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Sortenbewusstsein bei Gräsern lohnt!

Lesezeit: 9 Minuten

Kaufen Sie nicht länger einen unbekannten Sorten-Mischmasch! Schauen Sie genau hin, ob die Sorten für Ihre Zwecke passen. Die neue Sortenprüfung macht‘s möglich. Wie, das erklärt Dr. Stephan Hartmann, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising.


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Das Sortenbewusstsein für Futterpflanzen ist bei vielen Landwirten im Vergleich zu Getreide, Raps oder Mais meist nicht so stark ausgeprägt. Dies liegt daran, dass sie in der Regel nicht die einzelne Sorte, sondern eine Mischung von Sorten kaufen. Die einzelne Sorte geht im Marketing der Firmen und damit in der Wahrnehmung der Praxis unter.


Sortenwahl bei Dauerkultur noch wichtiger


Doch gerade bei mehrjährigen Kulturen wie dem Grünland und Futterbau lohnt es, sich mit den Eigenschaften der eingesetzten Gräserarten zu beschäftigen. Denn die Saatgutwahl wirkt sich erheblich auf mehrere Nutzungsjahre aus.


So beeinflusst z. B. die Ausdauer der Hauptgräser einer Mischung über die Anzahl der Nutzungsjahre direkt die Kostenverteilung der Bodenbestellung. Indirekt wirkt sie über die Unkraut- bzw. Schadgrasunterdrückung erheblich auf die Ertragsleistung (z. B. Gemeine Rispe), Futterqualität (z. B. Bastardweidelgras zu spät geschnitten) und Kosten für Pflegemaßnahmen (z. B. Ampferbekämpfung).


Bei der Saatgutwahl sollten Sie aber nicht nur den Zuchtfortschritt der bekanntesten Merkmale Ausdauer und Ertrag, sondern auch der übrigen wertbestimmenden Merkmale für Ihren betrieblichen Erfolg nutzen. Dies gilt vor allem für die Resistenz gegen Krankheiten oder die Optimierung der Gehalte von Inhaltsstoffen.


Sortenversuche jetzt mit mehr Aussagekraft


Wegen der vielfältigen Kombinationen von Klima, Boden und Nutzungsmöglichkeiten der Gräser, des Klees und der Luzerne erhalten die Merkmale einer Sorte jeweils ein unterschiedliches Gewicht. Im Süden wurden hierfür z. B. die Sortenempfehlung in Thüringen und Sachsen in 2010 und in Bayern in 2011 neu nach natürlichen kulturspezifischen Anbauräumen und nicht mehr an politischen Grenzen ausgerichtet.


Nach der Reform der Sortenprüfsysteme in Deutschland im Jahr 2006 für alle Fruchtarten liegen jetzt auch für Futterpflanzen Ergebnisse nach dem neuen Auswertungsverfahren (Hohenheimer-Methode) vor. Diese lassen sich in Empfehlungen für die Praxis umsetzen.


Der Vorteil regionalisierter Ergebnisse nach Anbaugebieten und nicht politischen Grenzen liegt auf der Hand: Die Versuche werden nach ihren natürlichen Merkmalen (Boden, Klima) zusammengefasst und verrechnet. Sie werden nicht mehr durch politische Grenzen von evtl. ergänzenden oder gar fehlenden Ergebnissen auf der anderen Seite der Landesgrenze abgeschnitten. Die Ergebnisse gewinnen an Aussagekraft, da mehr Versuche in die regionale Verrechnung eingehen und sich die Sortenleistung nun auch nach Anbaugebieten differenziert dargestellen lässt.


Welche Fülle an Informationen Sie aus den Sortenergebnissen von Gräsern jetzt herauslesen können, soll das Beispiel der wichtigsten, sortenreichsten Gräser-Art zeigen: Das Deutsche Weidelgras.


TM-Ertrag: Potenzial von 20 %


Zwischen Anbaugebiet und Sorte gibt es eine deutliche Wechelswirkung, wie die Sortenergebnisse zeigen. Eine Sorte, die in einem Anbaugebiet im Ertrag zu den Top-Sorten gehört, kann in einem anderen Anbaugebiet wegen der deutlich unterschiedlichen Bedingungen nur im Mittelfeld liegen. Dieses Ertrags-Potenzial kann bei 20 % relativ liegen und damit fast an den Ertrag eines Schnittes heranreichen. Da der Zuchtfortschritt beim Ertrag der Futterpflanzen im Vergleich zu anderen Arten deutlich geringer ist, sollten Sie diese Informationen unbedingt nutzen.


Das unterschiedliche Abschneiden der Sorten in den verschiedenen Anbauräumen ist nicht verwunderlich. Denn allein die Schwankungsbreite des Niederschlags beträgt 500 bis 1 500 mm pro Jahr und mehr im Süden Deutschlands. Gleiches gilt für Höhenlage, Vegetationsdauer, Zahl der Tage mit geschlossener Schneedecke oder mittlere Jahrestemperatur.


