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Lockern Sie Ihre Fruchtfolgen wieder auf!

Lesezeit: 8 Minuten

Warum wir die Fruchtfolgen wieder erweitern sollten und wie das gelingt, erklären Dr. Ute Kropf, Fachhoch­schule Kiel und Dr. Hansgeorg Schönberger, N.U. Agrar.


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Wo heute nur noch drei bis vier Kulturen in der Fruchtfolge stehen, jonglierten Landwirte vor rund 50 Jahren noch mit deutlich mehr. Die Fruchtfolgen drastisch verändert haben der Mähdrescher und das Spezialisieren auf reine Marktfrucht-betriebe ohne Feldfutterbau. Die wichtigsten Veränderungen waren dabei folgende:


  • Klee, Luzerne und Runkelrüben verschwanden und die Betriebe setzten vermehrt auf leicht zu erntendes Getreide.
  • Das Stroh blieb auf dem Acker und damit auch die Krankheiten und Ungrassamen, die der Mähdrescher verteilt. Das hat uns die Probleme mit Ackerfuchsschwanz, Windhalm und Trespen beschert.
  • Das Herauszüchten von Erucasäure und Glucosinolaten aus dem Rapssamen puschte den Raps von weniger als 90 000 ha auf zeitweise über 1,5 Mio. ha. Viele Betriebe bauen ein Drittel Raps an, einige versuchten sich sogar an 50 %.
  • Es stehen verbreitet nur noch Winterfrüchte auf dem Acker. Mit der reduzierten Bodenbearbeitung nahmen infolge der kurzen Zeitspannen zwischen Ernte und Neuaussaat auch die Probleme zu: Ackerfuchsschwanz, Mäuse, Schnecken und vor allem Septoria tritici, DTR oder Fusarien, die sich durch den Verbleib des Strohs auf dem Acker rasant verbreiteten.
  • Mit dem Mais kamen noch andere Probleme: Fusarien, die auch das Getreide befallen, und Rhizoctonia, die sich ebenfalls in Rüben breit machen kann. Nicht zu unterschätzen ist auch die Bedeutung des Maises als „grüne Brücke“ für Blattläuse als Virusvektoren, mit denen wir künftig mehr zu tun haben werden.
  • Zwischenfrüchte (Kreuzblütler, Leguminosen) und die darin aufwachsenden Ausfallgetreide- oder Rapspflanzen werden ebenfalls zur „grünen Brücke“ nicht nur für Blattläuse, sondern auch für Schädlinge wie Schnecken und Mäuse sowie Krankheiten wie Kohlhernie oder Verticillium. Gesetzliche Auflagen im Rahmen des Greenings verschärfen nun durch den Zwischenfruchtanbau ohne die Möglichkeit phytosanitärer Maßnahmen die Probleme in der Fruchtfolge.


Weniger Vielfalt, mehr Probleme:

Die Entwicklung zu einfachen Fruchtfolgen stellt den Ackerbau vor besondere Herausforderungen. Heute müssen wir unsere wenigen leistungsfähigen, vermarktbaren Kulturen so kombinieren, dass sie diese Anforderungen erfüllen:


  • Krankheits- und Schädlingsdruck vermindern,
  • den Besatz an Unkräutern und Ungräsern senken,
  • den Nährstoffhaushalt und die -dynamik verbessern,
  • den Humushaushalt und die Boden­struktur regulieren.


Alle Früchte hinterlassen als Ernterückstände Stroh, Stoppeln, Wurzeln, Kraut- und Rübenreste oder kleine Kartoffeln, an denen sich Krankheiten festgesetzt haben. Diese werden auf Folgefrüchte übertragen (siehe Übersicht 1 auf Seite 70 und Kasten auf Seite 72). Eine Reihe von Krankheiten überdauern als Myzel oder langlebige Dauersporen an Ernteresten oder als infektionsfähige Sklerotien (Dauerform) bis zu 10 Jahre im Boden. Je enger die Fruchtfolge, desto schneller verbreiten sich die Erreger.


Mit den Ernterückständen bleiben auch Nährstoffe im Boden, die unterschiedlich – je nach Vorkultur – der Folgefrucht wieder zur Verfügung stehen. Zudem wirken sich die Feinwurzeln, die in die Bodenaggregate einwachsen, stabilisierend auf die Struktur und das Wasserhaltevermögen des Bodens aus. Die Wurzelstränge bilden Grobporen und leiten so das Wasser im Boden ab. Zwischen den Kulturen gibt es dabei große Unterschiede.


