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Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

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Die Anlage auf Leistung trimmen

Lesezeit: 8 Minuten

Zwei Jahre lang haben Wissenschaftler Biogas­anlagen in Nordrhein-Westfalen und Bayern untersucht. Der Vergleich zeigt Optimierungsbedarf.


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In der Biogaserzeugung gibt es wie in der übrigen Landwirtschaft ein starkes Nord-Süd-Gefälle: Kleine Betriebe mit wenig Fläche und kleinen Anlagen in Bayern, größere Einheiten in Nordrhein-Westfalen (NRW). Das bestätigen auch die Ergebnisse des Pro-jektes „Ökologische und ökonomische Optimierung von Biogasanlagen“ der Hochschule Ingolstadt, der FH Münster und des Heidelberger Instituts für Energie- und Umweltforschung (IFEU).


In dem Projekt haben die Wissenschaftler von 2008 bis 2010 jeweils zehn repräsentative Biogasanlagen aus Bayern sowie zehn Anlagen aus Nordrhein-Westfalen unter die Lupe genommen. „Dabei haben wir eine breite Mischung von Anlagen verschiedener Größe, Hersteller, Einsatzstoffe, BHKW-Art oder Fermen-terbauart gewählt“, berichtet Matthias Sonnleitner von der HS Ingolstadt. Ziel des Projektes war es, den Ist-Zustand der Anlagen zu bestimmen und Verbesserungsmöglichkeiten herauszuarbeiten.


Schon in der Größe zeigen sich erste Unterschiede: In Bayern liegt die Anlagengröße der untersuchten Anlagen zwischen 30 und 560 kW (Kilowatt elektrischer Leistung). In NRW dagegen besitzen die Anlagen 250 kW bis 2 MW.


Einen Zusammenhang zwischen Anlagenleistung und Entfernung der Anbauflächen zur Biogasanlage konnten die Wissenschaftler dagegen nicht feststellen. Die mittlere Transportentfernung lag in Bayern bei 3,1 km und erreichte im Maximum 10 km. In NRW fahren die Erntefahrzeuge zwischen 5 und 25 km bis zur Biogasanlage.


NRW: Betreiber füttern schneller


Welche Auswirkungen eine schlechte Anlagenplanung haben kann, zeigt ein Blick auf die Transportwege zwischen Silolager und Feststoffeinbringung: In Bayern müssen die Betreiber im Schnitt 98 m zurücklegen, in NRW 115 m. Die größte Entfernung lag bei 250 Metern. 


Auch bei der Befüllung der Fermenter zeigen sich deutliche Unterschiede: Bei den zehn Anlagen in Bayern trafen die Wissenschaftler ausschließlich Systeme mit Schnecken zur Feststoffeinbringung an. In NRW dagegen mischt die Hälfte der Betreiber das Substrat mit Rezirkulat an und pumpt es anschließend in den Fermenter. Aber auch Schnecken oder Presskolben kommen zum Einsatz.


Das erklärt auch, warum westfälische Betreiber die Substrate schneller einfüllen: Sie benötigen pro Tag und Tonne Substrat nur 1,2 Minuten, während ihre bayerischen Kollegen mit 3,9 Minuten mehr als dreimal so lang beschäftigt sind.


Wirtschaftsdünger ist in den meisten Anlagen im Einsatz. In Bayern liegt der Anteil an der Inputmenge bei 42 %, in NRW bei 38 %.


Die hydraulische Verweilzeit der Substrate liegt in Bayern bei 84, in NRW dagegen nur bei 48 Tagen. „Diese großen Unterschiede lassen sich in der Bauweise der Hersteller erklären: In Bayern besitzen die Anlagen oft mehrere, große Behälter, während in NRW meist nur ein Behälter mit einem geringen Volumen existiert“, analysiert Sonnleitner diese Zahlen.


BHKW: Austausch rechnet sich nach 2,5 Jahren


Viel Optimierungsbedarf sehen die Wissenschaftler auch bei den Blockheizkraftwerken (BHKW). Der elektrische Wirkungsgrad der Anlagen schwankt zwischen 32 und 44 %. Daher empfehlen die Wissenschaftler den Einsatz möglichst effizienter BHKW. „Gerade bei Anlagen mit älteren BHKW oder bei einer geringen Wärmenutzung ist der elektrische Wirkungsgrad ein wichtiger Hebel“, berichtet Sonnleitner.


