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Schnecken – ein (un)beherrschbares Problem?

Lesezeit: 8 Minuten

Das Schneckenproblem schaukelt sich immer weiter auf. Über Ursachen und Gegenmaßnahmen berichtet Dr. Adel El Titi, Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg, Außen-stelle Stuttgart.


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Nacktschnecken verursachen beachtliche wirtschaftliche Verluste an Raps, Getreide, Mais, Rüben und anderen wichtigen Kulturpflanzen. Seit Jahrzehnten sind die schleimigen Tiere bei uns, aber auch in anderen europäischen Ländern auf dem Vormarsch. Die chemische Schneckenbekämpfung ist mittlerweile fast eine Routinemaßnahme geworden, z. B. in Winterraps. Ein Ende des Schneckenfeldzugs ist nicht abzusehen.


Ursache hierfür ist offenbar das Zusammenwirken verschiedener Faktoren:


Winterkulturen dominieren die Fruchtfolge,


der Anbau anfälliger Pflanzenarten bzw. -sorten,


die reduzierte Bodenbearbeitung und


der Klimawandel.


Obwohl wirksame Schneckenmittel verfügbar sind, stößt die Lösung des Prob-lems in Ackerkulturen an ihre Grenzen. Schneckenschäden können Sie nur dann nachhaltig abwehren, wenn Sie einzelne Maßnahmen zielgerichtet kombinieren. Dabei sollten Sie sich die Eigenarten der Schnecken geschickt zu Nutze machen.


Nacktschnecken atmen Sauerstoff der Luft, schützen ihren trockenheitsempfindlichen Körper durch eine Schleimhülle und passen ihre Ernährung dem angebotenen Futter an. Für die Nahrungsaufnahme besitzen sie ein Zungenorgan, das mit zehntausenden Zähnchen ausgerüstet ist. Damit raspeln sie die Nahrung ab.


Zu den Eigenarten der Schnecken gehört auch, dass sie Zwitter sind. Jedes Tier trägt in sich männliche und weibliche Geschlechtsorgane. Jede Schnecke kann also für Nachkommenschaft sorgen. Je nach Art, Ernährung und Umweltbedingungen legt sie bis zu 500 Eier ab.


Auf die Schneckenart kommt es an


Auf den ersten Blick scheint es keine Rolle zu spielen, ob eine rote, braune oder graue Schneckenart die Schäden an Kulturpflanzen anrichtet. Die Zerstörung von Keimlingen und/oder Pflanzenteilen bedeutet letztendlich Verluste – unabhängig von der jeweiligen Schneckenart.


Wenn Sie jedoch gezielte Maßnahmen gegen Schnecken planen, sollten Sie die Eigenheiten der einzelnen Arten unbedingt kennen. Wollen Sie die Schneckenpopulation z. B. durch Stoppelbearbeitung unterdrücken, müssen Sie wissen, ob sich die Schneckenart innerhalb der Anbaufläche oder an Feldrainen aufhält. Ihnen sollte wenigstens bekannt sein, ob sich die zu bekämpfenden Schnecken in Reichweite der eingesetzten Geräte (Zinkenrotor/Scheibenegge) befinden. Selbst wenn Sie den Ausbringungstermin von Schneckenkorn bestimmen, muss klar sein, welche Schneckenart auf dem Acker vertreten ist. Noch wichtiger ist dies bei biologischen Bekämpfungsverfahren (z. B. mit dem Nematoden Phasmarhabditis hermaphrodita), weil diese sehr artspezifisch wirken.


Die drei häufigsten Schneckenarten


Weil nur wenige Nacktschneckenarten unsere Ackerkulturen schädigen, können Sie diese ohne große Schwierigkeiten sicher erkennen. Die wichtigsten und häufigsten Arten sind:


Genetzte Ackerschnecke: Sie ist bis zu 6 cm lang, mit variierender Farbe von beige-gelblich bis dunkelbraun oder grau. Der Körper ist mit netzartigen Zeichnungen versehen, die allerdings auch fehlen können. Mit Ausnahme des Mantels ist die Haut leicht gerunzelt und die Kriechsohle ist hellgrau. Die Genetzte Ackerschnecke besitzt einen Kiel, der deutlich ausgebildet ist und bis zur Rückenmitte reicht.


