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Neue Energiepflanze aus USA

Lesezeit: 7 Minuten

Die neue Energiepflanze Silphie könnte den bisherigen ­Substratmix für Biogas­anlagen aufmischen. Denn sie kann ertraglich mit Mais durchaus konkurrieren.


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Keine Frage, so schnell wird die neue Energiepflanze Silphie den Mais als Spitzenreiter bei den Biogassubstraten wohl nicht ablösen. Als Ergänzung im Substratmix könnte sie aber künftig eine wichtige Rolle spielen. Denn bei Erträgen von bis zu 200 dt TM/ha kann sie dem Mais gut Paroli bieten. Zudem spricht Folgendes dafür, maislastige Fruchtfolgen aufzulockern:


Vor allem in Regionen mit hoher Biogasdichte sorgt ein Probeanbau neuer Kulturen für mehr Akzeptanz und verbessert das Image.


Das Risiko von Mindererträgen beim Mais (trockene Standorte) lässt sich mit dem Anbau mehrerer Kulturen streuen.


Aufgelockerte Energiefruchtfolgen halten typische Problemunkräuter und Schädlinge in Mais besser in Schach.


Ertrag: Silphie schlägt Mais


Um im Energiemix aufgenommen zu werden, müssen jedoch zunächst die TM- und Methanerträge/ha des Neulings stimmen. Dazu hat die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) umfangreiche Versuche mit der mehrjährigen Silphie durchgeführt und ihre Erträge mit Mais verglichen (siehe Übersicht 1, Seite 72).


Die Versuchsergebnisse zeigen, dass Silphie, abhängig von der Region, ab dem 2. Anbaujahr Erträge von 170 bis 200 dt TM/ha erzielen kann – das ist Maisniveau. Während die Pflanzen im Ansaatjahr eine kräftige Blattrosette bilden, er­reichen sie im 2. Jahr eine Wuchshöhe von 2,5 bis 3 m. Die Nutzungsdauer beträgt nach derzeitigem Kenntnisstand mehr als 15 Jahre.


In den Gärversuchen waren auch ihre Methanausbeuten mit Mais vergleichbar. Sie lagen bei 250 bis 300 Nl Methan/kg organische TS. Je nach Herkunft des Pflanzmaterials erreichten die Methanerträge somit 4 000 bis 6 000 m3/ha (siehe Übersicht 2, Seite 72).


Dass die Erträge durchaus mit Mais mithalten können, kann Rene Kolbe, Mitgeschäftsführer der Pahren Agrar GmbH in Thüringen, bestätigen. „Auf unserem frühsommertrockenen Standort lag der Maisertrag im letzten Jahr bei ca. 100 dt/ha TM, Silphie lag mit rund 110 dt TM/ha leicht darüber.“ Kolbe baut die Pionierpflanze seit Juni 2007 zur Probe auf 3 ha an. Gute Erfahrungen hat er auch beim Einsatz in der 340 KW-Biogasanlage des Betriebes gesammelt. „Wir haben die Mais­menge gegen Silphie ausgetauscht und die Anlage damit erfolgreich rund 3 Wochen gefüttert.“


Die Krux ist das Pflanzen


Wermutstropfen beim Anbau von Silphie ist derzeit allerdings der hohe Aufwand im 1. Anbaujahr. Denn bisher erfolgt der Probeanbau ausschließlich mit vorgezogenen Jungpflanzen. Der Grund: Die Samen benötigen zum Keimen eine längere kühle Phase bzw. Wechseltemperaturen (Wechselkeimer), so dass es bei einer Frühjahrs- oder Frühsommersaat zu erheblichen Auflaufverzögerungen kommen kann. Erste Versuche, die Keimhemmung des Saatgutes zu brechen, laufen zwar bereits. Vorbehandeltes Saatgut zur Drillsaat ist aber noch nicht ausreichend verfügbar.


