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Wolf Maisernte Gülle und Wirtschaftsdünger

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Kleine Anlagen sind der große Renner

Lesezeit: 8 Minuten

Die neuen Vergütungs-sätze für Biogasanlagen haben seit Anfang des Jahres völlig neue Entwicklungen angestoßen. In diesem Jahr könnten 500 neue Biogasanlagen entstehen. Das zeigt eine aktuelle Umfrage von top agrar.


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Jede Überarbeitung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) bringt in der Biogasbranche einen neuen Anlagentyp hervor. Dafür sorgen die Vergütungssätze für den erzeugten Biogasstrom, die sowohl für die Anlagengröße als auch die Inputstoffe maßgebend sind. So löste erst der Bonus für nachwachsende Rohstoffe (Nawaro-Bonus) nach der Novellierung des EEG im Jahr 2004 den Einsatz von Energiepflanzen aus.


Seit Anfang des Jahres sind die neuen Vergütungssätze in Kraft, mit denen der Gesetzgeber Kleinanlagen und die Vergärung von Gülle anschieben will. Und genau dieses Kalkül scheint aufzugehen, wie die aktuelle Branchenumfrage von top agrar zeigt. Wir haben dabei Hersteller von schlüsselfertigen Biogasanlagen und Komponenten, Biogasberater, Planungsbüros und Maschinenringe sowie den Fachverband Biogas befragt.


Übereinstimmend stellen sie fest: Deutschlandweit hat ein starker Bauboom bei Biogasanlagen eingesetzt – allerdings mit etwas Verzögerung. Denn es gab nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes viele offene Fragen zu seiner Auslegung. Daher hat der Fachverband Biogas seine Prognose der neu gebauten Anlagen bis Ende des Jahres von ursprünglich 800 auf 500 reduziert.


Die Zahl scheint realistisch: Die von uns befragten Hersteller, zu denen die fünf größten in Deutschland gehören, gaben an, bis Ende des Jahres etwa 400 neue Anlagen zu errichten. Genaue Angaben zu den Bundesländern haben wir nur von Baden-Württemberg, wo 70 neue Anlagen erwartet werden, von Nordrhein-Westfalen (35) und Hessen (15).


Bauboom in den Veredelungsregionen


Die meisten Aktivitäten gibt es derzeit in den Veredelungsregionen. Grund dafür ist der Güllebonus, der vor allem Tierhalter anspricht. Die Aussagen der Hersteller und Komponentenlieferanten, die bundesweit tätig sind, bestätigen das: 15 gaben an, in Niedersachsen tätig zu sein. Häufig genannt wurden auch Bayern (10 Nennungen), Schleswig-Holstein (9), Baden-Württemberg (6), Sachsen-Anhalt (6) und Nordrhein-Westfalen (5). Jeweils vier Nennungen fielen auf Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, Hessen wurde dreimal erwähnt.


Milchviehhalter werden mit 42 % am häufigsten als derzeitige Investoren genannt (Übersicht 1). „Hier spielt eindeutig der Preisverfall bei der Milch eine Rolle. Die Betriebe hoffen, dass die Milchviehhaltung über den Güllebonus wieder interessant wird“, analysiert Klaus Wagner, Geschäftsführer des Kompetenzzentrums HessenRohstoffe, die Situation.


Bei der Anlagengröße orientieren sich die Betriebe an den Vergütungssätzen im EEG, aber auch an der verfügbaren Motorgröße beim Blockheizkraftwerk (BHKW). Einige Berater nennen aber auch Flächenangebot, Wärmebedarf und die verfügbare Arbeitszeit als Kreterien für die Größenwahl.


190 kW dominieren


Bei den Neuanlagen dominiert ganz klar die Klasse bis 190 kW (Übersicht 2). Wie die Befragten berichten, wählen aber auch viele Landwirte eine Anlage mit 250 kW oder 370 kW. Einige Hersteller spüren sogar eine Renaissance der klassischen 500 kW-Anlage.