Wie viel diese Maßnahme bringt, zeigt folgendes Beispiel: Ersetzt ein Betreiber ein BHKW (560 kW) mit 38,5 % Wirkungsgrad durch ein Aggregat mit 39,6 % Wirkungsgrad, spart er damit jährlich 274 t Mais bzw. 6 ha Anbaufläche sowie 9 500 € Substratkosten ein.


Die Mehrinvestitionen für das BHKW betragen zwar 25 000 €. „Aber diese Investition hat sich wegen der höheren Stromerlöse und der eingesparten Substrate nach 2,5 Jahren bezahlt gemacht“, rechnet Sonnleitner vor.


Allerdings ist zu beachten: Wer für einen höheren Wirkungsgrad ein leistungsstärkeres BHKW kauft, kann unter Umständen die genehmigte Leistungsgrenze überschreiten.


Auslastung oft mangelhaft


Bei der Auslastung des BHKW schwanken die Ergebnisse zwischen 26 und 98 %, wobei sehr niedrige Auslastungswerte Ersatz-BHKW verursachen, die nur wenig laufen.


Eine Auslastung über 98 % ist allerdings nicht anzustreben. „Diese erkauft man sich auch durch Überproduktion und notwendigem Abfackeln von zuviel erzeugtem Biogas“, meint Sonnleitner.


Wenn eine Biogasanlage mit 175 kW ihre Auslastung von 93 auf 97 % erhöht, bedeutet das Mehreinnahmen von 10 000 Euro pro Jahr. Zur Steigerung der BHKW-Auslastung empfehlen die Wissenschaftler:


Wartungspläne einhalten.


Ersatzteile von kritischen Komponenten wie Einbringtechnik, Rührwerke, Pumpen oder BHKW vorhalten.


Anlagendaten regelmäßig dokumentieren.


„Mit der Dokumentation lassen sich Veränderungen im Betrieb rechtzeitig erkennen und nachvollziehen. Eine gute Anlagenüberwachung führt also zu einer hohen elektrischen Auslastung“, fasst Sonnleitner zusammen.


Doch auch hier gibt es Nachholbedarf: Beim Führen des Betriebstagebuchs setzt die Hälfte der untersuchten bayerischen Anlagen auf die Eintragung von Hand, in NRW ist es nur ein Betreiber. „Gerade in Bayern haben wir kaum messtechnische Einrichtungen auf den Anlagen vorgefunden, was den hohen Anteil an manuellen Aufzeichnungen erklärt“, fasst Sonnleitner die Ergebnisse zusammen. In NRW erfassen viele Betreiber die Werte zunächst von Hand und geben sie dann in eine Exceltabelle in den Computer ein.


Eine weitere Schwachstelle ist das teilweise sehr lange Intervall, in dem die Betreiber ihre Daten erfassen. „In Bayern gibt es Betreiber, die ihre Substratmenge auf Zetteln notieren und nur einmal im Jahr ins Betriebstagebuch übertragen“, berichtet Sonnleitner.


Nachholbedarf auch bei der Wärmenutzung: In Bayern nutzen die Betreiber 34 % der entstehenden Abwärme aus dem BHKW. „Nur eine der Anlagen hat eine nahezu vollständige Wärmeverwertung“, berichtet Sonnleitner. In NRW liegt der Anteil bei 50 %.


Bei der Wärmenutzung herrscht die Beheizung der eigenen privaten oder betrieblichen Gebäude vor, teilweise wird auch Holz getrocknet. Ein Wärmeverkauf findet dagegen kaum statt.


Unnötiger Stromverbrauch


Zur Ermittlung des Eigenenergieverbrauchs haben die Wissenschaftler an allen Anlagen die Stromverbräuche von Feststoffeinbringung, Rührtechnik usw. gemessen. Die gesamte Bandbreite des Eigenstromverbrauchs liegt bei allen 20 Anlagen zwischen 4,1 und 9,2 %. Im Mittel kommen bayerischen Anlagen auf 6,2 %, Anlagen in NRW auf 7,0 %.


