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Das Endlager unter dieHaube bringen

Lesezeit: 6 Minuten

Nach dem EEG 2012 müssen neue Gärrestlager abgedeckt werden. Außerdem sind 150 Tage Verweilzeit vorgeschrieben. Die Auswirkungen auf alte und neue Biogasanlagen beschreibt Dr. Gerd Reinhold, Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft.


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Das seit Januar 2012 geltende Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2012) hält so manche böse Überraschung für Biogasanlagenbetreiber bereit. Dazu zählt unter anderem die Vorschrift in § 6, dass neu gebaute Gärrestlager „technisch gasdicht abgedeckt“ sein müssen. Gleichzeitig muss die Mindestverweildauer des eingefüllten Substrats im gasdichten System mindestens 150 Tage betragen. Damit soll die Emission des klimaschädlichen Methans aus Biogasanlagen reduziert werden. Die Regelung betrifft nicht nur Betreiber von neuen Anlagen. Auch Landwirte, die eine bestehende Anlage erweitern wollen, kann diese Vorschrift treffen.


Das ist der Fall, wenn z.B. ein zusätzlicher Nachgärer oder ein neues Gärrestlager zusammen mit einem neuen Blockheizkraftwerk (BHKW) errichtet und dann als neue Biogasanlage nach dem EEG 2012 eingestuft werden.


Die Forderung nach 150 Tagen Mindestverweildauer hat eine Reihe von Auswirkungen auf folgende Bereiche:


  • Substratauswahl,
  • Bau- und Betriebskosten,
  • Genehmigungsverfahren.


1. Substratauswahl: Die Festlegung auf 150 Tage Verweilzeit macht den Betreiber bei der Substratauswahl sehr unflexibel. Denn bei einem Wechsel der Substrate können sich schnell andere Verweilzeiten ergeben. Bei Gülle liegt diese zwischen 30 und 60 Tagen, bei Silage dagegen zwischen 50 und 100 Tagen. Wie auch Untersuchungen an bestehenden Anlagen zeigen, sinkt die mittlere Verweilzeit bei höherem Gülleanteil deutlich.


Das bedeutet: Um die 150 Tage Verweilzeit bei hohem Gülleeinsatz einhalten zu können, muss das Gärvolumen entsprechend groß sein. Damit verteuern sich diese Anlagen erheblich. Praktiker werden dadurch angeregt, den Gülleanteil auf das verfahrenstechnisch nötige Maß zu begrenzen.


Auch beim Austausch von Getreide durch Silage kann es vorkommen, dass das errichtete, gasdicht abgedeckte Volumen nicht mehr für den Nachweis der 150 Tage ausreicht.


2. Bau- und Betriebskosten: Bei den Mehrkosten für die gasdichte Abdeckung des Gärrestlagers werden oft nur die Kosten der eingesetzten Folienhauben einkalkuliert. Das ist aber zu kurz gesprungen. Denn zusätzlich müssen folgende Kosten mit berücksichtigt werden:


  • Traglufthaube (Doppelfolie) mit Unterbau,
  • passiver Korrosionsschutz, inkl. Sandstrahlen, Untergrundvorbehandlung (ca. 45 €/m²),
  • Anschluss des Gasraums an das Gassystem,
  • Rührwerk inklusive Anschluss etc., da externe Mixer wegen des Foliendachs nicht mehr einsetzbar sind.


Dazu kommen die Kosten für die Isolierung. Auch wenn sie eigentlich nicht notwendig wäre, wird sie häufig angebracht. Gründe hierfür sind neben der besseren Ausgasung auch die Vermeidung extremer thermischer Spannungen im Beton.


Nach Herstellerangaben ergeben sich für gasdicht abgedeckte Betonbehälter mit 1 500 bis 5 000 m³ Volumen spezifische Herstellungskosten zwischen 65 und 110 €/m³ (Übersicht 1). Mehr als 50 % der Kosten verursacht dabei die gasdichte Abdeckung. Vergleicht man nun eine gülle- und eine maisdominierte Biogasanlage mit einer Leistung von 200 kW, unterscheiden sich die Anlagen bei gleicher Substratzufuhr (2,5 kg/m² und Tag) erheblich. Die Maisanlage benötigt neben einem etwas kleineren Fermenter ein wesentlich kleineres gasdichtes Gärrestlager (Übersicht 2). Unterstellt man einen Mehraufwand für die gasdichte Lagerung bei der Gülleanlage von 50 €/m³, so ergibt sich allein aus der gasdichten Gärrestlagerung ein Kostenvorteil von 115 000 € für die maisdominierte Anlage.


