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Viel Wirkung – wenig Stress

Lesezeit: 14 Minuten

Immer öfter lässt Trockenheit im Frühjahr bewährte Strategien gegen Unkräuter in Kartoffeln scheitern. Wie Sie je nach Witterung und Bodenart reagieren sollten, erklärt Karl Gröschl, NU-Agrar.


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Gerade das Frühjahr 2011 hat bei vielen Betriebsleitern zu einem Umdenken bei der Herbizidstrategie in Kartoffeln geführt. Aufgrund der ausgeprägten, lang anhaltenden Trockenheit zeigten häufig bewährte Strategien nicht mehr die gewohnte Wirkung. Bei zu später Reaktion wurden im Nachauflauf bei mäßiger Unkrautwirkung die Kartoffeln zum Teil erheblich belastet. Im Kartoffelanbau stehen bei uns gerade mal 7 Breitbandherbizidwirkstoffe zur Verfügung. Zur optimierten Anwendung ist ihr Wirkungsspektrum nur ein Kriterium von vielen. Worauf kommt es wirklich an?


Die Wirkung im Boden


Pflanzen können Herbizide über Wurzeln und Blätter aufnehmen. Beim Herbizideinsatz sind die Kartoffeln maximal 30 cm hoch. Somit wird selbst bei Nachauflauf-Behandlungen vor allem der Boden getroffen. Dort bleiben die Wirkstoffe (s. Übersicht auf Seite 122) zum Teil gelöst oder werden von der Bodenmatrix sorbiert.


Wasserlöslichkeit:

Wie sich der Wirkstoff im Boden verteilt, das bestimmt maßgeblich seine Wasserlöslichkeit. Weniger lösliche Wirkstoffe, wie z. B. Aclonifen (z. B. Bandur) oder Flufenacet (Artist), verteilen sich nur in einem geringen Umfang nach. Nachfolgende Niederschläge waschen sie kaum ein. Vor allem unter trockenen Bedingungen gelangt weniger Wirkstoff zur Unkrautwurzel. Daher nehmen besonders Unkräuter, die aus tieferen Schichten keimen, weniger Wirkstoff auf.


Gut wasserlösliche Wirkstoffe verteilen sich sehr gut in alle Richtungen. Es besteht aber die Gefahr, dass sie zur Kartoffelwurzel ein- oder in die Dammtäler abgewaschen werden. Die Wasserlöslichkeit der Herbizid-Wirkstoffe in Kartoffeln ist wie folgt:


  • Gut wasserlöslich sind Metribuzin und Clomazone,
  • mittel wasserlöslich ist Metosulam,
  • sehr gering wasserlöslich sind Prosulfocarb und Aclonifen.


Bindung im Boden:

Wie mobil Wirkstoffe im Boden sind, hängt von ihrer Bindung an die Bodenmatrix ab. Die meisten Kartoffelherbizide liegen im Boden als Anion (negativ geladenes Ion) vor. Sie werden somit von den negativ geladenen Tonteilchen abgestoßen. Die organische Substanz ist dagegen teilweise positiv geladen. Sie kann viele Wirkstoffe binden. Höhere Humusgehalte schränken somit die Mobilität von sorptionsfähigen Wirkstoffen ein.


Wurzeln können sorbierte Bodenwirkstoffe vor allem bei Trockenheit nicht aufnehmen. Die Bindung der Wirkstoffe ist wie folgt:


  • Am stärksten gebunden wird Aclonifen(Bandur),
  • gefolgt von Prosulfocarb (Boxer),
  • deutlich weniger sorbiert werden Flufenacet (Artist), Clomazone (z. B. Centium) und Metosulam (Tacco),
  • kaum sorbiert wird Metribuzin (z. B. Sencor WG).


