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topplus Rehwinkel-Symposium

Landwirtschaft im Krisengewitter – Wie stellt sich die Branche besser auf?

Krisen und Marktschocks ohne Ende. Die deutschen Landwirte müssen immer öfter mit Verwerfungen klarkommen. Was das mit den Betrieben und Bauern macht, wurde beim Rehwinkel-Symposium 2024 beleuchtet.

Lesezeit: 5 Minuten

Ob Covid-19, der Ukraine-Krieg, ob „Jahrhundertdürren“ oder Marktverwerfungen: Krisen geben sich seit Jahren die Klinke in die Hand und auch die deutsche Landwirtschaft ist massiv davon betroffen. Klar ist: Die Landwirte müssen sich und ihre Betriebe krisenfester aufstellen, also resilienter werden. Die schwierigere Frage ist das „Wie“. Eine endgültige Antwort darauf ließ sich auf dem diesjährigen Symposium der Rehwinkel-Stiftung nicht finden. Allerdings zeigten von der Stiftung geförderten und auf der Konferenz vorgestellten Studien den Handlungsdruck auf. Ideen zur Anpassung sind gefragt.

Schocks kommen immer öfter

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Wie die Analyse von Dr. Heiko Hansen vom Thünen-Institut für Betriebswirtschaft belegt, kommen die Einschläge nämlich immer öfter. Er und seine Kollegin Eva-Charlotte Weber haben die Buchführungsergebnisse von knapp 1.300 Haupterwerbsbetrieben aus den letzten 20 Jahren untersucht. Dabei zeigte sich, dass Marktstörungen, politische Krisen und Wetterextreme in der zweiten Dekade deutlich zugenommen haben. Gleichzeitig nahm die Erholungsfähigkeit der Agrarunternehmen tendenziell ab, was angesichts der Häufigkeit der Schocks nicht wundert.

Veredlungsbetriebe sind laut den Thünen-Wissenschaftlern am häufigsten von Einkommensschocks betroffen, erholen sich aber auch relativ schnell wieder. Ackerbau- und Milchviehbetriebe tun sich demnach schwerer, aus dem Tal herauszukommen. Mit der Betriebsgröße hat dies laut den Studienergebnissen aber wenig zu tun. Was noch festzuhalten bleibt: Zwei Drittel der Unternehmen erholen sich weder kurz- noch mittelfristig von einem Einbruch der landwirtschaftlichen Einkommen. Das dürfte neben dem Alter des Betriebsleiters ebenfalls einer der Motoren des Strukturwandels sein.

Krisen lassen Viehbestände schrumpfen

Auf die (pflanzliche) Produktivität des Agrarsektors wirkt sich das kaum aus, denn die bei Hofaufgaben freiwerdenden Flächen werden schließlich in der Regel von anderen weiterbewirtschaftet. Das ist auch eine Erkenntnis aus der Studie „Resilienz durch Wandel!“ des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO). Hier hat ein Forscherteam um Prof. Alfons Balmann und Dr. Franziska Appel in Simulationen untersucht, wie sich Stresszenarien wie zeitweise und dauerhaft höhere Kosten auf die Landwirtschaft im Emsland und in der Altmark auswirken.

Kurzfristig kam die Altmark dabei vergleichsweise schlecht weg, da der höhere Anteil an Ackerbau und Pachtflächen sowie Fremd-AK hier zu höheren Gewinneinbrüchen führt. Auf lange Sicht dreht sich das Bild jedoch, da selbst kurzfristige Kostenschocks im Emsland stark zu Buche schlagen und dort zu einer 25-prozentigen Verringerung der Viehdichte führen würden. Verstetigen sich die höheren Kosten, geht die Simulation hier sogar von einer Halbierung des Viehbestands aus.

Unterm Strich sehen Balmann und Appel eine Schrumpfung der Betriebszahlen, gleichzeitig aber eine strukturelle Stärkung der verbleibenden Betriebe. Die würden nach ihrer Einschätzung letztlich sogar vom verringerten Wettbewerb und Skaleneffekten profitieren. Die IAMO-Wissenschaftler machen hier auch ihre Kritik an der Agrarpolitik fest. Denn die konzentriere sich überwiegend auf die Konservierung bestehender Strukturen, statt den Sektor beispielsweise in seiner Anpassungsfähigkeit zu stärken.

