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SH: Nährstoffbericht empfiehlt Hoftorbilanz und Wachstumsstopp für einige Höfe

Still und heimlich hat das Agrarministerium von Schleswig-Holstein am 29. Dezember den Nährstoffbericht des Landes veröffentlicht. Hintergrund sind die zum Teil deutlich steigenden Nitratgehalte in den Gemüsebauregionen und der norddeutschen Tiefebene, die durch Tierhaltung und Biogaserzeugung geprägt sind.

Lesezeit: 8 Minuten

Still und heimlich hat das Agrarministerium von Schleswig-Holstein am 29. Dezember den Nährstoffbericht des Landes veröffentlicht. Hintergrund sind die zum Teil deutlich steigenden Nitratgehalte in den Gemüsebauregionen und unter den Sanderflächen der norddeutschen Tiefebene, die durch Tierhaltung und Biogaserzeugung geprägt sind. Dadurch verschlechtere sich das oberflächennahe Grundwasser zusehends. Erstellt haben den Bericht die Kieler Wissenschaftler F. Taube, C. Henning, E. Albrecht, T. Reinsch und C. Kluß.


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Anlass zum Handeln gibt laut dem Nährstoffbericht das bestehende Verschlechterungsverbot gemäß Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Basis sind die ausgewiesenen sensiblen Gebiete, die das Land nach der ersten Monitoringphase festgelegt hatte. Dabei falle auf, dass seit 2005 keine Verbesserung der Situation zu beobachten sei. Alle Messstellen zeigten gleichbleibend hohe oder tendenziell steigende Werte für Nitrat im oberflächennahen Grundwasser. Kurz gesagt: Die Gesamtsituation für das Grundwasser habe sich in Schleswig-Holstein im letzten Jahrzehnt nicht zum Besseren verändert.

 

Ausdrücklich genannt werden im Bericht die Höfe im Bereich der Vorgeest und der hohen Geest. Der Nitratüberschuss in den übrigen Ackerbauregionen habe sich dagegen zwar deutlich gebessert, nach wie vor gebe es aber große Probleme mit der Belastung von Fließgewässern, die maßgeblich durch Dränagen von landwirtschaftlichen Flächen gespeist werden, heißt es. Unbefriedigend sei darüber hinaus die Situation an der Ostseeküste.


„Hoftorbilanz muss ab 2018 verpflichtend werden“


Die Autoren kommen hierbei zu dem Schluss, dass trotz Nährstoffvergleich, den die Landwirte ausfüllen müssen, eine valide Datenbasis zu den Stickstoff- und Phosphatsalden repräsentativer Betriebe im Land fehlt. Das sei aber nötig, damit die politischen Stellen richtige Entscheidungen treffen könnten.


Die im Bericht dargestellte Bandbreite der N-Salden von durchschnittlich + 51 kg N/ha nach Bach (2014) auf Basis von kalkulierten Nettoflächensalden, die eine scheinbare „gute fachliche Praxis der Düngung“ im Lande suggerieren und + 118 kg/ha nach Henning/Taube auf Basis von Bruttosalden, die die potentiell negativen Umwelt-Effekte abbilden, machten dies überdeutlich. Diese Unsicherheiten untermauerten die Forderungen verschiedener wissenschaftlicher Beiräte, das Düngerecht zu ändern und im Rahmen der Novellierung der DüngeVO die Hoftorbilanz verpflichtend ab 2018 einzuführen.


Laut den Autoren des Berichts kann nur die Hoftorbilanz die Nährstoffsituation und Nährstoffeffizienz des Gesamtbetriebes valide abbilden. Die Flächenbilanz diene darüber hinaus lediglich zur Überprüfung der Düngeplanung. Alle Vergleiche zwischen aggregierten Flächenbilanzen und Hoftorbilanzen würden insbesondere für Futterbaubetriebe eine systematische Abweichung ausweisen, die darin begründet ist, dass mit der Flächenbilanz zwar die potentiell geernteten Erträge auf der Fläche erfasst sind, nicht jedoch die Nährstoffverluste, die bis zur Verwertung durch das Tier auftreten. Die Größenordnung der methodisch bedingten Differenz der resultierenden Erträge bez. N-Salden soll angeblich eine Größenordnung von bis zu 30 % einnehmen.


Als Alternative zur Hoftorbilanz empfehlen die Kieler Wissenschaftler, von den ca. 13.000 Höfen im Land ein Testbetriebsnetz von 100 bis 200 Betrieben anzustreben, das die standörtliche als auch strukturelle Vielfalt widerspiegelt.


