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Spätere Saat und weitere Fruchtfolge

Lesezeit: 10 Minuten

Bodenbearbeitung, Aussaat, Saatzeiten, Sortenwahl, Saatstärken und nicht zuletzt ausgewogene Fruchtfolgen haben einen entscheidenden Einfluss auf Düngung und Pflanzenschutz.


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Welcher Rapsanbauer kennt das nicht: Die Angst, den Raps nicht aussäen zu können und dadurch den gesamten Betriebsablauf durcheinander zu bringen? Das „verführt“ schnell zu einer nassen Rapsbestellung. Oft folgt dann noch eine sehr ungünstige Witterung, wie z. B. 2010 in Norddeutschland. Die Folge: Anbauer mussten Ihre Bestände teilweise oder komplett im Frühjahr umbrechen. Die verbliebenen schlecht entwickelten Bestände verunkrauteten und vergrasten stark. Dass Betriebe die Bestellung unter grenzwertigen Bedingungen durchführen, ist menschlich verständlich. Über die Jahre und Betriebe gesehen, zeigt sich aber immer wieder, dass dabei Ausfälle wesentlich häufiger eintreten, als dass die grenz­wertige Bestellung gut geht.


Angepasste Saatzeit:

Aus ähnlichen Gründen sind auch die Saatzeiten immer weiter nach vorne gerückt. Meist werden als Begründung Mehrerträge bzw. die Gefahr, später die Saat nicht mehr sicher in den Boden zu bekommen, angeführt. Angepasste Saatzeiten sind jedoch die wichtigste ackerbauliche Einzelmaßnahme. Zu frühe Saattermine führen zunehmend zu folgenden Problemen: Verungrasung, Virusinfektionen durch Läuse/Zikaden und starken Pilzbefall im Herbst.


Aber auch pflanzenphysiologische Probleme wie Überwachsen und Alterung sind vor allem eine Frage der Saatzeit. Diese lassen sich durch Pflanzenschutz nicht mehr lösen. Ein weiteres Problem: Unpassende Saattermine führen dazu, dass die Pflanzenbestände ihre qualitativen Sorteneigenschaften nicht entfalten können. Dazu ein Beispiel: Die in den letzten 10 bis 15 Jahren auf den Markt gebrachten Weizensorten wiesen in vielen Eigenschaften deutliche Resistenzverbesserungen auf. Frühsaat und Stoppelweizen lassen einige dieser Resistenzeigenschaften (z. B. gegen Septoria tritici) leider nicht auf dem Acker ankommen.


Ausgewogene Sortenwahl:

Bei der Sortenwahl ist es sinnvoll, Ertrag, Qualitätseigenschaften, Pflanzengesundheit und Anbauverhalten ausgewogener zu betrachten. Beim Weizen sollte man vor allem die Anfälligkeit für Ährenfusarien stärker berücksichtigen, weil sich dieses Merkmal bis hin zum Verbraucher auswirken kann.


Die Gesundheit bzw. Resistenzeigenschaften einer Sorte werden immer wichtiger. Denn die Pflanzengesundheit ist nicht mehr nur mit Pflanzenschutz zu gewährleisten. Künftig wird die Fungizid-Palette zulassungsbedingt schrumpfen. Zudem wird es wohl auch bei Fungiziden – wie bei Herbiziden – in den nächsten 10 Jahren keine neuen Wirkstoffgruppen geben.


Die Sortenwahl spielt auch bei der Unkraut- und Ungraskontrolle eine wichtige Rolle. In England prüft man bereits Sorten auf ihre Fähigkeit, Ackerfuchsschwanz zu unterdrücken.


Längerfristige Fruchtfolgen:

Fruchtfolgen sind heute meist auf kurzfristig erzielbare Deckungsbeiträge ausgerichtet. Das ist oder war solange richtig, wie keine Probleme bestanden. Ein langjähriges System sollte man aber nicht erst dann ändern, wenn es gar nicht mehr funktioniert. Denn Böden haben ein sehr langes Gedächtnis. Über mehrere Jahre verschleppte Defizite sind durchaus länger als ein Jahrzehnt zu spüren – oder man wird sie nie wieder los. Beispiele hierfür sind Ackerfuchsschwanz und Durchwuchsraps.


