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Biogas-Trends: Daran forschen die Firmen

Lesezeit: 11 Minuten

Die Industrie investiert viel in Forschung und Entwicklung, um die Biogasproduktion effizienter zu machen. Wir haben uns bei einigen Herstellern erkundigt, mit welchen Neuheiten Betreiber im Jahr 2015 rechnen können.


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Seit nunmehr 15 Jahren stellt sich die Biogasbranche laufend auf neue Trends ein. Dabei bestimmen vor allem die politischen Rahmenbedingungen wie neue Gesetze und Verordnungen, wohin die Reise geht. Neben den Förderbedingungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) müssen Hersteller und Betreiber auch auf die vielen Verordnungen zur Anlagensicherheit oder zur Düngung reagieren. Zudem zwingen ständige Kostensteigerungen oder die politische Ablehnung des Maisanbaus die Firmen zu weiteren Schritten. Kurzum: Die Forschungsabteilungen der Hersteller haben jede Menge zu tun. top agrar hat bei sieben repräsentativen Herstellern hinter die Kulissen geschaut und die Entwicklungsabteilungen nach aktuellen Projekten und neuen Trends gefragt.


Alternative Substrate:

Der Anlagenhersteller Bioconstruct aus Melle (Niedersachsen) forscht an dem Einsatz von Markstammkohl, Maisstroh und durchwachsener Silphie als alternative Biogassubstrate. Um die Ausbeute der Vergärung zu erhöhen, sucht der Hersteller nach neuen Wegen, um Substrat thermophil, also bei Temperaturen über 50 °C im Fermenter zu vegären. „Wir arbeiten auch an der Optimierung der Wärmeauskopplung, um mehr Wärme verkaufen zu können“, erläutert Geschäftsführer Henrik Borgmeyer. Ein weiteres Thema ist, wie der Betreiber die Biogasspeicherung steuern muss, um bedarfsgerecht Strom produzieren zu können.


Alle diese Fragen werden auf dem firmeneigenen Agrar-Technologiezentrum in Melle (Niedersachsen) bearbeitet. Die Versuchs-Biogasanlage mit fünf Blockheizwerken (BHKW) hat 1,5 Megawatt (MW) installierte Leistung. Sie wird vollständig wärme-geführt gefahren, der Betrieb ist also auf eine maximale Wärmenutzung ausgelegt, fast 80 % der Wärme wird verkauft. Im Winter produziert sie Volllast, im Sommer wird die Leistung reduziert. Da die Gasmengen aus verschiedenen Fermentern getrennt aufgefangen werden, lassen sich neue Maschinen, Geräte, Aufbereitungstech-niken oder Spurenelemente unter identischen Bedingungen testen bzw. vergleichen. „Außerdem betreiben wir mittlerweile 20 Biogasanlagen selbst, in denen wir auch Versuche fahren“, berichtet Borgmeyer. Forschungspartner ist auch die Hochschule Osnabrück.


Lagerung von Energierüben:

Alternative Substrate stehen auch auf dem Forschungsplan der Schaumann Bioenergy, dem Hersteller von Siliermitteln und Prozesshilfsstoffen aus Pinneberg (Schleswig-Holstein). Eine Frage ist: Wie kann man Zuckerrüben verlustarm konservieren, auch als Brei in Lagunen, um die Lagerung in teuren Hochsilos zu vermeiden? Hierzu testet Schaumann eine Mischung aus Milchsäurebakterien, Hefen und Enzymen. „Aber wir sehen die Rübenbreilagerung nicht als das Verfahren der Zukunft an. In vielen Versuchen haben wir nachgewiesen, dass Rübenbrei in offenen oder abgedeckten Lagungen sehr schnell verdirbt“, erklärt Dr. Jörg Winkelmann, Geschäftsführer der Schaumann Bioenergy. Auch sei die Schichtenbildung in eine dünne Fraktion unten und den Feststoffen oben problematisch für die Entnahme aus der Lagune.


Daher sieht Schaumann die luftdichte Lagerung von ganzen Rüben im Fahrsilo als das Verfahren der Zukunft an. Auch hierfür soll es demnächst Konservierungsmittel geben. Dabei werden die ganzen Rüben mit einem Gemisch aus organischen Säuren und Benetzungsmittel besprüht. Die Behandlung soll verhindern, dass sich der Zucker in der Rübe zu Mannitol und Ethanol umwandelt. Denn bei diesen Umwandlungsprozessen geht viel Trockenmasse verloren.


