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Die Branche braucht neuen Schub

Lesezeit: 5 Minuten

Die Biogasbranche braucht dringend eine Neuausrichting. Die Fehler der Vergangenheit dürfen nicht wiederholt werden. Hier die wichtigsten Baustellen.


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Die Biogasbranche steckt in einem Dilemma: Einerseits hat sie es geschafft, immer mehr Gas aus der gleichen Menge Substrat zu erzeugen, andererseits sind diese so teuer geworden, dass der Mehrgewinn von den Kosten aufgefressen wurde. Mit diesen Strategien kann sie auch in Zukunft erfolgreich Biogas erzeugen:


1. Mehr Gülle vergären.

Weniger Mais, mehr Gülle. Diesen Weg hat die Branche bereits eingeschlagen. Seit 2012 werden beispielsweise kleine Anlagen, die überwiegend Gülle vergären, mit einer Förderung in Höhe von ca. 24 Cent je Kilowattstunde Strom belohnt (max. 75 Kilowatt Leistung, mind. 80 % Gülle).


Trotz der hohen Vergütung investieren nur wenige Landwirte in die Reststoffvergärung. Ein Grund für die Zurückhaltung: Die Anlagen sind im Vergleich mit größeren Kraftwerken relativ teuer. Zudem fehlt vielen Betrieben Gülle, um die Minis ausreichend mit Substrat versorgen zu können.


Aus Expertensicht gibt es zwei Stellschrauben, an denen die Politik daher drehen müsste, damit mehr Anlagen gebaut werden:


  • Viele Betreiber vergären nicht nur Gülle, sondern setzen auch Energiepflanzen ein. Aus gutem Grund: Wer beispielsweise eine 75 Kilowatt-Anlage ausschließlich mit Gülle betreiben will, benötigt mindestens 350 Milchkühe. Kooperationen mit Nachbarn kommen für viele Betriebsleiter zudem nicht infrage. Denn dann fallen in der Regel Transportkosten von bis zu sechs Euro je Tonne Gülle an. Außerdem muss die Rohstoffversorgung 20 Jahre lang sichergestellt werden. Ein wunder Punkt bei solchen Modellen.


Um dennoch auf die teuren Energiepflanzen verzichten zu können, würden einige Landwirte gerne Mist in ihre Anlagen füllen. Das ist grundsätzlich zwar erlaubt, aber dann greift eine Vorschrift, die von Experten kritisiert wird: Wer in seiner Biogasanlage Energiepflanzen und/oder Mist vergärt, muss sicherstellen, dass das Substrat 150 Tage lang gasdicht in der Anlage verbleibt. Dafür wiederum ist zusätzlicher Lagerraum notwendig, der bei 75 kW-Anlagen mit 60000 Euro zusätzlich zu Buche schlagen kann. Hier muss deshalb nachgebessert werden.


  • Gerade im Osten gibt es aus Sicht des Unternehmensberaters Dr. Dietrich Clemens von Treurat und Partner aus Kiel noch viel Potential für die Gülleanlagen. Allerdings sind Kleinanlagen teurer als größere. So schlagen die 75 Kilowatt-Minis mit bis zu 8 000 Euro je Kilowatt zu Buche, deren große Brüder mit 500 Kilowatt Leistung werden von den Herstellern hingegen schon für 4 000 Euro angeboten.


Clemens rät daher, die 75 Kilowatt-Grenze aufzuheben. Es gebe einige Betriebe, die deutlich größere Anlagen mit Gülle versorgen könnten, aber aufgrund der geringen Gewinnaussicht mit einer 75 Kilowatt-Anlage das derzeit nicht in Angriff nehmen.


2. Nährstoffe abtransportieren:

Eine zusätzliche Einnahmequelle könnten sich die Betreiber erschließen, wenn sie ihre Gärreste aufbereiten und als Dünger vermarkten. Das hat noch einen weiteren Vorteil: Wenn Biogaserzeuger aus den Veredlungsgebieten ihre Gärreste in die Ackerbauregionen abtransportieren würden, entlasten sie den Nährstoffüberschuss in den viehreichen Regionen.


Ein ähnliches Modell mit dem gleichen Ziel: Auf den viehhaltenden Betrieben separieren die Betreiber ihre Gülle in eine feste und flüssige Phase. In der festen Substanz sammeln sich bei diesem Verfahren vor allem die Nährstoffe, die die Landwirte dann in Ackerbauregionen transportieren. Dort angekommen, verstromen Biogaserzeuger diese und bringen den Gärrest als Dünger auf die Flächen vor Ort aus. Die flüssige Fraktion bleibt hingegen auf den Betrieben in den viehstarken Gebieten. Lesen Sie dazu auch den Beitrag auf der Seite 54.


3. Altanlagen umrüsten:

Altanlagen kassieren eine relativ hohe Vergütung, die ihnen für 20 Jahre nach dem Gesetz zusteht. Daran lässt sich nichts mehr ändern. Allerdings könnte die Branche diese Kraftwerke mit wenig Aufwand umrüsten, sodass diese das schwankende Stromangebot aus der Solar- und Windkraft ausgleichen – und das zu geringeren Kosten als neue Gas- und Dampfkraftwerke.


Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Studie des Fraunhofer-Institutes für Solare Energiesysteme. Wenn bestehende kleine Gülleanlagen für den flexiblen Betrieb umgerüstet werden, fallen danach in etwa Zusatzkosten von vier Cent je Kilowattstunde Strom an. Bei größeren Anlagen dürfte es noch mal deutlich günstiger werden. Die Produktionskosten von neuen Gas- und Dampfkraftwerken liegen hingegen laut Fachverband bei etwa zehn Cent je Kilowattstunde.


Die Sache hat allerdings einen Haken: In den Studien haben die Autoren lediglich die zusätzlichen Kosten für bestehende Anlagen ausgerechnet. Wenn neue Biogasanlagen für diesen Zweck gebaut werden, dürften die Flexibilisierungs-Kosten deutlich höher ausfallen, vermutlich auch sehr viel höher als die von Erdgaskraftwerken. Allerdings ist Biogas klimaschonender als die fossile Alternative. Zudem steht Erdgas nur begrenzt zur Verfügung, auch wenn Experten derzeit darüber streiten, wie lange die Vorräte noch ausreichen.


4. Alternativen suchen:

Noch stärker als bislang muss der Weg weg von den landwirtschaftlichen Kulturen hin zu mehr kostengünstigen Reststoffen wie Zwischenfrüchten, Mais- oder Rapsstroh führen. Dazu benötigt die Branche aber auch Zeit. Genau das steht allerdings derzeit auf dem Spiel: Energiepflanzen sollen nach dem Willen von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel gar nicht mehr gefördert werden. Das halten Experten für fatal, weil damit schlagartig jahrelange Forschungen mit einem Schlag zunichte gemacht würden. Daher sehen sie die Politik in der Pflicht, diesen eingeschlagenen Weg auch konsequent weiterzuverfolgen.


6. Gas einspeisen:

Nicht jeder Anlagenbetreiber kann die Abwärme seiner Anlage nutzen. Für diese Betreiber ist die Gaseinspeisung eine Alternative. Denn dann kann das Gas dort aus dem Netz entnommen und verstromt werden, wo sich auch die Wärme sinnvoll verwerten lässt. Dafür benötigt die Branche aber weiter die Unterstützung der Politik, um die Technik weiterzuentwickeln.Diethard Rolink

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