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Weizen: Zwei-, drei- oder viermal Fungizide?

Lesezeit: 10 Minuten

Mildere Winter und angepasste Schadpilze machen die richtige Fungizidstrategie zu ­einer zunehmend kniffeligen Geschichte. Wie Sie vorgehen können, darüber informieren Dr. Ute Kropf und Prof. Dr. Klaus Schlüter, FH Kiel.


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Auf guten Ackerböden in Schleswig-Holstein liegt das Ertragspotenzial bei ca. 200 dt TM/ha für Wurzeln, Korn und Stroh. Das sind 100 bis 110 dt je ha Korn­ertrag. Bei guter Niederschlagsverteilung kann das auch mehr sein. In Jahren mit hohem Krankheitsdruck fällt der Ertrag ohne Fungizideinsatz schon mal auf 60 dt/ha ab. Ist der Befall geringer, liegt das unbehandelte Niveau – je nach Sorte – bei rund 80 dt/ha. Fungizide sichern also einen Ertrags­anteil von 20 bis 50 dt/ha. Um das zu erreichen, hat sich auf den meisten Standorten eine 3-fach-Strategie durchgesetzt: zwei Maßnahmen im Schossen und eine in die Ähre.


Ertragssicherung:

Den größten Anteil an den Ertragsverlusten haben Blattkrankheiten. Die Faustregel besagt, dass wir die letzten vier Blätter schützen müssen. Denn diese liefern 60 bis 70 % der Assimilate für die Kornfüllung, den Rest steuert die Ähre bei. Bislang hat man das Erscheinen der letzten vier Blätter statisch an das Entwicklungsstadium gekoppelt. So erscheint „normalerweise“ in


  • BBCH 37: das Fahnenblatt F
  • BBCH 32: das vorletzte Blatt F-1
  • BBCH 31: das drittletzte Blatt F-2
  • BBCH 30: das viertletzte Blatt F-3


Zwischen Schossbeginn (BBCH 30) und Fahnenblattschieben (BBCH 37/39) liegen 350 bis 450 Gradtage. Kalkuliert man eine Strategie, die sich z. B. an Septoria tritici orientiert, ist dieser Zeitraum durch zwei Fungizidmaßnahmen in BBCH 30 bis 32 und 37/39 abzudecken. Je nach Wirkstoffwahl und Aufwandmenge reichen sie für 500 bis 700 Gradtage und schützen das Fahnenblatt noch bis zu zwei Wochen (Übersicht 1). Versuche und Erfahrungen belegen, dass diese beiden Maßnahmen beim Weizen den größten Anteil am Ertragszuwachs haben.


Doch dieser Normalfall tritt nicht jedes Jahr ein. Immer häufiger ist der Herbst lang, der Winter kurz und mild. Kommen frühe Weizen nicht schon im Herbst in Schossstimmung, strecken sie sich spätestens nach der Wintersonnenwende, sobald Temperaturen über 5 °C das Wachstum einleiten.


Überleben diese früh gesäten Weizenbestände wie 2006/07 oder 2013/14, hat das für unsere Fungizidstrategie entscheidende Folgen: Die Schossphase beginnt deutlich früher, dauert länger und statt vier Blätter schossen fünf oder gar sechs! Will man die ganze Entwicklungsspanne abdecken oder gar jedes neu erscheinende Blatt schützen, kommt man schnell auf ein oder zwei zusätzliche Maßnahmen.


Eine T0-Maßnahme vorziehen?

Die Krux ist, dass überwachsene Bestände meist krank aus dem Winter kommen. Vor einem Jahr waren Frühsaaten schon stark von Mehltau befallen und Septoria-Infektionen lange latent vorhanden. Diese bildeten aber bis zum Vegetationsbeginn doch überraschend viele infektiöse Pyknidien (Fruchtkörper) aus. Auch Rostpusteln leuchteten schon in einigen Regionen. Schneeschimmel und Halmbasis-Fusarien entwickeln sich in geschwächten und von einer Schneedecke geschützten Beständen rasant und können uns durch die ganze Saison begleiten. Gerade diese Halmbasis-Krankheitserreger können Ähreninfektionen und Samenerkrankungen verursachen, wenn man die Epidemie nicht rechtzeitig unterbricht. Hier ist man geneigt, früh zu Vegetationsbeginn schon mal eine T0-Spritzung in BBCH 25/29 bzw. 29/30 anzusetzen.


