Patente auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung können in Europa vollständig verboten werden. Das geht aus einem Urteil der Großen Beschwerdekammer hervor, dem höchsten rechtlichen Gremium des Europäischen Patentamtes (EPA).
Die Kammer entschied, dass Pflanzen und Tiere aus ‚im Wesentlichen biologischen‘ Züchtungsverfahren nicht patentierbar sind. Ausgenommen davon sind Patentanträge, die vor Juli 2017 eingereicht wurden, teilt das Netzwerk Keine Patente auf Saatgut! mit. Dies stimme mit der Auslegung des Patentrechtes überein, die 2017 von den Regierungen der 38 Mitgliedstaaten des EPA beschlossen wurde.
Keine Patente auf Saatgut! begrüßt dieses Urteil, fordert aber weitere politische Entscheidungen, um bestehende rechtliche Schlupflöcher zu schließen. Der Zugang zur biologischen Vielfalt, die für die Züchtung benötigt wird, darf nicht durch Patentinhaber kontrolliert, behindert oder blockiert werden.
„Seit mehr als zehn Jahren kämpfen wir gegen Patente wie z.B. auf Brokkoli und Tomaten, Paprika, Melonen und Getreide. Stellvertretend für große Teile der europäischen Öffentlichkeit, der Gärtnereien, der Landwirtschaft und der Verbraucher begrüßen wir dieses Urteil. Unsere Kenntnisse über Züchtungsverfahren wurden über Jahrhunderte von Landwirtschaft und Züchtung entwickelt, nicht aber von der Industrie erfunden. Konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere müssen auch in Zukunft für die weitere Züchtung verfügbar sein“, fordert Martha Mertens vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) e.V.
„Gentechnik ist grundlegend verschieden von den Methoden der konventionellen Züchtung“, erklärt Christoph Then für Keine Patente auf Saatgut! „Dieser Unterschied muss auch in eindeutigen Regeln und klaren Entscheidung des EPA zum Ausdruck kommen.“
Wie Patentrecherchen zeigten, seien hunderte von Patentanträgen auf konventionelle Züchtung anhängig. Jüngst wurden laut Then rund 100 neue Patentanträge identifiziert, in denen Patente auf Basilikum, Paprika, Cassava und Gerste sowie auf Rinder, Schafe und Schweine beansprucht werden. Würden konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere als ‚Erfindungen‘ patentiert, könnten sie ohne Erlaubnis der Patentinhaber nicht für die weitere Züchtung genutzt werden, mahnen die Gegner.