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Biogas: Von den Besten lernen

Lesezeit: 10 Minuten

Der landwirtschaftliche Buchführungsverband Schleswig-Holstein hat eine Be­­triebszweigauswertung von rund 100 Biogasanlagen erstellt. Die Ergebnisse zeigen, was erfolgreiche Betriebe besser machen.


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So mancher Bonus im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wurde in der Vergangenheit schnell wieder von steigenden Kosten aufgefressen. „Es gibt viele Risiken bei Biogasanlagen, die die ganze Branche anfangs verdrängt hat“, erklärt Dr. Dietrich Clemens, Geschäftsführer der Unternehmens-beratung Treurat & Partner, Tochter-gesellschaft des landwirtschaftlichen Buchführungsverbandes (LBV), Kiel. Investitionskosten, Finanzierung, Personal, Gärprozess oder Substratqualität auf Seiten der Biogasanlage, aber auch Markt­risiken sowie politische Entscheidungen und Auflagen sind nur einige davon.


Aktuelle Auswertung:

Das zeigt auch eine aktuelle Betriebszweigauswertung von rund 100 Biogasanlagen in Norddeutschland, die der LBV Schleswig-Holstein erstellt hat. Danach hat sich die Wirtschaftlichkeit in den letzten Jahren deutlich verschlechtert:


  • Die Substratkosten haben sich von 2012 auf 2013 um 8 % verteuert, im Jahr davor waren es plus 9 %, also eine Steigerung um 17 % innerhalb von zwei Jahren. „Und im Jahr 2014 sind die Preise um die gleiche Größenordnung gestiegen“, weiß Clemens.
  • Die Wartungskosten haben sich in den letzten fünf Jahren von 0,4 auf 0,8 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) des erzeugten Stroms verdoppelt, was auch mit dem zunehmenden Alter der Anlagen zusammenhängt.
  • Der Cash Flow (also der Saldo aus Ein- minus Auszahlungen) hat sich von 2012 auf 2013 um 48,5 % verringert und damit mehr als halbiert. Von 2011 auf 2012 waren es noch minus 9 %. Etwa die Hälfte (21 %) des Rückganges im Jahr 2013 ist auf die einsetzende Tilgung für Neuanlagen nach drei tilgungsfreien Jahren zurückzuführen. Denn viele Anlagen wurden ja nach dem EEG 2009 und Einführung des Güllebonus gebaut. „Der Rest geht auf die Kostensteigerungen zurück“, erklärt Clemens.


Der Cash Flow-Rückgang offenbart Liquiditätsengpässe. Dabei steigt der Unterschied zwischen den 25 % besten und den 25 % schwächeren Betrieben immer weiter an.


Deshalb sind viele Anlagenbetreiber gefordert, die Wirtschaftlichkeit der eigenen Anlage ständig zu überprüfen und die richtigen Stellschrauben zu finden. Im Folgenden stellen wir Ihnen die Erfolgsfaktoren der 25 % Besten vor.


Angepasste Größe:

Der Betriebsvergleich 2013 zeigt, dass das „ordentliche Ergebnis“ (also der Gewinn, der um zeitraumfremde und außerordentliche Erträge und Ausgaben bereinigt wurde) zwischen plus 12 und minus 2 ct/kWh liegen kann. „Je größer die Anlagen, desto stärker streuen die Ergebnisse“, erklärt Clemens. Denn mit der Größe steigen auch die Risiken, z. B. wirken sich hohe Substratpreise deutlich gravierender aus als bei kleineren Anlagen unter 500 Kilowatt (kW). Gerade die kleineren Anlagen, die vermutlich einen hohen Anteil des Substrates auf eigenen Flächen erzeugen und ein gutes Wärmekonzept haben, schneiden in der Auswertung besonders gut ab.


Robuste Technik:

Gute Betriebe haben nicht auf Pilotanlagen oder nicht ausgereifte Konzepte, sondern auf Standardanlagen mit hochwertiger Technik gesetzt. Dennoch haben sie nicht mehr als 3 500 € pro kW investiert. Auch vergären sie mit einer zum Substrat passenden Verweilzeit. Wer zu viele Behälter gebaut hat, schleppt nicht nur hohe Investitionskosten mit, sondern auch entsprechend hohe Betriebskosten für AfA, Zinsen, Unterhaltung und Rühraufwand.


Angepasst werden muss auch die Rührtechnik. „Drei Tauchmotorrührwerke am Rand war noch eine Lösung bei Behältern mit 21 m Durchmesser. Bei heutigen Behältern mit 25 bis 30 m muss ich dagegen Rührwerke in die Mitte setzen“, empfiehlt Clemens.


Die besten Ergebnisse erzielen die Betreiber, die robuste oder wirkungs-gradoptimierte BHKW einsetzen. Ein neuer Motor kann schnell 10 bis 15 % Rohstoffe einsparen. Bei 1 MW sind das 1 500 t oder 40 ha. Erfolgreiche Betriebe setzen dabei auf Gasmotoren. „Zündstrahler lohnen sich wegen der hohen Zündölkosten nicht, die sich in der Vergangenheit verdoppelt haben. Das macht den höheren Wirkungsgrad wieder wett“, rechnet der Berater vor.


