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Serie Getreidebau - Qualität: Was Sie selbst steuern können

Lesezeit: 8 Minuten

Bei den Qualitätskriterien Fallzahl und Protein sind Sie nicht völlig machtlos den Unbilden der Witterung ausgeliefert. Vermehrungs­bestände müssen Sie ohnehin anders führen. Mehr dazu von Dr. Ute Kropf, Fachhochschule Kiel.


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Fallzahl und Protein: Steuern und stabilisieren


Die letzten Sommer haben demonstriert, wie abhängig die Qualitätsparameter von der Witterung nach der Blüte sind. Dennoch müssen Sie im Vorfeld alles tun, um die Kriterien für die Vermarktung erfüllen zu können.


Der erste Schritt ist die Sortenwahl. Sie bestimmt, ob Sie hochwertigen Qualitätsweizen, Backweizen oder nur Futtergetreide produzieren. Danach kommen aber wichtige produktionstechnische Faktoren, die die Fallzahl oder den Rohproteingehalt beeinflussen. Diese und den Einfluss der Witterung sollten Sie kennen, um den Bestand optimal auf die Kornfüllung und den Verwendungszweck vorzubereiten.


Fallzahl:

Das Absinken der Fallzahl oder gar Auswuchs im stehenden Bestand ist ein Phänomen, das in der Natur eigentlich nicht vorgesehen ist. Die Urformen des Getreides bauen während der Abreife eine Keimruhe auf, die mehrere Wochen bis Monate anhält. Diese unterbindet ein vorzeitiges Keimen und stellt sicher, dass erst herbstlicher Regen bei deutlich kühleren Temperaturen das Korn wachsen lässt.


Züchterische Selektion hat die Ansprüche an die Dauer der Keimruhe soweit reduziert, dass die Winterkulturen nur wenige Wochen nach der Ernte wieder vollständig keimen. Bei Weizen ist die Keimruhe noch geringer als bei Gerste. Das lässt einen kürzeren Zeitraum zwischen Weizenernte und Saat zu. Daher hat Weizen auch die größeren Probleme mit Auswuchs. Gerste hingegen wird oft noch unter trockenen Bedingungen und deutlich früher geerntet. Außerdem dringt Feuchtigkeit bei Gerste schlechter in das Korn ein, weil die mit dem Korn verwachsene Spelze das Korn schützt. Bei Weizen hingegen kann Wasser direkt an das frei liegende Korn gelangen und verdunstet zwischen Korn und Spelze auch nur schlecht.


Ist die Keimruhe auf dem Halm noch vor der Ernte beendet, beginnen bei regnerischem Wetter die enzymatischen Vorgänge der Keimung und damit ein langsames Absinken der Fallzahl innerhalb von 24 Stunden.


Nach wenigen Tagen anhaltender Feuchtigkeit beginnt der sichtbare Keimungsvorgang durch Anschwellen des Embryos (s. Übersicht 1, Seite 62). Bleibt es feucht, erscheinen das erste Blatt und die Wurzelanlagen – das Korn wächst aus. Jetzt hat das Korn auch seine Verbindung zur Spindel verloren und sitzt nur noch lose in den Spelzen. Wind und Regen führen so zu Kornverlusten, wie wir sie zur Ernte 2011 erleben mussten. Problematisch wird dies oft in der Folgekultur als Durchwuchs. Je nach Bodenbearbeitung (z. B. 2 x pflügen) kann der Durchwuchs auch erst nach zwei Jahren auftreten.


So steuern Sie die Fallzahl:

Auf den ersten Blick hört sich das an, als sei man der Unbill der Witterung ausgeliefert. Auf den zweiten Blick ergeben sich aber gute Möglichkeiten, die Fallzahl zu stabilisieren bzw. Auswuchs entgegenzusteuern.