Abbau im Boden:

Im und auf dem Boden werden Herbizide abgebaut. Hierfür sind zum einen die Mikroorgansimen verantwortlich. Je aktiver ein Boden ist, umso zügiger werden Wirkstoffe abgebaut. Dabei ist nicht der absolute Humusgehalt entscheidend. Vielmehr ist es der aktive Anteil des Humus. So weisen Böden mit einem sehr weiten C:N-Verhältnis häufig eine geringe Abbaurate auf.


Außerdem baut UV-Strahlung Wirkstoffe ab. Auf trockenem Boden ausgebracht, werden sie nicht aufgenommen. Der UV-Abbau ist damit stärker. Eine Sorption an der Bodenmatrix behindert den mikrobiellen und UV-Abbau.


Bei Kartoffelherbiziden ist das Abbauverhalten wie folgt:


  • Clomazone und Aclonifen sind am beständigsten,
  • Flufenacet und Metosulam weisen eine mittlere,
  • Metribuzin und Prosulfocarb eine geringe Beständigkeit auf.


Die Wasserlöslichkeit, Sorptionsfähigkeit und Beständigkeit der Herbizide erklären auch witterungsabhängige Wirkungsunterschiede.


Wird ein Wirkstoff mit einer hohen Sorptionsfähigkeit auf trockenen Boden appliziert, wird er zunächst festgelegt. Ist er zudem sehr stabil, kommt die Wirkung bei Wiederbefeuchtung in fast vollständigem Umfang. Ist er dagegen wenig beständig, ist seine Wirkung nach dem Wiederbefeuchten eingeschränkt. Würde in erstem Fall eine Zweitbehandlung erfolgen, führt dies zu regelmäßigen Überdosierungen bei der Wiederbefeuchtung. Im zweiten Fall ist eine Zweitbehandlung in jedem Fall nötig.


Wichtiger Wirkstoff-Film:

Bei den Bodenwirkstoffen gibt es deutliche Unterschiede bei der Aufnahme. So beruht die Wirkung von Aclonifen und Clomazone auf der Blattaufnahme. Die Unkräuter nehmen den Wirkstoff nach dem Durchstoßen des Wirkstoff-Films auf. Wichtig ist, dass dieser stabil ist. Geringe Wasserlöslichkeit und gute Sorptionsfähigkeit fördern dies. Zudem spielt die Stabilität der Dammoberfläche eine entscheidende Rolle. Auf rieselnden, lockeren Dämmen reißt der Wirkstoff-Film regelmäßig.


Wasser ist nur für die erste Stabilisierung und Verteilung des Films nötig. Später spielt es eine untergeordnete Rolle. Vor allem zur Bekämpfung sehr flach keimender Unkräuter ist die Wirkstoffkonzentration an der Dammoberfläche entscheidend. Ein Nachverteilen in tiefere Schichten ist hier kontraproduktiv. Zur Bekämpfung von Flachkeimern wirkt sich somit Feuchtigkeit vor bzw. unmittelbar nach der Behandlung von „Filmpräparaten“ (vor allem von Clomazone) negativ aus. Entscheidend ist die von der Pflanze beim Auflaufen aufgenommene Wirkstoffmenge.


Aus diesem Grund sind filmwirksame Präparate flächenabhängig. Ein grober Damm hat eine wesentlich größere Oberfläche. Hier muss die Menge entsprechend angepasst werden. Eine schlechte Bodesnstruktur wirkt sich stets negativ aus. Ist der Boden verschlämmt oder klutig, heben viele Unkräuter größere Bodenpartikel beim Durchstoßen auf. Die Folge: Sie bekommen keinen Kontakt zum Wirkstoff. Deshalb muss es bei der Behandlung feucht bzw. die Wasserlöslichkeit des Mittels ausreichend hoch sein.