Aktuelle Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Novellierung der DüV


Die Arbeitsgruppe von Bund und Ländern stellt fest, dass das derzeitige Bilanzierungsverfahren der Feld-Stall-Bilanz insbesondere in Futterbaubetrieben erhebliche Schwächen aufweist, da die Ertragsermittlung auf den meisten Betrieben nicht seriös durchführbar ist. In der Konsequenz führt dies häufig zu einer Überschätzung der Erträge und damit der N- und P-Entzüge und mithin zu einer Unterschätzung der Nährstoffüberschüsse.

 

Die Arbeitsgruppe schlägt deshalb optional entweder die Wiedereinführung der Hoftorbilanz oder als Alternativoption eine um die „Grundfutteraufnahme plausibilisierte Flächenbilanz“ vor, um die geringe Aussagefähigkeit der bisherigen Flächenbilanzen zu verbessern. Der maximal tolerierbare N-Saldo soll weiterhin +60 kg/ha betragen, die Koeffizienten für die Berechnung des N-Saldos werden angepasst. Eine Begrenzung des Mineraldüngereinsatzes wie in Dänemark oder in den Niederlanden wird abgelehnt.

 

Die maximal erlaubten Phosphatsalden werden dahingehend modifiziert, dass in der Bodenversorgungsstufe „C“ ein maximaler Saldo von +20 kg/ha erlaubt sein wird, während für Flächen, die die durchschnittlichen Versorgungsstufe „D“ oder „E“ aufweisen, ein ausgeglichener Saldo zu dokumentieren ist.


Gülle-Lagerung muss 9 Monate möglich sein


Die Sperrfristen für die Gülleapplikation werden ausgedehnt, heißt es in der Empfehlung weiter. So sollten Gülleapplikationen auf Ackerland nach der Ernte der Hauptfrucht im Spätsommer/Herbst nur noch zu den Kulturen Raps (bis 30.9.), etablierten Zwischenfrüchten (bis 15.9.) und etablierten Feldgrasbeständen (bis 1.10.) erlaubt sein. De facto bedeutet dies für den Großteil der Milchvieh-/Futterbaubetriebe die Notwendigkeit, Güllelagerkapazitäten in der Größenordnung von bis zu 9 Monaten (statt bisher 6 Monate n) vorzuhalten, insbesondere für solche Betriebe, die relativ wenig Grünland und viel Ackerland (Mais) aufweisen (die Sperrfristen für Grünland bleiben unberührt).

 

Die Verlustkoeffizienten bei Weidehaltung werden auf das Niveau von Gülle verringert. Eine zentrale Veränderung betrifft insbesondere die spezialisierten Milchvieh-/Futterbau-/Biogasbetriebe, da Gärreste aus der Biogaserzeugung sowie Komposte und Klärschlämme künftig wie organische Dünger zu behandeln sind. Bei Neubauten von Gülle-/Gärrestlagerkapazitäten sind die oben angeführten notwendigen Lagerkapazitäten zu berücksichtigen. Für die Optimierung der Gülleapplikationstechnik (Injektion, Schleppschuh, Schleppschlauch) werden Übergangsfristen bis zum Jahr 2020 (Acker) bzw. 2025 (Grünland) vorgeschlagen. 


Gärreste


Nach den Vorschlägen der BLAG zur Novellierung der Düngeverordnung müssen auch die Gärreste als Wirtschaftsdünger mit angerechnet werden. Da der Stickstoff aus der Gülle schon vollständig bei den GVE angerechnet wurde, muss bei der Berechnung des zusätzlichen N- Anfalls aus Gärresten der Gülle–N–Anteil abgezogen werden. Der zusätzliche N-Anfall ergibt sich folglich aus den Stickstoffgehalten der eingesetzten Substrate (außer Gülle).

 

Der Stickstoff verbleibt bei der Vergärung bis auf vernachlässigbare Ammoniak-Verluste in den Substraten, daher wurde konservativ geschätzt ein Verlustkoeffizient von 5 % für die Lagerung von Gärresten angesetzt. Die durchschnittliche Ration der Biogasanlagen besteht aus 43 % Gülle, 49 % nachwachsenden Rohstoffen, 7 % Bioabfall und 1% industriellen und landwirtschaftlichen Reststoffen. Die Biogasausbeuten der verschiedenen Substrate wurden entsprechend der Angaben des KTBL kalkuliert. Als nachwachsende Rohstoffe werden in Schleswig Holstein etwa 95 % Mais, 3,1 % Getreide-Ganzpflanzensilage und 1,9 % Grassilage eingesetzt.


