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Rhizoctonia drückt die Knollenqualität

Lesezeit: 8 Minuten

Sklerotien-Besatz und Dry core-Löcher an ­Knollen bereiten ­zunehmend Probleme. Ursachen, Hintergründe und Abhilfen beschreibt Dr. Andreas Keiser, Schweizerische Hoch­schule für Landwirtschaft, Zollikofen.


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Die Bedeutung von Dry core und Rhizoctonia-Pocken hat in den letzten Jahren in vielen Kartoffelanbaugebieten Europas deutlich zugenommen. Nur mit direkten Bekämpfungsmaßnahmen lässt sich der Pilz langfristig nicht in Schach halten. Eine gute Fruchtfolge und gesundes Pflanzgut sind die Basis für gute Qualität und hohe Erträge.


Unter dem Druck der Rationalisierung sind Landwirte jedoch immer mehr gezwungen, ihre Fruchtfolgen zu vereinfachen. In vielen Gebieten ist der Strukturwandel bei den Betrieben und den nachgelagerten Stufen soweit fortgeschritten, dass gar nicht mehr genügend Ackerkulturen für vielseitige Fruchtfolgen zur Auswahl stehen. Enge Fruchtfolgen mit ungenügenden Anbaupausen sind bei Kartoffeln jedoch besonders problematisch, da viele Schaderreger fruchtfolgeabhängig sind. Zu diesen zählt auch Rhizoctonia solani.


Zudem werden Qualitätsmängel im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) heute stärker wahrgenommen, da dieser Kartoffeln meist gewaschen und zunehmend lose zur Selbstbedienung anbietet. Die Folge: Die Anforderungen an die äußere Qualität sind in den letzten Jahren stetig gestiegen.


Der Rhizoctonia-Pilz: Ein Multitalent


Rhizoctonia solani verursacht bei Kartoffeln Auflaufschäden sowie Nekrosen an Stängeln und Stolonen. Der Befall der Stolonen kann zu missförmigen Knollen und Wachstumsrissen führen. Ertragseinbußen von bis zu 50 % sind möglich. Außerdem vermindert Befall die Qualität. Kartoffeln mit starkem Sklerotienbefall und Dry core-Löchern sind nicht handelsfähig. Dry core galt bis vor wenigen Jahren als regionales Problem. Mittlerweile entstehen dadurch aber in verschiedenen Anbaugebieten in ganz Europa zunehmend Schäden.


Der Rhizoctonia-Pilz wird in 14 Anastomosegruppen (AG) und verschiedene Untergruppen eingeteilt. Diese befallen unterschiedliche Wirtspflanzen und unterscheiden sich in ihrer Pathogenität und ihren genetischen Eigenschaften. Die AG 3 tritt bei Kartoffeln mit Abstand am häufigsten auf. Sie gilt als die am meisten wirtsspezifische AG. Deshalb lässt sie sich durch ausreichende Anbaupausen vorbeugend bekämpfen. Die AG 2-1, 4, 5, 8 und 9 können Kartoffeln ebenfalls befallen. Sie sind aber nur wenig bedeutsam. Dagegen tritt die AG 2-2, die Rüben und Mais befällt, bei Kartoffeln nicht auf.


Der Pilz überdauert als Dauermycel (Sklerotien) auf den Knollen und wird so über weite Strecken mit dem Pflanzgut übertragen. Er überlebt auch im Boden in Form von Sklerotien und Mycel. Ein zunehmender Anteil der Kartoffeln in der Fruchtfolge erhöht den Infektionsdruck über den Boden.


Bei starkem Sklerotienbefall auf den Pflanzknollen besteht ein hoher Infektionsdruck auf die jungen Keime. Dies kann zum Absterben der Keime und in der Folge zu einem unregelmäßigen Auflaufen mit vielen Fehlstellen führen. Befallene Pflanzen weisen häufig viele schwache oder dann nur ein bis zwei stärkere Triebe auf. Infektionen über infizierten Boden treten meist später auf und beeinträchtigen das Auflaufen weniger. Nekrosen an den Stängeln und Stolonen sind die Ursache für missgeformte Knollen und Wachstumsrisse.