Agroforstsysteme mit Tücken

Diversifizierung ist eine Form von Anpassung. Ob neue Geschäftsfelder wie beispielsweise Agroforstsysteme dazu beitragen können, war Thema der Arbeit von Prof. Ulrike Grote, Leibniz Universität Hannover. Sie und ihre Kolleginnen Robyn Blake-Rath und Ronja Seegers haben dazu eine Umfrage unter Landwirten durchgeführt. Die offenbart allerdings einige Hemmschuhe: Die Bauern sehen zwar durchaus Vorteile in der Anlage von Agroforstsystemen, etwa die dadurch realisierten Ökosystemleistungen oder die Schaffung eines neuen wirtschaftlichen Standbeins.

Die Anlage auf Pachtflächen ist für viele Landwirte allerdings ein erhebliches Problem, zudem sprechen aus ihrer Sicht die hohen Investitionskosten und langen Amortisationszeiten eher gegen solche Vorhaben. Für die Wissenschaftlerinnen aus Hannover hat das auch mit den politischen Rahmenbedingungen zu tun. Sie sprechen sich deshalb für höhere Fördermittel, aber auch bessere Beratungsangebote aus. Zudem müssten die Märkte für agroforstliche Erzeugnisse entwickelt werden.

Farm to Fork macht Agrarsystem nicht stabiler

Kann der agrarpolitische Rahmen in Form der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) oder der Farm to Fork-Strategie (F2F) eigentlich dazu beitragen, die Landwirtschaft in Krisen robuster aufzustellen? Nach Einschätzung von Dr. Kirsten Boysen-Urban von der Universität Hohenheim gilt das zumindest für die GAP. In ihrer Modellierung stabilisiert die GAP die landwirtschaftlichen Einkommen auch in Krisenzeiten. Zugleich verringert die europäische Agrarpolitik für Verbraucher das Risiko von Preissteigerungen.

Anders die Farm to Fork-Strategie: Hier rechnet Boysen-Urban wegen des Fokus der F2F auf Natur- und Umweltschutz zu Lasten der herkömmlichen landwirtschaftlichen Produktion sowohl einer sinkenden Agrarproduktion als auch höheren Verbraucherpreisen. Interessanterweise können sowohl die GAP als auch die F2F die deutschen Landwirte in vielen Szenarien vor sinkenden Erzeugerpreisen schützen.

Agrarjugend verunsichert

Also alles gut für die Zukunft der Landwirtschaft? Das muss die nachfolgende Generation entscheiden. Und hier gibt es leider viele Vorbehalte, wie eine Fallstudie von Dr. Cornelia Steinhäuser von der Universität Münster zeigt. In einer Umfrage beklagen angehende Landwirte oft die geringe Anerkennung des Berufsstands in der Gesellschaft und auch eine Politik, die keinen klaren Weg aufzeigt und oft zu langsam agiert. Auch fehlende Planungssicherheit, Bürokratie und fehlende Zukunftssicherheit werden oft genannt, wenn es um die Sorgen geht, die sich Junglandwirte mit Blick auf ihren Beruf machen.

Einer davon ist Felix Verenkotte von der Fachschule für Agrarwirtschaft Münster-Wolbeck. Seine Familie betreibt im Nebenberuf Bullenmast. Er wünscht sich von der Politik Rahmenbedingungen, die auch kleineren Agrarbetrieben eine Chance geben, beispielsweise durch eine stärkere Berücksichtigung der ökologischer und sozialer Nachhaltigkeitsaspekte in der Zweiten Säule der GAP.

Lars Puckert sieht das genauso. Er kann die aus seiner Sicht immer noch hohen Direktzahlungen der Ersten Säule nicht nachvollziehen, da hierdurch automatisch mehr Geld in Richtung flächenstarke Betriebe fließt. Deshalb müsse mehr Geld in die Zweite Säule verschoben werden, fordert der Junglandwirt. Nachgesteuert werden muss ihm zufolge auch bei den Ökoregelungen, die aktuell zu starr seien. Nötigen wären hier regional angepasste Angebote – auch, um die Resilienz der Betriebe zu stärken, so Puckert.

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