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Biogas aus der Garage

Lesezeit: 5 Minuten

Kleine Gülle-Anlagen dürfen nicht teuer sein. Jürgen Robbert aus Hoogstede in Niedersachsen setzt daher auf ein neues Biogas-Konzept.


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Die einen kaufen Anzüge nach Maß, andere Biogasanlagen, die an die Bedürfnisse ihrer Betriebe angepasst sind. Doch nicht nur Maßanzüge sind teuer. Wer eine Anlage bauen möchte, die ohne Energiepflanzen und nur mit der Gülle des eignen Betriebes auskommt, steht vor dem gleichen Problem.


Da der Abfallstoff wenig Energie enthält, lassen sich in der Regel nur kleine Anlagen realisieren, die wiederum relativ teuer sind. Diese Erfahrung hat auch Jürgen Robbert aus Hoogstede in Niedersachsen machen müssen. Ihm steht die Gülle von rund 140 Großvieheinheiten zur Verfügung und das reicht in etwa für 21 Kilowatt elektrische Leistung.


Kleine Anlagen sind teuer.

Bis zu 8 000 Euro je Kilowatt verlangen einige Firmen für die kleinen Kraftwerke. „Das ist zu viel, um eine Anlage rentabel betreiben zu können“, hat der Landwirt kalkuliert. Größere Kraftwerke sind zwar deutlich günstiger. Aber dann hätte der Landwirtschaftsmeister zusätzlich Energiepflanzen anbauen müssen, um die Bakterien der Anlage satt zu bekommen.


Das kam allerdings aus zweierlei Gründen nicht infrage: Zum einen hätte er dafür zusätzlich Acker pachten müssen. Zum anderen gehören Pflanzen aus seiner Sicht nicht in eine Biogasanlage, sondern in den Trog oder auf den Teller. Deshalb entschied er sich für eine reine Gülle-Anlage des Ingenieurs Michael Fischer aus Emsbüren (KFB Technische Anlagen). Der Preis von rund 6 500 Euro pro Kilowatt Leistung überzeugte, auch die Bauweise erschien Robbert robust und das Prinzip einfach. Entschieden hat er sich daher auch gleich für eine 30-Kilowattanlage. Sollte er seine Rinderherde aufstocken, kann er die zusätzliche Gülle gleich mit verwerten.


Vier in Reihe geschaltete Boxen bilden das Herz der Anlage. Die Bauweise erinnert an eine lange Autogarage. In der ersten Box aus säurefestem Beton befindet sich die Vorgrube (120 m3). An einem Doppel-T-Träger in der Decke ist ein zentrales Rührwerk aufgehängt.


Die Gülle wird dabei von dem Lager unter dem Boxenlaufstall in die Vorgrube gepumpt. Auf dem Weg dorthin strömt sie durch einen Rohrwärmetauscher. Dieser besteht aus zwei ineinanderliegenden Röhren. In dem größeren von beiden fließt heißes Wasser aus dem BHKW, in dem kleineren die Gülle.


Mit rund 35 Grad Celsius Wärme kommt das Substrat dann im ersten Fermenter an. Dieser ist baugleich wie die Vorgrube aufgebaut, allerdings verlaufen spiralförmig an der Innenwand Heizschlangen, damit das Substrat nicht wieder abkühlt.


Eine weitere Besonderheit: Die Gülle wird nicht direkt in den Fermenter gepumpt, sondern in einen gülle- und biogasbeständigen Sack.


Güllesilo als Lager.

Insgesamt gibt es drei Fermenter, die über einen Überlauf verbunden sind. Dabei nutzt Fischer den Auftrieb der bereits teilweise zersetzten Gülle. Sie „schwappt“ bei jedem Befüllen des ersten Fermenters in den zweiten und von dort aus in den dritten Behälter über. Nach einer Verweilzeit der Gülle von insgesamt 30 Tagen fördert eine Kreiselpumpe aus dem letzten Behälter das abgebaute Material ins Gärrestlager bzw. in das Güllesilo. Da Robbert nur Gülle vergärt und keine Energiepflanzen einsetzt, musste er das Lager nicht zusätzlich abdecken, wie es das EEG ansonsten vorschreibt.


Das Gas wird aus allen drei Fermentern abgesaugt, in einer unterirdischen Leitung gekühlt, mit Aktivkohle entschwefelt und dann im Blockheizkraftwerk (Sisu Gasmotor) verstromt.


Kaum Kurzschluss-Ströme.

Fischer sieht in dem Aufbau Vorteile zu anderen Systemen:


  • Die Anlage kann jederzeit nach dem Baukasten-Prinzip erweitert werden.
  • Die Gasausbeute durch das In-Reihe-Schalten der Betonfermenter ist höher als bei herkömmlichen Bauweisen. Denn im Vergleich zu ein- oder zweistufigen Verfahren wird weniger frisches Material unvergoren ausgespült. Experten sprechen in diesem Zusammenhang auch von Kurzschluss-Strömen.
  • Die Anlage kann schnell und unkompliziert gewartet oder repariert werden. Dazu muss lediglich der Sack in den Fermentern mithilfe eines Frontladers aus der Box entnommen werden. Reparaturen am Fermenter, an der Heizung oder an dem an der Decke hängenden Rührwerk sind somit jederzeit möglich.
  • Die Anlage wird aus Beton gefertigt. Dadurch ist die Außenwand weniger anfällig für Beschädigungen.
  • Die Isolierung klebt auf der Innenwand der Fermenter. So lassen sich Wärmebrücken (Wärmelecks im Bauwerk) besser umgehen, über die andernfalls viel Energie verloren gehen könnten.
  • Durch den garagenförmigen Aufbau sind die Wärmeverluste geringer als bei einem typischen Tragluftdach aus Folie.


Guter Verdienst.

Pro Kubikmeter Gülle kalkuliert Robbert mit einer Methan-ausbeute von 25 m3 Gas. Vorausgesetzt: Diese hat einen Trockensubstanzgehalt von 10 %. „Auch das Alter des Rohstoffes spielt eine Rolle“, sagt er. Je frischer, desto besser.


An laufenden Kosten fallen nur die Abschreibung, Zinsen, Strom, Versicherung und Rückstellungen an. Der Arbeitsaufwand ist mit 15 bis 20 Min. am Tag gering. „Das macht die Sache gut kalkulierbar“, so der Betriebsleiter. Wie hoch sein Gewinn genau ist, will er nicht verraten. Nur so viel: Die Summe liegt im fünfstelligen Bereich pro Jahr.


Sollte Robbert irgendwann seine Kuhherde vergrößern, kann er die Anlage relativ leicht erweitern. Dazu wird einfach ein weiteres Modul neben die bestehende Anlage gesetzt. Das könnte durchaus in ein paar Jahren der Fall sein. Denn eines weiß Robbert jetzt schon: Nicht nur an seiner Milchviehherde, sondern auch an seiner kleinen Biogasanlage hat er viel Freude. Diethard Rolink

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