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Gemeinsames Verständnis

Hessen schließt Kooperationsvereinbarung Landwirtschaft und Naturschutz

30 % weniger Pflanzenschutz, 25 % Ökoanbaufläche, ein Biotopverbund und ein freiwilliger 10 m Uferrandstreifen: Darauf haben sich Bauern, Umweltschützer, Landjugend und Politik in Hessen verständigt.

Lesezeit: 7 Minuten

Gemeinsam den Verlust der Artenvielfalt und die zunehmende Belastung der natürlichen Ressourcen stoppen wollen das Land Hessen, Bauern und Umweltschützer. Für die Erhaltung und die Wiederherstellung vielfältiger Landschaften und Lebensräume haben sie jetzt ein gemeinsames Papier unterzeichnet, bei dem sich jede Seite wiederfindet. Die Landesregierung stellt dazu zusätzlich rund 15 Mio. € für Naturschutzleistungen der Landwirte bereit.

Der zuvor geschaffene Runde Tisch soll auch zukünftig zusammenarbeiten, um eine positive Entwicklung von Naturschutz gemeinsam mit der Landwirtschaft in Hessen voranzubringen, erklärte Agrarministerin Priska Hinz.

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Insektenschutz, Biotopvernetzung und Reduktion von Pflanzenschutzmitteln

Das Land wird eine Strategie zur weiteren Verringerung der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln erarbeiten, die auch ein Monitoring beinhalten wird. Die Beteiligten am Runden Tisch streben eine weitere Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln bis zum Jahr 2030 um 30 % der Menge an.

Durch den hohen Anteil an ökologisch bewirtschafteter Fläche von 16 % ist Hessen bereits auf einem sehr guten Weg bei der Reduzierung. Ziel ist, bis 2025 den Anteil an Ökoanbaufläche auf 25 % zu steigern. Bis 2028 soll darüber hinaus ein landesweiter Biotopverbund geschaffen werden, der auch 15 % der Fläche des Offenlandes (Gebiete, die nicht zum Siedlungsraum oder Wald zählen) umfasst. Zur Erreichung des 15 Prozent-Ziels im Offenland müssen jedoch weitere Landschaftselemente einbezogen und für den Biotopverbund aufgewertet werden. Dafür kommen Gewässerrandstreifen, Wegraine, Hecken und Baumreihen in Betracht, die jedoch dauerhaft ökologisch aufgewertet werden müssen.

Gewässerrandstreifen

Um der natürlichen Entwicklung von Gewässern in Hessen noch mehr Raum zu geben, soll langfristig auf 10 m rechts und links entlang von Bächen und Flüssen auf freiwilliger Basis keine landwirtschaftliche Nutzung mehr stattfinden. 5 Mio. € jährlich wird das Land langfristig bereitstellen, um dafür auch Flächen ankaufen zu können. Pro Jahr sollen an 1.000 km Gewässerstrecke die landwirtschaftlichen Nutzflächen zur Gewässerentwicklung bereitgestellt werden durch z.B. freiwilligen Flächentausch oder durch die Förderung von Gewässerrandstreifen.

Anliegen der Landwirtschaft berücksichtigt

Mit berücksichtigt ist in der Vereinbarung nun auch der Fakt, dass die Landwirte unter einem enormen Preisdruck des Handels stehen und darunter leiden, dass Konsumenten nicht bereit sind, für hochwertige Lebensmittel und die gesellschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft angemessene Preise zu zahlen.

Im Vorwort der Vereinbarung heißt es weiter: ”Das führt zwangsläufig dazu, dass Landwirte in dem Bestreben am gesellschaftlichen Wohlstand in gleicher Weise teilzuhaben, auf der verfügbaren Fläche immer kostengünstiger erzeugen müssen, um am Markt bestehen zu können. Die Verantwortung dafür trägt die gesamte Gesellschaft. (...) Wir wollen gemeinsam auf Augenhöhe und im wechselseitigen Respekt diese Herausforderung annehmen.”

Und weiter stellen die Unterzeichner fest: ”Die Landwirtschaft erkennt an, dass sie einen großen Teil der hessischen Landesfläche bewirtschaftet und deswegen ihre Mitwirkung beim Schutz von Biodiversität, Gewässergüte und Klima entscheidend für den Erfolg ist. Alle Beteiligten am Runden Tisch wollen dem hohen Erwartungsniveau gerecht werden und verstehen die Vereinbarung als klares Bekenntnis zur Zukunft des Landwirtschaftsstandortes Hessen mit wirtschaftlich tragfähigen Betrieben.”

Der Naturschutz seinerseits erkennt an, dass die als notwendig erkannten Maßnahmen nicht auf Kosten des Einkommens und der Zukunft landwirtschaftlicher Familienbetriebe gehen dürfen. Die Beteiligten am Runden Tisch seien sich der Tatsache bewusst, dass wesentliche Rahmen-bedingungen für ökologische und wirtschaftliche Entwicklung durch die Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) für die Jahre 2023 bis 2027 be-stimmt werden.

Die Unterzeichner

Land Hessen, vertreten durch den Ministerpräsidenten Volker Bouffier und die Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Priska Hinz,

  • BUND Landesverband Hessen e.V.,
  • Hessischer Bauernverband e.V.,
  • HGON - Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V.,
  • Hessische Landjugend e.V.,
  • LSV - Land schafft Verbindung Hessen e.V.,
  • NABU Landesverband Hessen e.V.
  • VÖL - Vereinigung Ökologischer Landbau in Hessen e. V

Finanzierung: Insgesamt wird das Land Hessen zusätzliche 15 Mio. € jährlich in die Hand nehmen, um den Naturschutz in der Landwirtschaft zu stärken. Allein für Verträge mit der Landwirtschaft werden daraus 7 Mio. € 2022, 10 Mio. € 2023 und 13 Mio. € 2024 bereitgestellt.

