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Rüben: Wenn die Wirkstoffe schwächeln

Lesezeit: 8 Minuten

Vor allem in engen Rübenfruchtfolgen reicht die Wirkung der Strobilurine gegen Cercospora oft nicht mehr aus. Jetzt sind ausgefeilte Strategien gefragt. Empfehlungen geben ­Markus Grundner und Johann Thalhammer, Amt für Landwirtschaft in Deggendorf.


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Die Zeiten, in denen man den Fungizideinsatz nach Schema F durchführen konnte, sind vorbei. Auf Blattkrankheiten in Rüben müssen wir immer flexibler reagieren. Das hat folgende Gründe:


  • Der Verlauf der Pilzkrankheiten ist jahres- und witterungsbedingt stark unterschiedlich.
  • Vor allem Cercospora kann sich bei Infektionswetter mittlerweile rasend schnell ausbreiten.
  • In Regionen mit hohen Rübendichten lässt die Wirkung insbesondere der Strobilurine bei starkem Cercospora-Druck zunehmend nach.


Wie stark die Entwicklung von Blattkrankheiten in Rüben differieren kann, zeigt ein Vergleich der letzten drei Jahre. Rund um die Zuckerfabrik Plattling in Niederbayern traten in 2012 bereits Ende Juni erste Cercospora-Symptome auf. Der Befall stieg zügig an, sodass man in kurzen Abständen von unter drei Wochen behandeln musste. In 2013 waren erste Infektionen etwa eine Woche später zu beobachten. Im Mittel der kontrollierten Schläge lagen zwischen den ersten Behandlungen 2012 und 2013 sogar 19 Tage. Im weiteren Verlauf stieg der Befall moderat an, eine Folgebehandlung war oft erst nach drei Wochen nötig.


Im letzten Jahr war der Infektionsdruck noch geringer. Erster Befall trat zwar Anfang Juli auf, die erste Spritzung war gegenüber 2012 jedoch im Mittel um 23 Tage später erforderlich. Der Infektionsdruck stieg dann nur langsam an. Selbst in Gebieten mit bekannt hohem Druck war ein zweiter Fungizideinsatz erst ca. vier Wochen nach der Erstbehandlung notwendig.


Steigende Resistenzgefahr!

Diese stark unterschiedlichen Verläufe der Pilzkrankheiten erschweren es, in der Praxis den optimalen Spritztermin zu treffen. Vor allem gegen Cercospora ist der richtige Termin aber entscheidend, vor allem wenn lang anhaltende Blattnässephasen und hohe Temperaturen zu dauerhaft hohem Infektionsdruck führen. Falls man unter diesen Bedingungen nicht zeitgerecht Fungizide einsetzt, kann sich der Befall derart aufschaukeln, dass es zu einem kompletten Blattwechsel kommt. Das war 2012 in Starkbefallsregionen Niederbayerns der Fall.


Hinzu kommt der schleichende Wirkverlust einiger Rübenfungizide. Seit mehreren Jahren, vor allem in Starkbefallsjahren wie 2012, diskutieren Landwirte und Berater darüber, dass die Rübenfungizide nicht mehr die gewohnte Wirkung bringen. Bei ersten Untersuchungen in 2011 ließ sich eine Cercos-pora-Resistenz bei Strobilurinen (G 143 A-Mutation) in Italien nachweisen. Österreichische Untersuchungen aus 2012 zeigten eine Resistenz von 0 bis 100 % (durchschnittlich ca. 40 %). Das heißt, dass in einigen Regionen die Strobilurine noch voll wirken, in anderen Gebieten dagegen fast gar nicht mehr.


In Deutschland ließ sich diese Resistenz in 2012 an 3 von 13 Standorten nachweisen. Alle 3 Standorte liegen in Bayern. Sie trat allerdings selten auf, sodass man bis zu diesem Zeitpunkt noch von einer insgesamt guten Wirkung ausgehen konnte.


Doch der Druck steigt: In 2014 hat die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft 12 Standorte im Einzugsgebiet der Südzucker Plattling beprobt. Dabei wiesen 36 % der Standorte bis zu 100 % resistente Isolate auf. Das bedeutet: Zumindest in diesem Gebiet, in dem Landwirte langjährig intensiv Rüben anbauen und durchweg ein hoher Cercosporadruck herrscht, wirken die Strobilurine auf einigen Schlägen nicht mehr ausreichend.


Auch Azole betroffen?