Günstiges Substrat:

Die Substratkosten schwanken in der Auswertung zwischen 7,7 ct/kWh des eingespeisten Stroms bis über 10 ct/kWh. Die niedrigsten Preise zahlen Betreiber in Brandenburg, die höchsten die Landwirte oberhalb des Nord-Ostsee-Kanals in Schleswig-Holstein, vor allem auf dem Mittelrücken und an der Westküste. „Die Substratkosten sind ein Erfolgsfaktor, weil sie rund über die Hälfte des Gesamtumsatzes ausmachen können“, analysiert der Berater. Doch die günstigen Substrate in Ostdeutschland können nicht alle Betreiber in Erfolg ummünzen, was laut Clemens zum Teil an der Organisation der Anlagen liegt.


Zu den Kosten kommt auch die Qualität. Gerade im Norden Schleswig-Holsteins haben die Landwirte in den letzten drei Jahren Maisernten mit Erträgen um die 30 t/ha und gleichzeitig geringen Energieinhalten eingefahren. Parallel zu den teuren Substratpreisen aufgrund der hohen Anlagendichte verschärft das die Situation nochmals – ein ganz klares Standortproblem.


Die Substratkosten können bei einem einheitlichen Einkaufspreis von 40 €/t, aber unterschiedlichen TS-Gehalten stark schwanken. Geht ein Betreiber bei einem Preis von 40 €/t FM frei Platte von durchschnittlichen Gaserträgen aus, kann bei abweichenden Qualitäten ein Missverhältnis entstehen. Erreicht der Mais z. B. nur rund 28 % TS, entspricht das einem Wert von nur 34 €/t.


Bei 38 % TS dagegen wäre die Tonne 46 € wert „Biogasbetreiber, die nicht nach TS-Gehalten abrechnen, tragen ein hohes kaufmännisches Risiko“, warnt Clemens. Er rät dringend dazu, bei neuen Substratlieferverträgen auch eine Qualitätskomponente wie z. B. Megajoule NEL oder Stärkegehalt mit aufzunehmen: Wer nach Qualität bezahlt, gibt unterm Strich weniger aus. Und je weiter die Transportentfernung ist, desto hochwertiger sollte der Mais sein.


Gutes Substratmanagement:

Gute Betriebe rechnen auch genau, bevor sie bei hohen Maiskosten auf ein anderes Substrat ausweichen. Auch haben sie ein eigenes Substratkonto und bezahlen die Ernte nicht vom normalen Betriebskonto. Denn das kann bei höheren Erntemengen oder beim Preisanstieg schnell zu Liquiditätsengpässen führen.


Ein wichtiger Erfolgsfaktor stellt die Effizienz der eingesetzten Substrate dar. Clemens geht im Durchschnitt von rund 1 380 kWh/t TS Maisäquivalent aus. Maisäquivalent bedeutet: Hierbei rechnen die Berater die aktuell eingesetzten Rohstoffe einer Anlage anhand von KTBL-Daten auf die Maismenge um, die benötigt würde, wenn der Betreiber ausschließlich Mais einsetzen würde. Auf diese Weise sind die Anlagen miteinander vergleichbar. „Betreiber sollten einen Wert von 1 400 kWh/t TS anstreben, die besten Betriebe erreichen bis zu 1 500 kWh pro Tonne TS Maisäquivalent“, berichtet Clemens.


Die Raumbelastung der guten Betriebe liegt bei 2,5 bis 3 kg oTS/m3 Fermentervolumen und Tag. Weniger erfolgreiche Betreiber dagegen erreichen eine Raumbelastung von unter 2 kg, haben also zu groß gebaut für die vorhandene Futtermenge. Oder sie füttern über 3 kg oTS/m3 und Tag, was die Viskosität im Behälter, den Stromverbrauch und den Verschleiß erhöht und die Substratausbeute verringert.


Auch die Auswahl der Substrate und der Mischungspartner ist entscheidend. Laut Clemens sollte Ganzpflanzensilage (GPS) bei über 60 Tagen Verweilzeit vergoren werden. „Die Futtereffizienz kann sonst auf unter 1 000 kWh/t TS absacken“, schildert er die Folge. Gute Betriebe setzten GPS erfolgreich ein, haben dann aber auch mehrere Behälter und erreichen 150 Tage Verweilzeit.


Auch eine Kombination von Zuckerrüben und GPS hat sich als günstig erwiesen, fast unmöglich dagegen eine Kovergärung von GPS und Grassilage. Grundsätzlich rät Clemens von Gersten-GPS ab: „Sie ist meist viel zu trocken, weil sich der richtige Erntezeitpunkt nur schwer finden lässt.“ Besser eignen sich Roggen- oder Weizen-GPS.