Der Nutzen einer T0-Maßnahme ist schwer zu kalkulieren. Das hat verschiedene Gründe, die man gut am Beispiel des letzten Jahres nachvollziehen kann: 2014 starteten wir Anfang März mit blatt- und auch fußkranken Beständen in eine früh beginnende Saison. März, April, Mai, Juni – vier Monate müssen die Bestände geschützt werden. Das sind vier Behandlungen mit ausreichend hohen Aufwandmengen, die je Maßnahme drei bis vier Wochen kurativ und protektiv abdecken müssen. Eine teure Saison! Beim Zerlegen der Pflanzen war schnell klar, dass sie auch noch ein Blatt mehr hatten, das es zu schützen galt. Viele Betriebe hatten sich daher schon im März für eine vorgezogene Spritzung entschieden.


In den Versuchen zeigte sich, dass eine frühe Maßnahme mit Chlorthalonil im letzten Jahr durchaus sinnvoll war. Das lag daran, dass wir bereits im Februar genug infektiöse Sporen hatten. Die feuchte Witterung im März reichte für eine Kurzstreckenverbreitung im Bestand aus. Spätestens Anfang April forcierten Regen und wärmere Temperaturen die Epidemie. Je nach Zeitpunkt und Mittelwahl lag der Effekt bei 5 bis 10 %, vor allem durch das Eindämmen der Blattseptoria. Welche Entscheidungskriterien sich aus unseren langjährigen Versuchsergebnissen und Erfahrungen für eine T0-Maßnahme ableiten lassen, entnehmen Sie dem obenstehenden Kasten.


T1: Greening im Schossen.

Im Schossen sind zwei Zeiträume für Fungizidbehandlungen obligatorisch:


  • zu Schossbeginn (BBCH 30/31/32) und
  • zum Fahnenblattschieben (BBCH 37/39), wenn alle Blätter ausgebildet sind.


Die klassische T1-Maßnahme hat zwei Aufgaben: Sie soll das frühe Hochwandern bereits vorhandener Pilze in die neu zuwachsenden und noch gesunden Blätter verhindern. Zudem ist jetzt der beste Zeitpunkt, um Halmbasiserkrankungen wie Rhizoctonia zu bekämpfen.


Für eine rechtzeitige Anwendung in BBCH 30/31 (Schossen/1. Knoten) entscheidet man sich, wenn die Pflanzen früh krank sind, man keine T0-Maßnahme durchgeführt hat und wegen eines frühen Wachstumsreglers sowieso durch den Bestand muss. Ist der Bestand standfester und gesünder, die Sorte toleranter oder das Infektionswetter noch entspannt, kann man bis BBCH 31/32 (1./2. Knoten) warten.


Die Mittelwahl richtet sich vor allem nach dem aktuellen Krankheitsdruck. Bei Befall, der sich während der Protektivwirkung aufbauen kann, weil anfällige Sorten schon Symptome zeigen (z. B. Mehltau, Rost) oder in Befallslagen (geschützte Bereiche, doppelt gedrillte und gedüngte Stellen) erste Infektionen zu sehen sind, sollten Sie Fungizide mit entsprechend guter Nebenwirkung berücksichtigen.


Im Blattbereich lassen sich systemische Wirkstoffe (Triazole) mit guter Kurativwirkung einsetzen. Ihre protektive Leistung kann man durch Strobilurine ergänzen. Beide Wirkstoffgruppen haben einen zusätzlichen physiologischen Effekt. Ähnlich wie Cytokinine fördern sie die Zellbildung, wirken zellvergrößernd und regen die Chlorophyll-Synthese an. Früh behandelte Blätter sind meist deutlich größer und grüner als unbehandelte. Dieses Phänomen nennt man den „Greening-Effekt“.