Die Bildung von Sklerotien auf den Tochterknollen wird durch die Ausschei-dung von hemmenden und fördernden Verbindungen der Knolle gesteuert. Die Hemmung der Sklerotienbildung durch diese Ausscheidungen nimmt während des Abreifens der Stauden ab und stoppt rasch nach der Krautvernichtung. Der Großteil der Sklerotien wird in den ersten Wochen nach der Krautvernichtung gebildet. Dabei spielt die Art der Krautvernichtung eine entscheidende Rolle. Werden die Stängel sofort und vollständig von den Knollen getrennt (z. B. beim Staudenziehen), wird die Sklerotienbildung deutlich unterdrückt.


Dry core-Symptome sind dagegen bereits früher während der Vegetation zu beobachten, wenn Pilzhyphen über die Lentizellen oder Verletzungen in die Knollen eindringen. Sie verursachen die typischen 3 bis 6 mm tiefen, kreisförmigen Verbräunungen mit einem Durch­messer von einigen Millimetern. Bei hoher Bodeninfektion aufgrund zu enger Kartoffelfruchtfolgen ist die Bildung von Sklerotien oder Dry core an den Tochterknollen auch ohne deutlich sichtbaren Befall der Kartoffelpflanze möglich.


Infektion über den Boden oder das Pflanzgut?


Es stellt sich für die Praxis die Frage, welcher Infektionsweg wichtiger ist: Der über das Pflanzgut oder der über den Boden. In Praxiserhebungen und Versuchen sind wir dieser Frage nachgegangen. Ergebnisse des Qualitätsprojektes der Schweizerischen Hochschule für Landwirtschaft (SHL) in Zollikofen auf rund 100 Landwirtschaftsbetrieben in der Schweiz zeigen klar, dass die Bodeninfektion von untergeordneter Bedeutung ist. Voraussetzung ist jedoch, dass Anbaupausen von mindestens drei bis vier Jahren eingehalten werden. Unter diesen Bedingungen ist befallenes Pflanzgut die wichtigste Infektionsquelle.


Ergänzende Feldversuche mit unterschiedlicher Pflanzgutqualität bestätigten diese Ergebnisse (siehe Übersicht 1, rechts). Am Versuchsstandort in der Schweiz (Kartoffeln jedes 5. Jahr) trat im Verfahren mit befallsfreiem Pflanzgut keine oder nur extrem wenig Stängelnekrose auf. Im Vergleich dazu wiesen bei befallenem Pflanzgut rund 30 % der Kartoffelstauden deutliche Symptome auf. Wurde das befallene Pflanzgut mit Monceren gebeizt, konnte der Stängelbefall fast vollständig verhindert werden.


Ähnlich sehen die Ergebnisse beim Pockenbesatz zur Ernte (siehe Übersicht 1, rechts unten) aus. Während bei befallenem Pflanzgut rund 65 % der Knollen Rhizoctonia-Pocken aufwiesen, lag der Befall bei gesundem Pflanzgut und bei befallenem Pflanzgut plus Monceren unter 20 %. Zudem war bei diesen beiden Varianten die Befallsintensität (% befallene Knollenoberfläche) deutlich niedriger.


Beim Vergleich dieser Ergebnisse mit einem identischen Versuch des Ökoring Niedersachsen (aber ohne Monceren-Beizung) auf einem Betrieb mit enger Fruchtfolge (s. Übersicht 1, links) zeigt sich die Bedeutung der Bodenverseuchung. Stängelnekrosen traten hier auch bei absolut befallsfreiem Pflanzgut auf (rund 30 % der Stängel mit Befall). Sie waren jedoch deutlich weniger stark als bei befallenem Pflanzgut (90 % der Stängel mit Symptomen). Bei der Ernte wiesen in diesem Verfahren praktisch 100 % der Knollen Rhizoctonia-Pocken auf, im Vergleich zu 40 % bei befallsfreiem Pflanzgut.


Die Ergebnisse zeigen auch, dass das Ausmaß der Rhizoctonia-Infektionen bei gleichem Pockenbesatz des Pflanzgutes je nach den Bedingungen während der Jugendphase der Kartoffelstauden sehr unterschiedlich sein kann. Dies bestätigen auch mehrjährige Versuche in der Schweiz mit unbehandeltem, befallenem Pflanzgut (= 100 % der Knollen mit Pocken). Der Anteil Knol­len mit Pocken bei der Ernte schwankte dabei je nach Jahr und Standort zwischen 20 und 100 %.