Die Wirkung von Metribuzin, Prosulfocarb, Metosulam und Flufenacet erfolgt nach der Aufnahme über die Wurzel, das Blatt oder zum Teil über die Coleoptile (Keimblattscheide). Werden Wirkstoffe über die Wurzel aufgenommen, sind die Wasserlöslichkeit des Wirkstoffes und die Feuchtigkeitsverhältnisse entscheidend. Bei der Wurzelaufnahme handelt es sich um einen konzentrationsabhängigen Effekt. Die Wirkung hängt nicht nur von der eingesetzten Wirkstoffmenge je Fläche sondern auch vom vorhandenen Wasser ab. Auf leichten Böden werden daher bereits mit geringen Mengen große Effekte erzielt. Während auf schweren Böden, vor allem unter feuchten Bedingungen, die Wirkung zu wünschen übrig lässt (s. Übersicht 1).


Zudem hängt die Aufnahmerate der Bodenherbizide, die im Wasser gelöst sind, von der Transpirationsrate ab. Je höher die Temperatur und je größer die Blattfläche ist, umso mehr Wirkstoff nimmt die Pflanze auf.


Barrierereiche Blattaufnahme:

Die Wurzel hat kaum Barrieren gegenüber einer Wirkstoffaufnahme. Dagegen ist die Blattaufnahme schwieriger. Auf dem Blatt müssen die Wirkstoffe durch die Wachsschicht und die Kutin-/Kutanschicht gelangen. Hierzu müssen sie aus dem Wasserfilm in die Fettschichten diffundieren. Entscheidend ist hierbei das Verhältnis zwischen Wasser- und Fettlöslichkeit. Dies wird als Log Pow-Wert bezeichnet.


Überwiegt die Wasserlöslichkeit, wird der Wirkstoff nur sehr zögerlich in die Wachsschicht eintreten. Bei hohen Fettlöslichkeiten geht der Übertritt sehr zügig vonstatten. Aclonifen und Prosulfocarb haben eine sehr günstige Fettlöslichkeit. Die relative Fettlöslichkeit von Rimsulfuron und Metosulam sind ungünstig.


Die Aufnahme von Mitteln, die relativ gut fettlöslich sind, muss nicht zusätzlich gefördert werden. Sind sie sehr wasserlöslich, muss sie dagegen entsprechend unterstützt werden. Produkte mit einem geringen Log Pow-Wert diffundieren erst in sehr hohen Konzentrationen im Tropfen in die Wachsschicht. Der Wirkstoff muss somit zügig antrocknen. Wichtig ist dabei eine gute Benetzung. Diese erreichen Sie durch feine Düsen aber auch durch spreitende Additive. Spritzungen in oder vor dem Tau sind kontraproduktiv. Die Wirkung dieser Präparaten können Sie durch hohe Spritzkonzentrationen fördern.


Auch Unkräuter und Ungräser beeinflussen die Strategie


Unkräuter und Ungräser keimen aus verschiedenen Tiefen. So können Windenknöterich, Klettenlabkraut und Flughafer aus mehreren Zentimetern Tiefe keimen. Entsprechend tief entwickeln sie zunächst ihre Wurzeln. Die Wurzelaufnahme von Bodenherbiziden ist somit eingeschränkt. Die Wirkung der klassischen Bodenherbizide erfolgt damit nur durch die Aufnahme über die Coleoptile. Die Wirkung ist eingeschränkt.


Besser ist die Wirkung der filmwirksamen Präparate, wie z. B. Bandur und Centium. Diese sind darauf ausgelegt, beim Durchstoßen von den Keimblättern bzw. der Coleoptile aufgenommen zu werden.


Die Unkräuter beeinflussen daneben die Strategie durch ihre differenzierte Keimzeit. So können z. B. Kamillen bereits sehr früh auflaufen. Die Bekämpfung muss somit mit blattaktiven Präparaten erfolgen. Andere Unkräuter laufen sehr spät auf (z. B. Amarant, Nachtschatten). Hier müssen Bodenherbizide mit entsprechender Dauerwirkung zum Einsatz kommen. Die Dauerwirkung ist zudem bei Unkräutern bzw. Ungräsern nötig, die über einem längeren Zeitraum auflaufen. Hierzu zählen Hirse, Bingelkraut und Klette.


