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Wolf Maisernte Gülle und Wirtschaftsdünger

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So stellen Sie Ihren Ackerfrüchten einen "Pass" aus

Lesezeit: 11 Minuten

Werden Sie ab Januar 2005 zum gläsernen Landwirt, der jede Maßnahme auf dem Acker von der Saat bis zur Ernte und vom Lager bis auf den LKW des Spediteurs dokumentieren muss? Verbringen Sie bald mehr Zeit mit Aufschreiben als mit Pflügen, Düngen, Ernten und Vermarkten Ihrer Ackerfrüchte? Und geben sich demnächst Kontrolleure und Zertifizierer bei Ihnen auf dem Hof die Klinke in die Hand? Viele Bauern befürchten dies im Zuge der neuen EU-Verordnung (siehe Kasten), die ab Januar 2005 die Rückverfolgbarkeit von Lebens- und Futtermitteln vorschreibt. Dann müssen Lebens- und Futtermittelunternehmer die Rückverfolgbarkeit ihrer Produkte sicher stellen und werden von Behörden entsprechend kontrolliert. Um möglichst auf der sicheren Seite zu sein, geben Handel und Verarbeiter den Ball an die Landwirte weiter und verlangen von Ihnen entsprechende Aufzeichnungen über Anbau, Lagerung und Transport von Getreide, Rüben, Kartoffeln usw. Damit nicht genug, einige Abnehmer satteln auf die EU-Verordnung noch eigene Anforderungen drauf. Je nach Anspruch der Abnehmer, haben sich unterschiedliche Dokumentations- und Qualitätssicherungssysteme entwickelt. Sie reichen von relativ einfachen Aufzeichnungen auf Papierformularen bis zu komplexen Qualitätssicherungssystemen, wie z. B. QS oder EUREPGAP. Bei diesen Systemen ist die Dokumentation nur ein Teil eines Anerkennungsverfahrens, das der Betrieb in regelmäßigen Abständen durchlaufen muss, um überhaupt an den Abnehmer liefern zu dürfen. Was heißt denn überhaupt Rückverfolgbarkeit? Wichtig ist, dass Sie zunächst einmal sicherstellen, dass der Produktionsprozess in Ihrem Betrieb von der Ausat bis zur Ablieferung möglichst lückenlos nachvollziehbar ist. Nur wer im Krisenfall nachweisen kann, dass seine abgelieferten Erzeugnisse nicht die Ursache für ein Problem sind, ist auf der sicheren Seite. Auch das Ziehen eigener Rückstellmuster gewinnt in diesem Zusammenhang an Bedeutung. Diese sind zwar nur eingeschränkt gerichtstauglich, da sie nicht von einem vereidigten Probenehmer gezogen wurden. Sie sind aber immer noch besser, als kein eigenes Muster. Eine wirklich lückenlose schlagspezifische Dokumentation der Warenflüsse ist nicht einfach. Stellen Sie sich vor, dass Sie im Ernstfall über die Lieferscheinnummer einer verkauften Getreidepartie zunächst auf dem Papier nachweisen müssen, dass Produktion, Lagerung und Transport dieser Charge ordnungsgemäß erfolgt sind. Das ist für den Gesamtbetrieb sicherlich noch machbar. Würde aber eine Rückverfolgbarkeit bis zur auf dem Schlag erfolgten Produktionstechnik (nachgewiesen über die Schlagkartei) von Ihnen verlangt, wird es schwierig. Schließlich werden Massengüter wie Getreide auf ihrem Weg vom Landwirt über Handel, Lagerhalter und Verarbeiter laufend gemischt. Für eine einzelne Charge einen schlagspezifischen Produktionsnachweis zu führen, ist also kaum möglich und wird von der EU-Verordnung auch nicht verlangt. Trotz dieser Schwierigkeiten kommen Sie um eine möglichst lückenlose Dokumentation nicht herum. Zumindest können Sie über die so genannte Basisdokumentation nachweisen, dass Sie Ihre Ackerfrüchte nach guter fachlicher Praxis erzeugt haben. Die Anforderungen der neuen EU-Richtlinie zur Rückverfolgbarkeit können Sie mit relativ einfachen Dokumentationssystemen erfüllen. Wie sehen diese aus? Basisdokumentation der Papiertiger für alle Einfache Dokumentationssysteme, wie z. B. der LKP-Produktpass oder die noch etwas knapper gehaltene