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Biogas: Neue Vergütungen optimal nutzen

Lesezeit: 8 Minuten

Die ersten Erfahrungen mit dem neuen EEG sind überwiegend positiv. Berater sehen jetzt aber einige Klippen für die Anlagenbetreiber. top agrar fasst die wichtigsten Ratschläge zusammen.


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Mit Biogas aus der Krise: Das scheint derzeit das Motto vieler Milchviehhalter zu sein. Denn vor allem diese Berufsgruppe investiert in Biogas, zeigt unsere Umfrage zur Wirkung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG).


Aber auch Schweine- und Geflügelhalter bauen derzeit Biogasanlagen. Wichtigster Grund dafür ist vor allem die Wärme, die die Biogasanlage für die Ställe liefert. „Zum Teil satteln Betriebe von der Tierhaltung ganz auf Biogas um“, stellt Biogasspezialberater Dr. Manfred Dederer vom Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg (Baden-Württemberg) fest.


Daneben können auch Ackerbauern von dem neuen Güllebonus profitieren, indem sie in die Veredelung einsteigen. Gefragt sind daher neue Hähnchenmastställe in Ackerbauregionen Niedersachsens oder Ostdeutschlands. Das Konzept: Die Hähnchenställe nutzen die Wärme aus der Biogasanlage und liefern im Gegenzug Mist für die Vergärung, so dass der Betreiber den Güllebonus kassiert. „Es gibt aber auch einen Fall, dass ein Ackerbauer einen Kälbermaststall in Verbindung mit einer Biogasanlage baut“, berichtet Biogasberater Karsten Lacue von der Bezirksstelle Braunschweig der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.


Allerdings rettet auch eine Biogasanlage einen angeschlagenen Betrieb nicht, warnen Berater. „Jeder Betreiber sollte darauf achten, dass eine Biogasanlage neben der Stromproduktion einen Zusatznutzen für den Betrieb bringt, beispielsweise über den Wärmeverkauf oder Synergieeffekte bei der Güllelagerung“, erklärt Biogasberater Peter Schünemann-Plag von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (Außenstelle Verden).


Nicht nur auf Mais setzen


Nach den hohen Substratpreisen im Jahr 2007/2008 kam Gras kurzzeitig als Alternative stärker ins Gespräch – vor allem im Norden, während süddeutsche Landwirte traditionell stärker Gras vergären.


Wegen der niedrigen Mais- und Getreidepreise gerät Gras aber momentan wieder ins Hintertreffen. Denn das Substrat ist nicht einfach zu vergären und stellt wegen seiner Faserigkeit hohe Ansprüche an die Dosier- und Rührtechnik. Trotzdem raten Berater, dass sich Betreiber in Grünlandregionen die Option der Grasvergärung offen halten und die Technik entsprechend auslegen sollten. Denn sicher ist: Der Getreidepreis wird wieder steigen.


Auch Zwischenfrüchte setzen die Betreiber weniger ein: Zusätzlich zu den 30 % Gülleanteil wählen sie Substrate mit hohem Energiegehalt – wie z. B. Mais. Damit wollen die Betreiber geringere Energieausbeute von Gülle ausgleichen und ihre Anlage „satt“ füttern. „Wasserreiche Zwischenfrüchte sind wegen des Güllebonus nicht mehr so gefragt. Auch Sonnenblumen, von denen bei uns bereits 1 000 ha angebaut werden, sind nicht mehr so begehrt“, stellt Biogasberater Dr. Ludger Laurenz von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen fest.


In Veredelungsregionen wächst so die Konkurrenz um die Anbauflächen von Energiepflanzen, was die Kosten erhöht. Daher rät er dazu, den Zwischenfruchtanbau nicht aus den Augen zu verlieren.


Was einige Berater auch feststellen: Die güllelose „Trockenfermentation“ wird jetzt häufig mit Geflügelkot oder ähnlichen Substraten ergänzt. Auf diese Weise erhalten die Altanlagen, die vor 2009 in Betrieb gegangen sind, den alten Trockenfermentations-Bonus in Kombination mit dem neuen Güllebonus.


