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Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

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Das Auge riecht mit!

Lesezeit: 5 Minuten

Zur Emission gehören für mich nicht nur Geruch und Lärm, sondern auch der optische Eindruck, macht Andreas Rugen aus Breddorf bei Zeven (Niedersachsen) deutlich. Der Ackerbauer hat seine Biogasanlage Anfang 2004 in Betrieb genommen. Schon zu Beginn der Planung zeigten sich Widerstände von Seiten der Gemeindevertretung. Die Nachbarn dagegen waren nicht gegen die Anlage. Da Rugen in der Planungsphase noch nicht von dem Bonus für nachwachsende Rohstoffe ausgehen konnte, den die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes jetzt vorsieht, wollte er die 330 kW-Anlage zunächst für organische Kosubstrate genehmigen lassen. Der Emissionsschutz fing für ihn daher schon bei der Standortwahl an. Wir hätten die Anlage auch direkt neben dem Hofgelände bauen können. Aber ich habe den Standort freiwillig um ca. 400 Meter von der Wohnbebauung weg bis zu meiner Grundstücksgrenze verlegt, führt er an. Das hat ihn zwar rund 40 000 E mehr gekostet. Doch er rechnet jetzt mit weniger Diskussionen bei Nachbarn und der Kommune, falls durch einen technischen Defekt wider Erwarten doch einmal etwas in der Anlage riechen sollte. Heute setzt er weder Kosubstrate aus der Ernährungsindustrie noch Gülle ein, sondern nur Silage nachwachsender Rohstoffe wie Mais und Gras sowie Roggenganzpflanzensilage. Allerdings hat er sich die Möglichkeit offen gehalten, auch Gülle von Nachbarbetrieben aufzunehmen. Vorgruben fressen Energie Von mehreren Anlagenbesichtigungen weiß er, dass Gerüche vor allem bei der Annahme von Kosubstraten auftreten können. Eine offene Vorgrube schied für ihn daher gleich aus. Sie sind für mich nicht nur Gestanksverursacher, sondern auch Energiefresser, weil hier leistungsstarke Pumpen und Rührwerke ständig laufen müssen, lautet seine Erfahrung. Die Beschickung des Fermenters mit festen und flüssigen Stoffen hat er bei seiner Anlage getrennt. Die festen Stoffe wie z. B. Mais- und Grassilage füllt er in einen umgerüsteten Futtermischwagen ein, den ein 5 kW-Elektromotor antreibt. Von hier aus gelangen sie zeitgesteuert mehrmals am Tag über ein geschlossenes Schneckensystem in den Fermenter. Der Futtermischwagen ist nach unten geschlossen, so dass keine Flüssigkeiten wie Sickersäfte austreten können. Die Entnahme am Silohaufen und das Einfüllen übernimmt ein Teleskoplader mit Greifschaufel. Der Vorteil aus Rugens Sicht: Beim Greifen entweicht weniger Geruch aus der Silage, als wenn z. B. eine Radladerschaufel den Haufen von unten anhebt. Für eine neue Maschine hat er sich u.a. aus optischen Gründen entschieden: Es macht keinen guten Eindruck, wenn aus einem alten Radlader ständig irgendwo Öl leckt. Die Silage lagert er auf einer Siloplatte, für die er rund 30 E/m2 bezahlt hat. Sickersäfte aus der Silage gelangen über einen Sammelschacht auch in die Biogasanlage. Die oft diskutierten, alternativen Abdeckungen der Silage anstatt der herkömmlichen Folie lehnt er ab: Apfeltrester wäre als industrielles Kosubstrat förderschädlich für den Nawaro-Bonus, Bewuchs dagegen wie Roggen oder eine Abdeckung aus Festmist können Geruch nicht verhindern. Der Platz rund um den Futtermischwagen ist aus einer stabilen Platte aus säurefestem Beton erstellt. Rugen hat ihn so groß gestaltet, dass die Vorderräder des Teleskopladers darauf stehen können. Damit will er vermeiden, dass sich mit der Zeit Spurrillen ergeben, in denen sich auch wieder Flüssigkeit sammeln könnte. Für eventuelle flüssige Kosubstrate wie Gülle hat er einen geschlossenen Tank mit 27 m3 Volumen vorgesehen. Dieser fungiert auch als Vorratsbehälter, von wo aus die Flüssigkeiten in den Fermenter gelangen. Der Vorteil: Da alles im geschlossenen System (Güllefass, Tank, Fermenter) bleibt, entstehen keine Gerüche. Und wie eine Energiebilanzierung seiner Anlage zeigt: Er benötigt nur 3% des erzeugten Stroms für die Eigenversorgung der Anlage. Andere Betreiber mit Vorgruben berichten dagegen von 7 bis 8% Eigenstrombedarf, erläutert der Landwirt. Auch mit 5 000E Investitionskosten liegt er bei dem Tank unter denen einer Vorgrube, ist er überzeugt. Die Abdeckung der Fermenter bestehen aus einer Gasmembran sowie einem darüber liegenden Tragluftfoliendach als Wetterschutz. Da durch die Folie der Gasmembran auch Gerüche entweichen können, erfolgt eine Querlüftung unterhalb des Tragluftfoliendaches. Der ständige Durchzug von frischer Luft verhindert, dass riechende Luft unter dem Foliendach stehen bleibt und gerade im Sommer bei Erwärmung der PE-Folie entweicht, erläutert er diese weitere Emissionsschutzmaßnahme. Ob Biogas zwischen Folie und Fermenterwand entweicht, kontrolliert er zusätzlich an der Flüssigkeitsanzeige des Klemmschlauches. Gärprozess wird jede Woche im Labor gecheckt Um Fehlgärungen im Fermenter und damit einen Anlagenausfall zu verhindern, lässt Rugen zweimal wöchentlich Substratproben aus dem Fermenter untersuchen und erhält anschließend per Fax Empfehlungen, ob er in der Fütterung etwas verändern muss. Gerade im ersten Jahr des Anlagenbetriebs lege ich viel Wert darauf, weil man als Betreiber noch nicht die Erfahrung hat, begründet er das. Schon zweimal war das Säurepufferungsvermögen im Fermenter stark abgefallen, ohne dass er es an äußeren Anzeichen gemerkt hätte. Wir konnten zum Glück rechtzeitig gegensteuern und eine Havarie verhindern, stellt er erleichtert fest. Der BHKW-Container steht vom Dorf abgewandt hinter den Fermentern, die damit gleichzeitig als Lärmschutzwand fungieren. Da sich viele Bürger für die Anlage interessieren, legt Rugen Wert auf ein harmonisches Bild schon bei der Zuwegung. Ein Behördenvertreter hat mir mal gesagt, man könne schon am gemähten Rasen erkennen, ob der Betrieb in Ordnung ist, begründet er dieses. Mit Kleinigkeiten wie regelmäßigem Fegen von Silageresten oder einem eigenen Wasseranschluss zum Reinigen mit dem Wasserschlauch sorgt er für Sauberkeit. Jetzt soll eine Eingrünung der Anlage das unterstützen. Einen Zaun dagegen lehnt er ab, weil dieser Misstrauen hervorrufen könnte. Denn Rugen weiß aus der Erfahrung von anderen Betreibern: Das Auge der Nachbarn riecht mit!

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