Stickstoff-Flächenbilanz-Salden 2010 auf Kreisebene (nach DüV, 2006) nach Bach (links) und Henning/Taube (rechts)


Stickstoff-Flächenbilanz-Salden 2010 auf Naturraumebene nach Henning/Taube (Aufteilung der Gärrestmenge analog zu Taube 2013 mit Viehbestand und Ernte nach Statistikamt Nord (2011, 2013, 2014) und installierter elektrischen Leistung aus Biomasse auf Naturraumebene nach TenneT (2014))


Konsequenzen für die Betriebe


Die Kalkulationen zu den Auswirkungen einer erwarteten Ausgestaltung der novellierten DüV zeigen, dass in den Zentren der Milchvieh- und Biogaserzeugung in Schleswig-Holstein auf der Geest eine Modifikation der Wachstumsstrategien der Betriebe notwendig werden dürfte, wenn nicht sogar die weitere Ausweitung der Milchproduktion in diesen Regionen in Frage zu stellen ist.

 

Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive sind steigende Kosten für Güllelagerkapazitäten und Gülletransporte zu kalkulieren. Aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive stellt sich mit der Novellierung der DüV noch deutlicher als bisher die Frage nach den Vor- und Nachteilen dieser Allokationseffekte, aber auch die Frage nach der Akzeptanz der zunehmenden Konzentration in der Tierhaltung und den damit verbundenen zusätzlichen Transporten von Gülle und Gärresten über weitere St recken. Aus Sicht des Gewässerschutzes sind diese Limitierungen notwendig, da insbesondere die sandigen Böden in Norddeutschland die deutlichsten Probleme im Hinblick auf die Erfüllung der EU-Wasserrahmenrichtlinie aufzeigen, heißt es im Nährstoffbericht.


Stickstoff-Anfall organischer Dünger (ohne Ausbringverluste) nach aktueller DüV (links) sowie nach Vorschlägen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe (BLAG) zur Novellierung der DüV (rechts)


Zusammenfassung


Da insbesondere in den norddeutschen Veredlungs- und Milcherzeugungsregionen eine enge räumliche Verknüpfung zwischen der Tierhaltung und der Biogaserzeugung gegeben ist, wurden auf der Datenbasis des Bundeslandes Schleswig-Holstein die zu erwartenden Effekte entsprechend der Vorschläge der BLAG auf den Anfall organischer N-Dünger auf Landes- und Kreisebene kalkuliert.

 

Die zusätzliche Anrechnung der oben aufgeführten organischen N-Dünger erhöht den landesweiten N-Anfall aus organischen Düngern (N-Ausscheidungen abzüglich Stall- und Lagerverluste) um 25 kg N/ha auf 110 kg N/ha effektiv verfügbarer landwirtschaftlicher Nutzfläche (LN). Die effektiv verfügbare LN ergibt sich aus der LN abzüglich der Flächen, die z.B. aufgrund von Agrarumweltmaßnahmen nicht für die Applikation organischer Dünger genutzt werden können.

 

Unter Berücksichtigung der maximal zu applizierenden organischen Düngung in Höhe von 170 kg N/ha zeigen die Ergebnisse, dass in einigen Landkreisen mit gleichzeitig intensiver Tierhaltung und Biogaserzeugung die Flächenverfügbarkeit zur Ausbringung organischer N-Dünger limitiert ist.

 

Vorausgesetzt, die gesamte effektiv verfügbare LN eines jeden Landkreises stünde für die Applikation von 170 kg N/ha aus organischen Düngern zur Verfügung, würden die Flächen in allen Landkreisen ausreichen, um die Vorgaben einer novellierten DüV zu erfüllen.

 

Bereits bei einer Einschränkung der effektiven Flächenverfügbarkeit um 10 % sind jedoch Exporte aus einzelnen Landkreisen erforderlich. Bei einer derzeit angenommenen realistischen Flächenverfügbarkeit von 80% der effektiven LN für die Applikation organischer Dünger müssen bereits Gülle und Gärreste in einem Umfang von ca. 1.000.000 Tonnen Frischmasse über Kreisgrenzen hinweg exportiert werden, was zu LKW-Transportkosten von mehr als 5 Millionen Euro und transportbedingten zusätzlichen CO 2 -Emissionen von über 2.600 Tonnen CO 2 führen würde. Die daraus resultierenden Anpassungsstrategien werden diskutiert.


Weitere Grafiken


Flächenbilanz Phosphat (kg P2O5/ha) für die Kreise in Schleswig-Holsteins


Potentielle Ammoniakemissionen (links), abgeleitet aus der Differenz von Brutto- und Nettosaldo, und Brutto-N-Flächenbilanz salden (rechts) der Landkreise in Schleswig-Holstein nach Henning et al.


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