Profil der Wirkstoffe


Damit Sie Herbizide optimiert einsetzen können, müssen Sie zunächst ihre Wirkungsweise kennen. Diese sieht bei den einzelnen Wirkstoffen wie folgt aus:


Metribuzin:

Der Wirkstoff gehört zu den Photosystem-Hemmern (PS2-Hemmer). Er greift direkt in die Photosynthese ein. Seine Wirkung hängt somit im Wesentlichen von der Strahlung ab. Die Pflanze nimmt diesen Wirkstoff über die Wurzel und die Blätter auf. Metribuzin ist sehr gut wasserlöslich und wird nur mäßig am Ton-Humus-Komplex sorbiert. Es ist somit auch bei trockenen Bedingungen noch relativ gut verfügbar. Der zügige Abbau begrenzt die Wirkungsdauer im bzw. auf dem Boden. Bei der Blattwirkung ist seine relativ geringe Fettlöslichkeit zu beachten. Seine Eindringgeschwindigkeit ist somit begrenzt.


Aclonifen:

Der Wirkstoff ist ein so genannter „Bleacher“ (Bleichmittel). Der Wirkstoff gehört zur Gruppe der Chlorotikas. Diese greifen im weiteren Sinn in die Photosynthese ein. Für die Wirkung ist somit die Strahlung wichtig. Höchste Wirkungsgrade erzielen sie bei ansteigender Strahlung nach einer Schlechtwetterperiode.


Aclonifen (Bandur) wird über die Blätter aufgenommen. Aufgrund der günstigen Fettlöslichkeit ist die Blattaufnahme sehr zügig. Im Vergleich zu anderen Kartoffel-herbiziden wird es im Boden stark sorbiert. Es ist wenig wasserlöslich und im Boden kaum mobil. Das Produkt wird dort nur sehr langsam abgebaut. Aus diesem Grund sind bei späterer Wiederbefeuchtung gute Wirkungen zu erwarten. Die Dauer- bzw. Bodenwirkung beruht auf einer Filmwirkung. Beim Durchstoßen des fettlöslichen Herbizidfilms nehmen die Unkräuter den Wirkstoff auf.


Clomazone:

Dieser Wirkstoff gehört ebenfalls zur Gruppe der Chlorotikas. Im Gegensatz zum Aclonifen ist seine Bindungsstärke geringer. Die relativ hohe Wasserlöslichkeit ermöglicht eine Nachverteilung bei trockenen Bedingungen. Die Gefahr, dass der Wirkstoff ein- oder abgewaschen wird, ist jedoch größer. Sofern der Film stabil ist, weist Clomazone eine sehr lange Wirkungsdauer auf. Der geringe Log Pow-Wert wirkt sich bei der Blattaufnahme negativ aus. Vor allem bei größeren Unkräutern ist die Kombination mit Additiven positiv.


Flufenacet:

Der Wirkstoff im Artist gehört zur Gruppe der Chlor-/Oxyacetamide. Er hemmt die Keimlingsentwicklung und die Zellteilung. Somit greift er sehr früh in die Entwicklung der Unkräuter und Ungräser ein. Die auflaufenden Unkräuter nehmen den Wirkstoff über die Wurzel und über das Hypokotyl auf.


Eine Wirkung ist vor allem vor dem Auflaufen der Unkräuter zu erwarten. Ist Flufenacet einmal aufgenommen, tritt die Wirkung unabhängig von äußeren Faktoren sicher ein. Es ist nur wenig wasserlöslich, wird jedoch vom Boden nur mittelmäßig sorbiert. Die Wirkungssicherheit beruht somit vor allem auf Feuchtigkeit und weniger auf dem Humusgehalt des Bodens. Die Abbaurate des Flufenacets ist relativ gering. Es kann somit sehr zeitig zum Einsatz kommen. j


Prosulfocarb:

Es gehört zur Wirkstoffgruppe der Thiocarbamate. Prosulfocarb (Boxer) ist ein Fettsäuresynthese-Hemmer. Im weitesten Sinn hemmt es den Aufbau der Wachsschicht. Die Folge ist eine überproportionale Transpiration. Wird Prosulfocarb mit anderen Bodenwirkstoffen ausgebracht, werden diese infolge der erhöhten Transpirationsrate in stärkerem Umfang aufgenommen. Der Wirkstoff beeinflusst somit andere, vor allem weniger wasserlösliche Bodenwirkstoffe positiv.


