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Die 10 größten Baustellen der Energiewende

Lesezeit: 7 Minuten

Die Energiewende steht am Scheideweg. Ganz gleich, welche Regierung nach der Bundestagswahl am Ruder steht: Es gibt einiges zu tun. Hier die wichtigsten zehn Aufgaben.


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Der Motor läuft prima. Aber keiner hält das Steuerrad fest. Und ein Fuß tritt aufs Gaspedal, der andere auf die Bremse. So lässt sich die aktuelle Situation der Energiewende in Deutschland beschreiben. Die Erneuerbaren-Branche will Gas geben, Bremser sind Politiker, Energieversorger, Wirtschaftsverbände und viele mehr.


Ideen, was zu tun ist, gibt es viele. Wir haben die wichtigsten Punkte aufgelistet, die auf jeden Fall auf die Agenda der nächsten Bundesregierung gehören.


1. Energiekonzept:

Derzeit plant fast jedes Bundesland seine eigene Energiewende. Dadurch sind laut Bundesnetzagentur bundesweite Vorhaben wie der Netzausbau schwer zu koordinieren. Wissenschaftler sehen aber auch im Energiekonzept des Bundes Probleme. Denn die 28 Einzelziele sind schlecht aufeinander abgestimmt. So sollen Industrie und Verbraucher auf der einen Seite den Stromverbrauch in Deutschland reduzieren. Gleichzeitig werden Technologien wie die E-Mobilität oder Elektroheizungen den Stromverbrauch erhöhen. Zudem verfolgen Umwelt- und Wirtschaftsministerium unterschiedliche Interessen.


Aufgabe der Regierung: Die Energiewende mit den Bundesländern besser abstimmen und ein allein zuständiges Energieministerium schaffen.


2. EEG-Reform:

Die Förderung einzelner Technologien mit eigenen Stromtarifen war erfolgreich. Doch künftig müssen die Technologien stärker miteinander verzahnt werden. Das EEG deckt die Speicherung von Wind-, Solar- und Biogasstrom in Batterien oder Wasserstofftanks und die anschließende Einspeisung des Stroms ins Netz nicht ab. Außerdem gibt es erhebliche Wettbewerbsverzerrungen zwischen Energie- und Nahrungsmittelproduktion.


Aufgabe der Regierung: Anpassen des EEG an die neuen Aufgaben der erneuerbaren Energien. Und dafür Sorge tragen, dass der weitere Ausbau der neuen Energien nicht auf Kosten der klassischen Landwirtschaft geht.


3. EEG-Umlage:

Die Umlage ist – vereinfacht dargestellt – die Differenz zwischen dem Börsenstrompreis und der EEG-Förderung. Im Moment liegt sie bei rund 5 Cent je Kilowattstunde (ct/kWh), könnte im Jahr 2014 auf über 6 ct ansteigen. Da Wind- und Photovoltaikanlagen keine Brennstoffkosten und damit niedrige Grenzkosten haben, verursachen sie mittags oder an windreichen Tagen niedrige Börsenstrompreise (Merit-Order-Effekt). Dadurch sorgen sie selbst für einen Anstieg die EEG-Umlage.


Aufgabe der Regierung: Den Ausgleichsmechanismus so ändern, dass ein sinkender Börsenstrompreis nicht nur der Wirtschaft, sondern auch den Bürgern zugute kommt.


4. Emissionshandel:

Der Handel mit CO2-Zertifikaten findet faktisch nicht statt. Für das Recht, eine Tonne CO2 ausstoßen zu dürfen, zahlen Industrie oder Energiewirtschaft derzeit 4 €. Die Bundesregierung hatte 20 bis 30 €/t erwartet. Mit den Einnahmen aus dem Emissionshandel finanziert der Bund Förderprogramme wie das Marktanreizprogramm Erneuerbare Energien. Fehlen Gelder aus dem Emissionshandel, sind auch Fördertöpfe leer.


Bei niedrigen Zertifikatspreisen investieren die Energiekonzerne auch nicht in Klimaschutzmaßnahmen. Aus diesem Grund haben die Kohlekraftwerke im ersten Halbjahr 2013 verstärkt produziert und den CO2-Ausstoß erhöht. Der Schaden, den eine Tonne CO2 verursacht, kalkulieren Wissenschaftler mit 80 bis 100 €. Soll der Emissionshandel also zu einem Klimaschutzinstrument werden, müssen die Zertifikate mindestens so teuer werden. Dagegen wehrt sich die Industrie heftig. Derzeit ist der Markt mit Zertifikaten überschwemmt, was ein Grund für den Preisverfall ist. Die EU-Kommission will 900 Mio. Zertifikate vom Markt nehmen. Nach Ansicht des Öko-Instituts wären aber für einen Preisanstieg mindestens 1,4 Mrd. nötig.


Aufgabe der Bundesregierung: Sich für die Reform des EU-Emissionshandels einsetzen und für deutlich höhere Zertifikatspreise sorgen.


5. Gaskraftwerke:

Es klingt paradox, aber die erneuerbare-Energien-Branche setzt sich für mehr Erdgaskraftwerke ein. Diese sind heute noch nötig, um fluktuierende Energien wie Wind- oder Solarenergie auszugleichen. Zwar lassen sich auch moderne Kohlekraftwerke flexibel regeln. Aber Gaskraftwerke stoßen weniger CO2 aus. Allerdings sind sie beim jetzigen Börsen-strompreis, der unter 4 ct/kWh gefallen ist, zu teuer. Die Energiewirtschaft hat also keinen Anreiz, neue Kraftwerke zu bauen. Ein neues Strommarktkonzept könnte das Dilemma lösen, bei dem der Stromerzeuger nicht nur für die Kilowattstunde Strom, sondern auch für die Bereitstellung von Kraftwerken einen Erlös erhält.


