Genehmigung vom Landwirt, Biogasanlage vom Investor: Rund 1 000 bis 1 500 Biogasanlagen sind so entstanden – und geraten derzeit zunehmend in Schwierigkeiten. Viele Landwirte überlegen, die Anlage selbst zu übernehmen. Hier heißt es aufgepasst!
Vom Biogasboom profitieren ohne selbst ins Risiko zu gehen: Genau deshalb haben sich viele Landwirte auf ein Betreibermodell mit einem fremden Investor eingelassen. Doch jetzt schlagen Berater Alarm. Die Betreibermodelle scheitern reihenweise (siehe Kasten S. 102). Damit kommen die Landwirte, auf deren Flächen die Anlagen stehen, unter Zugzwang. Viele überlegen, die Anlage selbst zu übernehmen, bevor eine Investitionsruine auf dem eigenen Land neben dem Hof steht. Damit wäre der Landwirt wieder Herr auf seinem Grund und Boden und könnte die Anlage so betreiben, dass sie für ihn Gewinn abwirft und bräuchte diesen nicht mit einem Investor zu teilen – soweit die Theorie. Doch Achtung: Diese Entscheidung hat es in sich – ohne fachkundige Berater geht hier gar nichts. Wir stellen einige Eckpunkte vor, die in der Praxis zu bedenken sind.
1. Wie einsteigen?
Betreibermodelle sind unterschiedlich aufgebaut. Sind Sie als Landwirt bereits zu 50 % an der Anlage beteiligt, geht es um den Kauf der zweiten Hälfte vom Investor. Komplizierter wird es, wenn „Ihre“ Anlage zu einer Gesellschaft mit weiteren Biogasanlagen gehört. Gründen Sie eine neue Gesellschaft, welche die neu erworbene Biogasanlage betreiben soll, ist auf jeden Fall mit einem Steuerberater zu klären, ob Sie mögliche Verluste aus dieser Biogasanlagen-Gesellschaft mit den Gewinnen des landwirtschaftlichen Betriebes verrechnen können.Sinnvoll kann es auch sein, das Geschäftsmodell anzupassen und z.B. die Substratlieferanten mit ins Boot zu holen. Großer Vorteil: Mit diesem Konzept bleiben die Kosten und damit auch die Risiken für Sie als Landwirt überschaubar, die Substratlieferung bleibt gesichert.
Denkbar sind genossenschaftliche Modelle oder die Beteiligung der Lieferanten als Kommanditisten an einer neu zu gründenden GmbH & Co. KG. Der Königsweg ist oft, einen erfahrenen Biogasanlagenbetreiber als (Mit-)Betreiber in das Projekt „Übernahme“ einsteigen zu lassen. Dann profitiert die neue Biogasgesellschaft von seinem Know-how.
2. Was bezahlen?
Den „rich-tigen“ Kaufpreis für eine fünf bis sechs Jahre alte Biogasanlage zu finden ist nicht einfach. Orientieren Sie sich dabei am möglichen Überschuss in den nächsten 10 bis 15 Jahren.Klären Sie aber vorab mit Fachleuten, ob es einen Investitionsstau gibt. Viele Betreibergesellschaften haben Wartungs-, Instandhaltungs- oder Modernisierungskosten unterschätzt und diese Maßnahmen vor sich her geschoben. Oft entspricht die Anlage auch nicht mehr den aktuellen Sicherheitsvorschrif-ten.
Teilweise müssen Sie beim Kauf auch in die bisherige Finanzierung einsteigen, hier stehen Verhandlungen mit der beteiligten Bank an.
Möglicherweise ist der bisherige Eigentümer bereit, den Kaufpreis in Raten zu akzeptieren. Alternativ sind auch Leasingkonzepte denkbar.
3. Nachabfinden?
Landwirte im Geltungsbereich der Höfeordnung müssen auch an mögliche Nachabfindungsansprüche denken. Handelt es sich beim Betrieb der Biogasanlage nicht um eine landwirtschaftliche Nutzung im Sinne der Höfeordnung, muss der Übernehmer unter Umständen ganz erhebliche Summen an die weichenden Erben zahlen.Zu bedenken ist auch die Finanzierung: Wenn dafür eine Belastung des Hofes mit Grundpfandrechten erfolgt, können schon dadurch Nachabfindungsansprüche entstehen. Es kann daher ratsam sein, sich frühzeitig mit den weichenden Erben zusammenzusetzen, um eine einvernehmliche Regelung herbeizuführen.
4. Kein Druck:
Die Genehmigung für die Biogasanlage hat in der Regel der für das Bauen im Außenbereich nach den Vorschriften des Baugesetzbuches privilegierte Landwirt erhalten.Sollte der Betrieb der Biogasanlage durch den Anla-geneigentümer erfolgen, der nicht der Landwirt ist, sollten Sie als Landwirt und Inhaber der Genehmigung den Anlageneigentümer keinesfalls unter Druck setzen! Davon hat niemand etwas. Wichtig: Die Betreiberkonzepte sind häufig mit sehr heißer Nadel gestrickt. Die Kosten eines Rechtsstreits und ein mehrmonatiger Ertragsausfall in dieser Zeit lassen sich in der nur begrenzten Laufzeit so gut wie nie mehr aufholen. Daher sollte sich ein Übernehmer genau informieren und einen Rechtsstreit mit dem Alteigentümer, anderen Vertragspartnern oder sogar der Genehmigungsbehörde möglichst vermeiden.
5. Substratlieferverträge prüfen:
Wird das Betreibermodell aufgelöst, sind alle Verträge zu prüfen, insbesondere die Substratlieferverträge. Schließen Sie neue Verträge ab, legen Sie darin unbedingt eine bestimmte Rohstoffqualität fest. Diese Rohstoffqualität muss sich am gewünschten Gasertrag orientieren. Und behalten Sie im Hinterkopf: Springen Ihnen die Lieferanten aus der Umgebung ab, müssen Sie Rohstoffe aus größeren Entfernungen zukaufen – eine teure Angelegenheit. War das Verhältnis der Lieferanten zum Alteigentümer schlecht, kann vielleicht ein Mediator oder eine andere, neutrale Vermittlungsperson helfen.6. Wissen Sie alles?
Zentral ist die Frage, ob der Weiterbetrieb der Anlage rechtssicher möglich ist. Wichtig:- Verpflichten Sie den Eigentümer, bestehende behördliche Auflagen und Altverpflichtungen im Vertrag zu nennen. Beispiel: Weil bereits einmal Silagesickersaft in den Graben floss, gibt es eine Ordnungsverfügung. Das müssen Sie als Übernehmer natürlich wissen. Oder: Wie ist damit umzugehen, wenn eine 500 kW-Anlage in der Vergangenheit tatsächlich mit 600 kW betrieben wurde?
- Droht ein Widerruf der öffentlich-rechtlichen Genehmigungen? Bevor man in der Genehmigungsbehörde unter Umständen schlafende Hunde weckt, sollte ein erfahrener Berater die Genehmigungsunterlagen und den Status der Anlage prüfen. Meist gibt es immer noch Möglichkeiten, einen legalen Anlagenbetrieb sicherzustellen.
- Ist der Betrieb der Anlage gesetzeskonform nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)? Wurden Boni oder Vergütungen unzulässig geltend gemacht, gibt es möglicherweise Rückforderungsansprüche. Am sichersten ist, wenn Sie der Alteigentümer von Rückforderungsanspüchen freistellt und dies durch eine Bürgschaft absichert.