Sogar bei den Azolen, die seit Langem die Standardwirkstoffgruppe zur Bekämpfung von Rübenkrankheiten sind, deutet sich eine Anpassung (shifting) bei der Wirkung an. Ein Vergleich von Isolaten aus Gebieten mit eingeschränkter Wirkung mit sensitiven Referenz-Isolaten zeigt Folgendes: Um im Labor gegen die resistenteren Cercospora-Stämme die gleiche Wirkung zu erzielen wie gegen die sensitiven, sind 10-mal höhere Azolmengen notwendig.


Wie wichtig diese Ergebnisse für die Praxis sind, ist zwar nur schwer einzuschätzen, allerdings ist davon auszugehen, dass zumindest bei hohem Befallsdruck eine reduzierte Wirkdauer und eine verminderte Wirkeffizienz der Azole auftreten können.


Ein Resistenzmanagement bei Rübenfungiziden ist daher ein Muss. Um Resistenzen vorzubeugen, sollte man Strobilurine nur einmal, am besten zum Spritzstart anwenden. Setzen Sie dabei die Strobilurin-Wirkstoffe nur in Kombination mit Azolen ein, wie sie z.B. in Fertigformulierungen wie Juwel bereits enthalten sind. Achten Sie bei eventuellen Folgebehandlungen darauf, die Azol-Wirkstoffe zu wechseln.


Langfristig benötigen wir zur sicheren Cercospora-Bekämpfung neue Wirkstoffgruppen. Exaktversuche dazu führt der Pflanzenschutzdienst Bayern bereits durch.


Geschickte Fungizidwahl:

Damit Sie die Blattkrankheiten in dieser Saison sicher in den Griff bekommen, ist es demnach wichtig, neben dem optimalen Spritztermin die Fungizide geschickt zu kombinieren. Was den Spritztermin betrifft, können Sie sich an den Monitoring-Ergebnissen der regionalen Beratung bzw. den Warndienstaufrufen orientieren. Unerlässlich ist aber nach wie vor die Kontrolle der eigenen Schläge und das Beachten der Bekämpfungsschwellen.


Wie stark der Befall auf ihrem Schlag ist, können Sie mit der sogenannten „Blattrupfmethode“ ermitteln. Gehen Sie dazu quer über den Schlag und rupfen Sie wahllos 100 Blätter aus dem mittleren Blattapparat. Bei der Kontrolle der 100 Blätter gilt jedes Blatt, das ein Symptom einer Blattkrankheit zeigt, als befallen. Dazu ein Beispiel: Zeigen 3 von 100 Blättern Cercospora-Symptome und 3 weitere Ramularia, dann sind 6 % der Blätter befallen. Damit wäre die Bekämpfungsschwelle bis Ende Juli überschritten und eine Spritzung angeraten. Hier die Richtwerte für die Erstbehandlung:


  • bis Ende Juli 5 %,
  • bis 15. August 15 %,
  • ab 16. August 45 % befallene Blätter.


Die Bekämpfungsschwellen für die Zweitbehandlung liegen vom


  • 1. bis 15. August bei 15 % und
  • ab dem 16. August bei 45 % kranke Blätter.


Achten Sie zusätzlich zur Blattrupfmethode gezielt auf Stellen im Feld, auf denen der Befallsbeginn zu erwarten ist. Das sind z. B. Feldränder an Schlägen, auf denen im letzten Jahr Rüben standen oder Senken im Feld. Das hilft ihnen, die Erstbehandlung nicht zu verpassen, aber auch verfrühte Spritzungen zu vermeiden.


Bei hohem Infektionsdruck ist eine unmittelbare Behandlung nach Überschreiten der Schadschwelle notwendig. In Jahren mit geringerem Druck bzw. in Gebieten mit allgemein niedrigem Infektionsdruck besteht dagegen ein Spielraum von wenigen Tagen.


Zusätzlich können Sie als weiteres Hilfsmittel auch Prognosemodelle nutzen. Unter www.isip.de sind z. B. zwei Modelle zu finden, mit denen sich der Erstbefall von Cercospora simulieren lässt. Zudem kann man damit den Befallsanstieg mit Behandlungsempfehlung individuell berechnen lassen.


Haben Sie den richtigen Spritztermin ermittelt, sollten Sie bei der Fungizidwahl unbedingt auf die Wirkstoffkombinationen achten. Folgendes ist zu empfehlen: Setzen Sie bei frühem Befalls­beginn und starkem Druck eine Kombinationen aus Strobilurin und Azol ein. Geeignet für den Spritzstart sind z. B. 1,0 l/ha Juwel oder 0,6 bis 1,0 l/ha Spyrale + 0,6 l/ha Ortiva. In Lagen mit mäßigem Cercospora-Druck kann eine einmalige Behandlung mit diesen Mitteln bereits ausreichen.