Basisdokumention im Ackerbau des Deutschen Bauernverbandes (DBV) bestehen aus folgenden aufeinander abgestimmten Formularen: Schlag- Lager- und Transportdokumentation. Außerdem gibt es eine Checkliste zur guten fachlichen Praxis, die u. a. die Feldspritz-Prüfung, den Sachkundenachweis im Pflanzenschutz oder die Aufzeichnungen zur Dünge-Verordnung enthält. Kein landwirtschaftlicher Betrieb wird sich künftig diesen Mindeststandards zur innerbetrieblichen Dokumentation entziehen können. Dabei ist die Schlagdokumentation noch relativ leicht zu erfüllen. Viele Ackerbaubetriebe führen bereits eine Schlagkartei. Diese deckt die erforderlichen produktionstechnischen Aufzeichnungen in der Regel mehr als ab. Bei der Lagerdokumentation dürfte es in der Praxis schon deutlichere Lücken geben. Auch die Verbindung der Aufzeichnungssysteme mit dem Ziel, die Warenströme zu dokumentieren (Von welchen Schlägen stammt die fragliche Getreidepartie?) erfordern in den meisten Betrieben neuen, zusätzlichen Organisationsaufwand. Wichtig ist, die Anforderungen an diese Basisdokumentation bundesweit möglichst einheitlich und auf einem vertretbaren Niveau zu halten. Vorerst scheint dies gelungen zu sein. Das Landeskuratorium für Pflanzenproduktion in Bayern (LKP) erwickelte frühzeitig den LKP-Produktpass und sorgte dafür, dass die grundsätzliche Struktur auch beim Dokumentationssystem der Südzucker verwendet wurde. Die vom Niedersächsischen Landvolk entwickelte Getreidedokumentation Niedersachsen blieb ebenfalls bei den vorgegeben Strukturen. Sie reduzierte die erforderliche Dokumentation aber in Absprache mit der Getreidewirtschaft in Niedersachsen etwas. Dieses System wurde schließlich bundesweit vom DBV mit weiteren Verbänden abgestimmt und ist als Basisdokumentation im Ackerbau verfügbar (siehe top agrar 5/2004, Seite 106). Sie erhalten die Formulare kostenlos z. B. im top agrar-Internetangebot unter Leserservice: www.topagrar.com Weitere Anbieter (siehe Übersicht. 1) orientierten sich bei der Entwicklung ihrer Dokumentationsformulare offensichtlich an diesen Vorgaben, so dass sich die Unterschiede bei den Basisdokumentations- Systemen in Grenzen halten. Umfangreich mit drei Leitz-Ordnern wirkt auf den ersten Blick für manchen Landwirt das Gesamtsystem Qualitätssicherung in der Landwirtschaft (GQS BW). Es wurde von der Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft in Baden- Württemberg entwickelt. Es kostet 40 E und enthält Checklisten zur Eigenkontrolle, Formulare zur Dokumentation und zahlreiche Informationen zur guten fachlichen Praxis. Das System kann dazu beitragen, wichtige Unterlagen zur Dokumentation stets griffbereit zur Hand zu haben. Ein Ziel von GQS BW ist auch, Landwirte an Cross Compliance (Verknüpfung der Direktzahlungen mit Grundanforderungen zur Betriebsführung) heranzuführen. Infos finden Sie im Internet unter: www.gqsbw. bwl.de Die Unterlagen sollten Sie mindestens bis zum 30. Juni des auf die Ernte folgenden Jahres aufbewahren, damit eine Rückverfolgbarkeit bis zur vollständigen Verarbeitung der Ware möglich ist. Bei Förderungs- und Bewirtschaftungsauflagen können längere Aufbewahrungsfristen sinnvoll sein. EDV-Systeme für Fixe und Freaks Neben den einfachen, handschriftlichen Aufzeichnungen gibt es verschiedene Wege, die Dokumentation im Pflanzenbau mit Hilfe der EDV zu erledigen. Je nachdem, wie viel Technik (und Kapital) Sie einsetzen möchten, können Sie zwischen folgenden Stufen wählen: 1. Eingabe per Hand in den PC, 2. Erfassen per Palm oder Pocket-PC und anschließendes Überspielen auf den PC, 3. teilautomatisiertes Erfassen (z. B. elektronisch gesteuerte Düngerstreuer, Pflanzenschutzspritze und Mähdrescher mit integrierter