Weil sie sehr empfindlich sind gegen Licht, UV-Strahlung und Trockenheit, halten sich diese Schnecken geschützt im Boden auf. Besonders sensibel sind die Jungschnecken. Zur Nahrungsaufnahme kommen sie nachts an die Bodenoberfläche und fressen bevorzugt an zarten Pflanzen und Pflanzenteilen. Obwohl die Art sehr mobil ist, gilt sie als reviertreu, allerdings mit einem gewissen Aktivitätsradius. Ortswechsel nimmt sie oft erst bei Nahrungsmangel vor.


Spanische Wegschnecke: Ausgewachsene Tiere sind bis zu 15 cm lang und sehr beweglich. Das Atemloch liegt in der vorderen Hälfte des Mantels. Es ist beson-ders groß und deutlich ausgebildet. Diese Schnecke ist sehr variabel gefärbt von grau-grün bis orangerot, meistens jedoch einheitlich grau bis braun.


Die Paarung findet im Laufe des Sommers statt. Einige Tage bis Wochen nach der Paarung legen die Wegschnecken ihre Eier (200 bis 400/Schnecke) ab. Das Ei ist von einer dickeren, weißlichen, kalkhaltigen Schale umhüllt, die vor Austrocknung und Temperaturschwankungen schützt. Daher gilt die Spanische Wegschnecke als trockenheitsresistenter im Vergleich zur Genetzten Ackerschnecke. Die Jungtiere schlüpfen entweder noch im Spätherbst oder aber nach Ende des Winters (Fe-bruar/März). Die Spanische Wegschnecke hat nur eine Generation im Jahr.


Graue Wegschnecke: Seit einigen Jahren tritt sie verstärkt auf Ackerflächen auf. An manchen Standorten verdrängt sie fast die Genetzte Ackerschnecke. Mit 50 mm Länge, glockenartiger Körperform und ihrer dunkelgrauen bis braunen Farbe, manchmal mit einem metallischen Stich, lässt sie sich leicht erkennen.


Der Klimawandel und die Schneckenvermehrung


Der Klimawandel fördert offenbar die Schneckenvermehrung. So führen Experten das massive Auftreten der Spanischen Wegschnecke während der letzten Jahre auf den Anstieg der Wintertemperaturen zurück. Simulationsmodelle, die auf der Basis klimatischer Daten die Entwicklung von Schneckenpopulationen voraussagen, teilen die potenziellen Auswirkungen auf Schnecken in „förderlich“ und „feindlich“ ein. Der Rückgang der Winterfröste in Mitteleuropa verlängert die Dauer der Schneckenaktivität. In manchen Regionen wird die Überlebensrate, z. B. der Genetzten Ackerschnecke, steigen.


Trockenheit wie im Sommer 2003 setzte zwar den Schneckenpopulationen kurzfristig zu. Ob sie diese langfristig reduzieren, ist jedoch nicht zu erwarten. So waren im Herbst 2004 nach einer extrem trocken-heißen Witterung im Sommer des Vorjahres am Standort Ahorn-Berolzheim/Main-Tauber-Kreis sehr große Exemplare der Genetzten Ackerschnecke zu beobachten. Diese wiesen ein Mehrfaches des Gewichtes ihrer normalen Artgenossen auf. Da Größe und Vitalität der Riesen-Exemplare auch auf eine höhere Fruchtbarkeit hindeuten, ist mit einer verstärkten Eiablage zu rechnen. Die Folge: Die Schneckenpopulation erholt sich schnell. Durch solche Regelmechanismen könnte sich die Schneckendichte sogar auf ein noch höheres Niveau einpendeln.


Der Klimawandel und die Bioenergieerzeugung werden wohl auch zur Verschiebung des Kulturartenspektrums führen. Für Mitteleuropa bedeutet dies: Die Anbauflächen von Raps und Sonnenblumen, aber auch von Mais und Rüben steigen. Dies sind von Schnecken bevorzugte Kulturarten. Das könnte die Schnecken-Plage ebenfalls weiter verschärfen.


Warum nehmen Schneckenprobleme zu?