Kaum untersucht ist bislang die Bedeutung von phytosanitär wirkenden oder auch Wachstum hemmenden sekundären Inhaltsstoffen (Fruchtsäuren, Alkaloide). Das gilt auch für Enzyme und Phytohormone, die mit den Ernterückständen im Acker bleiben. Bekannt ist, dass Böden mit hoher biologischer Aktivität ein höheres „antiphytopathogenes Potenzial“ aufweisen. Das heißt: Sie enthalten Organismen, die Myzel und Dauersporen von Pilzen vernichten. Außerdem enthalten sie Viren, Antibiotika produzierende Bakterien und Pilze, die den Abbau von Ernterückständen und Schadpilzen beschleunigen.


Die Probleme anpacken


An der Fruchtfolge zu drehen, ist nicht genug. Prüfen Sie Ihr gesamtes Anbaukonzept und justieren Sie es nach.


Ist das Kind erst in den Brunnen gefallen, reicht es nicht, nur die Fruchtfolge umzustellen und alle anderen Fehler weiter wie bisher zu machen. Mehrere Maßnahmen müssen Hand in Hand gehen, wenn das Gesamtkonzept des professionellen Acker- und Pflanzenbaus funktionieren soll. Dies sind die wichtigsten:


1. Ernterückstände nutzen!

Die Erntereste versorgen den Boden mit organischer Substanz, füllen den Humushaushalt auf. In Mulchsaaten und Hanglagen dienen sie zudem als Erosionsschutz.


Perfektes Stroh- und Stoppelmanagement ist mehr denn je eine wichtige Aufgabe, vor allem, wenn der Klimawandel uns natürliche Regulierungsmaßnahmen wie die Winterfröste nimmt. Grundsätzlich stören Stroh und Ernterückstände bei der Aussaat. Weitere Nachteile:


  • Mäuse und Schnecken finden darunter Schutz,
  • sie beeinträchtigen die Herbizid-Wirkung,
  • Stroh mit weitem C/N-Verhältnis legt Stickstoff fest und
  • Pilze überdauern daran.


Einfach das Stroh nach unten zu drehen, ist keine Lösung! Vielmehr muss man vor allem Mais-, aber auch Getreidestoppeln gut zerkleinern und mulchen, um ihren Abbau zu fördern. Das nimmt Zünslern, Fusarien und anderen Schaderregern die Grundlage. Dazu ist aber Zeit nötig. Diese können wir uns durch eine aufgelockerte Fruchtfolge schaffen.


2. Bodenbearbeitung:

Sie ist notwendig, um den Pflanzen einen optimalen Bodenraum zu verschaffen. Denn die Wurzeln müssen den Boden erschließen können. Dies gelingt ihnen nicht, wenn Verdichtungen und Brocken den Wurzelraum einschränken. Durch eine angepasste Fruchtfolge bleibt mehr Zeit, die Bodenbearbeitung auf den Boden abzustimmen. Ein Umstellen der Fruchtfolge allein beseitigt jedoch die Folgen schlechter Bodenbearbeitung nicht.


3. Optimaler Saattermin:

Das Ertragsniveau korreliert positiv mit der Wachstumsdauer. Deshalb ist eine rechtzeitige Aussaat unter zudem meist günstigen Bodenverhältnissen auch für das Getreide von Vorteil. Eine zu frühe Saat ist aber selbst bei angepassten Fruchtfolgen kontraproduktiv. Getreidebestände, die noch im Langtag, also vor dem 18. September auflaufen, erfahren schon im Herbst den Schossreiz. In einem milden Winter beginnen sie, ausreichend vernalisiert, schon nach der Wintersonnenwende mit der Streckung. 2012 mussten viele ausgewinterte Weizen umgebrochen werden, die vorzeitig zu schossen begonnen hatten. 2015 entgingen wir einer Massenauswinterung nur, weil strenge Fröste im Februar ausblieben.


