In Deutschland weisen 304 der insgesamt 1.178 Grundwasserkörper eine Nitratbelastung von über 50 mg pro Liter auf, womit die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie verfehlt werden. Die Summe der horizontalen Ausdehnung dieser Körper liegt bei 114.824 Quadratkilometern. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor.
Daten zur durchschnittlichen Nitratbelastung der Grundwasserkörper liegen der Bundesregierung nach eigenen Angaben nicht vor, da die Bundesländer lediglich melden, ob der Grenzwert unter- oder überschritten wird.
Inwieweit die Ausbringung von Gülle, Festmist, Gärresten und anderen Stoffen im Grundwasser Nitrat verursache, hänge von einer Vielzahl von Faktoren ab, schreibt die Bundesregierung weiter. Zu den exakten Ausbringungsmengen in den letzten zwanzig Jahren lägen keine Daten vor.
Erfreuliches stellt die Regierung dann aber doch noch fest: So habe es große Veränderungen bei der Ausbringungstechnik für Gülle gegeben. Die Ergebnisse der Agrarstrukturerhebung für das Jahr 2020 zeigten, dass die Verwendung der emissionsarmen Techniken stark zugenommen hat. Etwa 122 Mio. Kubikmeter, demnach 65 % des ausgebrachten flüssigen Wirtschaftsdüngers, wurden im Jahr 2020 mittels Schleppschlauch, Schleppschuh, Schlitzverfahren oder Güllegrubber ausgebracht. Im Jahr 2010 hatte dieser Anteil nur 31 % betragen, heißt es.
Bauern aus Minden-Lübbecke beweisen Fehler durch eigenes Gutachten
Unterdessen berichtet das Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben über kritische Bauern aus der Region Petershagen-Hille-Minden. Sie zweifeln die Eignung etlicher Grundwassermessstellen zur Beurteilung der Nitratbelastung an und haben diese gutachterlich überprüfen lassen.
Das Paukenschlag-Ergebnis: Fünf der sechs Grundwassermessstellen, die zur Ausweisung der nitratbelasteten roten Gebiete herangezogen wurden, sind fachlich dazu nicht geeignet. Die Eignung der sechsten Belastungsmessstelle ist zumindest zweifelhaft. Das bestätigt Dr. Stephan Hannappel von der Hydor Consult GmbH.
Der Diplom-Geologe hatte die Messstellen in den vergangenen Monaten im Auftrag der Interessengemeinschaft „IG gerechte Messstellen“ unter die Lupe genommen und jetzt sein Gutachten präsentiert. Unter anderem erfüllten die Messstellen nicht die Anforderungen des technischen Regelwerks, weil beispielsweise die obligatorische Sperrschicht aus Ton fehlt und die Nitratwerte daher durch Fremdeinflüsse verfälscht werden können. Außerdem hätten die Behörden in einigen Fällen über die Modellierung großflächige, rote gebiete ausgewiesen, in denen es gar keine Messstellen gibt – gewissermaßen als potenziell nitratbelastet im Sinne des vorsorgenden Grundwasserschutzes, schreibt das Wochenblatt weiter.
Und nicht zuletzt moniert der Gutachter, dass bei der Modellierung der Stickstoffsalden einige, die Landwirtschaft entlastende Punkte – wie die Austauschhäufigkeit des Bodenwassers und der Nitratabbau – nicht ausreichend berücksichtigt wurden.
Die Bauern der IG überlegen jetzt, ob, wie und wann sie den Klageweg beschreiten. Denkbar wäre u.a. ein Normenkontrollantrag gegen die einschlägige Landesverordnung.