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Wurzelbohrer: Fruchtfolge als Schutzschild

Lesezeit: 8 Minuten

Quarantäne-Auflagen sind aufwendig und teuer, konnten aber den Wurzelbohrerbefall im Sommer deutlich drücken. Doch es gibt keinen Grund zur Entwarnung. Der Käfer belagert dieGrenzen unserer Nachbarländer.


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Wer als intensiver Maisanbauer den Namen Wurzelbohrer hört, dem treibt es den Schweiß auf die Stirn. Viele denken dabei an strenge Quarantäne-Auflagen mit Fruchtfolgevorgaben und damit an steigende Kosten des Maisanbaus.


Während die Befallszahlen in den letzten Jahren immer weiter gestiegen sind, ist es um den gefährlichen Käfer in diesem Jahr eher ruhig geworden. Trügt diese Stille? Oder können wir den Schädling mit den von der EU geforderten Eingrenzungs- beziehungsweise Ausrottungs-Maßnahmen tatsächlich in Schach halten?


Fakt ist, dass die Fangzahlen in Deutschland in dieser Saison insgesamt niedriger sind als in 2012. So traten in Baden-Württemberg bisher 2 126 Käfer auf (Stand 10. 10. 2013). Im letzten Jahr waren es dagegen noch 5 800. Betroffen waren die 5 Landkreise Emmendingen, Ortenaukreis, Lörrach, Rastatt und Breisgau-Hochschwarzwald sowie die Stadt Baden-Baden. Das zeigen die aktuellen Fundlisten des Deutschen Maiskomitees.


Weniger Käfer in 2013:

Auch in Bayern hat sich die Lage mit 174 gefundenen Käfern im Vergleich zur vorherigen Saison (374) eher entspannt. Wie in den Vorjahren sind dort aber deutlich mehr Landkreise betroffen. So wurden Funde aus 27 Landkreisen und Städten gemeldet. Der Käferzuflug beginnt in Bayern erfahrungsgemäß 2 bis 3 Wochen später als in Baden-Württemberg.


In Rheinland-Pfalz gingen 10 Käfer in den beiden Landkreisen Germersheim und Rhein-Pfalz-Kreis in die Fallen. Sachsen meldete in Görlitz einen Käfer. Die Bundesländer Hessen und Nordrhein-Westfalen blieben, wie in 2012 und 2011, befallsfrei.


Dass der Maiswurzelbohrer aber keinesfalls den Rückzug angetreten ist, zeigen die europäischen Fangzahlen (siehe Übersicht). So hat er sich vor allem in Österreich, Tschechien, Polen, Ungarn und Rumänien im Laufe der letzten 8 Jahre stark ausgebreitet. In 2013 setzte der Befall in Österreich zwar später als in den Vorjahren ein, war dann aber sehr massiv. An einzelnen Standorten in der Steiermark und im Burgenland traten teils über 1 000 Käfer pro Falle auf. In Extremfällen überwuchs Unkraut den lagernden Mais, sodass sich diese Starkbefallsflächen nicht mehr ernten ließen. Das berichtete die Agentur für Gesundheit und Ernährungs-sicherheit (Ages) in Wien.


Wie gut greift die Quarantäne?

In Deutschland können die EU-Quarantäne-Maßnahmen die Ausbreitung des Wurzelbohrers offensichtlich deutlich verzögern. Das belegen die sinkenden Fangzahlen aus diesem Jahr. „Bei schwachem Befall kann die Fruchtfolgeauflage in den Eingrenzungsgebieten von zweimal Mais in 3 Jahren die Verbreitung des Wurzelbohrers sogar stoppen“, erklärt Prof. Dr. Michael Zellner von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft.


Dass die Fruchtfolge die wichtigste Waffe gegen den Käfer ist, zeigen auch 9-jährige Untersuchungen des Julius Kühn-Instituts (JKI). „Bei einem Mais- anteil von 66 % in der Fruchtfolge erreichte die Käferdichte in den untersuchten 9 Jahren nicht die ökonomische Schadschwelle“, erklärt Dr. Peter Baufeld vom JKI in Kleinmachnow. „Zudem bewegen sich die Käferzah-len dann auf vergleichsweise niedrigem Niveau“. Details zu dieser Untersuchung lesen Sie in top agrar 5/2011, ab Seite 70.


