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Jahrelanges Ringen

Tierhaltungsgegner jubeln - Gericht stoppt Hähnchenmast-Stall in Eschelbach

2019 hatte Familie Höckmeier aus Eschelbach den genehmigten Hähnchenstall fertig errichtet und wollte aufstallen. Dann kam die juristische Keule der Gegner. Aktuell liegen die wieder vorn im Ringen.

Lesezeit: 7 Minuten

Das bayerische Verwaltungsgericht München sieht keine Rechtsgrundlage für privilegiertes Bauen im Außenbereich bei einem Stall für 124.600 Masthühner in Eschelbach. Denn die Landwirtsfamilie hätte einen ordentlichen Bebauungsplan vorlegen müssen. Das berichtet der BUND Naturschutz Bayern.

„Noch liegt die genaue Begründung des Urteils nicht vor, aber aus den Beratungen wissen wir, dass das Verwaltungsgericht insgesamt davon ausgeht, dass eine derartige Anlage nur mit einem Bebauungsplan errichtet werden kann“, so Peter Rottner, Landesgeschäftsführer des BUND Naturschutz. Eine mit weniger Auflagen versehene Anlage im Außenbereich, wie sie der Betreiber der Mastanlage geltend gemacht hat, sei nach dem Baurecht nur dann zulässig, wenn die Tiere überwiegend auf eigener Futter-Grundlage gehalten werden. Dies konnte der Agrarbetrieb nicht nachweisen, zeigt sich Rottner erleichtert.

Aus der Pflicht zu einem ordentlichen Bebauungsplan ergibt sich eine intensivere Standortprüfung, die eine Einbeziehung regionaler Akteure, ökologischer Kriterien und weiterer Faktoren beinhaltet, klärt der Naturschutzverein auf.

Die Betreiberfamilie Höckmeier wurde 2019 eine Woche vor dem Einstallen vom Verwaltungsgericht München gestoppt. Der ursprünglich für 144.600 Tiere vorgesehene Stall musste dann per neuen Bauantrag um 20.000 Plätze reduziert werden, doch auch das reichte wohl nicht, wie das aktuelle Urteil zeigt.

"Großbauern sollten nicht bäuerliche Privilegien erhalten"

Als "gute Nachricht für die bäuerliche Landwirtschaft“ bewertet BN-Landesvorsitzender Richard Mergner das Urteil und verweist auf die negativen Auswirkungen auf Umwelt-, Natur- und Tierschutz bei so einem Stall. Er meint, dass industrielle Betreiber nicht zu Trittbrettfahrern bäuerlicher Privilegien werden dürften.

Der BN geht aber davon aus, dass der Betreiber der Mastanlage Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen wird – dann muss der Verwaltungsgerichtshof entscheiden.

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Die Vorgeschichte - ein Besuch 2019

top agrar hatte Anfang 2019 mit Familie Höckmeier gesprochen. Damals hatte sie den genehmigten (!) Hähnchenstall gerade fertiggestellt. Kurz, bevor die Küken kommen sollten, wackelte die Baugenehmigung nach einer Klage des Bund Naturschutz. Hier noch einmal der Bericht von damals:

Allein im neuen Stall

Familie Höckmeier findet ihre Hähnchenställe immer noch sinnvoll. Das berichtet sie im April 2019 an ihrem Küchentisch, eine Woche nach der Niederlage vor dem Verwaltungsgericht (VG) München. „Tierhaltung und Ackerbau gehören für einen gesunden Nährstoffkreislauf zusammen“, sagt Landwirtschaftsmeister Josef Höckmeier, und rechnet für seinen Betrieb in Eschelbach im Kreis Pfaffenhofen a.d. Ilm einen Viehbesatz von 0,5 Großvieheinheiten pro Hektar vor. Nicht viel im Vergleich zu Veredelungsregionen.

Als Hofnachfolger Josef Franz Höckmeier 2010 seine Technikerarbeit in Triesdorf schrieb, stand die Familie vor einer Entscheidung: Sollten sie die Biogasanlage weiter ausbauen? Oder eher die Hähnchenmast? „Wir rechneten mit steigender Nachfrage nach Geflügelfleisch“, begründet Josef Franz seine Entscheidung für die Hähnchen.

Protest vorprogrammiert

Den Höckmeiers war schon damals bewusst, dass die Dorfgemeinschaft das Vorhaben nicht einfach abnicken würde. Dennoch beantragten sie 2012 eine Baugenehmigung. Bald wurde ihnen klar, dass sie eine detailliertere Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vorlegen müssen.

Sie investierten daher weitere 30.000 € in die UVP und legten ihren Plan 2014 erneut dem Landratsamt vor.

Die Größe der Ställe ergab sich von selbst. Das Gelände inmitten der Hopfenflächen auf einem Hügel vor dem Dorf gab den Platz für zwei Ställe mit je 50.500 Mastplätzen her. Zusätzlich modernisierte die Landwirtsfamilie einen alten Stall mit nun 43.600 Plätzen.

Dass der Widerstand letztlich so groß werden würde, hat sie dann doch überrascht, sagt Hauswirtschaftsmeisterin Renate Höckmeier. Sie zieht einen Stapel Postkarten hervor. Die Gegner des Baus konfrontierten die Landwirte selten direkt. Aber sie verteilten Flugblätter und starteten eine Postkartenaktion.