Um neue Energiepflanzen zu entwickeln, arbeitet Schaumann an einer Grassaat-Mischung speziell für Biogasanlagen. Sie unterscheiden sich deutlich von denen aus der Rinderfüt-terung. „Im Rinderbereich will man proteinreiche Sorten, für die Bio­gasproduktion dagegen eher ertragreiches und faserarmes Gras mit viel Zucker“, erklärt Winkelmann.


Effizienz von Kleinanlagen:

Für die Forschung hat Schaumann eine eigene Forschungsgesellschaft, die ISF GmbH mit Sitz in Pinneberg und Hülsenberg gegründet. Auf dem Versuchsgut Hülsenberg bei Bad Segeberg betreibt die ISF zwei Biogasanlagen: Eine Anlage mit 75 kW und eine mit 780 kW. Schaumann ist mit der Schaumann Biotic Systems vor vier Jahren auch in den Anlagenbau eingestiegen und erprobt neue Technologien wie z.B. die Wärmerückgewinnung speziell für Kleinanlagen. Ein Verfahren ist z.B. das Aufheizen der Frischgülle im Gegenstromverfahren. Dabei wird die kalte Frischgülle durch ein ummanteltes Rohr gepumpt, das außen herum vom warmen, ausgegorenen Fermenterinhalt durchströmt wird.


Außerdem testet Schaumann neue Verfahren zur Entschwefelung. Denn gerade Rindergülle bringt viel davon mit in den Fermenter, was dann zum Anstieg des unerwünschten Schwefel-Wasserstoff-Gehaltes führen kann. Zu den Maßnahmen gehört beispielsweise ein Kunststoffvlies über der Holzbalkendecke im Fermenter, das den Schwefelbakterien eine bessere Besiedlungsfläche bieten soll.


Optimierte Vergärung:

Die ISF betreibt auf Gut Hülsenberg auch ein Biogastechnikum sowie ein Analytiklabor. Die Mitarbeiter überprüfen nicht nur die Silagequalität, sondern auch beispielsweise den Spurenelementbedarf für einzelne Anlagen.


Neu ist der Einsatz von Spurenelement-Chelaten. Denn anorganische Mikronährstoffe werden laut Schaumann im Fermenter häufig sehr fest von Phosphaten oder Sulfiden gebunden und so unwirksam gemacht. Die neuen Spurenelemente sind von Aminosäuren ummantelt und nach außen hin neutral, sodass sich Phosphate und andere Stoffe nicht anlagern können. Das soll die Verfügbarkeit der Nährstoffe erheblich erhöhen und damit den Bedarf reduzieren. Das ist laut Schaumann auch im Hinblick auf die Düngeverordnung und den Höchstwerten für Schwermetalle im Gärrest wichtig.


„Es gibt nicht nur einen Mangel an Mikronährstoffen in vielen Biogasanlagen, sondern auch einen Mangel an verfügbarem Stickstoff. Fünf bis zehn Prozent der Anlagen in Deutschland sind davon betroffen“, erklärt Winkelmann. Darum arbeiten die Mitarbeiter z. B. an einem Mittel, um den Gehalt an verfügbaren Stickstoff zu erhöhen. Wieder andere Betreiber wollen 50 bis 80 % Hühnertrockenkot einsetzen, was aber zum Anstieg des giftigen Ammoniaks im Fermenter führt. Für sie soll es ein neuartiges Mittel geben, das große Teile des Ammoniaks bindet und so unschädlich macht.


Eine weitere Verbesserung soll die kürzlich entwickelte Spurenelementmischung BC.Heatcon bringen. Sie kommt zum Einsatz, wenn die Temperatur im Fermenter in den Sommermonaten durch Selbsterhitzung ansteigt. Die Folgen dieses „Fermenterfiebers“ sind ein Anstieg der Säuren und eine Verschlechterung des Abbaus. Das neue Mittel soll die wärmetoleranten Bakterien fördern und die Prozessbiologie stabilisieren.


Genauso arbeitet Schaumann daran, das Substrat für die Bakterien im Fermenter auf biologischem Weg über Silierzusätze oder Enzyme günstiger und mit weniger Energieaufwand aufzuschließen als auf rein mechanischem Wege. So arbeitet Schaumann unter anderem an neuen Milchsäurebakterien und an einem neuen Verfahren, um die Enzymaktivität im Fermenter messen zu können.