Die Schnecken-Plage fördert zudem Folgendes:


Fruchtfolge: Die Kulturfolge auf dem Acker wirkt sich direkt und indirekt auf den Schneckenbesatz aus. Dominieren Pflanzenarten, die einen höheren Nährwert haben sowie Schatten und Feuchte spenden, kommt es in der Regel häufiger zu so genannten Übervermehrungen. Sind dagegen die angebauten Kulturen für Schnecken nicht attraktiv, abstoßend oder gar giftig, geht die Schädlingsdichte zurück. Die Genetzte Ackerschnecke bevorzugt z. B. Raps, Kohl und Sonnenblumen gegenüber Getreide. Kümmel soll sogar toxisch auf Schnecken wirken.


Zu den indirekten, schneckenfördernden Einflüssen der Fruchtfolge zählt die kontinuierliche Bodenbeschattung durch Winterfrüchte (Winterweizen/Wintergerste/Winterraps). Der Wechsel von Winter- und Sommerkulturen unterbricht die Kontinuität des Nahrungsangebots und des Schutzes durch die Pflanzendecke. Finden Nacktschnecken weniger günstige Bedingungen vor, schlägt sich dies letztlich in ihrer Vermehrung nieder.


Pfluglose Bodenbearbeitung: Die Umstellung der Bodenbearbeitung auf pfluglos hat weitreichende Konsequenzen auch für Schnecken. Denn sie verändern das Mikroklima im Boden und auf der Bodenoberfläche. Die Pflanzenrückstände der Vorkultur bieten Schnecken Schutz vor UV-Strahlung. Außerdem verringern sie Temperaturschwankungen und Feuchtigkeitsverluste. Letztlich dienen sie auch als Versteck und Nahrung.


Wie mehrjährige vergleichende Un-tersuchungen des Landw. Technologiezentrums Augustenberg (LTZ) in Ahorn-Berolzheim/Main-Tauber-Kreis zeigen (siehe Übersicht 1), sind in den pfluglos bearbeiteten Flächen höhere Schneckendichten zu finden als in den gepflügten. Nicht nur Schnecken, sondern auch andere Bodenlebewesen profitieren von den neuen Verhältnissen, einschließlich der natürlichen Gegenspieler der Schnecken, wie z. B. die Laufkäfer.


Zwischenfrüchte: Ihre grüne Decke spendet Schatten, Feuchtigkeit und Nahrung für Schnecken. Ähnlich wirken Stilllegungen und Brachen. Durch die fehlende Bodenstörung begünstigen sie zusätzlich das Überleben der Schnecken.


Ausdehnung des Rapsanbaus: Die klassischen Ackerbaubetriebe haben in den letzten Jahren den Rapsanteil in der Fruchtfolge weiter ausgeweitet. Waren in Deutschland im Jahr 2003 rund 286 000 ha mit Raps bestellt, stieg die Rapsanbaufläche in 2007 auf rund 2 Mio. ha. Die häufigere Wiederkehr des von Schnecken bevorzugten Kreuzblütlers hat ihre Vermehrung stark begünstigt.


Anwendung breit wirkender Insektizide: Auch die verstärkte Anwendung breit wirkender Pflanzenschutzmittel in den Vorkulturen dürfte nicht ohne Wirkung auf die unbeteiligten natürlichen Gegenspieler von Nacktschnecken bleiben. Werden diese beeinträchtigt oder ausgeschaltet, erhöht dies die Überlebensrate der Schadschnecken. Die Folge: Das Schneckenproblem verschärft sich.


Ackerschnecken können Sie ebenso wenig vollständig ausrotten wie andere Schaderreger. Mit Einzelmaßnahmen können Sie diese aber dezimieren und den Besatz in Schach halten. Zunächst müs-sen Sie aber das Ausmaß des Befalls auf Ihren Ackerflächen beurteilen. Hierfür gibt es zwei gängige Methoden. Mithilfe der Folienfalle lässt sich Auftreten und Aktivität der Schnecken ermitteln. Geköderte und abends ausgelegte Folien locken über Nacht Schnecken an, die Sie am folgenden Morgen zählen können. Der Boden muss allerdings feucht sein, da Schnecken bei Trockenheit und hohen Temperaturen in ihrem Versteck bleiben.


Extrem arbeitsaufwendig, aber genauer ist die Flutationsmethode. Bei dieser Methode entnimmt man ungestörte Bodenblöcke aus dem Feld, stellt sie in Gefäße mit langsam steigenden Wasserpegel und legt Köder (z. B. Kohlrabischeiben) auf die Oberfläche. Das steigende Wasser treibt aktive Schnecken an die Oberfläche.

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