Der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen muss auch dann beendet werden, wenn dem Landwirt bei der Aussaat die Verunreinigung des Saatguts mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) nicht bekannt war. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden und damit einer Klage des Landes Hessen stattgegeben.
In dem vorliegenden Fall hatten Landwirte Rapssaatgut verwendet, das laut einer zuvor von ihnen veranlassten Untersuchung keine GVO-Verunreinigung aufwies. Nachdem später bei einer amtlichen Analyse einer weiteren Probe geringe Spuren gentechnisch veränderter Rapssamen festgestellt worden waren, hatte die zuständige Behörde in Hessen den Landwirten die weitere Aussaat und das Inverkehrbringen des Saatguts untersagt und die Vernichtung des Aufwuchses angeordnet. Die Landwirte hätten mit der Aussaat gegen das Gentechnikgesetz verstoßen, weil sie GVO ohne erforderliche Genehmigung freigesetzt hätten, lautet die Begründung. Die Anordnungen der Behörde waren demnach rechtmäßig.
Der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter (BDP) bezeichnete das Urteil als „herben Schlag für Züchter und Landwirte“. Der BDP forderte ebenso wie der Deutsche Bauernverband (DBV) eine praktikable technische Nachweisgrenze für gentechnisch veränderte Anteile im Saatgut. Von Gentechnik-Kritikern wurde die höchstrichterliche Entscheidung begrüßt.
Der Fall reicht zurück in das Jahr 2007. Damals waren bei einer amtlichen Analyse in Nordrhein-Westfalen Spuren von GVO in einer Partie Rapssaatgut gefunden worden. Das Saatgut war in mehreren Bundesländern ausgesät worden. Die zuständigen Behörden ordneten die Vernichtung des Aufwuchses an. Dagegen waren Landwirte in Hessen gerichtlich vorgegangen.
Zunächst hatte das Verwaltungsgericht in Kassel der Klage der Landwirte auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung zur Vernichtung abgewiesen. Später hatte jedoch der Kasseler Verwaltungsgerichtshof den Landwirten im Berufungsverfahren recht gegeben. Das Bundesverwaltungsgericht ist dieser Entscheidung nicht gefolgt und hat das Urteil des Verwaltungsgerichts wiederhergestellt.
Wie das Gericht in Leipzig ausführte, haben die Landwirte die GVO unter Verstoß gegen das Gentechnikgesetz freigesetzt. Das dafür erforderliche „gezielte Ausbringen in die Umwelt“ setzt nach Auffassung der Leipziger Richter nicht voraus, dass dem Landwirt die Verunreinigung des Saatguts bekannt ist. Die vom Gesetz zwingend vorgeschriebene Untersagung der ungenehmigten Freisetzung umfasse auch die Beseitigung des durch die Aussaat herbeigeführten gesetzwidrigen Zustands. (AgE)
vgl.:
Urteil zu GVO-Saatgut: Umbruchanweisung war rechtmäßig (29.2.2012)