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„Für Schweinehalter interessant“

Lesezeit: 6 Minuten

Herr Blome, inwieweit spielt der Selbstverbrauch von Solarstrom in der Landwirtschaft überhaupt eine Rolle?


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Blome: Bislang haben die meisten Landwirte ihren Strom fast ausschließlich ins öffentliche Netz eingespeist. Mittlerweile wollen aber immer mehr möglichst viel Energie selber erzeugen, um so die Kosten zu senken.


Lohnt sich der Eigenverbrauch denn überhaupt?


Blome: Auf jeden Fall. Wenn beispielsweise ein Schweinehalter rund 47 % der Sonnenenergie aus einer 54 Kilowatt-Anlage selbst verbraucht, erzielt er nach 20 Jahren Laufzeit einen Gesamtumsatz von rund 200 000 € (Anmerkung der Redaktion: 929 Kilowattstunden (kWh) Ertrag, Einspeisevergütung: 13,3 ct/kWh, Kosten für den zugekauften Strom: 0,22 ct/kWh). Liegt die Eigenverbrauchsquote hingegen nur bei 10 %, sinken die Einnahmen im gleichen Zeitraum auf etwa 144 000 €. Entsprechend niedriger fällt der Gewinn aus.


Da die Strompreise vermutlich weiter steigen, ist der Selbstverbrauch somit eine sichere Bank. Oder?


Blome: Im vergangenen Jahr ist der Preis für Sonnenstrom unter den Endverbraucherstrompreis gesunken. Offensichtlich nimmt diese Differenz zwischen den beiden Größen unaufhaltsam zu. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass ein erheblicher Teil des Endverbraucherstrompreises auf Abgaben und Steuern basiert.


Diese Komponenten in Höhe von derzeit 11,13 ct/kWh muss der Direktverbraucher nach heutigem Recht nicht zahlen. Das kann sich allerdings ändern. Politiker sprechen bereits in diesem Zusammenhang von der „Entsolidarisierung der Direktverbraucher“. Gut möglich, dass diese Abgaben künftig auch für den selbst verbrauchten Strom anfallen. Das würde die Attraktivität des Direktverbrauchs verringern.


Wie hoch ist in etwa der Mehraufwand beim Eigenstromverbrauch?


Blome: Der Mehraufwand hält sich in Grenzen. Um die direkt verbrauchte Menge erfassen zu können, ist ein geeichter Zähler unmittelbar hinter den Wechselrichtern der Solaranlage notwendig. Außerdem baut der Netzbetreiber am Hausanschluss einen kostenpflichtigen, rücklaufgesperrten Zweirichtungszähler ein. Das war’s dann aber auch schon. Die Mehrkosten im Vergleich zur reinen Netzeinspeisung betragen rund 8 €/Jahr. Hinzu kommt noch die Mehrwertsteuer.


Der Eigenverbrauch wird vor allem dann interessant, wenn der Strom tagsüber für die Nacht gespeichert werden könnte. Inwieweit ist daher der Kauf einer Batterie eine Option?


Blome: Das kann ich pauschal nicht beantworten. Aber in der Regel zahlt sich eine Investition noch nicht aus. Das kann sich in Zukunft ändern. Inzwischen werden zahlreiche Batteriespeichersysteme überwiegend für den Ein- oder Zweifamilienhaus-Strombedarf angeboten.


Die Kreditanstalt für Wiederaufbau bietet außerdem seit Anfang Mai dieses Jahres für neue Anlagen mit einer Leistung von bis zu 30 Kilowatt Leistung einen Tilgungszuschuss von 600 €/kW an. Allerdings wird die Förderung ge-deckelt: Bei 30 % der Kosten für die gesamte Batterie ist Schluss. Außerdem müssen die Betreiber dafür sorgen, dass nur der Strom aus 60 % der gesamten Modulleistung eingespeist wird. Der Batteriehersteller muss zudem eine siebenjährige Zeitwertgarantie auf sein Produkt geben. Das heißt: Wenn die Batterie vor Ablauf der 7 Jahre versagt, zahlt der Hersteller 1/7 des Kaufpreises für jedes Jahr zurück, das noch fehlt. Noch besser wäre es, wenn eine Versicherung für die Zeitwertgarantie einsteht, die vom Hersteller bezahlt wird.