Im Zuge zunehmender Restriktionen und Resistenzen im Pflanzenschutz sowie strengerer Regulierungen der N-Düngung durch die Novelle der Düngeverordnung werden Landwirte ohnehin ihre Fruchtfolgen anpassen müssen. Die Scheu, ohne wesentliche produktionstechnische Probleme gleich die Fruchtfolge komplett umzustellen, ist zwar verständlich und zunächst rein rechnerisch nachvollziehbar. Veränderungen benötigen jedoch Erfahrungen und damit Zeit. Deswegen muss man auch mal damit beginnen – am besten auf Flächen, auf denen sich erste Probleme zeigen.


Dazu ein Beispiel: Es gibt Regionen mit engen Winterkulturfruchtfolgen, in denen wegen Vergrasung und damit verbundenen sehr hohen Herbizidkosten die eingefahrenen Fruchtfolgen kaum noch oder sogar nicht mehr rentabel sind. Trotzdem wird solange weiter gemacht, bis es nicht mehr geht. Dass es sich sehr wohl rechnet, eine enge Winterkulturenfruchtfolge aufzubrechen, belegen Versuche der LWK Schleswig-Holstein in Futterkamp. Dort betrug die Ertragsdifferenz zwischen Stoppel- und Sommer-weizen im 4-jährigen Durchschnitt 12 dt/ha. Auf einem Ackerfuchsschwanzstandort erzielt der Sommerweizen bei ortsüblicher Produktionstechnik jedoch einen Deckungsbeitragsvorteil von 45 € je ha. Ursache: Einsparung von Betriebsmitteln, vor allem Herbiziden. Jede eingesparte Herbizidanwendung verzögert die Resistenzbildung. Lässt eine Fläche wegen starker Verungrasung den Anbau von Stoppelweizen nicht zu oder ist eine späte Aussaat technisch nicht möglich, ist Sommerweizen auf besseren Standorten eine wirtschaftliche Alternative.


Ackerfuchsschwanz-Standorte:

Auf Ackerfuchsschwanz-Standorten ist der Anbau von Wintergerste deutlich erschwert. Bei starkem Besatz ist er sogar unmöglich, wenn Blattherbizide nicht mehr wirken. Stehen nur noch Bodenherbizide zur Verfügung, ist Gerste gegenüber Fuchsschwanz zwar wesentlich konkurrenzkräftiger als Weizen, wegen der nötigen Vorwinterentwicklung ist sie aber aufgrund ihrer früheren Saatzeit limitiert.


Wenn keine Herbizide mehr zur Verfügung stehen, ist Sommergerste die konkurrenzkräftigste Kultur gegen Ackerfuchsschwanz. Auch als Vorfrucht zu Raps eignet sie sich gut, wenn Wintergerste nicht mehr angebaut werden kann. Als Einzelfrucht betrachtet fällt sie allerdings im Deckungsbeitrag ab. Eine Fruchtfolge aus Sommergerste/ Winterraps/Winterweizen/Sommerweizen ist jedoch leicht rentabler als die bisherige Standardfruchtfolge vor Einführung des Greenings mit Stoppelweizen/Winterraps/Winterweizen mit vollem Aufwand an Blatt- und Bodenherbiziden.


Auf vielen Marktfruchtbetrieben fehlt – zusätzlich zum Raps – die zweite attraktive Blattfrucht. Das könnten Leguminosen sein, wenn die Ertragssicherheit deutlich höher wäre. So schwankten z. B. die Ackerbohnen-Erträge in einem Betrieb in 11 Jahren von 23 bis 72 dt/ha, bei einem Durchschnitt von knapp über 45 dt/ha. Bei starker Vergrasung mit Ackerfuchsschwanz sind Leguminosen aber nur bedingt geeignet, weil sie nicht wirklich konkurrenzkräftig sind. Wertvoll sind sie aber in einer Fruchtfolge, die noch nicht aus dem Ruder gelaufen ist.


Mehr Zwischenfrüchte!