Die höhere Assimilationsleistung hat aber auch ihren Preis. Mehr Blattfläche verbraucht mehr Nitrat-Wasser. Solange die Wurzeln feucht stehen und es genug regnet, setzt die Pflanze mehr N-haltiges Wasser in bis zu 20 % Mehrertrag um. Ist das Wasser knapp, kann der erhöhte Wasserverbrauch die Bestände vorzeitigem Trockenstress aussetzen. Die Folge: Trieb- und Blütenreduktionen. Sind die Wasserverhältnisse unsicher, sollten Sie daher die Wirkstoffwahl und -menge auf einen minimalen Greening-Effekt ausrichten.


Bei anhaltend hohem Septoria-Befallsdruck gehört – auch nach Vorlage in T0 – Chlorthalonil zwingend zu einer Anti-Resistenzstrategie dazu!


T2 zum Fahnenblatt:

Die zweite Maßnahme im Schossen sollte im günstigsten Fall auch das Fahnenblatt treffen. Dann sind die drei darunterliegenden Blätter voll entwickelt und werden von der Spritzbrühe auch getroffen.


Um Resistenzen vorzubeugen, ist jetzt der günstigste Termin für einen Wirkstoffwechsel zu den Carboxamiden. Diese wirken überwiegend protektiv. Daher mischen sie die Hersteller meist schon mit einem Triazol, um einen kurativen Partner zu haben. Auch Carboxamide haben einen Greening-Effekt, der dem der Strobilurine ähnelt. Die Blätter bleiben länger grün, bil-den mehr Assimilate und beginnen später mit der Umverlagerung. Auch hierfür wird Wasser benötigt. Bei Trocken- und Hitzestress sollten Sie auch diese Wirkstoffgruppe mit Bedacht dosieren.


Die gegen Halmbasiserkrankungen wirksamen Fungizide sind meist bis zum Fahnenblattschieben (BBCH 37, Fahnenblatt erscheint) zugelassen. So spät noch gegen Fusarien und Rhi-zoctonia am Halmgrund vorzugehen, bringt gar keine Wirkung. Für eine befriedigende Wirkung müssen die Spritztropfen an die unteren Internodien gelangen.


Dies ist nur mit hohen Wasseraufwandmengen möglich und auch nur, wenn der Bestand bis unten ‚offen‘ ist. Viel Wasser bedeutet aber auch eine geringe Konzentration des Wirkstoffs in der Spritzbrühe. Sollte also eine Behandlung von Halmgrunderkran-kungen stattfinden, muss dies auf jeden Fall schon sehr früh im Schossen passieren!


T3 in die Ähre:

Die meisten Schadpilze, die die Ähre befallen, gelangen über die Blätter dorthin: Septoria, DTR, Gelb-rost und Mehltau. Hat man im Schossen gut vorgearbeitet, ist die Gefahr einer Ähreninfektion recht gering. Daher ist die Ährenmaßnahme auch mit rund 5 % Mehrertrag die mit dem geringsten Nutzen, wenn man es mit diesen Schadpilzen zu tun hat.


Es geht bei der Ährenbehandlung aber auch darum, das Fahnenblatt noch etwas länger gesund zu erhalten. Für Ähre und Fahnenblatt braucht man daher eine gute Kurativleistung über Triazole. Auch deren protektive Wirkung reicht, um die Ähre noch zwei bis drei Wochen zu schützen. Um der Resistenzgefahr vorzubeugen, sollten Sie ein Carboxamid aber nur einmal in der Saison anwenden. Es gehört deshalb absolut nicht in die Ähre! Wegen der ausgedehnten Protektivwirkung und des Greening-Effekts der Carboxamide ist es am sinnvollsten, sie im Fahnenblatt einzusetzen. Bei einer sehr frühen Ährenbehandlung kann bei starkem Rostbefallsdruck dagegen der Zusatz eines Strobis sinnvoll sein. In nassen, kühlen Sommern verbietet sich diese Maßnahme, weil sie zusätzlich die Abreife verzögert.


