Norbert Erhardt, Landwirtschaftskammer NRW, MünsterErst Kältestress, dann Trockenstress. Regional leidet der Mais stark unter Wassermangel und hat seine Blätter eingerollt. Wie ist die Situation?
Erhardt: Während es im Süden und Südosten teils stark regnete, fielen im Nordwesten kaum Niederschläge. So fehlen hier seit Jahresbeginn ca. 150 mm Wasser. Vor allem auf leichten Böden steht das Wachstum des knie- bis hüfthohen Maises still. Denn Mais schließt bei Tro-ckenstress die Stomata und rollt die Blätter ein. Solange diese nicht vollständig vertrocknen, leidet vor dem Fahnenschieben vor allem das Massen- und Längenwachstum.
In welchem Entwicklungsstadium wirkt sich Trockenstress am stärksten auf die Erträge aus?
Erhardt: Die gravierendsten Schäden sind bei Trockenstress während der Blüte zu erwarten. Der Grund: Wird das Zusammenspiel aus Pollenschüttung und Schieben der Narbenfäden gestört, führt das zu schlecht befruchteten Kolben bis hin zu kolbenlosen Pflanzen. Später tritt oft Beulenbrand auf, da unbefruchtete Narbenfäden ideale Eintrittsstellen für Brandsporen sind. Stark betroffene Bestände eignen sich weder als Körnermais noch als CCM. Bei Silomaisnutzung fehlen neben dem Massenertrag besonders die Stärkegehalte. Trockenstress nach erfolgreicher Blüte behindert dagegen die Kornfüllung. Die Folge: Von der Kolbenspitze ausgehende Gummikörner, darunter eher kleine Körner.
Kann sich Mais wieder erholen, wenn es regnet? Wie stark sind die Einbußen bei Grünroggen oder Feldgras als Vorfrucht?
Erhardt: Bei Regen nach Trockenstress im Schossen kann Mais wieder ergrünen und weiterwachsen. Die Pflanzen bleiben zwar klein, können aber noch blühen und Kolben ansetzen. Regnet es dagegen auf trockenheitsgeschädigte Pflanzen nach dem Fahnenschieben bzw. zur Blüte, werden sich die Be-stände kaum erholen, weil die Narbenfäden bei einsetzendem Regen zwar weiterwachsen, aber wegen Pollenmangels nicht befruchtet werden. Es entstehen mickrige Kolben mit wenig Stärke. Der Assimilatstau führt zu rötlichen Pflanzen mit hohen Zuckergehalten. Mais nach Grünroggen oder Feldgras leidet besonders. Denn wegen später Saat und kühler Temperaturen danach sind die Wurzeln oft nur schwach ausgebildet. Gewitterniederschläge entlasten daher nur kurz. Mais braucht in den 2 bis 3 Wochen um die Blüte ca. 150 mm Wasser.
Was ist bei der späteren Silierung von dürregeschädigtem Mais zu beachten?
Erhardt: Kolbenloser Mais muss eher auf die Siloplatte. Damit er sich gut verdichten lässt, sind TS-Gehalte der Restpflanze um 26 % anzustreben. In der Regel ist der Erntetermin erreicht, solange noch 50 % der Blätter grün sind. Weil die TS-Gehalte schlagintern erheblich schwanken können, ist es sinnvoll, weniger geschädigte Teilbereiche gesondert zu ernten. Wegen erhöhter Nacherwärmungsgefahr empfiehlt sich der Einsatz geeigneter Siliermittel.