Ein Anbieter von Komplettanlagen nennt den möglichen Grund dafür: „Der erforderliche Betreuungsaufwand ist bei einer 500 kW-Anlage mit einer 150 kW-Anlage nahezu vergleichbar.“ Eine Kleinanlage sei zu teuer, damit die Arbeitszeit ausreichend vergütet wird.


Wie zu erwarten, hat der Güllebonus einen verstärkten Einsatz von Gülle bewirkt (Übersicht 3, Seite 142). Deutlich zugenommen hat auch die Vergärung von Festmist. „Die Biogasanlagenbetreiber reißen den Viehhaltern Tretmist förmlich aus der Hand, aber auch Hühnertrockenkot und Putenmist sind begehrte Substrate“, erläutert Dr. Ludger Laurenz, Biogasberater der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Kreisstelle Borken. Zugenommen hat auch der Einsatz von Gras.


Die Landwirte nutzen dagegen kaum Reststoffe aus der Industrie (Kofermente). Als wenig praxistauglich hat sich auch der neue Landschaftspflegebonus herausgestellt.


Der neue Bonus für Kraft-Wärme-Kopplung (KWK-Bonus) von 3 Ct/kWh hat nach Ansicht von 26 Experten nicht dafür gesorgt, dass mehr Abwärme genutzt wird (Übersicht 4, Seite 142). Unter anderem ist dies auf die niedrigen Werte im EEG zurückzuführen, die bei der Stallbeheizung pro Tier maximal auf die Vergütung angerechnet werden können. „Es gibt Beispiele dafür, dass Mastställe direkt neben der Biogasanlage nicht angeschlossen werden, da sich der Umbau von Gas auf Warmwasserheizung bei den niedrigen Ansätzen für die KWK-Wärme nicht lohnt“, berichtet dazu Dr. Arne Dahlhoff, Biogasgasexperte bei der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Aber auch die neue Liste der nicht förderfähigen Verfahren und der Zwang zum Einsatz eines Umweltgutachters sind Hürden, die den KWK-Bonus unattraktiv machen.


Vor allem Kleinanlagen mit unter 100 kW hätten Schwierigkeiten, den Umweltgutachter zu finanzieren. „Viele fürchten, dass sie die Ausgaben über die zusätzlichen Boni nicht mehr verdienen“, erklärt Michael Köttner, Geschäftsführer beim Internationalen Biogas- und Bioenergie-Kompetenzzentrum in Weckelweiler (Baden-Württemberg).


Satelliten-BHKW ist absoluter Favorit


Die meisten unserer Ansprechpartner sehen kein wirtschaftliches Risiko für Betreiber von Hofanlagen darin, wenn sie auf eine Wärmenutzung verzichten. „Neuere Anlagen rechnen sich meist auf Basis des Güllebonus und werden daher auch in Stallnähe gebaut. Damit entstehen viele Anlagen im Außenbereich, wo ohnehin keine oder nur eine eingeschränkte Wärmenutzung möglich ist“, nennt Biogasberater Robert Wagner von CARMEN aus Straubing (Bayern) einen Grund dafür. Stark zugenommen hat nach Ansicht der Experten der Bau von Wärmenetzen und der Einsatz von so genannten „Satelliten-BHKW“. Damit sind BHKW gemeint, die in der Nähe eines Wärmeabnehmers stehen und über eine Rohrgasleitung von der Biogasanlage aus versorgt werden. Hierfür hat zum einen die Förderung nach dem KfW-Programm „Erneuerbare Energien“ geführt.


Bei den Satelliten-BHKW ist aber vor allem ausschlaggebend: Viele Netzbetreiber erkennen oft jedes BHKW in weiterer Entfernung als neue, einzelne Anlage an. Damit kann der Betreiber unterm Strich eine höhere Vergütung erhalten, als wenn er eine große Anlage betreiben würde.


