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Aus Fehlern lernen!

Lesezeit: 9 Minuten

Wie vermeiden Sie Pannen beim Betrieb einer Kleinwindanlage? top agrar fragte drei Praktiker, wie sich die Minis schlagen.


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Immer wenn Rolf Kolthof auf sein kleines Windrad schaut, trübt sich ein bisschen seine Stimmung. Eigentlich wollte er mit der 30-Kilowatt-Anlage einen Großteil seines Stromes selber erzeugen. Die Bilanz nach fast 20 Jahren ist jedoch ernüchternd.


Der im Kreis Steinfurt (Nordrhein-Westfalen) ansässige Landwirt, der sich selbst als „Technikfreak“ bezeichnet, war schon damals begeistert von der Idee, seinen Strom selbst zu erzeugen. Mit einem Gutachten eines bekannten Wind­institutes ließ er seinen potenziellen Stromertrag ermitteln. 45 000 Kilowattstunden (kWh) prognostizierte ihm das Institut. Etwa 20 000 kWh davon, meinten die Gutachter, könne er selbst verbrauchen. Damit hätte Kolthof in etwa 80 Prozent seines gesamten Strombedarfes (rund 25 000 kWh) abgedeckt. Ein höherer Anteil sei nicht zu erwarten, da nicht immer genug Strom anfalle. Die andere Hälfte seines erzeugten Stroms wollte der Landwirt ins öffentliche Netz einspeisen.


Erträge bleiben aus: Die Wirklichkeit sieht hingegen anders aus. Im Durchschnitt der Jahre produzierte seine Anlage nur etwa 20 000 kWh. Den Grund dafür kennt der Landwirt mittlerweile auch. Die damaligen „Experten“ haben den Wind nicht gemessen, sondern anhand eines Windatlasses den Ertrag errechnet. Diese Methode ist aber gerade bei Kleinwindkraftanlagen meistens zu ungenau, da die kleinräumigen Strukturen in der Landschaft, wie etwa Hecken, Wälder und Knicks, nicht ausreichend berücksichtigt werden. Aber gerade diese können das Windangebot stark beeinflussen. So kann es durch Hecken beispielsweise zu Verwirbelungen kommen. Diese steigen in etwa auf die doppelte Hindernishöhe an und senken sich hinter dem Hindernis langsam wieder ab. Erst in einer Entfernung von etwa dem 20-fachen der Hindernishöhe lösen sich die turbulenten Strömungen dann wieder auf. Dieser Einfluss kann in einem berechneten Ergebnis nicht ausreichend erfasst werden. Kalkulierte Windwerte können daher eine Windmessung nicht ersetzen!


Dazu kommt, dass auch die Windanlagenhersteller mit ihren Leistungskurven öfters an der Realität vorbeigeschrammt sind. Der Grund dafür ist, dass diese Kennlinien ebenfalls nicht immer durch Messungen bestimmt, sondern teilweise berechnet wurden. Gemessene Kurven erkennen sie an einem geschlängelten Verlauf, berechnete verlaufen hingen gleichmäßiger ohne „Abweichungen“ nach oben oder unten.


Streit um die Lautstärke: Nicht nur ein geringer Wind­ertrag kann Probleme bereiten, sondern auch die Lautstärke der Anlage. Diese Erfahrung musste Ralf Nissen machen. Der in Westerholz bei Langballig (Schleswig-Holstein) ansässige Landwirt hat seine 6 kW-Anlage nach nur sechs Monaten wieder abgebaut. „Die Nachbarn hatten sich schon mehrmals bei uns beschwert“, berichtet Nissen. „Bei dem geringen Ertrag hätte sich der Ärger mit den Nachbarn nicht gelohnt.“ Vor Gericht hätte Nissen beweisen müssen, dass seine Anlage die Grenzwerte einhält. Er hätte ein Akustik-Gutachten erstellen lassen müssen, was 2 000 bis 3 000 € gekostet hätte. Wie es ausgefallen wäre, ist er sich nicht sicher.


Nach der Verwaltungsvorschrift TA-Lärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm) sind tagsüber Höchstwerte von 60 db (A) und nachts 45 db (A) in Kern-, Dorf- und Mischgebieten einzuhalten. „Wenn ich Pech gehabt hätte, wär das Gutachten negativ für mich ausgefallen und ich hätte die Anlage nachts oder auch tagsüber abstellen müssen.“ Nissen trennte sich lieber von seinem Windrad. Er konnte die Anlage weiterverkaufen, auf Kosten von rund 11 000 € blieb er aber trotzdem sitzen.