Auch der Einsatz von Wirtschaftsdünger kann lukrativ sein. Aber auch hier muss das Management stimmen. Bei viel Gülle trennen einige Betreiber die Produkte nach Verdaulichkeit, in dem sie einen Behälter ausschließlich für die Güllevergärung einsetzen. Denn sie hat eine deutlich kürzere Verweilzeit. Energiepflanzen werden dagegen bei diesem Konzept in einem zweiten Behälter in „Quasi-Trockenfermentation“ vergoren.


Kontrolle des Prozesses:

Die erfolgreichen Betreiber haben einen guten Überblick über kaufmännische Erfolgsparameter, aber auch über produktionstechnische Daten. Sie nutzen zwar externe Büros als Dienstleister oder als Lieferant von Spurenelementen. Aber sie behalten den Gärprozess selbst im Auge, z. B. mit einem eigenen kleinen Hoflabor. Die guten Betriebe bestimmten täglich den FOS/TAC-Wert, also das Verhältnis der freien Fettsäuren zum Carbonatpuffer.


Als ebenso wichtig hat sich der TS-Gehalt des Fermenterinhalts erwiesen. „Das ist ein wesentlicher Parameter, um eine Anlage effizient zu führen und Verschleiß zu mindern“, resümiert Clemens. Der TS-Gehalt sollte nach seiner Erfahrung nicht wesentlich über 9 % steigen. Darüber verschlechtert sich die Viskosität des Fermenterinhalts deutlich.


Wenig Eigenstrom:

Gute Anlagen schaffen heute einen Eigenstrombedarf von unter 5 %. „Nur 1 % weniger Eigenstrombedarf machen bei einer 500 kW-Biogasanlage 7 000 bis 8 000 € Ein­sparung im Jahr aus“, rechnet der Berater vor. Viele schielen dabei auf die Rührwerke, aber die verbrauchen bei gut laufenden Anlagen maximal 10 % des gesamten Stroms, wie Auswertungen zeigen.


Wichtig ist dagegen das Zusammenspiel der Rührwerke, die Rezirkulation oder der flüssigen Phase nach der Separation. Wenn sich der Fermenterinhalt gut rühren lässt, senkt das die Stromaufnahme der Rührwerke und steigert die Futtereffizienz“, hat Clemens beobachtet.


Um den Eigenstromverbrauch genau zu ermitteln, sollten die Betreiber von jedem Aggregat den Stromverbrauch messen und dann analysieren, wo eventuell welches Bauteil auszutauschen ist.


Gutes Management:

Es zeichnet die erfolgreichen Betriebe auch aus, dass sie mit Störungen und anderen Problemen besser umgehen und diese schneller lösen. So gibt es einen BHKW-Hersteller, bei dem häufig Nockenwellenschäden auftreten. Erfolgreiche Betriebe haben sich darüber informiert und dann rechtzeitig den Ventilrückstand messen lassen und die Nockenwelle vor einem ungeplanten Ausfall ausgetauscht.


Das gleiche betrifft die Holzbalkendecke im Fermenter. „Nach fünf Jahren steigt die Gefahr, dass die Balken brechen, in den Fermenter fallen und z. B. ein Rührwerk beschädigen können“, berichtet Clemens.


Daher planen weitsichtige Betriebe den Austausch der Balken oder den Umstieg auf eine andere Dachkonstruktion bzw. externe Entschwefelung rechtzeitig ein, bevor es zum Schaden kommt. Und legen den Austausch geschickt mit anderen Revisionsarbeiten wie eine Motorwartung zusammen, um die Ausfallzeiten zu minimieren. „Gute Anlagen kommen auf eine Auslastung von deutlich über 93 %, was nur mit wenig Ausfällen zu erreichen ist“, sagt Clemens.


Auch analysieren diese Betreiber die Wartungskosten. Im Schnitt liegen die Wartungskosten bei 1,4 ct/kWh für die gesamte Anlage. Clemens kennt aber auch Anlagen, die allein schon beim BHKW im Schnitt der Jahre bei 1,6 ct pro kWh liegen: „Darauf muss der Betreiber sofort reagieren!“ Ansonsten spart er vielleicht Rohstoffe wegen des höheren Wirkungsgrades ein, gibt das Geld aber für Wartung wieder aus.


Die guten Betriebe nutzen laut Auswertung mindestens die Hälfte der anfallenden Wärme nachhaltig und zu einem guten Preis. „Damit ist nicht die Trocknung gemeint, sondern beispielsweise ein Wärmenetz“, schränkt Clemens ein. Dazu gehört, Satelliten-BHKW dort aufzustellen, wo eine gute Wärmenutzung möglich ist.


Wie Clemens und seine Kollegen ermittelt haben, kümmern sich die guten Betriebe auch um ihre Substratlieferanten, z. B. mit einem guten Essen und einer professionellen Auswertung des Ackerbaus einmal im Jahr. „Das bindet die Lieferanten, weil sie sich dazugehörig fühlen“, erläutert Clemens.


Die guten Betriebe setzen auf qualifiziertes Personal, das meist eine handwerkliche Ausbildung hat. Zudem pflegen die Betreiber ein gutes Verhältnis zu den Genehmigungsbehörden, den Banken und Versicherungen.


Hinrich Neumann

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