Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Start der Ernte 2024 Agrarpaket der Bundesregierung Pauschalierung

Aus dem Heft

„Den Installateur in die Pflicht nehmen!“

Lesezeit: 6 Minuten

Wenn eine Photovoltaikanlage schlecht läuft, beschuldigen sich Hersteller und Installateure häufig gegenseitig. Über Lösungen diskutierte top agrar mit Dr. Kai Dobelmann, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie.


Das Wichtigste zum Thema Energie freitags, alle 4 Wochen per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

top agrar: Häufig beklagen Landwirte, dass Reklamationen bei defekten Photovoltaikanlagen nicht richtig ernst genommen werden. Woran liegt das?


Dr. Kai Dobelmann: Das Problem ist, dass Module, Wechselrichter und Montagegestelle selten aus einer Hand kommen. Meistens stellt der Händler die Komponenten zusammen. Mit ihm machen Sie als Kunde den Vertrag. Anschließend installiert ein Handwerker die Anlage auf dem Dach.


top agrar: Vor wenigen Monaten hat ein Modul bei der Großanlage im hessischen Bürstadt einen Brand ausgelöst. Da kann man doch nicht den Installateur verantwortlich machen, oder?


Dobelmann: An diesem Fall wird deutlich: Der Händler sieht den Modulhersteller in der Pflicht. Der steht aber auf dem Standpunkt, die Anlage hätte wegen der Feuergefahr nicht mit Holzlatten auf Dachpappe montiert werden dürfen. Schnell schieben die Verantwortlichen bei Problemen den Schwarzen Peter hin und her, während der Anlagenbetreiber im Regen stehen bleibt.


top agrar: Es gibt auf dem Markt einige Zertifikate, die ein Mindestmaß an Sicherheit versprechen. Beispielsweise das IEC-Zertifikat oder Garantien des Modulherstellers. Was kann der Kunde darauf geben?


Dobelmann: Das ist nur eine vermeintliche Sicherheit. Die IEC-Normen werden in der Branche zwar als Lebensdauertest verkauft. Aber das Zertifikat ist nur eine Musterzulassung, bei der ein Teil der Module darauf überprüft werden, ob sie die internationale Baumusternorm einhalten. Über Lebensdauer sagt das überhaupt nichts aus. Auch die Garantien des Herstellers über die Lebensdauer von Modulen sind problematisch, da sie zum Teil gar nicht einklagbar sind.


top agrar: Dann ist auch die Werbung asiatischer Hersteller wie Yingli, vom deutschen TÜV zertifiziert zu sein, nur bedingt aussagekräftig?


Dobelmann: Genau. Wir haben riesige Probleme mit Importen aus Fernost. Selbst wenn der Hersteller im Garantiefall neue Module zur Verfügung stellt, muss der Importeur dafür die Einfuhr-Umsatzsteuer, den Transport und die Versicherung zahlen. Das kostet bis zu 30 % des Modulwertes, die er an den Kunden weitergeben muss.


top agrar: Der Bundesverband Solarwirtschaft hat mit dem Elektrohandwerk einen Anlagenpass entwickelt, mit dem der Installateur bescheinigt, dass er ein hochwertiges Produkt übergibt. Ist das der richtige Weg?


Dobelmann: Das sehen wir kritisch. In dem Anlagenpass ist nicht definiert, wie die Anlage richtig installiert werden soll. Er ist nur eine Zustandsbeschreibung, die der Installateur selbst anfertigt. Theoretisch könnte damit der Installateur auch angeben, dass er sich nicht an die Montagevorgaben des Herstellers gehalten und damit dem Kunden die Garantie verwirkt hat. Vor Gericht hilft der Pass also nur bedingt.


top agrar: Was kann der Kunde tun, um sich beim Kauf abzusichern?


Dobelmann: Wer nur eine Solaranlage bestellt, ist vor Gericht ziemlich hilflos. Deshalb raten wir, eine Bestellung „gemäß RAL-Gütezeichen 966“ auszuführen. Damit ist genau definiert, woraus eine Anlage bestehen muss, wie sie zusammengestellt und montiert werden muss. Damit wollen wir die Zuständigkeiten definieren und verhindern, dass die Verantwortung hin- und her geschoben wird. Wenn der Handwerker das unterschrieben hat, kann ein Gutachter im Streitfall schnell klären, ob er sich an die Anweisung gehalten hat.


top agrar: Aber lassen sich die Handwerker auf so einen Vertrag ein?


