Die Rübenvergilbung hat sich dieses Jahr gerade in den südlichen Anbaugebieten Deutschlands noch weiter ausgebreitet. „Aus der Landwirtschaft liegen unserem Ministerium Besorgnis erregende Schilderungen zum Befall der Zuckerrübenkulturen in bestimmten Regionen vor", erklärt das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) auf Anfrage von top agrar. „Die zuständigen Fachbehörden der Länder haben Daten zum Befall der Kulturen mit Virus-übertragenden Läusen und dem daraus resultierenden Virusbefall (Vergilbungsvirus) geliefert. Es gibt zudem Meldungen über immense Schäden an den Rüben, die auf hohe Verluste hindeuten", so das BMEL weiter.
Doch während viele EU-Mitgliedsstaaten bereits Notfallzulassungen für neonicotinoide Saatgutbeizen erteilt haben, ist diese für Deutschland nicht beschlossen. Laut BMEL liegen die Notfallzulassungsanträge für Neonic’s zur Saatgutbehandlung von Rüben im nächsten Jahr beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL).
Rübensaatgut schon in Produktion
Die Rübenzüchter produzieren bereits seit mehreren Wochen Saatgut, wie z.B. der Züchter Strube auf unsere Anfrage hin antwortet. Bereits für Ende November seien auf dem deutschen Markt erste Auslieferungen geplant. „Das Produktionsende für frühbestelltes Saatgut wird im Dezember sein“, erklärt dazu Maja Schwach, Referentin für Kommunikation und Marketing bei Strube. Der größere Teil des Saatguts sei frühbestellt und befinde sich zurzeit im finalen Produktionsschritt. Die Produktion für nachbestelltes Saatgut laufe hingegen bis in den Februar 2021. Der Züchter hofft deshalb, dass die Notfallzulassung so schnell wie möglich erfolgt – nur so könne man die Landwirte zur nächsten Aussaat gegebenenfalls mit Neonic-gebeiztem Saatgut beliefern.
Müssen Anbauer auf Neonic-gebeiztes Rübensaatgut verzichten?
Für eine mögliche Beizung mit Neonic‘s hat sich die Produktionsabteilung bei Strube bereits vorbereitet: Man könne relativ schnell mit der Produktion von gebeiztem Saatgut beginnen. Dabei hilft jeder Tag, an dem die Notfallzulassung eher bewilligt wird. Denn je mehr Zeit verstreicht, desto größer ist die Gefahr, dass Züchter das Saatgut für 2021 nicht mehr mit der gewünschten Beizung ausstatten können. „Dann müssten die Zuckerrübenanbauer wie bereits im Vorjahr auf neonicotinoid-gebeiztes Saatgut verzichten“, sagt Schwach. Die Folgen wären wiederholte Pflanzenschutzmaßnahmen über das Blatt, um den Bestand gesund zu erhalten und einen Minderertrag zu vermeiden. Ohne eine Notfallzulassung würde der deutsche Zuckerrübenanbau zudem gegenüber den europäischen Nachbarstaaten weiter benachteiligt.
Wer entscheidet über die Neonic-Notfallzulassung?
Wie es jetzt weiter geht, erklärt das BMEL:
- Die angesprochenen Befallsdaten werden vom Julius Kühn-Institut (JKI) analysiert, um ähnlich wie in den anderen Mitgliedstaaten zu prüfen, ob eine Notfallsituation vorliegt.
- Das BVL prüft auf dieser Basis dann die Notfallzulassungsanträge.
Man stehe mit den zuständigen Stellen in den betroffenen Ländern in Kontakt, so das BMEL weiter. Eine Entscheidung habe das BVL bislang nicht getroffen. Denn bei der Prüfung der Anträge spiele die Sicherheit der Bestäuber eine gewichtige Rolle.