln vor allem in den obersten 15 cm mit Feinerde vermischen. Dies erzeugt ideale Bedingungen für Mikroorganismen, die Ernte- und Wurzelreste zersetzen. Das intensive Bearbeiten des Bodens schafft durch die Krümelung neuen „Lebensraum“ für sie und reichert die kohlenstoffreiche abgestorbene Wurzel wieder mit Nährstoffen in ihrem direkten Umfeld an. Bleibt die Wurzel dagegen ohne Bodenbearbeitung im Boden, ist der Abbau aufgrund der Nährstoffverarmung während der Wachstumsperiode der Pflanze in der direkten Umgebung der Wurzel deutlich verlangsamt. Dies bietet beste Bedingungen für das Überdauern von Wurzel- und Halmbasis-Krankheitserregern.


Anspruchsvoller ist das Unterbinden der Infektionswege, die vom Stroh ausgehen. Hierzu muss es ausreichend mit Erde in Kontakt kommen. Dies ist vor allem bei hohen Strohmengen nur zu schaffen, wenn man es tief genug einmischt. Das ist wichtig, auch wenn mit jedem Zentimeter Bodentiefe die mi­krobielle Aktivität deutlich abnimmt und dadurch das Stroh langsamer verrottet. Grundsätzlich gilt, dass für einen guten Boden-Stroh-Kontakt pro Tonne Stroh 1,5 bis 2 cm Bearbeitungstiefe erforderlich sind. Außerdem muss der Boden feinkrümelig sein, um genug Kontaktfläche zu bilden. Es dürfen also keine Kluten bei der tieferen Bodenbearbeitung herausgerissen werden. Somit gilt die alte Regel, dass das tiefe Einarbeiten nur in mehreren Arbeitsschritten erfolgen kann.


Das richtige Einmischen der Erntereste gewinnt auch im Zuge der Novelle der Düngeverordnung (DüngeVO) an Bedeutung. Um die Rotte zu fördern, lässt sich dann keine N-Ausgleichsdüngung mehr durchführen. Zudem muss die organische Düngung im Herbst zu vielen Kulturen unterbleiben. Somit bleibt als Ausweg nur eine mehrmalige intensive Bodenbearbeitung, um die Erntereste zur Rotte zu bringen. Besonders wichtig wird unter trockenen Bedingungen das konsequente Rückverfestigen! Positiver Nebeneffekt: Eine mehrmalige Bodenbearbeitung verschlechtert auch die Lebensbedingungen vieler Vektoren, weil sie Ausfallgetreide konsequent unterdrückt.


3. Ackern gegen Virosen:

Durch den Wegfall der Insektizid-Beizen gewinnt die Feldhygiene eine extrem große Bedeutung. Herbei spielt vor allem das konsequente Ausschalten des Ausfallgetreides eine wichtige Rolle und somit die Abfolge der Bodenbearbeitung in zeitlich engen Abständen. Gewinnen die Virusvektoren (Läuse und Zikaden) mit den dazugehörigen Viren weiter an Bedeutung, wird die extensive ein- oder zweimalige Bodenbearbeitung zwischen Ernte und Saatbettbereitung zum Problem. Zudem ist abzusehen, dass diese Schaderreger bei zunehmender Erwärmung im Zuge des Klimawandels eine deutlich größere Bedeutung bekommen.


4. Begrenzt bei der Düngung:

Der Pflanzenbau ist bestrebt, die Nährstoffe immer effizienter einzusetzen. Durch die platzierte Düngung muss dies nicht grundsätzlich mit einer intensiveren Bodenbearbeitung einhergehen. Nährstoffdepots lassen sich in tieferen Bereichen der Krume auch durch eine streifenförmige Bearbeitung einbringen. Das gilt vor allem für mineralische Nährstoffe.


Erfolgt die Düngung allerdings in organischer Form, stößt die platzierte Düngung auf Krumentiefe an Grenzen. Es entstehen durch die „Übernässung“ im Band schnell Strukturschäden. Auch der Umsatz der meist organisch gebundenen Nährstoffe findet zeitlich sehr verzögert statt. In dem Fall ist es wichtig, die Wirtschaftsdünger erst gut mit Boden zu vermischen und sie dann, sofern für die Kultur sinnvoll, tiefer in die Krume einzubringen.


Die Praxis wird aber künftig zum Einbringen organischer Dünger nur begrenzt die Bodenbearbeitung nutzen können. Denn die neue Düngeverordnung beschränkt den klassischen Herbsttermin nur noch auf wenige Kulturen und übersichtliche Mengen. Das Aufdüngen der Krume mit Wirtschaftsdüngern wird somit auf das Frühjahr begrenzt werden. Die Bodenbearbeitung wird dann aber nur auf Standorte beschränkt bleiben, auf denen eine Frühjahrsfurche möglich ist. Diese ist erforderlich, um die Nährstoffe in die Krume für Tiefwurzler einzumischen. Wird Mais angebaut und Gülle nur flach eingekratzt oder nur oben mit dem Schleppschlauch nach der Saat aufgelegt, kann dies auf Standorten mit zeitweisen Trockenphasen in den obersten Zentimetern der Krume kontraproduktiv sein!


Zielkonflikte:

Je weniger Wirkstoffe der Praxis im Pflanzenschutz zur Verfügung stehen und je größer die Restriktionen bei der Ausbringung werden, desto höher steigen zwangsläufig die Ansprüche an die Bodenbearbeitung. Zudem ist sie der Schlüsselbaustein eines effektiven Resistenzmanagements. Dass sich hier künftig Zielkonflikte mit dem Erosionsschutz und Humusmanagement auftun werden, liegt auf der Hand. Unsere Konzepte in diesem Bereich sind bis heute zu stark an Einzelmaßnahmen, wie z. B. dem nicht-selektiven Herbizid-Einsatz (Glyphosat), angewiesen. Auch zur Steigerung der Nährstoffeffizienz, vor allem von Wirtschaftsdüngern, könnte eine intensivere Bodenbearbeitung einen Beitrag leisten. Allerdings kann die Praxis diesen in den nächsten Jahren wegen der Novelle der Düngeverordnung nur noch sehr schwer abrufen.

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