Eine Ährenbehandlung soll auch verhindern, dass sich samenbürtige Krankheiten entwickeln. Dazu gehören Blatt- und Spelzenbräune (Septoria nodorum), Schneeschimmel (Microdochium nivale), DTR und Fusarien, die auf die Ähre übergreifen können. Treten diese Erkrankungen bereits im Schossen auf, müssen Sie diese auf jeden Fall mit der Maßnahme im Fahnenblatt eindämmen und in der Ähre weiterbehandeln.


Fusarien bei Feuchte:

Eine Sonderstellung nehmen Fusarien ein. Meist sind es ihre geschlechtlichen Askosporen, die aus Fruchtkörpern auf Stoppelresten herausgeschleudert werden. Wind und Thermik verfrachten sie über größere Strecken. So kann es während der Getreideblüte zu Infektionen kommen, obwohl der Bestand auf den Blättern keine Symptome zeigte. Feuchtes Wetter nach der Blüteninfektion fördert die Bildung von Myzel und Sporen. Das ist an den typisch rosa, orangenen oder rötlichen Farben zu erkennen.


Besteht die Gefahr einer Blüteninfektion mit Fusarien (Mais als Vorfrucht, anfällige Sorte, Sporenzuflug, offene Blüte durch Stress oder Nässe, infektionsfördernde Witterung), sollte eine Fusarium-wirksame Komponente zugesetzt werden. Wichtig ist auch das exakte Timing zur Hauptblüte, da die Sporen dann in die vielleicht offene Blüte fliegen. Die Kurativwirkung ist allerdings nur sehr kurz und erfasst die Spore nur beim Auskeimen. Für eine erfolgreiche Wirkung müssen Fungizid und keimende Spore aufeinandertreffen!


Der Wirkungsgrad gegen Fusarien ist meist nur sehr unbefriedigend. Asko­sporen fliegen in den Befallslagen von April bis Oktober. Es gibt also keinen eindeutigen Infektionszeitpunkt. Der Wirkstoff muss auch in die Blüte gelangen. Das ist bei einem Selbstbefruchter, der eigentlich bei geschlossener Spelze abblüht, schwierig. So bleibt dem Fungizid nur, die Sporenkeimung auf der Spelze zu verhindern.


Es kann aber auch noch passieren, dass die Fusarien vor der Blüte schon seit Wochen und Monaten nach einer bodenbürtigen Infektion in der Pflanze wachsen und die Infektion von innen heraus stattfindet. Dagegen kann ein Fungizid in der Ähre nichts ausrichten.


Wann reichen zwei Maßnahmen?

Mit zwei Behandlungen kommt man aus, wenn der Krankheitsdruck sich sehr verzögert aufbaut oder man so gut vorgearbeitet hat, dass sich keine bekämpfungswürdige Epidemie mehr entwickelt. So kann die erste Maßnahme z. B. nach einem gesunden Vegetationsstart in blattgesunden Sorten verspätet erfolgen. Die zweite trifft dann das voll entwickelte Fahnenblatt, wenn Ährenerkrankungen nicht zu befürchten sind und keine Fusarium-Behandlung notwendig ist.


Gerade auf vorsommertrockenen Standorten kann man auf die Ährenbehandlung am ehesten verzichten, um mit dem Greening-Effekt die Umverlagerung nicht noch zu behindern und mehr Wasser zu verbrauchen als nötig. Muss die Ähre dennoch behandelt werden, um deren Assimilationsfähigkeit für eine gute Kornausbildung zu erhalten, kann die zweite Maßnahme auch in BBCH 51/55 (Ährenschieben) erfolgen.


Während eine 3er-Strategie meist ein Selbstgänger ist, verlangt eine 2er-Strategie deutlich mehr Anpassung an das Pilzaufkommen und den Epidemieverlauf. Neue Sorten und Zuchtstämme mit einer ausgeprägt hohen Resistenz gegen Blattseptoria und Roste machen eine 2-fach Behandlung möglich. Mit perfektem Timing, der richtigen Kombination aus Kurativ- und Protektivleistung und ausreichend hohen Aufwandmengen müssen möglichst lange Zeiträume abgedeckt werden.

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