Bei anhaltendem Druck sind Folgebehandlungen notwendig. Der Spritzabstand liegt zwar häufig bei rund 3 Wochen, je nach Infektionsdruck und Sortenresistenz sollte man diesen aber flexibel um einige Tage verkürzen oder verlängern. Unter den Azolen sind Duett Ultra, Spyrale bzw. Score (Schwäche: Mehltau) und Rubric am stärksten zu bewerten. Durch die Zugabe von 1,0 l je ha Dash zu Duett Ultra lässt sich die Wirkung etwas steigern, wie unsere Versuche andeuten. Die Mittel Cirkon und Domark 10 EC/Emerald halten stärkerem Cercospora-Druck dagegen nicht lange stand. Das Jahr 2012 mit sehr starkem Befall hat die Grenzen dieser Fungizide klar aufgezeigt. Die Leistungen der Rübenfungizide entnehmen Sie der Übersicht 1.


Für eine möglichst gute Wirkung der Fungizide sollten Sie bei der Anwendung Folgendes beachten:


  • Wählen Sie eine Wasseraufwandmenge von mindestens 300 l/ha. Je blattreicher der Bestand, desto mehr Wasser ist nötig.
  • Nutzen Sie für den Fungizideinsatz bei sehr warmen Temperaturen die kühleren Morgen- oder Abendstunden.


Enge Rübenfruchtfolgen tabu!

Vor allem wer regelmäßig mit einem hohen Befall kämpft, sollte zusätzlich alle acker- und pflanzenbaulichen Maßnahmen nutzen, um den Druck von vornherein niedrig zu halten. Oft tritt ein starker Krankheitsbefall in Regionen mit hoher Rübenanbaudichte auf. Der Grund: Die Infektion mit Cercospora geht überwiegend von Blattresten der letztjährigen Rüben aus.


Bei einem Rübenanteil in der Fruchtfolge von mehr als 25 % ist der Befallsdruck weitaus höher als in Gebieten mit geringeren Anteilen. In 2012 waren in Regionen mit vielen Rüben in der Fruchtfolge bis zu vier Fungizideinsätze erforderlich. Bei geringem Anteil reichten oft bereits zwei Behandlungen aus.


Zudem ist der Befall am Feldrand höher, wenn der Schlag an ein Feld angrenzt, auf dem im Vorjahr Rüben standen. Die direkt angrenzenden Rübenreihen lassen sich bei ungünstiger Witterung häufig kaum gesund halten. Mit zunehmender Entfernung vom Rand nimmt der Befallsdruck ab.


Der Effekt verstärkt sich, wenn die Bodenbearbeitung nach der Ernte der Rüben des Vorjahres pfluglos erfolgt und somit die verbleibenden Rübenteile und Blätter vermehrt oben aufliegen. Ist der folgende Herbst bzw. Winter überwiegend trocken, führt die fehlende Feuchtigkeit zu einer geringeren Umsetzung der Rübenblätter. Das erhöht das Infektionspotenzial im kommenden Jahr. Eine Pflugfurche könnte in diesen Fällen den Cercospora-Druck mindern.


Gesunde Sorten anbauen:

Die Sortenwahl ist ebenfalls wichtig, um den Krankheitsbefall von vornherein zu reduzieren. Versuche dazu verdeutlichen Folgendes:


  • Zwischen unbehandelten Varianten und behandelten schwankt der Verlust an Bereinigtem Zuckerertrag im dreijährigen Mittel von 2 % (gesunde Sorten) bis 10 % (anfällige Sorten). Das belegen die Ergebnisse der Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Rübenbaues in Regensburg.
  • Ergebnisse aus dem Starkbefallsjahr 2012 zeigen, dass eine anfälligere Sorte wie Premiere auch mit vier Fungizidbehandlungen nicht das Ertragsniveau einer blattgesünderen Sorte wie z. B. Nauta mit drei Behandlungen erreicht. Der Abstand betrug im Versuch noch 0,6 t/ha Bereinigter Zuckerertrag.


Empfehlung: In Gebieten mit hoher Rübenanbaudichte und regelmäßigem Starkbefall muss die gezielte Auswahl der Sorte die erste Maßnahme sein, um den Krankheitsbefall von vornherein zu bremsen. Wie anfällig die aktuellen Sorten gegenüber Cercospora sind, entnehmen Sie der Übersicht 2.

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