Ausdauer: Marathon statt Kurzsprint


Unter Ausdauer versteht man letztlich die Sorteneigenschaften, die über die Lebensdauer unter den regionalen Bedingungen entscheiden. Diese sind in Süd- und Norddeutschland unterschiedlich. Daher erfolgt auch im Norden die „Moorprüfung“ und im Süden die „Prüfung für die Eignung in Höhenlagen“.


In den Dauergrünland-Lagen hat das Merkmal Ausdauer höchste Priorität. Das Problem der Lan­dessortenversuche und Wertprüfung ist, dass hierbei der Ertrag nur in den ersten drei Hauptnutzungsjahren ermittelt wird und dies meist in günstigen Lagen. Versagt eine Sorte dagegen in der Ausdauerprüfung, so bedeutet das verkürzt: Sie wird, je nach den klimatischen Verhältnissen des Standortes, nach relativ kurzer Zeit keinen Beitrag mehr zum Ertrag des Bestandes leisten, da sie ausgefallen ist. Das ist auch für Betriebe mit jährlicher Nachsaat problematisch, da nachgesäte nicht ausdauernde Sorten nach Winter vermehrt Lücken in der Narbe hinterlassen. Diese Eintritt­spforten gilt es jedoch auf jeden Fall so klein wie nur möglich zu halten, da sie oft den Beginn ei­ner Verunkrautung bedeuten.


Im Feldfutterbau ist die Ausdauer dagegen nicht so wichtig und zwar umso weniger, je kürzer die geplante Nutzungsdauer ist. Dies ist bedeutsam, da Spitzenleistung bei der Ausdauer und beim TM-Ertrag in den ersten Hauptnutzungsjahren in der Regel nicht gemeinsam vorkommen.


Krankheitsresistenz: Rost und Schneeschimmel


Die Umweltbedingungen Klima und Boden bestimmen stark, wie bedeutsam Krankheiten in Weidelgrasbeständen sind. Aufgrund dessen gibt es bereits kleinräumig, aber auch in den verschiedenen Anbaugebieten oft deutliche Unterschiede. Dies zeigen die zugelassenen Deutsch Weidelgras-Sorten z. B. bei der Resistenz gegen Roste. Gewinnt sie in milderen Lagen Bayerns in einzelnen Jahren an Bedeutung, tritt Rost in Mittelgebirgslagen praktisch nicht auf. Dies liegt unter anderem daran, dass dort Infektionsbedingungen für Roste (Kronenrost und Schwarzrost) nur in Einzeljahren und -lagen im Herbst (hohe Temperaturen und mehrere Stunden tropfbar flüssiges Wasser) auftreten.


Die Ausdauer einer Sorte in den Höhenlagen Süddeutschlands hängt wegen der lange geschlossenen Schneedecke jedoch zu einem erheblichen Teil von der Schneeschimmel-Resistenz ab. In Süddeutschland sind Ausdauer und Anfälligkeit gegenüber Rost nicht korreliert. Das ist unter eher martimen Klimabedingungen anders. Das heißt: In Lagen mit häufigerem Rostbefall ist eine gute Rost-Resistenz wichtig, weil sie die Qualität sichert. In größeren Dauergrünland-Gebieten des voralpinen Raumes ist sie dagegen immer noch ohne Bedeutung. Gründe hierfür sind die dort kürzere Vegetationsdauer und die für Rost ungünstigeren (kühleren) Temperaturen im Herbst.


Zeitpunkt Ährenschieben: Frühe oder späte Sorten?


Auch beim Merkmal „Zeitpunkt Ährenschieben“ spielt der Standort eine wichtige Rolle. Späte Sorten tragen zur so genannten Nutzungselastizität eines Bestandes bei. Für Standorte, auf denen sich diese wirklich nutzen lässt, ist dies ein wichtiges Argument. Aber auch frühe Sorten haben – vor allem in Dauergrünland-Beständen – ihre Vorteile, wenn ihre termingerechte Nutzung sichergestellt ist. Diese ist aufgrund der übrigen Bestandessituation (Anteile an Bastardweidelgras, Knaulgras, andere Arten mit früher Reifezeit) sowieso oft Pflicht.


Der Ertragsunterschied im voralpinen Bereich und in den östlichen Mittelgebirgslagen zwischen frühen und späten Sorten kann etwa den Ertrag eines Schnittes betragen. In günstigeren, aber auch in trockeneren Lagen schrumpft dieser Vorteil deutlich. Aktuell sind auch frühe Sorten aufgrund ihrer genetischen Herkunft (Ökotypen-Sammlungen im Voralpenraum und Mittelgebirgen) die Sorten auf dem Markt mit der größten Winterhärte und damit Ausdauer im süddeutschen Raum. Sie tragen früh im Jahr zu Narbenschluss und Unkrautunterdrückung bei.