Auch mit Zwischenfrüchten lässt sich eine Fruchtfolge erweitern. Nährstofffixierung und Strukturverbesserung sind bekannte Ziele. Sie erleichtern aber auch späte Herbst- und zeitige Frühjahrsaussaaten, wie Erfahrungen aus England zeigen. Im Herbst mit potenziell feuchteren Bodenverhältnissen entzieht die Zwischenfrucht Bodenfeuchtigkeit. Weil sie den Boden frisch durchwurzelt, verbessert sie die Befahrbarkeit und Saateinbettung. Im Frühjahr sind die Böden mit Zwischenfruchtbestand zwar nicht trockner, wegen der günstigeren Struktur lassen sie sich aber besser befahren und schmieren bei der Saateinbettung nicht so wie Böden ohne Zwischenfrucht.


Es sind aber noch einige Erfahrungen zu sammeln. Das gilt vor allem auf Ackerfuchsschwanz-Standorten. In der Zwischenfrucht darf nicht weniger Fuchsschwanz auflaufen als bei Brache in den Stoppeln. Das bedeutet: Der Zwischenfruchtbestand muss nach Pflanzenarten und Saatstärke so ausgeglichen sein, dass er jederzeit noch Licht durchlässt, aber trotzdem konkurrenzstark genug ist.


Kontraproduktiv sind die Greening- Bestimmungen, die z. B. eine mineralische N-Startdüngung zur Zwischenfrucht verbieten. Nur ein Bestand, der eine schnelle, kräftige Jugendentwicklung hat, entzieht dem Boden viel Stickstoff und Wasser. Problematisch ist auch, dass selbst bei Bedarf Ausfallgetreide in Zwischenfruchtbeständen nicht bekämpft werden darf. Ein hoher Besatz entzieht der Kultur aber das meist knappe Bodenwasser, unterdrückt streifenweise den Zwischenfruchtbestand und ist phytosanitär unvertretbar.


Ausfallsamen-Management:

Der Bodensamenvorrat spielt für die Unkraut- und Ungrasdynamik eine entscheidende Rolle. Pflügt man die Samen unter, sind sie nicht weg! Je nach Spezies überleben sie weit länger als 10 Jahre im Boden. Ein weiteres Problem: Der Bodensamenvorrat wird mit verschiedenen Generationen und Samen mit unterschiedlichem Resistenzstatus angereichert. Je größer der Samenvorrat im Boden, desto schwieriger die Bekämpfung von Unkräutern, Ungräsern und Ausfallraps. Auch steigt damit die Resistenzgefahr.


Leider gibt es zu wenig Kenntnisse über ein gezieltes Ausfallsamen-Management in den Stoppeln. Die klassische stark wühlende Stoppelbearbeitung ist darauf ausgerichtet, Ernterückstände gleichmäßig und innig mit dem Boden zu vermischen. Ausfall­getreide lässt sich anders wirkungsvoller bekämpfen. Somit passen die beiden Ziele der Stoppelbearbeitung nicht zusammen. Der Grund: Kleinsamige Arten haben ganz andere Ansprüche, die mit der Stroh­einarbeitung nicht vereinbar sind. Zur Ernte sind aber nicht alle Unkraut- und Ungrassamen sowie der gesamte Ausfallraps reif. Unreife Samen sind nicht keimfähig. Zum Nachreifen benötigen sie Licht und Sauerstoff, die nur auf oder sehr nah an der Bodenoberfläche auf den Samen wirken. Außerdem bilden viele Arten eine primäre Keimruhe aus, die sie nicht gleich keimen lässt, selbst wenn sie vollreif sind. Das gilt sehr sortenspezifisch auch für Raps!


Das Überwinden der primären Keimruhe erfolgt ebenfalls unter Licht- und Sauerstoffeinfluss an der Boden­oberfläche. Sie ist zeitlich stark von der jeweiligen Art abhängig. Diese speziellen Ausfallsamen direkt nach der Ernte zu vergraben, verzögert oder verhindert die Keimbereitschaft. Fehlende Brachezeiten in den Stoppeln sind eine ganz wesentliche Ursache für die seit ca. einem Jahrzehnt wieder stark steigende Verunkrautung und Vergrasung. Das bedeutet letztlich, dass man der Natur Zeit lassen muss.


Samen nicht vergraben!