Effiziente Bakterien:

Die Umwandlung von überschüssigem Strom z. B. aus Windkraftanlagen in Methan (Power-to-Gas) mit Hilfe von Mikroorganismen und die Flexibilisierung des Biogasprozesses sind Arbeitsfelder der Schmack Biogas aus Schwandorf (Bayern). Seit Jahren arbeitet der Anlagenhersteller dabei daran, Einfluss auf die Mikrobiologie zu nehmen. Nach Übernahme durch die Viessmann-Gruppe hat Schmack die Forschungsaktivitäten in eine Tochtergesellschaft, die Microb­energy GmbH, ausgegliedert. Innerhalb der Gesellschaft forscht Schmack an weiteren Bakterienstämmen.


Microbenergy hat dafür ein eigenes mikrobiologisches Forschungslabor mit 20 Mitarbeitern und das sogenannte Technikum, in dem ca. 30 Versuchsfermenter mit einem Volumen von 5 bis 250 Litern aufgebaut sind. Zudem steht am Standort in Schwandorf eine Kleinanlage mit 100 m3-Fermenter und 50 kW elektrischer Leistung. Außerdem gibt es Power-to-Gas-Testanlage mit einem Volumen von 500 bis 5 000 Litern. Außerdem forscht Schmack an der Gärrestaufbereitung von Substraten wie Bioabfällen und der Optimierung der Vergärung. Hierbei will der Hersteller u. a. die Gärbehälter besser ausnutzen, z. B. mit einer höheren Raumbelastung des Systems und einer besseren Substratausnutzung.


Modernisierung im Blick:

Der Anlagenhersteller PlanET Biogas aus Vreden (Nordrhein-Westfalen) will die Betriebskosten von Biogasanlagen weiter reduzieren. „In Deutschland hat das EEG 2014 die Betreiber stark verunsichert, die ungewisse Zukunft macht es Betreibern schwer, Investitionsentscheidungen zu treffen“, erklärt Andre Baumeister, Leiter der Produktentwicklung. Darum entwickelt PlanET Strategien für Betreiber bestehender Anlagen, um die Effizienz z. B. mit dem Austausch älterer Blockheizkraftwerke (BHKW) zu erhöhen und die Investition in der verbleibenden Restlaufzeit des EEG noch zu refinanzieren.


Mit dem Einbau eines effizienteren BHKW kann eine Biogasanlage mit 500 kW rund 32 ha Substrat einsparen, rechnet PlanET vor.


Bei der Entwicklung neuer Produkte spielt auch eine Rolle, dass PlanET bereits einen Exportanteil von 50 % hat. Darum sind exportgeeignete Technologien gefragt – wie z. B. ein Entschwefelungsnetz in Verbindung mit Spann-gurten anstelle der sonst üblichen Holzbalken im Fermenter. Für die interne Forschung stehen ein hauseigenes Labor sowie drei Mini-Versuchsfermenter zur Verfügung. „Hier testen wir die Produkte wie z. B. die Entschwefelungsleistung des Kunststoffnetzes Eco Cover, mit dem wir die Besiedlungsfläche für Schwefelbakterien im Fermenter erhöhen wollen“, beschreibt Baumeister.


Zu den neuen Entwicklungen zählt unter anderem eine günstige, externe Entschwefelung mit abbaubaren Pellets als Besiedelungsfläche. „Sie wird nötig, weil bei den Gülle-Kleinanlagen über die Speicherfolie gerade nachts Kälte eindringen kann und die Wärme nicht mehr ausreicht, damit die Bakterien entsprechend arbeiten können“, beschreibt Vertriebsleiter Dietrich Prenger-Berninghoff. Wenn dann noch die schwefelhaltige Rindergülle eingesetzt wird, kann der Schwefelwasserstoffgehalt an kalten Tagen stark ansteigen.