Ohne Gegenmaßnahmen legt der Schädling in Maismonokulturen dagegen ein Ausbreitungs-Tempo von 80 bis 90 km/Jahr vor, wie Beobachtungen aus Südosteuropa zeigen. Zudem würde eine freie Vermehrung des Käfers in den Monokulturen bereits nach 4 bis 5 Jahren zu durchschnittlich 10 bis 30 % Ertragsausfällen führen. Ausgehend von den derzeitigen Befallsgebieten in Bayern könnte sich der Wurzelbohrer ohne Eingrenzungs- bzw. Ausrottungsmaßnahmen innerhalb von 10 Jahren in ganz Süddeutschland etablieren. Das zeigen die Berechnungen des JKI.


Einschleppungen möglich:

Trotz der strengen EU-Auflagen lassen sich Neueinschleppungen aus Nachbarländern (z. B. über Lkw, Auto, Bahn, Flugzeug) nicht verhindern. Sollte sich der Käfer nach punktueller Einschleppung in einem Gebiet neu etablieren, gilt dort wiederum Folgendes: „Wer unter deutschen Anbauverhältnissen maximal 66 % Mais auf derselben Fläche anbaut, hat keine Schäden zu befürchten“, so Dr. Zellner. „Anders als der Maiszünsler, ist der Wurzelbohrer ein schlagspezifischer Schädling.“


Insektizide gegen die Larven bzw. gegen den Käfer sind derzeit nicht zugelassen. Möglich ist lediglich, dass das BVL in 2014 eine befristete Zulassung für bestimmte Insektizide erteilt. Beobachtungen zeigen allerdings, dass Insektizide das Wurzelbohrerproblem nicht lösen können.


Neue Forschungsergebnisse:

Wichtigster Eckpfeiler der Wurzelbohrer-Bekämpfung wird daher auch künftig die Fruchtfolge bleiben. Allerdings ist gerade diese Auflage für einige Maisanbauer und Saatmaisproduzenten nur schwer zu schultern. Körnermais erreicht vor allem in Betrieben im Südosten Bayerns oft die höchsten Deckungsbeiträge. Weizen ist dort wegen der klimatischen Verhältnisse und des Krankheitsdrucks nicht so ertragreich.


Die Fruchtfolgeauflage kann einzelbetrieblich mit 100 bis 300 €/ha zu Buche schlagen. Würde auf befallenen Flächen aber weiterhin Mais angebaut, müssten die Landwirte in einigen Jahren mit deutlich höheren Verlusten rechnen.


Ab dem Jahr 2015 gelten zudem die Greening-Auflagen. Wer mehr als 10 ha Ackerland hat, muss mindestens zwei Hauptkulturen, ab 30 ha sogar drei Fruchtarten, anbauen. Bei Missachtung stehen 90 €/ha Greening-Prämie auf dem Spiel.


Um weitere oder unterstützende Strategien gegen den Schädling zu erarbeiten, hat das Bundeslandwirtschaftsministerium zusammen mit dem Freistaat Bayern umfangreiche Forschungsprojekte aufgelegt. Hier einige Ergebnisse:


  • Ob sich Wurzelbohrer neben Mais auch an Winterweizen oder Ausfallgetreide erfolgreich entwickeln können, wollten die Forscher in einem 2-jährigen Versuch herausfinden. Sie prüften in der Fruchtfolge Mais/Mais/Weizen die Aktivität von Larven im Boden nach Anbau einer früh und nach einer spät abreifenden Weizensorte. Zudem haben sie untersucht, ob die Wurzeln von keimendem Ausfallgetreide eine Nahrungsquelle für die Larven sind.


Es stellte sich heraus, dass in keiner Parzelle mit Winterweizen, unabhängig von der Sorte, erwachsene Wurzelbohrer auftraten. An den Weizenpflanzen und den Wurzeln traten keine Fraßschäden auf. Daher ist eine Entwicklung an Getreide unter unseren klimatischen Bedingungen derzeit auszuschließen.


Dieselben Ergebnisse erzielten die Wissenschaftler bei den Kulturen Raps, Rüben und Kartoffeln. Folgen diese Früchte nach zweijährigem Maisanbau, baut sich keine Wurzelbohrerpopulation auf. Diese Projekte belegen die sehr gute Effizienz des Fruchtwechsels.


  • Ob sich die Art der Bodenbearbeitung auf die Population des Maiswurzelbohrers auswirkt, war Thema eines weiteren Projektes. Neben wendender und konservierender Bodenbearbeitung untersuchten die Forscher auch die Wirkung von Überschwemmungen.