Um eine Tonne Substrat einzufüllen, benötigen bayerische Anlagen 1,1 kWh Strom, in NRW sind es 4,6 kWh. Sonnleitner liefert eine mögliche Erklärung: „In Bayern stehen die Einbringsysteme teilweise auf der Betondecke der Fermenter. Diese kommen ohne Transportschnecken aus, womit sich die Stromkosten reduzieren.“


Genau andersherum sieht es beim Strombedarf für die Entschwefelung aus. Pro Norm-Kubikmeter Biogas wenden bayerische Anlagenbetreiber täglich 0,13 kWh Strom auf, ihre westfälischen Kollegen jedoch nur 0,04 kWh. Mög-liche Ursachen für die Unterschiede: Viele Gebläse in Bayern sind falsch dimensioniert. „Einige Landwirte setzen aber auch Druckluftkompressoren zur Entschwefelung ein, die eigentlich für die Steuerung von Schiebern installiert sind. Sie benötigen viel mehr Strom als kleinere Luft-Pumpen“, ergänzt Sonnleitner.


Abhilfe schaffen kleinere Geräte mit geringerem Strombedarf oder das Vermeiden von Druckluftkompressoren. Ein leistungsschwächeres Gebläse kann zu Einsparungen bei den Stromkosten von rund 600 Euro pro Jahr führen.


Bis zu 20 Biogaslecks pro Anlage


Interessant ist auch ein Blick auf mögliche Biogas-Emissionen. Mit Hilfe eines Leckage-Detektors haben die Wissenschaftler zwischen 3 und 20 Biogaslecks auf den Anlagen entdeckt. „Methanemissionen stellten wir z. B. an offenen Überläufen, Notfallöffnungen, Gassäcken, Sichtluken oder Flanschverbindungen fest“, zählt Sonnleitner auf.


Die Ursachen waren vor allem auf Fehler in der Konstruktion, aber auch auf Montagefehler sowie auf die Alterung von Komponenten, z. B. der Gasspeicherfolie zurückzuführen. In bayerischen Anlagen fanden die Wissenschaftler im Schnitt neun Lecks, in Anlagen in NRW acht Leckstellen.


Weitere Emissionsquellen: Nur drei der untersuchten Anlagen besitzen ein abgedecktes Endlager, in nur einer bayerischen Anlage war eine Gasfackel vorhanden. „Die Methan-Emissionen aus den Anlagen verschlechtern auch die Klimagasbilanz“, ergänzt Regine Vogt vom IFEU dazu. Dazu kommt: Mit einem abgedeckten Endlager lässt sich das Restgaspotenzial im Gärrest reduzieren, da hiermit das restliche Biogas aufgefangen wird.


Zum Aufspüren der Verluste könnte die Anschaffung eines Leckage-Detektors sinnvoll sein. Die Anschaffungskosten liegen laut HS Ingolstadt bei 400 bis 600 Euro. „Wem das zu teuer ist, kann ihn auch gemeinsam mit Berufskollegen kaufen. Wir empfehlen jedenfalls, damit alle vier Wochen einmal die Anlage zu überprüfen“, rät Prof. Dr. Wilfried Zörner (HS Ingolstadt).


Bei einer 500 kW-Anlage kann 1 % weniger Verlust zu Einsparungen von Substratkosten in Höhe von 3 750 Euro pro Jahr führen. „Damit wäre ein Leckage-Detektor in wenigen Wochen bezahlt“, führt Zörner aus.


Mit diesem einfachen Gerät lassen sich zwar nicht alle Leckagen so exakt aufspüren wie mit einer Spezialkamera, wie sie heute mehrere Spezialfirmen im Einsatz haben. „Aber 80 % der Leckstellen lassen sich damit erkennen“, meint Zörner. Sinnvoll ist es auch, diese Prüfung bei verschiedenen Druckstufen bzw. Füllzuständen des Gasspeichers zu machen, da sich bei höheren Drücken Emissionen besser erkennen lassen.


Bei bestimmten Leckstellen könnten Betreiber sofort Abhilfe schaffen: Z.B. die Seildurchführung für die Verstellung der Tauchmotorrührwerke abfetten. „Allerdings sollten Betreiber bei Reparaturen im Ex-Bereich vorsichtig sein“, rät der Wissenschaftler.


Fazit


Die Untersuchung von 20 Biogasanlagen in Bayern und NRW hat großen Optimierungsbedarf aufgedeckt. Zur Effizienzsteigerung sollten Betreiber folgende Maßnahmen ergreifen:


Lange Transportwege bei der Fütterung vermeiden,


mit wenig Förderaggregaten bei der Einbringung Strom sparen,


Effiziente BHKW verwenden, ältere Maschinen austauschen;


Biogasleckstellen regelmäßig aufspüren und abdichten;


Endlager abdecken,


Entschwefelung anpassen (Strom sparen),


Wärmenutzung erhöhen.


Hinrich Neumann

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