Beize wirkt wenig bei Bodenverseuchung


Die Wirksamkeit einer Pflanzgutbeizung mit einem Fungizid ist sehr hoch, solange die Bodenverseuchung durch ausreichende Anbaupausen tief gehalten wird. In mehrjährigen Feldversuchen mit befallenem Pflanzgut der SHL lag der Anteil befallener Knollen bei der Ernte meist unter 5 % und immer unter 20 %. j


2008 haben wir auf Vermehrungsbetrieben die Fungizidbeize beim Pflanzen mit einer Be­handlung am Lager (Mafex Ge­rät) verglichen (Übersicht 2). Mit beiden Verfahren wurde der in der Schweiz für Pflanzgut angestrebte Toleranzwert von max. 20 % Knollen mit Befall unterschritten. Die Wirkung der Lagerbeizung war tendenziell besser. Dies lässt sich mit der besseren Benetzung der Pflanzknollen erklären.


Die in verschiedenen europäischen Anbaugebieten beobachtete ungenügende Wirkung der Pflanzgutbeize dürfte auf eine erhöhte Bodenverseuchung als Folge zu enger Fruchtfolgen zurückzuführen sein. Das Fungizid verhindert unter diesen Bedingungen zwar den frühen vom Pflanzgut ausgehenden Befall, wegen der kurzen Wirkungsdauer aber nicht spätere Infektionen über den Boden.


Zudem können Stolonen und Wurzeln der Kartoffelpflanze außerhalb des behandelten Bereichs über den Boden mit dem Pilz infiziert werden. Diese Infektionen können Qualitätsmängel bei den Ernteknollen ver­ursachen, obwohl die Pflanzen auf den ersten Blick oft keine Symptome auf­weisen.


Drahtwurm fördert Dry core-Schäden ...


In Fruchtfolgen mit einem hohen Anteil Kleegras waren Dry core-Schäden deutlich häufiger zu beobachten als in reinen Ackerfruchtfolgen, vor allem wenn die Kartoffeln in den ersten zwei bis drei Jahren nach Kleegras angebaut wurden. Das zeigte sich auf den Projektbetrieben des Qualitätsprojektes der Schweizerischen Hochschule für Landwirtschaft. Zudem trat Dry core hauptsächlich in Feldern auf, in denen die Kartoffeln Drahtwurmschäden aufwiesen. An unverletzten Knollen trat Dry core dagegen auch bei starkem Rhizoctonia-Befall nur selten auf.


Die Pflanzgutqualität beeinflusst das Auftreten von Dry core statistisch gesichert. Die Bodenart, der Einsatz von Wirtschaftsdüngern und die Jahreswitte-rung spielten dagegen keine Rolle. Der Befall lag in allen drei Versuchsjahren auf gleich hohem Niveau, obwohl es im Jahr 2003 bis zur Ernte außerordentlich trocken war.


... und schafft Eintritts­-pforten für den Pilz


Knollenverletzungen durch den Drahtwurm erleichtern offenbar das Eindringen des Mycels von Rhizoctonia solani und damit den Dry core-Befall. Diese Hypothese aus dem Qualitätsprojekt bestätigen ergänzende Feld- und Laboruntersuchungen in Zusammenarbeit mit dem niederländischen Zuckerrüben-Forschungs-Institut (IRS) in Bergen op Zoom und der ETH Zürich. Kleegras als Vorkultur zu Kartoffeln erhöht das Dry core-Risiko demnach indirekt durch die günstigen Bedingungen für die Drahtwurm-Entwicklung. Dies erklärt auch den statistisch gesicherten stärkeren Dry core-Befall im Ökolandbau, bei dem Kartoffeln oft in Fruchtfolgen mit einem hohen Kleegrasanteil angebaut werden.


Dry core ist in den letzten Jahren vermehrt auch in reinen Ackerfruchtfolgen ohne Kleegras zu beobachten. Auch hier könnten Knollenverletzungen durch den Drahtwurm die Ursache sein. Denn Draht­würmer treten zunehmend auch in reinen Marktfruchtfolgen auf. Mögliche Gründe für die Drahtwurm-Ausbreitung könnten das Verbot von insektiziden Granulaten und die wachsende Verbreitung der reduzierten Bodenbearbeitung sein. Aber auch andere Bodenorganismen, wie z. B. freilebende Nematoden, können für die Knollenverletzungen verantwortlich sein, die dem Pilz das Eindringen erleichtern.

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