Die klassischen Kurzscheibeneggen und Stoppelgrubber genügen nicht den Ansprüchen eines kombinierten Managements von Ausfallsamen und Ernterückständen. Dafür eignen sich striegelartige Geräte mit Messerwalzen besser. Diese sollen den Boden ankratzen, ohne die Ausfallsamen zu vergraben, und die Ernterückstände stark konditionieren. Im Herbst sollen diese einen Verrottungsgrad erreichen, der dem von eingearbeitetem Stroh nahe kommt.


Die klassische Stoppeltechnik ist auch nicht in der Lage, Pflanzenbewuchs auf 3 bis 5 cm Wurzeltiefe nahezu vollständig abzuschneiden. Das ist angesichts der Glyphosat-Problematik (90-Tagesfrist, öffentliche Diskussion) fatal. Als Begründung wird immer angeführt, dass die Äcker dafür zu uneben seien. Bei ordnungsgemäßer Saatbettbereitung trifft dies aber nicht zu. So zeigen beispielsweise Erfahrungen mit der Kettenscheibenegge bei 2 bis 3 cm Arbeitstiefe einen fast vollständigen Abschnitt in einem Arbeitsgang. Allerdings hat das Gerät andere Schwächen.


Eine weitere unerfüllte Forderung ist, dass die flach abgeschnittenen Pflanzen möglichst ausgeschüttelt und nicht angewalzt an der Oberfläche abgelegt werden. Ziel muss sein, Glyphosat nicht weiter im bisherigen Umfang auf den Stoppeln einzusetzen, sondern es vorrangig zum Beseitigen von Bewuchs nach Scheinbestellung zu erhalten.


Neue Bestellsysteme:

Die zunehmende Verungrasung und andere phytosanitäre Probleme zwingen zu späteren Saatterminen im Herbst bzw. zu Frühjahrsaussaaten. Zu diesen Terminen ist die Bestellsicherheit wegen höherer Bodenfeuchte potenziell geringer als im Frühherbst. Die Bestellbarkeit ist der Schlüssel für die Akzeptanz durch die Landwirte. Bei guter Bestellung sind die Unterschiede im Deckungsbeitrag zwischen Früh- und Spätsaat im Herbst bzw. zeitiger Frühjahrs­aussaat aufgrund niedriger Pflanzenschutzkosten gering.


Bei angepassten Bestellsystemen für spätere Saattermine muss man auch die Bedingungen berücksichtigen, die eine Vergrasung mit Fuchsschwanz vermindern. In England hat man die Erfahrung gemacht, dass nach einer Scheinbestellung, Beseitigen des Bewuchses mit Glyphosat und Einschlitzen der Saat ohne weitere Bodenbewegung deutlich weniger Unkraut und Fuchsschwanz auflaufen.


So lässt sich die Bestellsicherheit im Herbst erhöhen: Die Grundbodenbearbeitung (Pflügen/Grubbern/Strip Till – Lockerung solo) erfolgt unter ausreichend trockenen Bedingungen sobald wie möglich nach der Ernte. Künftig muss man anstreben, die Arbeitsbreite von Saatbettbereitung und Drilltechnik aufeinander abzustimmen. Entweder ist die Arbeitsbreite von beiden Geräten gleich oder die Arbeitsbreite der Drilltechnik beträgt ein Vielfaches der Saatbettbereitung. Danach wird mit abgestimmter Spurführung ein Saatbett geschaffen: eine Scheinbestellung. Dabei wird die Schlepperspur, die der Arbeitsbreite der Drilltechnik entspricht, nicht gelockert: Fahrgasseneffekt. Die Aussaat erfolgt bei Abtrocknung des Saat­horizontes und vertretbarer Befahrbarkeit in der vorgefahrenen Spur. Wenn die Saat ohne jegliche weitere Bodenbewegung in den Boden eingeschlitzt wird, läuft im Regelfall erheblich weniger Unkraut und Ungras auf.


Das veränderte Bestellsystem wirkt sich gravierend auf die Drilltechnik aus:


  • Es sind breitere Solo-Drillmaschinen erforderlich.
  • Man benötigt keine Vorwerkzeuge.
  • Es sind Scheibenscharsysteme oder Vorwerkzeuge, die nur einen Schlitz bearbeiten und diesen sicher wieder schließen, erforderlich.
  • Man muss über die Fahrwerkskonzepte (Reifenpackerdrille/Fahrwerk) nachdenken.

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