„Zurzeit ist das Pflanzen der vorkultivierten Jungpflanzen der größte Knackpunkt beim Anbau“, bestätigt Birgit Dick, Leiterin des Bereichs Sonderkulturen der Agrarproduktions-Genossenschaft Ludwigshof im Saale-Orla Kreis in Thüringen. „Mit unserer betriebseigenen 7-reihigen Pflanzmaschine (RT 2 der Firma Lännen) brauchen wir für die 40 000 Setzlinge/ha rund einen halben Tag. Weil die Beschickung der Maschine per Hand erfolgt, sind allein dafür 7 Arbeitskräfte nötig.“


Als Gründe, dennoch in den Anbau einzusteigen, nennt Birgit Dick vor allem die lange Nutzungsdauer, die bescheidenen Standortansprüche der Kultur und den hohen Biomasse-Ertrag. Der Probeanbau umfasst auf dem Betrieb rund 4 ha.


Auch für Rene Kolbe war das erste Jahr ein Kraftakt. Denn neben der teuren und aufwändigen Pflanzung schlagen auch die Kosten für die vorkultivierten Jungpflanzen mit 12 bis 16 Cent pro Setzling ordentlich zu Buche. Bei 40 000 Pflanzen pro Hektar sind das immerhin 4 800 bis 6 400 €/ha. Für Kolbe ergeben sich aber folgende Vorteile:


Da die Kosten über die Nutzungsdauer zu verteilen sind, amortisiert sich der Silphie-Anbau für ihn nach ca. 9 Jahren, die Nutzung kann mehr als 15 Jahre betragen.


Im Herbst braucht er den Boden nicht zu bearbeiten. Zudem bildet Silphie ein dichtes Wurzelgeflecht, das bis in den Zwischenraum der Reihen reicht. Das mindert die Erosionsgefährdung deutlich.


Winterniederschläge lassen sich mit der mehrjährigen Silphie gut ausnutzen.


Vorteile ergeben sich zudem bei den Arbeitserledigungskosten, weil er vor allem kleine Flächen mit hohen Vorgewendeanteilen bepflanzt. Hier entfällt die Bodenbearbeitung nach dem Anpflanzjahr. Das spart Diesel und Zeit.


Wer Silphie zur Probe anbauen will, soll­te bei der Flächenauswahl aber an bestehende Pacht- oder Lieferver­träge denken. Denn diese Flächen sind mindestens für 10 Jahre gebunden. An die Bodenqualität stellt der Neuling geringe Ansprüche, nur staunasse Standorte sind ungeeignet. Am liebsten wächst Silphie auf humosen Böden mit guter Wasserführung.


Vor der Pflanzung sollte eine tiefe Bodenbearbeitung erfolgen, um Dauer­un­kräu­ter zu unterdrücken. Damit sich der Bestand später gut etabliert, ist ein feinkrü­meliges, gut abgesetztes Pflanzbett optimal. „Auf unserem Betrieb haben wir Silphie gegen Mitte Juni gepflanzt“, erklärt Rene Kolbe. „Der Abstand zwischen und in der Reihe beträgt bei uns jeweils 50 cm.“ Diese Pflanzdichten und Reihenabstände haben sich auch in den Versuchen der TLL bewährt.


Kniffeliger Herbizideinsatz


Eine besondere Herausforderung ist es, im 1. Anbaujahr den Bestand unkrautfrei zu halten. Die Jungpflanzen entwickeln sich anfangs langsam und besitzen nur eine geringe Konkurrenzkraft gegen Unkräuter. Ist das erste Jahr erfolgreich überstanden, schließt Silphie ab dem 2. Standjahr die Reihen. Pflanzenschutz-Einsätze sind dann nicht mehr notwendig. Denn Krankheiten und Schädlinge traten in Silphie-Beständen bisher nicht auf.