Der aktuelle Zustand der Wachsschicht beeinflusst die Wirkung von Fettsäuresynthese-Hemmern. Vor allem unmittelbar nach Regenperioden ist mit einer starken Wirkung zu rechnen. Auch kühle und sehr heiße Temperaturen sind förderlich. Prosulfocarb ist relativ wenig wasserlöslich und wird stark an der Bodenmatrix sorbiert. Die Wirkungssicherheit ist somit stark feuchtigkeitsabhängig. Auf bindungsstarken Böden ist die Wirkung eingeschränkt. Prosulfocarb wird im Boden relativ zügig abgebaut. Es sollte somit nicht sehr früh appliziert werden.


Metosulam:

Es gehört zur Gruppe der Triazolpyrimidine. Der Wirkungsmechanismus beruht auf der Hemmung der Acetolactatsynthase (ALS-Hemmer). Die ALS-Hemmer behindern die Zellteilung und DNS-Synthese. Die Wirkung ist somit vor allem bei kleineren Unkräutern und Ungräsern zu erwarten. Zudem wird die Phloembeladung behindert. Dadurch kommt es zu einem Assimilatüberschuss in den Blättern, mit den bekannten Rotfärbungen. Aufgrund der behinderten Phloembeladung werden andere systemische Herbizide negativ beeinflusst.


Die Wirkung tritt bei hoher Assimilation (hohe Strahlung) zügiger ein. Metosulam (Tacco) wird über die Blätter und über die Wurzeln aufgenommen. Die mittel bis hohe Wasserlöslichkeit und relativ geringe Bindungsstärke an der Bodenmatrix machen das Produkt relativ mobil. Auch bei Trockenheit reicht seine Wirkung aus. Im Boden wird es relativ zügig abgebaut. Da es relativ wenig fettlöslich ist, nimmt die Pflanze es durch die Kutikula langsam auf. Metosulam kann nur im Vorauflauf eingesetzt werden.


Rimsulfuron:

Es gehört auch zur Gruppe der ALS-Hemmer. Im Gegensatz zum Metosulam weist es keine Bodenwirkung auf und lässt sich auch im Nachauflauf einsetzen. Wie die meisten ALS-Hemmer hat dieser Wirkstoff einen geringen Log Pow-Wert, der die Aufnahme durch das Blatt behindert. Die Kombination mit einem Additiv (FHS) ist unabdingbar.


Nichtselektive Herbizide:

Neben diesen klassischen Breitbandherbiziden stehen in der Kartoffel nichtselektive Herbizide im Vorauflauf zur Verfügung. So ist der Wirkstoff Glufosinate zugelassen. Er verhindert die Bildung von Aminosäuren. Danach reichern sich in der Pflanze Ammonium und das Zellgift Ammoniak an. Je aktiver das Wachstum ist, umso stärker ist die Wirkung. Selbst größere Pflanzen lassen sich damit bekämpfen. Bei kühleren Temperaturen ist die Wirkung unzureichend. Glufosinate hat keine Bodenwirkung. Bei der Blattwirkung ist die ungünstige Fettlöslichkeit zu beachten. Es reagiert somit sehr stark auf aufnahmefördernde Maßnahmen.


Das zweite nichtselektive Herbizid ist Quickdown mit dem Wirkstoff Pyraflufen. Er gehört zu den PPGO-Hemmern. Diese Gruppe wird als „Brenner“ bezeichnet. Seine Wirkung hängt vor allem von der Strahlung ab. Aufgrund der günstigen Fettlöslichkeit wird er sehr schnell aufgenommen. Die Verteilung in der Pflanze ist gering. Daher reicht seine Wirkung nur bei kleinen, gut benetzbaren Pflanzen aus.