Während viele Anlagen bei der Monovergärung von Mais Probleme mit der Spurenelementversorgung hatten, ist das Thema nach Ansicht von Lars Stahmer vom IBS Ingenieurbüro aus Bremen inzwischen entschärft. „Es gibt zwar immer noch Anlagen mit einer Unterversorgung, in denen eine Ergänzungsfütterung sinnvoll ist. Aber mit dem Einsatz von Gülle sind viele Anlagen gut versorgt.“ Vorsichtig sollten seiner Meinung nach die Betreiber mit dem Einsatz von teuren Enzymen sein. Denn deren Nutzen sei in der Praxis selten nachgewiesen worden.


Auf den ersten Blick interessant scheint die Option zu sein, Reststoffe aus der Industrie zu vergären. Zwar erhält der Betreiber dafür laut EEG keinen Bonus für nachwachsende Rohstoffe (Nawaro-Bonus). Aber sie enthalten viel Energie.


„Gerade, weil der Nawaro-Bonus entfällt, dürfen die Substrate nichts kosten. Das kommt aber derzeit kaum vor“, schränkt Schünemann-Plag ein. Denn auch die abgebenden Industriebetriebe wissen, dass energiereiche Kofermente begehrt sind. Außerdem können Betreiber von Nawaro-Anlagen Probleme mit der Bioabfall-Verordnung und der Abgabe des Gärrests bekommen, wenn sie Reststoffe vergären.


Ein weiterer Nachteil: Der Kofermentemarkt ist stark abgegrast. „Viele Stoffe gehen ins Ausland, vor allem nach Italien oder in die Benelux-Länder, weil diese Länder Reststoffe besser vergüten“, begründet Lars Stahmer dieses.


Jetzt Rücklagen bilden


Die schlechten Getreidepreise und die höheren Einspeisevergütungen seit Anfang des Jahres verbessern kurzzeitig die Wirtschaftlichkeit der Biogas-Anlagenbetreiber in Veredelungsregionen erheblich. Berater berichten inzwischen von Preisen bei Neuverpachtung von 1 000 bis 1 100 € pro Hektar.


Dr. Ludger Laurenz rechnet vor, warum das so ist: Steigt die Einspeisevergütung um 1 Ct/kWh Strom, kann der Betreiber 5 € je Tonne mehr für den Mais bezahlen. Da sich die Einspeisevergütung seit Anfang des Jahres um 5 Cent erhöht hat (1 Cent mehr beim Nawaro-Bonus und 4 Cent Güllebonus), können Betreiber einer 190 kW-Hofanlage zwischen 20 und 25 € je Tonne mehr bezahlen als im vergangenen Jahr. Bei 50 t Ertrag sind das pro ha 1 200 € mehr. „Doch mit höheren Flächenpachten steigt nicht nur der Unmut der Nicht-Biogaserzeuger. Bei höheren Substratpreisen könnten die Anlagenbetreiber auch selbst wieder in Schieflage geraten“, warnt Laurenz.


Deshalb sollten Anlagenbetreiber in Zeiten mit günstigen Substratpreisen Rücklagen bilden, mit denen sie auch die Inflation ausgleichen können. Denn die Vergütung im EEG bleibt 20 Jahre ohne Inflationsausgleich konstant.


Wärme sinnvoll nutzen


Häufig rechnen Anlagenhersteller vor, dass Hofanlagen mit dem Güllebonus auch ohne Wärmekonzept wirtschaftlich seien. Kleinanlagen, die viel Gülle einsetzen, hätten ohnehin nicht viel Wärme übrig, weil das Erwärmen der Flüssigkeit mehr Heizenergie kostet als beim Einsatz von Energiepflanzen.


Allerdings warnen Berater: Fällt der Güllebonus bei Aufgabe der Tierhaltung oder bei Transportverbot bzw. Notschlachtungen im Seuchenfall weg, kann eine Anlage schnell Verluste machen. Der Wegfall des Güllebonus könnte kompensiert werden, wenn eine ökonomisch sinnvolle Wärmenutzung vorhanden ist.


Auch können die Anlagenbetreiber mit einem Wärmekonzept steigende Substratpreise besser abpuffern. „Der Einsatz der Abwärme kann den Umsatz der Hofanlagen um 2 bis 7 % erhöhen. Daher sollte das Thema nicht sorglos behandelt werden“, rät Dr. Gerd Reinhold, Energieberater bei der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft aus Jena.