Allerdings ist ein Umbau bzw. die nachträgliche gasdichte Abdeckung vorhandener Lagerstätten oft zu teuer oder aus technischen Gründen nicht möglich. Der Neubau eines gasdichten Gärrestlagers schafft zwar mehr Güllelagerkapazität, aber zu sehr hohen Kosten.


Zusätzlich sind für die Homogenisierung des Behälterinhaltes zusätzliche Stromkosten für die Rührwerke zu kalkulieren. Überschlägig kann man von einem mittleren Leistungsbedarf von 1 bis 3 Watt pro m³ Behältervolumen ausgehen, woraus sich Kosten von 1 bis 2 €/m³ Gülle ergeben können.


Der Gülleeinsatz führt aber auch zu höheren Einnahmen, die den höheren Kosten gegenübergestellt werden müssen. Denn Gülle fällt nach dem neuen EEG in die Einsatzstoffvergütungsklasse II. Beim Einsatz der hier gelisteten Substrate erhält der Betreiber 8 Ct/kWh und damit 2 ct/kWh mehr als bei Stoffen wie Mais, der unter die Einsatzstoffklasse I fällt (6 Ct/kWh).


Bei einem unterstellten Stromertrag von 50 kWh/m³ Gülle ergibt sich beim Gülleeinsatz ein ökonomischer Vorteil von 1 €/m³. Weiterhin ersetzt 1 m3 Gülle Kosten für Mais in Höhe von ca. 4 €.


Die ökonomischen Vorteile reichen jedoch oft nicht aus, um den Mehraufwand zu kompensieren – vor allem dann nicht, wenn noch Transportkosten an­fallen.


Die Folge in der Praxis dürfte eine geringere Güllenutzung sein. Damit bleibt Gasbildungspotenzial, das deutschlandweit in der Größenordnung von 600 000 ha Maisanbaufläche liegt, ungenutzt.


3. Genehmigungsrecht: Bei einer Überschreitung des Speichervolumens von 10 t Biogas in der Anlage ist eine Genehmigung nach der Störfallverordnung erforderlich. Grund: Mit der gasdichten Abdeckung der Gärrestlager, die in der Regel ein- bis zweimal pro Jahr geleert werden, entsteht ein sehr großes Gasvolumen. Denn neben dem Volumen des Gasspeichers wird auch das gesamte Behältervolumen des Fermenters zur Berechnung des Speichervolumens herangezogen.


Entsprechend dem Methangehalt wiegt Biogas zwischen 1,34 kg/m³ (50 % CH4) und 1,28 kg/m³ (55 % CH4). Daher wird die Grenze von 10 t bei einem Gasspeichervolumen zwischen 7 500 und 7 800 m³ erreicht. Unterstellt man eine 250-kW-Anlage mit einer täglichen Substratzufuhr von 2,5 kg/m³ Fermentervolumen, so führt ein Gülleanteil von 50 bis 60 % schon zur Überschreitung der Zehn-Tonnen-Grenze. Die Anlage würde demnach der Störfallverordnung unterliegen. Wer also mehr als 60 % Gülle einsetzen will, um die Wärmenutzungspflicht zu umgehen, erkauft sich dieses mit erhöhten Genehmigungsanforderungen.


Fällt die Biogasanlage unter die Störfallverordnung, muss der Betreiber eine Reihe von neuen Dokumentations- und Überwachungspflichten erfüllen. Dazu kommen der Aufwand für die Erstellung der Genehmigungsunterlagen und weitere Kosten. Probleme kann der Betreiber aber auch bei der Vorstellung des Vorhabens z. B. im Gemeinderat oder der Bürgerversammlung bekommen. Denn der Begriff „Störfallanlage“ könnte die Bürger abschrecken.


Die Pflicht zur Abdeckung des Gärrestlagers bedeutet nicht nur Mehrkosten. Der Betreiber soll einerseits die 150 Tage Verweilzeit einhalten. Er muss aber auch nach den Länderverordnungen über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen 180 Tage Gülle­lagerkapazität vorhalten. Das gasdicht abgedeckte Gärrestlager hat somit eine Doppelfunktion. Wenn z. B. der in Übersicht 3 als Nachgärer bezeichnete Behälter als Gärrestlager genutzt wird, ist eine Anrechnung des Volumens auf die 180 Tage Lagerzeit möglich. Das Behältervolumen wird dann aber bei der Gasspeicherkapazität nach der Störfallverordnung angerechnet, da ja Gärrestlager regelmäßig entleert werden.

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