Wichtig ist deshalb, dass man sich vor dem Kauf einer Anlage über die Lautstärke informiert. Der Hersteller sollte die Schallemission der Anlage gemessen haben und vorlegen können. „Diese Werte sollte man sich unbedingt schriftlich geben lassen. Sollte sich dann später rausstellen, dass die Anlage die Werte nicht einhält, ist der Hersteller schadenspflichtig“, erklärt der Kleinwindkraftexperte Uwe Hallenga aus Osnabrück.


Allerdings: Zu 100 % kann man sich darauf nicht verlassen. Viele Hersteller von Kleinwindkraftanlagen sind start-up-Unternehmen, die schnell wieder vom Markt verschwinden können. In solchen Fällen bleibt man auf seinen Kosten sitzen. Ebenso kann es Schwierigkeiten geben, wenn man Regressionsansprüche gegen außereuropäische Hersteller hat, da es in solchen Fällen keine Rechtssicherheit gibt.


Eine Kleinwindkraft muss ohnehin kein Grund für Streitigkeiten sein. Man sollte die Nachbarn von Anfang an mit einbinden und eine Lösung finden, mit der beide zufrieden sind. „Vielleicht möchte der Nachbar sich ja auch am Windrad beteiligen oder selbst auch eins aufstellen. Wichtig ist nur, dass man miteinander spricht, bevor man Tatsachen schafft“, rät Hallenga.


Besser konservativ rechnen: Wesentlich positiver berichtet Ove Alberts aus Witzwort (Schleswig Holstein) über seine 10 kW-Anlage. Er verfügt über einen sehr guten Standort, der nur rund 5 km vom Deich entfernt ist. Dieser weist eine mittlere Windgeschwindigkeit von 6,25 m/s in 30 m Höhe auf und eine sehr geringe Rauigkeit (keine Hügel, Hecken und Bäume). Damit hatte er hervorragende Bedingungen.


Aber auch Alberts solide Planung ist ausschlaggebend dafür, dass er heute zufrieden mit seiner Kleinwindkraft ist. „Ich habe lieber konservativ gerechnet“, berichtet der Landwirt. Er hat sich dabei nicht von den Angaben der Hersteller „verlocken“ lassen, sondern die potenziellen Erträge kritisch geprüft.


Zur Berechnung der Wirtschaftlichkeit hat er die Analyse des Herstellers als Grundlage genommen und sich dann anhand einer einfachen Excel-Tabelle angeschaut, was passiert, wenn er die einzelnen Parameter verändert.


Als Beispiel nennt Alberts die Entwicklung der örtlichen Strompreise. Der Hersteller ist in seiner Prognose von einer mittleren Preissteigerung von jährlich 8 % in den nächsten 20 Jahren ausgegangen. Alberts rechnete mit 5,8 %. Nach dem gleichen Muster ist dies auch für andere Parameter möglich, wie etwa dem Windertrag oder den Kosten für Wartung und Reparaturen. Diese vorsichtige Herangehensweise ist durchaus angebracht. Denn auch wenn der allgemeine Tenor davon ausgeht, dass die Energiepreise in Zukunft steigen werden, ist die Höhe dennoch nicht sicher. Eine jährliche Steigerung von 8 % würde bedeuten, dass die Kilowattstunde in 20 Jahren etwa 1 € kosten würde! Vergleichen könnte man es auch mit den Getreidepreisen. Diese sind in den letzten Jahren stark angestiegen. Trotzdem kalkuliert man nicht mit der gleichen Steigerung für die nächsten 20 Jahre.


Nachbarn fragen: Alberts hatte Glück. Nur ein paar hundert Meter entfernt von seinem Standort stand bereits seit mehreren Jahren eine Windkraftanlage mit derselben Nabenhöhe. Durch gute Kontakte zum Betreiber erfuhr er, welche Werte für die Windgeschwindigkeit gemessen wurden. Daher verzichtete er auf eine eigene Windgeschwindigkeitsmessung. Diese Möglichkeiten haben allerdings nur wenige!


Wenig hilfreich sind die vielfach angebotenen „Standortbeurteilungen“ von Herstellern. Auf diese Angaben sollte man sich nicht verlassen! In den allermeisten Fällen werden keine Windgeschwindigkeitsmessungen durchgeführt, sondern lediglich „die Nase in den Wind gehalten“. Auch wenn die Mitarbeiter der Firma schon Jahre lange Erfahrung haben, können auch sie nicht alleine durch eine Besichtigung des potentiellen Standortes abschätzen, mit welchen Erträgen zu rechnen ist.