Bewertung der Bauernvertreter

HBV, LsV und Landjugend bewerteten die Kooperationsvereinbarung positiv und wegweisend. „Das nach intensiven Verhandlungen zustande gekommene Ergebnis kann sich sehen lassen, auch wenn der Landwirtschaft viel abverlangt wird. Kooperation, Freiwilligkeit und Leistungshonorierung sind als zentrale Elemente der Vereinbarung der Schlüssel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit von Landwirten und Naturschützern“, so die übereinstimmende Meinung von HBV-Präsident Karsten Schmal, HLJ-Agrarsprecher Torben Eppstein und LSV-Vorsitzender Tobias Wagner nach der Unterzeichnung.

Laut Karsten Schmal, Präsident des Hessischen Bauernverbandes, bietet die Kooperationsvereinbarung die Chance, Biodiversität, Insektenschutz und Gewässergüte in Kooperation mit den landwirtschaftlichen Betrieben zu verbessern.

”Wir sind von dem kooperativen Ansatz der Vereinbarung im Gegensatz zu ordnungsrechtlichen Maßnahmen überzeugt. Sie ist ein logischer und notwendiger Schritt, die von den hessischen Landwirten erbrachten Leistungen zum Schutz der natürlichen Ressourcen adäquat zu honorieren. Wir verstehen die Vereinbarung als klares Bekenntnis zum Zukunfts- und Landwirtschaftsstandort Hessen mit wirtschaftlich tragfähigen Betrieben.“

Tobias Wagner, Erster Vorsitzender von Land schafft Verbindung Hessen ergänzt: „Der Leitspruch unserer Basisbewegung ist immer ‚Redet mit uns, nicht über uns‘. Der Runde Tisch war der Ort und die Kooperationsvereinbarung ist das Ergebnis dieser Gespräche und unserem Bestreben, dass Natur- und Artenschutz nur mit den hessischen Landwirten und nicht auf Kosten der landwirtschaftlichen Betriebe funktionieren kann. Wichtig war es für uns auf Zielkonflikte zwischen Naturschutz und regionaler Lebensmittelproduktion hinzuweisen und zusammen mit den beteiligten Naturschutzverbänden und dem Hessischen Umweltministerium diese abzuwägen und zu Lösungsansätzen zu kommen, die auch immer wieder überprüft und nachgehalten werden. Die hessischen Landwirte haben ein hohes Engagement für die Natur als ihre Lebensgrundlage und können als Fachleute Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität für die Gesamtgesellschaft umsetzen, nur eben nicht zum Nulltarif.“

Vorausgegangen waren mehrtägige Protestaktionen vieler Bäuerinnen und Bauern im Februar in Wiesbaden. Die von HBV, HLJ und LSV organisierten öffentlichkeitswirksamen Aktionen standen unter der Überschrift „Insekten- und Gewässerschutz MIT der Landwirtschaft – Kooperation statt Verbote“. Diesem Ziel sind die Vertragspartner, das Land Hessen, Landwirtschafts- und Naturschutzverbände mit der jetzt geschlossenen Kooperationsvereinbarung einen großen Schritt nähergekommen, stellt der Bauernverband fest. In vielen mehrstündigen Beratungen und Diskussionen haben alle Beteiligten des Runden Tisches Insekten- und Gewässerschutz auf Augenhöhe, respektvoll, konstruktiv und nicht zuletzt kompromissbereit zusammengearbeitet.

So sei es gelungen, im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben kooperative und möglichst auf Freiwilligkeit beruhende Vereinbarungen für mehr Natur-, Umwelt- und Klimaschutz in der Agrarlandschaft zu treffen.

Umfangreicher Maßnahmenkatalog, faktenbasierte Entscheidungen

HBV, HLJ und LSV begrüßten, dass diese Kooperationsvereinbarung langfristig angelegt ist, denn kurzfristige Erfolge, insbesondere im Gewässerschutz, seien nicht zu erwarten. Alle Beteiligten benötigten einen langen Atem. Erfreulich sei darüber hinaus, dass beispielsweise der Insektenschutz als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen werde. Außerdem soll die Verbesserung der Gewässergüte gemeinsam angegangen werden.

Ab 2022 soll beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) ein Fachgebiet Biodiversitätsberatung und ein paritätisch besetzter Fachausschuss Biodiversität beim Kuratorium für das landwirtschaftliche und gartenbauliche Beratungswesen in Hessen eingerichtet werden. Des Weiteren geht es um den Ausbau des Vertragsnaturschutzes und die Einrichtung weiterer Landschaftspflegeverbände, die bislang schon in vielen hessischen Landkreisen existieren.

Schließlich ist es den Vertragspartnern besonders wichtig, dass alle eingeleiteten Maßnahmen auf faktenbasierten Entscheidungen und wissenschaftlicher Grundlage beruhen und einer Erfolgskontrolle unterzogen werden, die es ermöglicht, Nachjustierungen vorzunehmen.

Leistungen sollen honoriert werden

Die von den Landwirten zu erbringenden freiwilligen Leistungen zum Schutz der natürlichen Ressourcen sollen laut Kooperationsvereinbarung durch Fördermittel des Landes Hessen honoriert werden. Aus Sicht der Landwirtschaft ist das eine unabdingbare Voraussetzung, denn Umwelt- und Naturschutzleistungen können nicht zum Nulltarif erfolgen. Der geplanten Reduzierung des Einsatzes von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln bis 2030 um 30 % sollen ein Monitoring und eine Machbarkeitsstudie vorausgehen.

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