Problematisch ist jedoch die Unkrautbekämpfung im 1. Anbaujahr, weil Herbizide nur nach § 18 b des Pflanzenschutzgesetzes eingesetzt werden dürfen. Im letzten Jahr erteilten die zuständigen Pflanzenschutzdienststellen auf Anfrage eine Ausnahmegenehmigung für Boxer und Stomp. Behandlungslücken gibt es bei diesen Produkten aber bei wärmeliebenden Unkrautarten wie Weißer Gänsefuß, Schwar­zer Nachtschatten und Knöterich.


„Wir haben daher im ersten Jahr neben dem chemischen Pflanzenschutz auch die Maschinenhacke eingesetzt“, so Kolbe. Zu berücksichtigen ist dabei aber, dass der Einsatz einer Maschinenhacke erst dann möglich ist, wenn die Reihen sichtbar werden. Diesen hohen Aufwand bestätigt auch Birgit Dick. „Gegen Kamille und Franzosenkraut mussten wir auch schon mit der Handhacke vorgehen.“


Ab dem 2. Standjahr sind aber nur noch Düngungsmaßnahmen notwendig. So beträgt der N-Aufwand laut TLL, abhängig vom zu erwartenden Ertrag, im Pflanz- und in jedem weiteren Vegetationsjahr 150 bis 200 kg/ha. Die Kalium- und Phosphordüngung kann alle drei Jahre erfolgen. Je nach Ertragsniveau ist mit jährlichen Entzügen von 20 bis 30 kg P/ha und 100 bis 200 kg K/ha zu rechnen.


Um Lager bei den Pflanzen zu vermeiden, hat die TLL Silphie in den Versuchen mineralisch zu Vegetationsbeginn im zeitigen Frühjahr gedüngt. Auch liegen erste Praxiserfahrungen zur Gärsubstratdüngung vor. „Wir haben 140 kg/ha Gesamt-N in zwei Gaben, zu Vegetationsbeginn und kurz vor dem Schossen, ausgebracht“, so Kolbe. „Probleme mit Lager traten bei uns nicht auf. Auch scheinen die Pflanzen die Überfahrten gut zu vertragen.“


Silphie früh ernten


Die Erntereife erreicht Silphie Anfang bis Ende September im Entwicklungsstadium Blühende bis Beginn der Samenreife. Vorteil: Damit liegt der Erntetermin genau vor Mais. Anbauer könnten somit ihre Maishäcksler mit der Silphieernte besser auslasten. Optimale TS-Gehalte bei der Ernte liegen bei 28 bis maximal 35 %.


Die Ernte mit dem Maishäcksler lässt sich ohne Umbauten problemlos durchführen. Nach den Praxiserfahrungen sind für eine gute Vergärbarkeit kurze Häcksellängen von 7 mm vorteilhaft. Die Silierung des Erntegutes erfolgt wie bei Mais.


Fazit auf einen Blick


Die neue Energiepflanze Silphie kann mit bis zu 200 dt TM/ha den Mais ertraglich schlagen. Trotz des hohen Pflanzaufwandes im 1. Anbaujahr ist ein Probeanbau auf kleinen Flächen aus folgenden Gründen interessant:


Hohe Erträge plus lange Nutzungsdauer von mindestens 15 Jahren machen den Probeanbau wirtschaftlich.


Die Methanausbeuten liegen im Bereich von Mais.


Imagegewinn in Regionen mit hohen Maisanteilen. Silphie eignet sich auch als Bienenweide.


Dagegen stehen aber der hohe Aufwand für die Pflanzung der vorkultivierten Jungpflanzen im 1. Jahr und die ungelösten Herbizid-Probleme. Ein Markteintritt – da sind sich Forscher und Praktiker einig – ist nur mit vorbehandeltem Saatgut, das sich zur Drillsaat eignet, möglich. Laut TLL soll erstes Versuchssaatgut bereits in diesem Jahr in der Praxis getestet werden.


Matthias Bröker

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