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Zukunft Ackerbau: Andere Kulturen – neue Fruchtfolgen

Lesezeit: 7 Minuten

Wie werden wir in 20 Jahren Ackerbau betreiben? Was sind die Treiber für Veränderungen? Tummeln sich künftig Roboter, hartnäckige Schaderreger und exotische Kulturen auf unseren Feldern? Dr. Hansgeorg Schönberger, N.U. Agrar, setzte sich mit diesen Fragen auseinander.


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Innovationen verändern nicht nur die Welt, sondern auch den Ackerbau. Am stärksten revolutioniert hat ihn in den letzten Jahrzehnten der Mähdrescher. Dieses Beispiel zeigt aber auch, welche Folgen eine Innovation nach sich zieht:


  • Um den Mähdrescher rationell einsetzen zu können, mussten die Sorten kürzer und standfester werden, das Korn- Stroh- Verhältnis wurde enger. Heute ernten wir mehr Körner als Stroh. Unser derzeitiges Ertragspotenzial wäre ohne diese Entwicklung nicht möglich geworden.
  • Das Stroh blieb auf dem Acker und damit die daran haftenden Krankheiten. Die Folge: Das Erregerspektrum wandelte sich im Getreidebau. Waren früher Halmbruch, Mehltau und Roste die dominierenden Krankheiten, so sind es heute vorwiegend die mit dem Stroh übertragenen Blattfleckenerreger wie Septoria tritici, DTR, Netzflecken, Rhynchosporium oder Fusarien.
  • Dem Mähdrescher ist zu „verdanken“, dass Gräser wie der Ackerfuchsschwanz oder Trespen in der Nachbarschaft verbreitet wurden und überhand nahmen.


Was löst den Wandel aus?


Veränderungen erfolgen meist nicht freiwillig, sondern entspringen Zwangslagen. Häufig entstehen sie durch den Kostendruck. Dieser führt dazu, sich mit anderen Kulturen, der Technik sowie den Dünge- und Pflanzenschutzgewohnheiten auseinanderzusetzen. Auch höhere Erlöse wecken zwangsläufig den Wunsch, noch mehr zu ernten. Die steigenden Preise der letzten Jahre haben die Stagnation beendet, die sich im Ackerbau in den Jahren zuvor breit gemacht hatte. Auch der Trend zur wieder tieferen Bodenbearbeitung oder zum Pflügen entspringt den höheren Erlösen für die Ernteprodukte.


Nachfrage als Treiber:

Die Nachfrage, oft provoziert durch den politischen Willen, z. B. nach Energiepflanzen oder nach einer heilen Umwelt, bewirkt große Veränderungen in der Bewirtschaftung. So ist die Rapsanbaufläche in den letzten 40 Jahren durch die Nachfrage nach Pflanzenölen um das 10-Fache gestiegen. Ermöglicht hat das die Züchtung, der es gelungen ist, störende Inhaltsstoffe aus dem Rapsöl herauszuzüchten. Dafür ist der Raps anfälliger für Schädlinge und Krankheiten geworden. Die Folge: Intensiver Pflanzenschutz ist erforderlich. Mit dem Rapsanbau kamen auch Unkräuter wie Rauken oder Storchschnabel, die sich im Raps nur schwer bekämpfen lassen.


Politischer Wille beruht jedoch nicht immer auf Sachlogik, sondern wird beeinflusst durch Meinungen und Umfrageergebnisse. Dadurch werden auch aus der Sicht des Acker- und Pflanzenbaus hin und wieder schwer zu verstehende Entscheidungen getroffen, die das Wirtschaften fast unmöglich machen bzw. andere Effekte nach sich ziehen.


Dazu bietet sich Raps wieder als Beispiel an. Aufgrund eines unbelehrbaren Landwirtes in Mecklenburg und dessen Dauerstreit mit seinem Anlieger haben die Zulassungsbehörden dem Einsatz von Clomazone-haltigen Herbiziden eine Zwangsjacke auferlegt. Dies wird dazu führen, dass Landwirte sich dem Clearfield-Raps, falls er zugelassen wird, zuwenden. Dabei handelt es sich um Rapssorten, die durch klassische Züchtung mit einer Herbizidresistenz gegen einen ALS-Hemmer ausgestattet wurden. Mit dem Anbau dieses herbizidresistenten Rapses wird ein neues Unkraut (ALS-resistenter Durchwuchsraps) auf den Acker kommen, dessen Bekämpfung kaum lösbare Schwierigkeiten bereiten wird. Ob sich die Zulassungsbehörden über die Folgen ihres Handelns für Landwirt und Lohnunternehmer (siehe auch top agrar 12/2011, S. 68 und 3/2012, S. 64) im Klaren sind? Ähnlich ist die Situation bei der Beizung mit Insektiziden zu sehen.


Die Nachfrage nach Energie hat – schneller als vorausgesagt – den Mais in den Vordergrund gerückt. Diese Kultur wäre aber allein aufgrund ihrer Ertragsfähigkeit zwangsläufig stärker in den Anbau gekommen. Mais wird wohl nur deshalb nicht flächenstärkste Frucht in Deutschland werden, weil Naturschützer und deshalb der politische Wille gegen die „Vermaisung“ der Landwirtschaft eingestellt sind.