Schließlich weisen Aufwüchse aus frühen Sorten im Vergleich zu denen später Sorten eine bessere Verdaulichkeit auf, wenn der Schnitt jeweils zum gleichen Entwicklungsstadium und nicht zum gleichen Datum erfolgt. Das belegen Ergebnisse aus der Schweiz.


Mit einer Mi­schung aus Sorten unterschiedlicher Entwicklungszeiten lässt sich der Bestand staf­feln und ein Kompromiss zwischen Ertrag, Aufwuchsverteilung über die Vegetationsperiode und Nutzungselastizität erreichen. Für eine Ansaatmischung mit Deut­schem Weidelgras werden daher in der Regel Anteile früher, mittlerer und später Sorten empfohlen.


In extremen Auswinterungslagen bieten Sorten mit höchster Ausdauer größere Vorteile. In Gunstlagen mit hoher Regenwahrscheinlichkeit zum 1. Schnitt oder hohem Klee verdrängenden Stickstoff-Einsatz sind dagegen höhere Anteile später Typen positiv.j


Narbendichte: Sichert die Qualität auf Grünland


Die Narbendichte ist im Dauergrünland sehr wichtig. Denn sie hat wegen ihrer Ampfer unterdrückenden Wirkung nicht nur arbeitswirtschaftliche, sondern auch qualitätssichernde Effekte. Sie trägt dazu bei, die Aschegehalte gering zu halten und Ungräser zu unterdrücken.


Im Feldfutterbau besitzt dieses Merkmal eine deutlich geringere Priorität als der TM-Ertrag. Denn bei Reihensaat mit den üblichen Reihenabständen und den gängigen Nutzungszeiträumen kommt es ohnehin nicht zu geschlossenen Narben.


Inhaltsstoffe: Hochzucker-gras-Sorten für Gunstlagen


Bei Getreide und Mais ist Optimierung der Inhaltsstoffe schon lange Zuchtziel. Die Praxis fragt diese Merkmale nach und honoriert sie. Ein ähnlicher Ansatz bei Deutschem Weidelgras sind die so genannten Hochzucker-Gras-Sorten (HZG). Deren Züchtung begann vor ca. 20 Jahren in England. Daher ist es nicht verwunderlich, dass dieses Merkmal viele Jahre mit für Süddeutschland ungenügender Winterhärte und damit Ausdauer kombiniert war. Auch der letzte Winter zeigte erneut, dass die Winterhärte dieser Sorten für das Grünland Süddeutschlands immer noch nicht ausreicht. Jedoch sind die Fortschritte schon so weit, dass Landwirte den Vorteil höherer Zuckergehalte in Feldfutterbau-Mischungen für Gunstlagen nutzen können.


Bis jetzt waren nur Fütterungsversuche aus Großbritannien in für Süddeutschland unüblichen Versuchsanstellungen (Weide von Ackergras) verfügbar. Die Masse der Aufwüchse wird in Süddeutschland jedoch siliert verfüttert. Höhere Zuckergehalte könnten gerade hier den Effekt des hohen Puffervermögens der im Vergleich zu Grünland oft großen Leguminosengehalte kompensieren und so einen Beitrag zu höheren Silagequalitäten beitragen. Die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen hat auf Haus Riswick aktuell Fütterungsversuche damit durchgeführt, die bald veröffentlicht werden.


Auch der Züchtungsfortschritt beim Zuckergehalt kann das Versäumen des optimalen Schnittzeitpunktes des Bestandes nicht kompensieren. Es ist also ein Merkmal, das dann zum Tragen kommt, wenn der Anteil dieser Sorten im Aufwuchs über den Nutzungszeitraum hochgehalten werden kann und die übrige Produktionstechnik bereits stimmt.


Wir fassen zusammen


Beim Grünland und Futterbau wirkt sich die Saatgutwahl noch stärker aus als bei einjährigen Ackerkulturen. Das neue Sortenprüfwesen für Futtergräser liefert jetzt noch bessere Möglichkeiten, die passenden Sorten zu finden.


Dadurch lässt sich z. B. beim TM-Ertrag von Weidelgras schnell ein Potenzial von maximal 20 % (relativ) nutzen.


Beim Merkmal Ausdauer hängt viel davon ab, das Sie für eine Grünlandnutzung die Weidelgrassorte mit Marathon- und nicht mit Kurzsprint-Eignung auswählen.


Krankheits-Resistenz ist je nach Standort unterschiedlich wichtig. Im Norden kommt es z. B. auf Resistenz gegen Roste und im Süden gegen Schneeschimmel an.


Auf späte oder frühe Sorten setzen? Der Ertragsunterschied macht schnell einen Schnitt aus. Entscheidend sind aber Standort, N-Düngungsregime und das Einhalten termingerechter Nutzungstermine.


Gute Noten in der Narbendichte sind auf Grünland wichtig, auch wegen der Arbeitswirtschaft und der Qualität.

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