Aufgabe der Regierung: Das Energiewirtschaftsgesetz und andere Instrumente so ändern, dass sich der Bau von neuen Gaskraftwerken lohnt.


6. Biogas:

Soll die Energiewende gelingen, dürfen die heute bestehenden und die zukünftigen Biogasanlagen den Strom nur noch nach Bedarf erzeugen. Das spart Anbaufläche und unterstützt die Billigmacher der Energiewende wie Wind- und Solarstromanlagen. Nach einer neuen Studie können Biogasanlagen, die im Jahr nur 3 000 Stunden laufen, bis zum Jahr 2030 mehr als 15 GW Regelenergieleistung anbieten. Zum Vergleich: Die Leistung der Braunkohlekraftwerke beträgt heute 18 GW.


Damit die Anlagen aber auf den flexiblen Betrieb umstellen, muss der Bund die Systemdienstleistung besser honorieren. Die bisherige EEG-Vergütung reicht dafür nicht aus.


Aufgabe der Regierung: Mit einem neuen Erlösmodell dafür sorgen, dass Landwirte und Banken wieder mehr Investitionssicherheit haben. Dazu gehört auch, seit Jahren schwelende Unsicherheiten im EEG wie den Anlagen- oder Inbetriebnahmebegriff endlich zu definieren.


7. Reststoffe:

Politiker und Umweltverbände fordern die verstärkte Verwertung von Reststoffen in Biogasanlagen. Zwar steigen die Landwirte heute schon von sich aus auf Alternativen um. Das lässt sich an der im Jahr 2013 erstmals wieder gesunkenen Maisanbaufläche erkennen. Wünschenswert wäre aber der Einsatz von mehr Gülle, den die Regierung mit der neuen 75 kW-Klasse im EEG besonders fördern wollte. Aber der Fachverband Biogas kritisiert „praxisfremde Anforderungen“ in dem Gesetz. Dazu zählt die Begrenzung auf die installierte Leistung, womit die Anlagen derzeit nicht bedarfsgerecht Strom erzeugen können. Hemmend sind auch die Abdeckpflichten oder die Abfalldefinition.


Aufgabe der Regierung: Abbau von Hürden in Gesetzen wie dem EEG oder dem Kreislaufwirtschaftsgesetz.


8. Windenergie:

Derzeit sind 31 Gigawatt (GW) Windstromleistung installiert. Das Umweltbundesamt (UBA) sieht ein Potenzial von 930 GW. Die Idee der Bürgerwindparks setzt sich zwar immer mehr durch, was für mehr Akzeptanz vor Ort sorgt. Allerdings laufen immer noch Bürgerinitiativen Sturm und wollen u.a. Mindestabstände erhöhen. Doch wenn der Mindestabstand zur Wohnbebauung nur von 600 Meter auf 800 Meter steigt, reduziert das das Flächenpotenzial in Deutschland um ein Drittel.


Aufgabe der Regierung: Für mehr Aufklärung und Information der Bevölkerung sorgen.


9. Netzausbau:

Der Umstieg auf dezentrale Kraftwerke macht zusätzliche Stromleitungen notwendig. Gleichzeitig fließt jetzt Strom durch die ursprünglich nur als Versorgungsleitung gebauten Leitungen in die andere Richtung hin zu den Übertragungsnetzen. Das führt mancherorts zu Engpässen.


Laut Bundesbedarfsplangesetz müssen die Energieversorger auf 2 900 km Netze verstärken und 2 800 km neu bauen. Oft hemmen auch Bürgerinitiativen den Netzausbau.


Aufgabe der Regierung: Den Netzausbau forcieren, aber gleichzeitig die Speichertechnik einbeziehen und Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger an sogenannten Bürgernetzen forcieren.


10. Kostendebatte:

Eine zentrale Forderung von Kritikern ist, die erneuerbaren Energien stärker an den Markt he-ranzuführen. Doch auch heute ist kein Markt vorhanden. So fließen erhebliche Subventionen in fossile oder atomare Energien, die sich im Strompreis nicht niederschlagen. Außerdem berücksichtigt die Diskussion nicht den Beitrag des Ökostroms zu Klimaschutz oder Ressourcenschonung. Deutschland gibt jährlich 90 Mrd. €. für den Import von fossilen Energien aus. Wie verschiedene Szenarien zeigen, werden die Kosten aus verschiedenen Gründen (wie z. B. steigende Weltbevölkerung, und steigende Förderkosten bei fossilen Energien) weiter steigen. Auch beim Umstieg auf erneuerbare Energien bleiben die jährlichen Kosten im zweistelligen Milliarden-Bereich. Aber diese Kosten sind nach Ansicht der Erneuerbaren-Fürsprecher nicht mit den bisherigen Energieausgaben zu vergleichen, denn sie fördern auch Arbeitsplätze im Inland und reduzieren die Kosten zur Bewältigung von Klimaschäden.


Aufgabe der Regierung: Für eine sachliche Aufklärung der Bevölkerung sorgen und über die wahren Kosten der Energieversorgung informieren.

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