Wertstoffe aus Biomasse:

Auch der Anlagenhersteller Envitec Biogas aus Saerbeck (Nordrhein-Westfalen) entwickelt momentan Technologien zur Steigerung der Gasausbeute. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Erforschung alternativer Substrate. Darüber hinaus arbeitet Envitec an der Prozessüberwachung sowie an Verfahren, um den Gärrest in Wasser und Nährstoffe aufzutrennen. Ein weiteres Thema ist die Produktion von Wertstoffen aus Biomasse, um neue Erlöse zu ermöglichen. Der Fokus der Arbeit liegt dabei auf neuen Anwendungen, Verfahren und Erschließung neuer Märkte. Ziel ist es, aus einem Rohstoff möglichst viele Stoffe zu gewinnen und die Wertschöpfung aus Biomasse zu erhöhen. In Kombination mit einer Biogasanlage lässt sich die Biomasse so optimal nutzen.


Genauso neu ist die Forschung an dem HighGester, einem neuen Fermentertyp, bei dem das Substrat nicht mehr voll durchmischt ist und der mit einer höheren Raumbelastung und einer geringeren Verweilzeit betrieben wird.


Gärrest-Veredelung:

Neben der Steigerung der Effizienz und der Sicherheit von Biogasanlagen forscht auch der Anlagenhersteller Agrikomp aus Merkendorf (Bayern) an der Gärrestveredelung und -verwertung. Damit reagiert der Hersteller auf die kommende Novellierung der Düngeverordnung. Gerade in Regionen mit intensiver Viehhaltung und vielen Biogasanlagen gibt es das Problem, dass Nährstoffe und Spurenelemente (Schwermetalle) regional konzentriert anfallen. „In diesen Regionen kommt es darauf an, die Nährstoffe so aufzubereiten, dass sie in Ackerbauregionen als wertvoller Dünger genutzt werden können“, erklärt Gernot Buchta. Dazu entwickelt Agrikomp ein „Düngerwerk“. Die mehrstufige Anlage soll die flüssige Phase von separiertem Gärrest eindicken und den Stickstoff abtrennen. Ferner will Agrikomp das im Gärrest enthaltene, leicht flüchtige Ammionak in Ammoniumsulfat umwandeln, um Ammoniak-Emissionen zu minimieren.


Stromsparende Rührwerke:

Der Hersteller Xylem Water Solutions will die Effizienz der Rührtechnik in Biogasanlagen weiter optimieren. Ziel ist es, den Eigenstrombedarf der Rührwerke auf unter 1 bis 2 % der erzeugten Strommenge einer Biogasanlage zu drücken. Dafür forscht Xylem in einem eigenen Labor der Mutterfirma in Schweden, aber auch an verschiedenen Biogasanlagen in Deutschland und kooperiert mit der Hochschule Hannover. Ziel sind optimierte Rührflügel, aber auch effizientere Motoren.


Ein Produkt der Zusammenarbeit mit den Hannoveraner Wissenschaftlern ist ein Wärmetauscher in Kombination mit einem Tauchmotorrührwerk, der sich bei neuen, aber gerade bei älteren Biogasanlagen nachrüsten lässt. Er soll eine schnellere Aufheizung des Substrats bewirken, das dann mithilfe des Rührwerks im Fermenter verteilt wird. Wie strömungstechnische Untersuchungen von Xylem zeigen, hat das Substrat an der Fermenterwand die geringste Strömungsgeschwindigkeit. Entsprechend schwer verteilt sich angewärmtes Substrat von außen nach innen. „Daher haben sich die Wandheizungen, wie sie früher vielfach im Fermenter eingebaut wurden, als sehr ineffizient erwiesen“, erklärt Dr. Eilert Balssen, Marketmanager Biogas und Landwirtschaft.


Um einem Anlagenbetreiber schneller und genauer die optimale Kombination von schnell und langsam drehenden Rührwerken empfehlen zu können, hat Xylem ein entsprechendes Planungsprogramm entwickelt. Nach Eingabe u.a. von Fermenterdurchmesser und eingesetztem Substrat gibt es die geeignete Rührwerksauslegung aus. In das Programm fließen Ergebnisse der laufenden Untersuchungen zum Strömungsverhalten verschiedener Substrate und Rührwerke ein. „Um eine turbulente Strömung zu erzeugen, um frische Substrate besser einzumischen, sind kompakte Tauchmotorrührwerke mit Drehzahlen im Bereich 300 bis 500 Umdrehungen pro Minute sinnvoll“, erklärt Balssen. Um ein sperriges Substrat einzumischen, eignen sich dagegen Langsamläufer mit großen Rührflügeln besser. Sie erzeugen mehr Schub.

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