Achten Sie zunächst auf die richtige Wahl einer fallzahlstabileren Sorte. Informationen darüber finden Sie in der Beschreibenden Sortenliste oder den Ergebnissen der Sortenversuche aus nassen Erntejahren wie 2011. Der Embryo selbst ist ab der Milchreife physiologisch keimfähig. Daher muss sich bereits vorher eine Keimruhe aufbauen. Die Keimruhe ist umso intensiver, je trockener und wärmer es in der Kornfüllung ist. Zwischen Gelb- und Vollreife hat sie ihren Höhepunkt erreicht. Regnet es aber in dieser Phase, wird keine ausreichend hohe und lange Keimruhe aufgebaut. Bleibt es feucht, werden die Keimprozesse bereits auf der Ähre in Gang gesetzt (Auswuchs).


Neben der Witterung gibt es aber noch einen zweiten wesentlichen Faktor, der den Aufbau einer Keimruhe bestimmt. Hier kommt wieder das Hormonsystem ins Spiel. Für die Ausbildung der Keimruhe ist die Abscisinsäure verantwortlich. Ihr Gegenspieler ist das Cytokinin, das Sie bereits als Verursacher des „greening-Effektes“ kennengelernt haben (siehe top agrar 4/2012, Seite 86).


Ein hohes Cytokinin-Niveau behindert den Aufbau der Keimruhe. Bestände, die durch Fungizide oder eine überzogene N-Düngung bzw. starke N-Nachlieferung zu lange grün gehalten werden, sind von vornherein stark auswuchsgefährdet. Hier spielt vor allem der N-Fluss während der Schossphase eine Rolle, der in die Ausbildung der Blatt- und Stängelmasse gesteckt wird. Die Spätdüngung ist für den greening-Effekt weniger verantwortlich.


Im Auswuchsjahr 2011 konnte ein weiterer Faktor für die Auswuchsneigung gut beobachtet werden: Das physiologische Alter der Triebe spielt eine wichtige Rolle. So zeigten die späten Frühjahrs-triebe in den ausgedünnten Beständen deutlich früher und massiver Auswuchs.


Ein paar Tage früher und vor dem Regen dreschen zu können, kann entscheidend für die Qualität sein. Hier kann man über eine früher reifende Sorte und rechtzeitige Aussaat nachdenken. Problematischer ist das bei spät räumenden Vorfrüchten. Deshalb ist bei der Sortenwahl und Bestandesführung nach Mais oder Rüben besondere Sorgfalt nötig.


Ist eine fallzahlschwache Partie geerntet, steigt die Fallzahl im Lager über Winter um 30 bis 50 Sekunden. Voraussetzung ist eine gute Trocknung oder Belüftung der Partie. So kann eine Vermarktung unter Umständen gerettet werden.


Proteingehalt:

Der Proteingehalt als Qualitätsparameter ist ein viel und auch kontrovers diskutiertes Thema. Da der Proteingehalt aber nach wie vor ein Vermarktungskriterium ist, müssen wir uns damit befassen.


Durch die Züchtung sind die Weizenerträge seit Mitte der 1980er Jahre um rund 20 dt/ha gestiegen. Die Entwicklung zu leistungsfähigen Korndichtetypen mit hoher Stärkeeinlagerungskapazität hat auch Auswirkungen auf den Proteingehalt. Je mehr Stärke die Pflanze im Korn einlagert, desto niedriger wird der Proteingehalt. Kleine Körner haben einen höheren Proteingehalt, sind aber leider auch mit niedrigeren Erträgen verbunden. Der Grund: Die Anzahl kleiner Körner lässt sich nicht beliebig durch eine höhere Bestandesdichte ausgleichen.


Zwei Proteinspeicher:

Warum sind kleinere Körner eiweißreicher als große? Dazu müssen wir zwischen zwei Orten und Phasen der Proteinspeicherung unterscheiden:


  • In der ersten Woche nach der Befruchtung bilden sich die Endospermzellen und die äußeren Zellschichten, zu denen auch die Aleuronzellen gehören (siehe Übersicht 1). Ab der zweiten Woche beginnt vorrangig die Einlagerung von Proteinen in die äußere Aleuronschicht. Nach drei Wochen ist die Einlagerung der Aleuronproteine abgeschlossen, es sind aber erst 50% der Stärke eingelagert. Zu diesem Zeitpunkt hat das Korn den höchsten Proteingehalt. In der Aleuronschicht sind die für die tierische und menschliche Ernährung wichtigen essenziellen Aminosäuren gespeichert. Bei der Ausmahlung von Backmehlen wird jedoch die Aleuronschicht zusammen mit der Schale fast vollständig entfernt!
  • Für den Backprozess spielen die Aleuronproteine also keine Rolle. Die dafür notwendigen Kleberproteine werden erst zusammen mit der Stärke im Mehlkörper eingelagert. Da der Proteingehalt im Mehlkörper aber deutlich geringer ist als in der Aleuronschicht, verdünnt sich mit zunehmender Stärkeeinlagerung der Proteingehalt des Gesamtkornes, auch wenn der Gesamtertrag an „Protein pro ha“ zunimmt.


Woher kommt das Protein?

Der größte Teil der Kornproteine wird während des Schossens gebildet. Proteine sind langkettige Moleküle, die aus vielen kleinen Aminosäuren zusammengesetzt sind. In den Blättern werden Aminosäuren und Proteine gespeichert und zur Kornfüllung umverlagert. Wie viel Eiweiß gespeichert und eingelagert wird, ist nicht nur sortenabhängig, sondern wird auch durch die Nährstoffversorgung der Pflanze bestimmt. Die wichtigsten Bausteine der Aminosäuren sind Stickstoff und Schwefel, die bei Getreide in einem relativ festen Verhältnis von 7 zu 1 vorliegen. Um 7 kg Stickstoff in Aminosäuren zu binden, ist 1 kg Schwefel notwendig.


Weitere wichtige Nährstoffe sind Kalium, Magnesium, Molybdän, Zink und vor allem Kupfer. Ist die Versorgung mit diesen Elementen bereits während der Schossphase nicht ausreichend, kann auch eine Spätgabe den Proteingehalt nicht mehr retten (s. Übersicht 2). Die Grundausstattung für das Kornprotein stammt also aus den Blättern.


Wirkung der N-Spätgabe:

Bei der Spätgabe nutzt man das Phänomen, dass die Pflanze aus Stickstoff, den sie nach der Blüte aufnimmt, vorrangig Aminosäuren bildet, diese sofort in den Mehlkörper transportiert und zu Proteinen umbaut. Um mit der N-Spätgabe wirklich den Proteingehalt anheben zu können, muss die Pflanze den Stickstoff auch über die Wurzel aufnehmen, transportieren und einlagern können. Dazu müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:


  • Die Düngergabe muss gelöst werden und durch Niederschläge in die Wurzelzone eindringen.
  • Die Wurzel muss gesund (Schwarzbeinigkeit, Fusarien) und lebensfähig sein.
  • Die Leitgefäße der Halmbasis müssen durchlässig und frei von Halmbasiserkrankungen sein (Rhizoctonia, Fusarien, Halmbruch).
  • Die Versorgung mit Schwefel und Spurenelementen (Kupfer, Zink, Molybdän) muss gesichert sein.


Die Wirkung der Spätgabe scheitert meist schon an den fehlenden Niederschlägen. Nach dem Ährenschieben noch eine Qualitätsgabe zu streuen, macht daher meist keinen Sinn mehr. Ziehen Sie diese weit genug vor.


Damit der Dünger 10 cm tief in den Boden eindringen kann, sind auf leichten Standorten einschließlich Benetzungs- und Verdunstungsverluste wenigstens 20 mm und auf schweren Standorten mindestens 40 mm Regen nötig, um die meist trockenen Böden wenigstens zu benetzen. Um auch noch Wasser für die Pflanzenaufnahme übrig zu haben, sind weitere Niederschläge nötig, die im trockenen Vorsommer aber meist nicht fallen. Selbst auf unserem maritimen Versuchsstandort Lindenhof/Ostenfeld sind wir dazu übergegangen, die N-Düngung zum Fahnenblattschieben abzuschließen.


Mögliche Ursachen für gute und schlechte Proteingehalte und Erträge sind in Übersicht 3, Seite 63 zusammengestellt. Damit können Sie kritisch auf Fehlersuche gehen oder noch besser: Anbaufehler möglichst vermeiden.

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