Wieder einmal sorgt ein Urteil für Aufregung in der Biogas-Branche. Das Amtsgericht im niedersächsischen Meppen verurteilte Anfang Dezember einen Landwirt zu einer Zahlung von 403 000 €. Begründung: Er soll mit seiner Biogasanlage zuviel Strom erzeugt haben. Der Landkreis konnte ihm anhand der Stromabrechnungen nachweisen, dass er die in der Genehmigung festgesetzte Leistung von 500 Kilowatt (kW) im Jahr 2009 um ca. 50 % überschritten hatte. Außerdem soll er rund 4 000 t mehr Mais eingesetzt haben als erlaubt.
Der Landkreis erließ daraufhin einen Verfallsbescheid, wonach der Landwirt die rein rechnerisch zu viel erhaltene Einspeisevergütung in Höhe von 403 000 € an den Landkreis zahlen soll.
Gegen den Bescheid hatte der Landwirt Einspruch eingelegt, sodass das Amtsgericht zu urteilen hatte. Das Urteil will der Landwirt nicht hinnehmen und Rechtsbeschwerde beim Oberlandesgericht einlegen.
Der Fall ist äußerst brisant. Denn zur Berechnung der im Genehmigungsbescheid genannten Leistung hat der Landkreis die erzeugten Strommengen der Biogasanlage und des Satelliten-BHKW zusammengefasst. Mit diesem Vorgehen könnten noch viele andere Betreiber, die im nachhinein Satelliten-BHKW aufgestellt oder die Leistung ihrer Anlage erhöht haben, in die Bredouille geraten. Die dazu nötigen Daten lassen sich sehr einfach im Internet kontrollieren.
„Wenn sich diese Praxis der Landkreise durchsetzen sollte, sind viele Anlagenbetreiber existenzgefährdet“, sagt Rechtsanwalt Philipp Wernsmann aus Ibbenbüren. Was nicht nur er kritisiert: Jahrelang hat die Behörde Auflagen nur sehr lax kontrolliert. „Dass jetzt auf einmal die härtesten Geschütze aufgefahren werden, ist unverhältnismäßig“, wirft er der Behörde vor. „Mit der Verfallsanordnung sollen die unrechtmäßig eingenommenen Gewinne des Landwirts abgeschöpft werden. Ein einfaches Bußgeld würde hier keine Wirkung entfalten“, hält der Landkreis auf top agrar-Anfrage dagegen.
Jetzt dürften auch andere Landkreise und Staatsanwälte hellhörig werden. Denn in den Prozess war die landesweite „Zentrale Stelle Organisierte Kriminalität und Korruption (ZOK)“ eingeschaltet.
Daher sollten jetzt alle Anlagenbetreiber ihren Genehmigungsbescheid kontrollieren. Seit Mitte 2011 gilt zwar die 500 kW-Grenze nicht mehr. Stattdessen dürfen Betreiber pro Jahr 2,3 Mio. m3 Biogas erzeugen und die Feuerungswärmeleistung aller angeschlossenen BHKW darf bis zu 2 MW (Megawatt) betragen. Sind jedoch nur 500 kW genehmigt, muss der Anlagenbetreiber einen Änderungsantrag stellen, sofern er mehr Leistung erzeugen will. Das Gesetz gilt nicht rückwirkend. Wer in der Vergangenheit zu viel Strom produziert hat, sollte also umgehend das Gespräch mit seiner Genehmigungsbehörde suchen.