Der Bedarf an Eiweiß wird den Anbau von Soja weiter in unsere Breiten verschieben und zu einer Renaissance der Körnerleguminosen führen. Auch Sonnenblumen, die wie Raps und Soja Eiweiß und Öl produzieren, werden künftig vorwiegend auf schwächeren Standorten mit Frühjahrstrockenheit stärker in Erscheinung treten.


Innovationen als Motor:

Neue technische Entwicklungen, wie der Mähdrescher, die Kreiselegge, der Einzug des Computers in die Spritztechnik oder GPS- und Sensortechnik, haben den Ackerbau erleichtert. Aktuell stehen Innovationen an im Bereich der Sensor- und Regeltechnik, z. B. auch bei der Bodenbearbeitung. Dass in 20 Jahren Roboter vor einer Maßnahme über den Acker fahren und den Bestand nach Unkräutern, Nährstoffversorgung oder Befall mit Krankheiten abscannen und daraus Applikationskarten erstellen, ist gar nicht abwegig.


Bei uns neu – in anderen Ländern aus Sachzwängen schon länger gängige Praxis – wird die Streifenbearbeitung (Strip Till) stärker Einzug halten. Ihre Vorteile, unterstützt durch das tiefe Einbringen von Nährstoffen, nutzen Ackerbauern vor allem auf Standorten, auf denen die Bodenverhältnisse nicht optimal sind.


Zu den Innovationen, die anstehen, zählen auch Entwicklungen in der Düngungs- und Applikationstechnik, die die Schlagkraft erhöhen und vor allem die Präzision der Pflanzenschutzmaßnahmen verbessern. Es zeichnet sich bereits heute ab, dass gute Mitarbeiter Mangelware werden. Andererseits engen jedoch gesetzliche Vorgaben den Personenkreis ein, der mit der anspruchsvollen Technik umgehen kann. Ein Mitarbeiter in der Landwirtschaft wird deshalb eine höhere Tagesleistung erbringen müssen. In 20 Jahren wird nicht mehr jeder Landwirt selbst mit seiner Spritze auf den Acker fahren, sondern diese Arbeit an Dienstleister vergeben.


Einfluss Mensch:

Nicht zu unterschätzen ist der Anspruch an Freizeit und sozialer Anteilnahme als Auslöser für Veränderungen. Das und gesetzliche Anforderungen werden dazu führen, dass Flächen, die heute noch Nebenerwerbs- bzw. Hobbylandwirte bewirtschaften, künftig in die Hand von Voll-Profis gelangen. Die Folge: Das Nebeneinander vielfältiger Kulturen wird einer Gewannebewirtschaftung weichen. Das kann so weit gehen, dass um einen Hof oder gar um ein Dorf herum in jedem Jahr nur eine Kultur angebaut wird.


Das mag aus der Sicht des Landschaftsbildes verwerflich sein. Aus arbeitswirtschaftlichen und phytopathologischen Gründen ist es aber sinnvoll, wenn Maßnahmen, z. B. die Bekämpfung von Schadinsekten, kompakt und gezielt erfolgen. Bisher ist es mitunter so, dass ein Landwirt eine notwendige Maßnahme durchführt und der Nachbar es laufen lässt. Dadurch schaukelt sich zwangsläufig eine anhaltende, örtliche Belastung mit Schaderregern auf.


Einfluss Wetter:

Extreme Wetterlagen wird es auch in Zukunft geben. Bedingt durch unsere geografische Lage werden wir mit Frost unter - 20 °C und mit Hitze von bis zu 40 °C rechnen müssen. Dazu kommen länger anhaltende Trockenperioden vor allem im Frühjahr und Starkregen im Sommer. Was sich verändert hat und noch stärker verändern wird, ist die Verteilung der Extreme. Hitzetage sind und werden noch häufiger, wenn nicht Sonnenflecken oder Vulkanausbrüche das verhindern. Dauerfrost wird dagegen seltener. Die Vegetation kommt im Frühjahr zwar nicht viel früher in Gang, hält aber im Herbst spürbar länger an.


Das ist ein Vorteil für die Kulturen, die im Herbst noch an Ertrag zulegen können, wie Zuckerrüben und Mais. Aber auch Sojabohnen und Sonnenblumen profitieren von dieser Entwicklung. Die Spitzenerträge von Mais und Zuckerrüben des vergangenen Jahres werden die Normalerträge der Zukunft, auch wenn immer wieder einmal Einbrüche zu erwarten sind.


Die Entwicklung des Wettergeschehens wird sich auf die Auswahl der Kulturen, Sorten, auf Bestellung und Düngungsgewohnheiten, aber vor allem auf Pflanzenschutzmaßnahmen auswirken. Krankheiten im Herbst und Winter werden einen größeren Stellenwert erlangen, der Schädlingsdruck wird zunehmen.

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