Bei der Erschließung von Wärmequellen macht Berater Schünemann-Plag aufmerksam, dass die Wirtschaftlichkeit bei selbst genutzter Wärme am höchsten ist. „Beim Verkauf muss man fast immer Abstriche machen, um dem Abnehmer entgegenzukommen.“


Wärmenetze sind seiner Meinung nach sorgfältig zu kalkulieren: Wenn es zu wenig Abnehmer gibt, sind sie nicht wirtschaftlich. Aber sie stellen eine interessante Option für die Zukunft da, weil mit steigenden Wärmekosten zu rechnen ist.


Das sieht Klaus Wagner (Hero Hessen) anders: „Bei Wärmenetzen, z. B. bei Bio-energiedörfern, vergräbt man sehr viel Geld in der Erde. Wenn die Hauseigentümer ihre Gebäude nachträglich wärmetechnisch sanieren oder eine Solarthermieanlage einbauen, sinkt die Wärmeabnahme und das ökonomische Konzept gerät möglicherweise ins Wanken.“ Daher hält er die Versorgung von größeren Abnehmern wie Schulen, Schwimmbäder oder einem Gewerbebetrieb für die bessere Alternative.


Allerdings zeigen hier Erfahrungen aus anderen Bundesländern, dass die Bindung an nur einen großen Abnehmer gefährlich sein kann. So gibt es Fälle, wo ein industrieller Wärmeabnehmer nach dem Bau der Wärmeleitung Insolvenz anmelden musste oder die Bundeswehr eine Kaserne nachträglich geschlossen hat.


Die Einspeisung von aufbereitetem Biogas (Biomethan) ins Erdgasnetz ist weiterhin eine interessante Option. Zwar fehlt dabei ein fester Abnahmepreis für das Gas, weshalb viele Hersteller und der Fachverband Biogas ein Gaseinspeisegesetz fordern. Doch Stadtwerke und überregionale Energieversorger fragen derzeit Biomethan stark nach.


Bei Einspeiseprojekten Beteiligung anstreben


Die Rolle der Landwirte sollte dabei über die reine Rohstofflieferung hinausgehen. „Wir haben die Erfahrung in Baden-Württemberg gemacht, dass Projekte besser laufen, wenn die Landwirte an der Anlage beteiligt sind“, berichtet Michael Köttner, Geschäftsführer des Internationalen Biogas- und Bioenergiekompetenzzentrums (IBBK) in Weckelweiler.


Auch Klaus Wagner (Hero Hessen) gibt den Beteiligungsanlagen den Vorzug. In Hessen ist eine Gaseinspeiseanlage in Betrieb, zwei sind im Bau. „Bei den neuen Anlagen investieren Landwirte gemeinsam mit Maschinenring, Bauernverband sowie den Stadtwerken Kassel.“ Bei diesem System haben zwar beide Seiten das Risiko, dass die Anlage auch mal ausfallen könnte. Aber es profitieren auch beide von der Wertschöpfung.


Investitionspartner suchen


Die weltweite Finanzkrise lässt die Banken auch bei der Finanzierung von Energieprojekten vorsichtiger werden. Wagner meint dazu: „Gerade Milchviehbetriebe, die in den letzten Jahren investiert haben und dabei an die Grenze ihrer Fremdkapitalbelastung gegangen sind, bekommen jetzt Schwierigkeiten mit der Finanzierung.“


Da aber häufig eine Biogasanlage gut ins Betriebskonzept passt, rät er dazu, einen Investitionspartner dazu zu nehmen – entweder einen Ackerbaubetrieb oder einen außerlandwirtschaftlichen Investor, der Geld anlegen will oder in die Wärmeabnahme einsteigt. „Wie wir jetzt feststellen, wollen nach der negativen Erfahrung der Wirtschaftskrise einige Investoren ihr Geld in Sachvermögen bei erneuerbaren Energien anlegen.“


Um Geld bei der Anlagenfinanzierung zu sparen, gibt es auch wieder den Trend zu Selbstbaugruppen. „Wir haben Angebote für Kleinanlagen gesehen, bei denen die Hersteller bis zu 10 000 € pro kW fordern. Deswegen haben wir jetzt gerade im Süden sehr viel Interesse an Selbstbau“, erläutert Michael Köttner vom IBBK. Bei diesen Gruppen stellen die Landwirte mit einem Ingenieur die Anlagenkomponenten selbst zusammen und errichten diese zusammen mit örtlichen Firmen und gegenseitiger Hilfe selbst. Köttner: „Wir sind jetzt gerade dabei, ein Netzwerk von Experten aufzubauen, weil wir merken, dass die Nachfrage auch aus dem Ausland steigt.“


Hinrich Neumann

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