Um eine verlässliche Aussage zu bekommen, ist unbedingt eine Windgeschwindigkeitsmessung über mehrere Monate, besser einem Jahr notwendig. „Man sollte sich bei der Messung ruhig Zeit lassen, um einen möglichst realistischen Wert für die Windgeschwindigkeit zu bekommen“, empfiehlt Berater Hallenga. Die gemessenen Werte lassen sich dann ins Verhältnis zu den mittleren Winderträgen der Jahre stellen. Das ist wichtig, da das Windaufkommen in einzelnen Jahren vom Mittel der Jahre stark abweichen kann.


Bei den Windmessgeräten ist es wichtig, nicht am falschen Ende zu sparen. Die Geräte brauchen eine Speicherkarte, auf der die Daten kontinuierlich gespeichert werden. Nicht zu gebrauchen sind hingegen „Billigangebote“, die nur die momentane Windgeschwindigkeit anzeigen. Alternativ kann man auch eine Windmessung durchführen lassen. Dafür bekommt man einen Masten und ein Messgerät, mit einer Speicherkarte, deren Daten hinterher von der Firma ausgewertet werden. Diese werden aber in der Regel nur für kleinere Höhen bis etwa 15 m angeboten. Bei größeren Nabenhöhen müsste man selber einen Mast aufstellen. Zu beachten ist aber, dass man in einigen Bundesländern, wie etwa Niedersachsen, auch für das Aufstellen eines Mastes eine Baugenehmigung benötigt.


Für die Auswahl der richtigen Mühle nahm sich Alberts eine Menge Zeit. Auf der Messe „new energy“, die nur wenige Kilometer von Alberts entfernt jedes Jahr in Husum stattfindet, informierte er sich über die verschiedenen Anlagentypen. Die Messe gilt als die größte im Bereich der Kleinwindkraftanlagen.


Zugute kam ihm dabei sein „ technisches Verständnis“ wie er selbst sagt. Nach dem er drei Anlagen in die engere Auswahl gezogen hatte, besuchte er Betreiber der Anlagen, um sich über deren Erfahrungen zu informieren und die Windmühlen in Betrieb zu sehen. Außerdem bekam er einen Eindruck davon, wie laut bzw. leise die Anlagen sind und was für Erträge erzielt werden. Als er seinen Favoriten gefunden hatte, machte er sich auf in die Werkshalle der Firma und lies sich vor Ort von der Herstellung überzeugen.


Stromverbrauch anpassen: Da bei einer Kleinwindkraftanlage soviel Strom wie möglich selbst genutzt werden sollte, optimierte Alberts auch diesen Bereich. Mithilfe von Zeitschaltuhren hat er die Verbrauchsspitzen im Schweinestall abgeflacht. Jetzt laufen die Fütterungen der einzelnen Schweineställe nicht mehr parallel, sondern zeitversetzt.


Der zweite große Stromverbraucher ist die Kartoffeltrocknung, die permanent Strom verbraucht und daher optimal ist, um möglichst viel Strom, den man verbraucht, selbst zu erzeugen. Der Privathaushalt blieb bisher verschont. Dort gebe es auch noch Optimierungsmöglichkeiten wie etwa die Waschmaschine, die man nur nachts in der verbrauchsarmen Zeit laufen lassen könnte.


Alles in allem schafft es Alberts dadurch, 85 Prozent seines erzeugten Stroms selbst zu verbrauchen. In den nächsten Jahren wird der Anteil allerdings auf etwa 75 Prozent sinken, da Alberts keine Kartoffel mehr anbauen wird. Solche möglichen betrieblichen Veränderungen sollte man bei der Kalkulation immer berücksichtigen!


Kaum Einfluss auf die Umwelt : Eine Beeinträchtigung der Tierwelt durch seine Anlage kann Alberts nicht erkennen. Hasen und Rehe beobachtet der Tierfreund oft direkt unter der Mühle. Auch Vögel stören sich nicht an der Anlage. Sie sitzen oft in dem Gittermast der Anlage und haben auch die Vogelkästen, die Alberts an den Masten gehängt hat, gut angenommen.


Dennoch kann in Ausnahmefällen ein Vogelschutzgutachten für eine Baugenehmigung verlangt werden. Da diese mehre tausend Euro kosten, rechnet sich eine Kleinwindkraftanlage dann nicht mehr. Hallenga rät daher, das Bauamt frühzeitig in die Pläne einzubinden. „Nehmen sie der Behörde die Ängste vor der Anlage. Zeigen sie ihr die Schallkurve und machen sie deutlich, dass es sich „nur“ um eine Kleinwindkraft handelt. Hilfreich kann dabei ein Bild sein, auf dem ein Mensch neben der Anlage steht, damit ein Eindruck von dem Ausmaß der Anlage vermittelt werden kann.“


Cord Henning Requardt

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