Im 1. Jahr brachte das Unterpflügen der Wurzelbohrer-Eier im Herbst einen Mehrertrag gegenüber der Mulchsaat, der sich tendenziell auch nach dem Pflügen im Frühjahr zeigte. Im Folgejahr ließ sich dies aber nicht bestätigen. Zudem schwankten die Ergebnisse stark. Daher bleibt festzuhalten, dass tiefes Pflügen (mindestens 30 cm) die Wurzelbohrer-Bekämpfung lediglich unterstützt und nur in Kombination mit einem Fruchtwechsel wirksam ist.


Die 2-jährigen Versuche zum Einfluss von Überschwemmungen – wie sie in Bayern häufiger auftreten – zeigte überraschenderweise keine Effekte. Weder nach 24 Stunden, noch nach 4 Tagen Überflutung trat eine Reduzierung des 2. und 3. Larvenstadiums auf. Grund ist offenbar, dass diese Larven in den Wurzeln genug Sauerstoff und Nahrung vorfinden, um bei Überschwemmungen zu überleben. Lediglich Überflutungen im Mai, die das erste, empfindlichere Larvenstadium treffen, senken den Wurzelbohrerdruck leicht.


  • Weiterhin haben Forscher den Einfluss von Untersaaten in Mais auf die Larven des Wurzelbohrers geprüft. Ihre These: Die Begrünung zwischen den Maisreihen, verbunden mit der Entwicklung zusätzlicher Wurzeln von Nicht-Wirtspflanzen, beeinträchtigt die Entwicklung der Larven. Die Wissenschaftler haben die Untersaaten Deutsches/Welsches Weidelgras, Welsches Weidelgras kombiniert mit Weißklee, Weißklee, Gelbsenf und Sonnenblumen untersucht.


Unabhängig von der jeweiligen Art der Untersaat ließen sich die Larven des Wurzelbohrers kaum in der Entwicklung beeinflussen. Im Gegenteil, bei einigen Varianten (Gräser oder Klee/Grasmischungen) traten sogar mehr Larven als in der Kontrolle auf. Untersaaten sind daher keine Bekämpfungsoption.


Nematoden gegen Larven?

Noch in den Kinderschuhen steckt die Bekämpfung von Wurzelbohrerlarven mithilfe sogenannter entomopathogener Nematoden (Art Heterorhabditis bacteriophora). Das biologische Mittel „dianem“ enthält diese Nematoden, die ausschließlich die Wurzelbohrerlarven parasitieren.


Die im Boden freilebenden Dauerlarven der Nematoden übertragen Bakterien in die Wurzelbohrerlarve. Diese stirbt nach ca. 3 Tagen ab und verfärbt sich rot. Die Bakterien vermehren sich in den toten Larven und werden wiederum zur Nahrungsquelle für die Nematoden. Die nachhaltige Wirkung des Mittels beruht auf der Vermehrung in den Larven. Je mehr Schädlinge demnach vorhanden sind, desto stärker vermehren sich die Nematoden und umso höher ist der Bekämpfungserfolg. Das Mittel „dianem“ ist in Deutschland nicht zulassungspflichtig. Mehr dazu lesen Sie in top agrar 5/2012, ab Seite 70.


Allerdings können die Nematoden die Wurzelschäden der Maispflanzen in der Regel nicht so stark reduzieren wie chemische Mittel. Das zeigen aktuelle Ergebnisse des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums (LTZ) in Baden-Württemberg. Zudem schwanken die Ergebnisse sehr stark. Gesichert ist dagegen, dass die Nematoden über eine längere Zeit im Boden aktiv bleiben. Um künftig die Wirkungsgrade zu verbessern, laufen derzeit Versuche mit höheren Aufwandmengen. Denn die derzeitige Menge von 2 Mrd. Nematoden/ha scheint zu gering zu sein.


Für die Ausbringung der Nematoden während der Aussaat hat der Hersteller ein spezielles Injektionsschar (Liq-injekt) entwickelt, welches sich an vorhandene Maislegetechnik anbauen lässt. Die Kosten pro Schar liegen bei 220 €. Insgesamt kostet die Wurzelbohrerbekämpfung mit Nematoden rund 250 €/ha (inkl. der Ausbringung). Daher ist das Verfahren zurzeit allenfalls in Saatmaisregionen interessant.

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