Gibt es typische Betriebe, für die der Eigenverbrauch besonders interessant ist?


Blome: In der Regel ist der Eigenverbrauch für Schweinehalter interessanter als für Milchviehbetriebe. Das liegt vor allem am hohen Stromverbrauch der Stalllüfter bei Sonnenschein und hohen Außentemperaturen. Wir raten unseren Klienten aber: Lassen Sie erst den Lastgang ihres Stromverbrauches analysieren und entscheiden Sie dann, ob der Direktverbrauch sinnvoll ist oder nicht. Wer sich eine Solaranlage kaufen will, sollte daher einen Energieberater zu Rate ziehen.


Was genau wird bei einer Lastgang-Messung gemacht? Wie aufwendig ist das? Was kostet das?


Blome: Dazu wird ein Jahr lang jede Viertelstunde der Stromverbrauch gemessen. Ein Installateur muss daher mind. einen Zähler mit registrierender Lastgangmessung einbauen. Ein solcher Zähler wird bei Mittelspannungsbezug und bei mehr als 100 000 kWh jährlichem Strombezug vom Netzbetreiber ohnehin vorgeschrieben. Die höheren Mess- und Abrechnungs-kosten betragen beim Netzbetreiber Westnetz rund 600 €/Jahr.


Früher galt die Devise „Die Anlage sollte so groß wie möglich sein“. Gilt das auch für den Eigenverbrauch?


Blome: Der Direktverbrauchsanteil sinkt mit steigender Leistung der Anlage und mit sinkendem Eigenbedarf. Wer möglichst viel Sonnenstrom selber verbrauchen will, sollte daher eine an den Verbrauch angepasste Anlage wählen – und das sind in der Regel die kleineren Modelle.


Gibt es mittlerweile auch für landwirtschaftliche Betriebe Steuerungen, die den Verbrauch des Sonnenstromes optimieren?


Blome: Wer viel Sonnenstrom selber verbrauchen will, sollte möglichst alle Verbraucher nur dann einschalten, wenn auch viel Sonne scheint. Soll das automatisch geschehen, müssen intelligente Zähler und Schalter installiert werden. Erste Systeme dafür drängen derzeit auf den Markt. Allerdings werden diese fast ausschließlich in Verbindung mit Batterie-Speichersystemen angeboten.


Darf der Solarstrom auch an Nachbarn verkauft werden und was ist dabei zu beachten?


Blome: Wer seine Solarenergie durchs öffentliche Netz an seinen Nachbarn schicken will, muss wie jeder andere Energiekonzern auch, die dafür üb-lichen Abgaben und Steuern zahlen. Dazu zählen beispielsweise die Netz-entgelte, die Stromsteuer oder die EEG-Umlage in voller Höhe. In der Regel zahlt sich der Verkauf – zumindest bei so geringen Mengen – daher nicht aus.


Wer hingegen über das eigene Stromnetz im Haus beispielsweise seinen Mieter mit Sonnenenergie versorgt, muss für den verkauften Strom nur die um 2 ct/kWh geminderte EEG-Umlage von zurzeit 3,277 ct zahlen. Das kann durchaus lukrativ sein.


Was muss beim Selbstverbrauch aus steuerlicher Sicht berücksichtigt werden?


Blome: Sowohl die Sonnenstrom-erzeugung als auch deren Verkauf sind gewerblich. Den Gewinn aus dem Gewerbebetrieb muss der Anlagenbetreiber in seiner persönlichen Steuer-erklärung versteuern. Er bekommt auf Antrag die Mehrwertsteuer für die Investitionskosten und die Ausgaben für Reparaturen erstattet. Im Gegenzug muss er die auf den Direktverbrauch entfallende Mehrwertsteuer an das Finanzamt abführen.


Bislang spielen Ost-West-Dächer für die Solarstromproduktion eine eher untergeordnete Rolle. Gilt das für den Selbstverbrauch?


Blome: Ost- und Westdächer sind ideal für den Selbstverbrauch. Denn dann verschiebt sich die Stromproduktion eher in die Morgen- und Abendstunden. Der Ertrag fällt aber insgesamt etwas niedriger aus. Daher muss im Einzelfall entschieden werden, ob sich diese ­Varianten auszahlen.Diethard Rolink


Welche Erfahrungen Praktiker gemacht haben, lesen Sie ab Seite 102.

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