Wintergetreide, das bei über 15 °C Tagesdurchschnittstemperatur aufläuft, wird in warmen Böden massiv von allen schwer bekämpfbaren Wurzel- und Halmbasis-Pathogenen befallen wie Schwarzbeinigkeit, Fusarien, Rhizoctonia und Typhula. Fatal ist dabei, dass diese Pilze standorttreu sind, sich über Jahre nahezu unbemerkt aufbauen und bei passender Witterung massive Schäden bis hin zu Totalausfällen hervorrufen. Dazu kommen die Mykotoxin-Probleme in Fusarium-Jahren.


Auch Befall mit tierischen Schaderregern und Virosen ist bei höheren Temperaturen in größerem Umfang zu erwarten. So zuletzt das verbreitete Auftreten des Gelbverzwergungsvirus (BYDV) nach dem milden Herbst und Winter 2014/15 (siehe Beitrag auf Seite 56).


Auch nach Blattfrüchten sollte deshalb die Aussaat des Wintergetreides erst erfolgen, wenn der Feldaufgang in der 3. Septemberdekade liegt. Steht Getreide nach Getreide, sollte der Boden nach dem Auflaufen der Pflanzen nicht mehr über 15 °C warm sein.


4. Kalken, aber nicht zu viel!

Die biologische Aktivität im Boden ist an optimale pH-Werte gebunden. Zu niedrige und zu hohe pH-Werte machen den Boden zu einem „toten Hund“. Speziell um die Kohlhernie im Raps in Schach zu halten, ist aber freier Kalk im Boden notwendig. Die Schwarzbeinigkeit hat dagegen im leicht sauren Milieu weniger Chancen, sich breit zu machen. Eine Lösung dieses Zielkonfliktes könnte sein, zu Raps zu kalken und zum Stoppelgetreide sauer (mit Schwefelsaurem Ammoniak) zu düngen.


5. Kalkstickstoff:

Die Cyanamid-Phase des Kalkstickstoffes wirkt antiphytopathogen, indem das Auskeimen von (Dauer-)Sporen, aber auch von Unkrautsamen und Schneckeneiern gehemmt wird. Deshalb kann die Kombination von Kalkstickstoff und Fruchtfolge zu einer Verringerung von Fruchtfolgeproblemen beitragen. Cyan-amid produzieren übrigens auch Pflanzen, z. B. die Zottelwicke, die sich auf diese Weise Schaderreger vom Hals halten. Möglicherweise ergeben sich daraus weitere Ansätze zur Bekämpfung von Fruchtfolgekrankheiten wie der Kohlhernie.


6. Gräser bekämpfen!

Allein durch die Fruchtfolge lassen sich vor allem Schadgräser wie der bereits gegen Blattherbizide resistente Ackerfuchsschwanz nicht ausschalten. Vielmehr müssen wir alle Register der Bodenbearbeitung und des Einsatzes der noch wirksamen Herbizide in der Fruchtfolge nutzen. Andernfalls bleibt nur noch eins: Umsteigen auf Feldfutterbau, um den Ackerfuchsschwanz durch mehrmaliges Mähen auszuschalten, bevor er zum Samen kommt.


Die Wirkstoffe, über die wir gegen Ackerfuchsschwanz verfügen, sind auch in der Fruchtfolge begrenzt. Als Bodenwirkstoff haben nur Flufenazet (z. B. Cadou, Herold, Artist) und Propyzamid (Kerb, Milestone) eine ausreichend sichere Wirkung gegen das Ungras, ohne dass dieses bereits Resistenzen dagegen entwickelt hat. Gegen bereits aufgelaufenen Ackerfuchsschwanz wirken die FOPs bereits nur noch stark eingeschränkt. DIM-Mittel (Focus Ultra im Raps) haben zwar noch eine Wirkung, es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, bis Resistenzen auch hier auftreten werden.


Wenn der Ackerfuchsschwanz auch auf die stärksten ALS-Hemmer (Mesosulfuron im Weizen, Nicosulfuron im Mais) nicht mehr reagiert, lassen sich bereits aufgelaufene Pflanzen auch im Mais nicht mehr bekämpfen. Dann bleibt nur noch der Wirkstoff Glyphosat. Durch eine erweiterte Fruchtfolge können wir mechanisch gegen den Ackerfuchsschwanz vorgehen bzw. ihn vor der Aussaat der Folgefrucht auflaufen lassen, um diesen dann mit Glyphosat zu bekämpfen.

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