Der Getreideplattkäfer lebt in enger Gemeinschaft mit symbiotischen Bakterien. Die Bakterien liefern wichtige Bausteine für die Bildung des Außenskeletts der Insekten, das sie vor Trockenheit und Feinden schützt.
Ein Team von Wissenschaftlern der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena und des National Institute of Advanced Industrial Science and Technology in Japan zeigt in einer neuen Studie, dass das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat die symbiotischen Bakterien des Getreidekäfers hemmt.
Käfer, die Glyphosat ausgesetzt sind, erhalten demnach von den Bakterien nicht mehr die benötigten Bausteine. Die Studie zeigt laut den Forschern damit, dass das Unkrautvernichtungsmittel indirekt, über ihre intrazellulären, bakteriellen Partner, auch Insekten schädigt und dadurch zu deren massenhaften Sterben beitragen dürfte.
Glyphosat verhindert Bildung von Bausteinen für das Außenskelett
"Ein Einfluss von Glyphosat auf Tiere über ihre essentiellen, bakteriellen Partner, die den Shikimat-Stoffwechselweg nutzen, oder sogar auf diesen spezialisiert sind, liegt im Prinzip nahe, sobald man die Interaktion beider Partner versteht", erklärt Tobias Engl, einer der Hauptautoren der Studie. So wurde auch bereits gezeigt, dass Glyphosat negative Auswirkungen auf Mikroorganismen im Darm von Honigbienen hat und die Bienen dadurch anfälliger für verschiedene Stressfaktoren sind.
Darüber hinaus ist die Bereitstellung der aromatischen Aminosäure Tyrosin für die Bildung des Außenskeletts (Kutikula) einer der Hauptvorteile von Symbiose-Bakterien für viele pflanzenfressenden Insektenarten. Diese Abhängigkeit von der Symbiose wiederum macht Insekten vermutlich besonders anfällig für den Einsatz von Glyphosat in der Landwirtschaft: Der Unkrautvernichter hemmt den Shikimatweg in den Symbiose-Bakterien und damit fehlen den Insekten wichtige Aminosäuren für die Bildung der Kutikula.
In der aktuellen Studie zeigen die Wissenschaftler nach eigener Aussage, dass Glyphosat einen negativen Einfluss auf den mikrobiellen Partner hat, den der Getreideplattkäfer Oryzaephilus surinamensis, ein wirtschaftlich wichtiger Schädling von gelagerten Getreideprodukten, beherbergt. Werden diese Käfer dem Unkrautvernichter Glyphosat ausgesetzt, hob dies den Nutzen der Symbiose für die Bildung der Kutikula, die für Insekten als regelrechter Panzer den primären Schutz gegen Stress, wie Trockenheit und Befall mit Schaderregern darstellt, nahezu völlig auf.
"Da wir beobachten konnten, wie Glyphosat die symbiotische Gemeinschaft schädigt, fragten wir uns, ob Glyphosat auch für andere Insekten, die auf ihre mikrobiellen Partner angewiesen sind, eine generelle Gefahr darstellt", meint Tobias Engl. Mithilfe von stammesgeschichtlichen Analysen zeigten die Autoren, dass die Shikimat-Stoffwechselwege vieler unentbehrlicher Symbiose-Bakterien, die mit sehr unterschiedlichen Wirtsinsekten vergesellschaftet sind, ein Glyphosat-empfindliches Enzym enthalten. Diese Entdeckung legt nahe, dass die Glyphosat-Anfälligkeit ihrer mikrobieller Symbiose-Partner eine Achillesferse von Insekten ist.