Strategie dahinter?

Die Höckmeiers vermuten, dass die Gegner beim Unterschriftensammeln eine klare Strategie hatten. Viele Leute hätten sie so oft an der Haustür besucht, bis diese unterschrieben. „Einer Bekannten sagte man, ihr Kind darf nicht mehr mit den anderen spielen, wenn sie nicht unterschreibt“, sagt Renate Höckmeier.

Die Agrarreferentin des Bund Naturschutz (BN) in Bayern, Marion Ruppaner, wisse zwar nicht, ob das stimmt. Es sei aber in der Regel nicht untersagt, für die eigene Position zu werben. „Dies ist durch die Meinungsfreiheit nach dem Grundgesetz geschützt“, sagt Ruppaner zu Südplus. Die Unterschriften legte der BN schließlich dem Landratsamt vor und nutzte sie für eine Petition an den Landtag. Diese ist wegen des laufenden Rechtsverfahrens aber zurückgestellt.

Die ständige Auseinandersetzung hat Spuren an der Familie hinterlassen. „Sie überlagerte manchmal freudige Ereignisse wie die Geburt meiner Enkel“, sagt Renate Höckmeier. Umso mehr freuten sich die Landwirte über den Rückhalt im Freundeskreis. Und die Verpächter stimmten in vielen Fällen Vertragsverlängerungen zu, um den Betrieb bei der Futtergrundlage zu unterstützen.

2018 klagte der BN gegen das Landratsamt. Man habe Bedenken bezüglich der Futtergundlage und der UVP. Da hatten die Höckmeiers bereits den Bau begonnen, nachdem sie im Herbst 2016 eine Teilbaugenehmigung erhalten hatten. Freiwillig bauten sie einen Abluftwäscher ein, der Staub filtert und Ammoniak in den Dünger Ammoniumsulfat verwandelt – für eine halbe Million Euro extra. Zudem erfüllt der Stall die Kriterien der Initiative Tierwohl.

Im Sommer 2018 folgte die Ernüchterung: Der Stall war fertig, die Küken bestellt, die Aufstallung stand binnen einer Woche bevor. Da gab der Bayerische Verwaltungsgerichtshof einem Eilantrag des BN statt. Zwar sei die Fläche des Betriebs in den Jahrzehnten zuvor stetig gewachsen. Dass er auch künftig stets eine ausreichende Futtergrundlage haben wird, lasse sich daraus aber nicht ableiten, so die Richter.

Kosten da, Tiere nicht

Seither haben die Höckmeiers einen Stall für rund 2,5 Mio. € ohne Tiere – und laufende Kosten für Heizung, Kapitaldienst und Versicherung. Im Hauptverfahren zeichnete sich schon im Januar ab, dass das VG München bei der Futtergrundlage auch einen Eiweißpflanzenanbau einrechnen würde. Da der rechnerische Ertrag dabei niedriger ist als bei Weizen oder Mais, braucht der Betrieb mehr Fläche.

Vorsorglich boten die Höckmeiers an, die Mastplätze um 20.000 zu reduzieren. So hätten die 250 ha, die sie langfristig gepachtet haben, als Futtergrundlage gereicht. Insgesamt bewirtschaftet die Familie 390 ha. Doch das Gericht urteilte anders.

Baurechtsexperten finden an dem Urteil nichts überraschendes (siehe top agrar 5/2019, S. 30). Die Höckmeiers gehen dennoch in Berufung. Sie sehen drei Fehler im Urteil:

  • Das VG habe den Eiweißanteil der Ration aus einem DLG-Merkblatt von 2007 angesetzt. Doch die Geflügelbranche habe diesen seither stark reduziert.

  • Das Endmastfutter enthält weniger Protein und macht 45% der Gesamtmenge aus. Das Gericht habe das nicht berücksichtigt.

  • Außerdem hätte es die Reduzierung um 20.000 Plätze akzeptieren müssen.

Vom Bayerischen Bauernverband (BBV) hätte sich die Familie mehr Interesse gewünscht. „Da das Thema künftig alle privilegierten Bauvorhaben betreffen könnte, dachten wir, dass sich der Verband öfter mal bei unserem Anwalt nach dem Stand erkundigt“, so Josef Franz. Das habe letztlich nur der Landesverband der Bayerischen Geflügelwirtschaft getan.

Der BBV wiegelt ab: Man habe sich zwar in dem Fall positioniert und ein großes Problem für künftige Stallbauprojekte bemängelt. Zu viel politische Begleitung wäre aber nicht unbedingt gut für die Höckmeiers gewesen. Auf der rechtlichen Ebene habe es Austausch mit der Kanzlei der Familie gegeben, man könne deren Arbeit aber nicht ersetzen, so BBV-Sprecher Markus Peters.

Indes haben die Vorgänge Familie Höckmeier ins Grübeln gebracht. Nur, weil Ackerbau und Biogasanlage gut laufen, könne man sich den Rechtsstreit leisten, sagt Josef Höckmeier.

Risiko beim Landwirt

Er hält es für ein Versagen der Politik, dass Naturschutzorganisationen risikofrei gegen Stallbauten klagen können, während die Landwirtsfamilien Einnahmeausfälle voll tragen müssen. Dennoch wollen die Höckmeiers das Verfahren nun durchziehen. „Für uns ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir loslegen dürfen“, sagt Josef Franz.

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