Dobelmann: Zurzeit haben 170 Unternehmen aus der Solarbranche das RAL-Gütesiegel erworben. Auch Banken und Versicherungen interessieren sich dafür. Denn auch sie leiden darunter, wenn die Anlage nicht richtig läuft und der Kunde den Kredit nicht bedienen kann. Jetzt kommt es darauf an, dass der Kunde auf die Einhaltung der Qualitätskriterien besteht. Bis Januar 2009 hatten wir ja die Situation, dass die Installateure und Händler am längeren Hebel saßen. Heute kann sich der Kunde den Installateur aussuchen.


top agrar: 170 Installateure sind ja bezogen auf ganz Deutschland noch recht wenig. Was mache ich als Kunde, wenn ich keinen Handwerker finde, der das Gütesiegel trägt?


Dobelmann: Es kommt gar nicht darauf an, dass der Handwerker zertifiziert ist. Denn das ist wie bei den IEC-Normen: Das Zertifikat allein sagt noch nichts darüber aus, ob die Anlage auch richtig montiert ist und lange hält. Wichtig ist, dass der Installateur unterschreibt, dass er die Anlage gemäß RAL-GZ 966 geliefert und installiert hat.


top agrar: Wie kann ich einen guten Handwerker erkennen, auch wenn er nicht das RAL-Gütesiegel trägt? An der Ausbildung?


Dobelmann: Das wäre schön. Aber es gibt keine anerkannte Ausbildung zum Solar-Installateur. Die Handwerkskammern haben sich in der Vergangenheit auf den Standpunkt gestellt, dass eine Meisterausbildung ausreicht. Aber ein Elektriker ist kein Fachmann für Dachstatik. Ein Dachdecker oder ein Sanitärfachmann kennt sich dagegen nicht mit der Elektroinstallation aus. Aber alle drei Berufsgruppen installieren PV-Anlagen. Es fehlt eine Gesamtausbildung, die sich neben der Elektrik auch mit Dachstatiken, Schnee- und Windlasten usw. beschäftigt.


Die DGS hat zwar Solarschulen eingerichtet. Aber das sind reine Weiterbildungskurse, keine akkreditierten Ausbildungsstätten.


top agrar: Aber es gibt doch erfolgreiche Installateure. Welchen beruflichen Hintergrund haben diese?


Dobelmann: Das sind in der Regel keine Meisterbetriebe, sondern eher Quereinsteiger aus anderen Branchen. Sie haben für spezielle Tätigkeiten wie z. B. für den Elektroanschluss einen Meister eingestellt.


top agrar: Häufig helfen Landwirte bei der Montage der Module mit, um die Montagekosten zu senken. Wie sieht es da mit dem Güteschutz aus?


Dobelmann: Ich will niemandem davon abraten, aber man muss wissen: Wer mithilft, übernimmt auch einen Teil der Verantwortung. Daher sind genaue Absprachen mit dem Lieferanten bzw. dem Installateur der Anlage wichtig und schriftlich zu fixieren.


top agrar: Was würden Sie zusammenfassend dem Landwirt als Käufer mit auf den Weg geben?


Dobelmann: Wichtig ist, dass man sich nicht blind auf Zertifikate verlässt, sondern sich einen definierten Standard für Komponenten, Planung und Ausführung schriftlich bestätigen lässt. Auch rate ich zu mehr Gelassenheit bei der Investition. Anders als bei Investitionsgütern wie bei einem Traktor oder einem Melkstand braucht man die Photovoltaikanlage ja nicht unbedingt für den Betrieb.


Sie sollte ein gutes Investment sein, deshalb darf kein Zeitdruck bei der Entscheidung bestehen. Daher sollte der Landwirt darauf achten, dass er seine Bestellung auch vertraglich absichert. Denn wichtiger als eine schnelle Montage ist doch bei dem teuren Investment, dass die Anlage auch zwanzig Jahre hält. Hinrich Neumann

Die Redaktion empfiehlt

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.