Ertragsermittlung), 4. vollautomatisierte Systeme, die die Dokumentation wesentlicher Daten fast ohne Eingriffe des Schlepperfahrers erledigen. Systeme der Stufe 4, wie beispielsweise das von John Deere und Landdata Eurosoft entwickelte JDoffice, sind bislang in der Praxis kaum verbreitet. In den Stufen 1 bis 3 werden meist die seit Jahren verfügbaren EDV-Schlagkarteien eingesetzt (siehe Übersicht 2). Sie bieten für die reine Schlagdokumentation in der Regel deutlich mehr Möglichkeiten, als für die Basisdokumentation verlangt wird. Viele Anbieter haben auch eine Lager- und Transportdokumentation integriert oder stellen sie über separate Programmteile zur Verfügung. Einige Anbieter haben abgespeckte, im Vergleich zu ihren Schlagkarteien deutlich preiswertere Dokumentationssysteme entwickelt, deren Daten bei einem späteren Umstieg in die großen Schlagkarteien übernommen werden können. Bevor Sie viel Geld für ein umfassendes EDV-System ausgeben, sollten Sie selbstkritisch überprüfen, wie groß Ihre Bereitschaft zur regelmäßigen Datenerfassung wirklich ist. Bereits in der Vergangenheit sind viele komplexe EDV-Schlagkarteien ungenutzt verstaubt, weil so manchem Ackerbauern recht schnell die Lust an der aufwändigen Dateneingabe vergangen ist. Nehmen Sie sich also nicht zu viel auf einmal vor! Denken Sie daran, dass Sie die Daten immer noch selbst erheben müssen. Dokumentation über das Internet für Gutgläubige Bei der Basisdokumentation ist derzeit davon auszugehen, dass die ausgefüllten Unterlagen Ihr Eigentum sind und auf Ihrem Betrieb verbleiben. Sie allein entscheiden, ob Dritte die Unterlagen einsehen dürfen. Viele Landwirte haben denn auch ein gesundes Misstrauen, die Dokumentation dem Abnehmer zu überlassen. Sie befürchten, dass die Daten auch für andere Zwecke missbraucht werden könnten. Den Kunden fester an sich zu binden, ist dabei noch die harmloseste Befürchtung. Problematischer werden die Möglichkeiten zur laufenden Kontrolle und die völlige Transparenz der Produktion gesehen, die z. B. für Preisabschläge genutzt werden könnte. Einige Handelspartner haben ihre Lieferanten bereits zur Zertifizierung (z. B. nach Eurepgap im Kartoffel- oder Gemüseanbau) oder zur durchgehenden Offenlegung ihrer Dokumentation verdonnert. Vor allem über das Internet laufende Dokumentationssysteme bieten die Möglichkeit, Ihre Daten für jedermann zugänglich zu machen. Grundsätzlich ist eine zentrale Datenablage mit zentraler Programmpflege und Wartung, genau definierbaren Zugriffsrechten und schneller Verfügbarkeit von Daten von jedem beliebigen PC mit Internetzugang eine technisch elegante Lösung. Sie birgt aber die Gefahr, dass sie zu einem leicht zu handhabenden Kontrollsystem umfunktioniert wird. Man sollte diese Lösungen also nicht nur mit Euphorie sehen und hinsichtlich des Zugriffs auf eingegebene (evtl. sensible) Daten eine gesunde Skepsis an den Tag legen und klare rechtliche Vereinbarungen anstreben. Welche Dokumentationssysteme sich bereits im Internet tummeln, entnehmen Sie Übersicht 3. Aufwändigere Qualitätssicherungssysteme Einen deutlichen Schritt über die Basisdokumentation hinaus gehen die vor allem im Kartoffel-, Gemüse- und Obstanbau eingeführten Qualitätssicherungssysteme. Neben zahlreichen regionalen Systemen sind vor allem übergreifende Systeme (Eurepgap der Arbeitsgruppe europäischer Handelsunternehmen und QS) von Bedeutung. Im Internet zu finden unter www.eurep.org und www.q-s.info Diese Systeme werden den Landwirten in der Regel vom Abnehmer ihrer Produkte vorgegeben. Wer liefern will, muss sich in regelmäßigen Abständen zertifizieren lassen. Für den Bereich des Pflanzenbaus hat Eurepgap zurzeit die größere Bedeutung, weil es früher