Die Eigenschaften der Breitbandherbizide entnehmen Sie Übersicht 2.


Stress für die Kartoffel


Neben der eigentlichen Unkrautwirkung steht bei der Herbizidstrategie die Kulturverträglichkeit im Vordergrund. Die Kartoffel nimmt alle Herbizide auf, wegen ihrer tiefer sitzenden Wurzel die Bodenherbizide jedoch zunächst in einem geringeren Umfang. Von den Filmwirkstoffen nimmt sie mehr auf, weil sie bei deren Einsatz bereits größer ist. Da sich die Kartoffel aufgrund ihrer Blattstruktur und -stellung wesentlich besser benetzen lässt als z. B. Gräser, nimmt sie Nachauflaufmittel sogar in höherem Umfang auf.


Nach der Aufnahme müssen die Wirkstoffe in der Pflanze entgiftet werden. Hierfür ist vor allem ein Enzym, die Cytochrom-Monooxygenase, verantwortlich. Sie liegt in der Kartoffel in verschiedensten Strukturen vor. Somit kann sie viele Herbizide entgiften. Die Aktivität dieser Enzyme hängt von den Wachstumsbedingungen ab. Bei niedrigen Temperaturen ist sie herabgesetzt.


Auch der Ernährungszustand der Kartoffel beeinflusst die Enzyme. Zwei wichtige Elemente sind Kupfer und Eisen. Ist das Pflanzgut schlecht damit versorgt bzw. ist die Aufnahmerate zu Beginn der Vegetation gering, reagiert die Kartoffel deutlicher auf Herbizide. Vor allem Pflanzgut, das auf humosen Böden gewachsen ist, reagiert häufig empfindlich. Auf humosen Böden ist die Kupferversorgung eingeschränkt. Ist es in der frühen Jugendentwicklung kalt, kommt es vor allem auf kalkhaltigen Böden zu einer verringerten Eisenaufnahme. Die Folge davon ist oft eine Überreaktion auf Herbizide. Auch auf übernässten Böden kommt es wegen der schlechten Eisenaufnahme regelmäßig zu Herbizidstress.


Nach dem Einsatz von Metribuzin werden radikale Sauerstoffatome gebildet. Diese müssen in der Kartoffelpflanze ebenfalls entgiftet werden. Hierfür ist ein weiteres Enzym verantwortlich – die Superoxyddismutase. Auch dieses ist von der Temperatur und vom Ernährungszustand abhängig. Bei den Nährelementen sind hier Zink, Mangan und Kupfer von entscheidender Bedeutung.


Der Einsatz von Prosulfocarb (Boxer) führt in der Kartoffel zu einem verzögerten Aufbau der Wachsschicht. Die Folge ist ein erhöhter Wasserverbrauch und eine geringere Kältetoleranz. Folgt in der frühen Jugendentwicklung ein Kälteeinbruch oder eine Hitzephase, führt der Einsatz regelmäßig zu Mindererträgen. Ein erhöhtes Risiko besteht vor allem bei sehr frühen Pflanzungen ohne Folie bzw. Vlies, aber auch bei späten Pflanzterminen (Risiko: Hohe Temperatur).


Jede Herbizidaufnahme löst in der Kartoffel Stress aus. Dieser erhört den Ethylenpegel. Das führt vorübergehend zu geringerem Wurzelwachstum. Die Folge: Eine geringere Nährstoff- und Wasseraufnahme. Gut mit Nährstoffen versorgte Pflanzen stecken eine Herbizidbehandlung besser weg als Problempflanzen. Der Stress lässt sich durch die Stärkung anderer Phytohormone ausgleichen. Vor allem Cytokinine müssen gefördert werden – indirekt können Sie dies durch eine Manganblattdüngung, direkt durch diverse phosphorbetonte Blattdünger.

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