eingeführt wurde und international die größere Anerkennung genießt. Als Argument für die Einführung von QS im Kartoffelanbau wird gern der Wunsch nach einem über alle Stufen der Erzeugung (Erzeuger, Aufbereitung, Lagerung, Vermarktung und Einzelhandel) abgestimmten geschlossenen System angeführt. Diese enge Form der Zusammenarbeit besteht bei den anderen Systemen (z. B. Eurepgap oder IFS, International Food Standard) nicht. Die weitere Harmonisierung der teilweise abweichenden Anforderungen wird weiter verfolgt, um die gegenseitige Anerkennung der Zertifikate weitgehend zu ermöglichen. Es kann nicht im Interesse der Landwirte sein, sich für zig verschiedene Qualitätssicherungssysteme zertifizieren zu lassen. Bei Eurepgap finden nach der Zertifizierung jährlich Kontrollen statt. Mindestens 10 % der Erzeuger werden zusätzlich unangemeldet kontrolliert. Für die Zertifizierung sind neben den Betriebsprüfungen auch (Rückstands-)Untersuchungen von erzeugten Produkten und/oder von verwendeten Produktionsstoffen durch anerkannte Labore notwendig. Bei Eurepgap kann die Erstzertifizierung von einigen hundert bis einige tausend Euro je nach Betriebsgröße und notwendig werdende Änderungen kosten. Die Kosten der jährlichen Folgezertifizierungen betragen ca. 200 bis 500 E (ohne Laborkosten). Zusätzlich kommt für die Einrichtung des Systems auf den Erzeugerbetrieb im ersten Jahr ein Arbeitsaufwand von ca. 40 bis 50 Std. und in den Folgejahren von rund 30 bis 40 Std. für die Teilnahme zu. Den Ball flach halten Viele Landwirte werden die Schreiberei zur Schlag-, Lager- und Transportdokumentation als unnützen, bürokratischen Aufwand mit fragwürdigem Nutzen empfinden. Aufzeichnungen zur Rückverfolgbarkeit der Produktion sollte aber jeder Landwirt ab 2005 im eigenen Interesse machen, um im Ernstfall nachweisen zu können, dass er einwandfrei produziert hat. Die einsetzbaren Aufzeichnungssysteme reichen von einfachen Formularen bis zu umfassenden EDV-Systemen. Durchorganisierten Betrieben dürfte die Basisdokumentation kaum Probleme bereiten. Sie haben in einigen Bereichen, z. B. über die Ackerschlagkartei, schon mehr Aufzeichnungen verfügbar als ab Januar 2005 nötig sind. Formulare zur Basisdokumentation sind bisher bundesweit einigermaßen einheitlich entwickelt worden. Es ist auch künftig nicht sinnvoll, hier in einen Wettstreit um die Entwicklung immer neuerer, konkurrierender Systeme zu treten und die Aufzeichnungen weiter aufzublähen. Weiter ist darauf zu achten, dass die Aufzeichnungen zur Rückverfolgbarkeit der Produktion nicht dazu missbraucht werden, neue Abhängigkeiten (Ausforschen des Ein- und Verkaufsverhalten, des Nachbaus von Sorten, des Einsatzes von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln usw.) zu schaffen. Dies kann z. B. dadurch erreicht werden, dass sie grundsätzlich im landwirtschaftlichen Betrieb verbleiben. Komplexere Qualitätssicherungssysteme werden vor allem im Kartoffel-, Obstund Gemüsebau von den Abnehmern verlangt. Hier gibt es kaum Wahlmöglichkeiten ohne regelmäßige Zertifizierung des Betriebes und Dokumentation der Produktionsweise keine Abnahme der Produkte! Eurepgap hat hier die Nase vorn. Insgesamt sollte darauf geachtet werden, den Ball flach zu halten. Dies ist auch wichtig vor den im Zuge der Agrarreform anstehenden Cross Compliance- Regelungen, der Verknüpfung zahlreicher rechtlicher Vorgaben zur Produktion mit den Ausgleichszahlungen. Es gilt zwar weiter wer schreibt, der bleibt, andererseits aber auch Papier ist geduldig. Allein durch mehr Schreiberei wird kaum etwas verbessert, es gehört auch immer noch der verantwortungsbewusst handelnde Landwirt dazu.

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