Bei der Wärmenutzung über Wärmenetze gelten die Beheizung des eigenen Wohnhauses und eventuell vorhandener Nachbarhäuser als Favorit. Geflügel- oder Schweinehalter beheizen auch Ställe, während Milchviehhalter teilweise das Tränkewasser vorwärmen. Auch Trocknung von Gärresten oder anderen Gütern sowie die Beheizung von kommunalen Einrichtungen wie Schwimmbäder oder Schulen nannten unsere Ansprechpartner sehr häufig. Gerade bei kommunalen Liegenschaften, aber auch verstreut liegenden Ställen kommen zudem sehr häufig Satelliten-BHKW zum Einsatz.


Formaldehyd-Bonus gefragt


Großes Interesse haben die Betreiber an dem neuen Formaldehydbonus. Während einige der Anlagen den Grenzwert von 40 mg je m3 Abgas ohne technische Nachrüstung einhalten, schaffen das gerade BHKW mit hohem elektrischem Wirkungsgrad oft nicht. Daher haben viele Landwirte einen Aktivkohlefilter vorgeschaltet und reinigen das Abgas anschließend über einen Oxidations-Katalysator.


„Viele Betreiber lassen zurzeit die Abgase messen und werden dann den Bonus beantragen. Es ist aber noch unklar, ob auch Anlagen ohne BImSch-Genehmigung den Bonus bekommen“, berichtet Dr. Manfred Dederer vom Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg (Baden-Württemberg).


Gaseinspeisung weiterim Kommen


Die Gasaufbereitung und Einspeisung ins Erdgasnetz ist mit dem Güllebonus und dem Bau von Hofanlagen nicht ins Hintertreffen geraten, meinen viele der Experten. „Die Anlagen entstehen in ganz anderen Regionen als Hofanlagen, daher hat das EEG keinen Einfluss auf die Entwicklung“, erklärt Dr. Dahlhoff (Nord-rhein-Westfalen). Nur vereinzelt könnten Anlagen, die bislang als Gaseinspeiseanlage geplant waren, durch Mikrogasnetz und Satelliten-BHKW ersetzt werden.


Bei der Größe von Gaseinspeiseanlagen, ab denen sich die Einspeisung lohnt, sind sich unsere Ansprechpartner nicht einig. Die Spanne geht von 500 kW bis 3,5 MW, wobei die meisten (16 Nennungen) zwischen 1 und 1,5 MW annehmen.


Als geeignete Region für zukünftige Biogaseinspeiseanlagen sehen sie Ackerbauregionen in Südniedersachsen, vor allem aber in Ostdeutschland. Begründung: Ackerbaugebiete haben viel Fläche, können selten die Wärme nutzen und haben kaum Gülle zur Verfügung. Das spielt deswegen eine Rolle, weil Gaseinspeiseanlagen den Güllebonus nicht erhalten.


Die Experten schätzen die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Biogasbranche sehr unterschiedlich ein. Etwa die Hälfte der Hersteller und Berater gab an, dass durch die Finanzkrise die Banken vorsichtiger geworden sind und verstärkt auf die Bonität der einzelnen Betriebe achten. „Viele Milchviehbetriebe haben Probleme, eine Finanzierung aufgrund der negativen wirtschaftlichen Ergebnisse zu bekommen“, erklärt Jörg Scheibe vom Fachverband Biogas, Regionalbüro Nord.


35 Ansprechpartner sehen noch Probleme bei der Genehmigung von Biogasanlagen. Besonders häufig werden dabei aus allen Bundesländern hohe Auflagen beim Wasserschutz genannt. „Dabei geht es um die mögliche Einleitung von Oberflächenwasser in Gewässer. Die Behörden stellen dazu Anforderungen an Substratleitungen oder an die Beschaffenheit der Bodenbeläge in Fahrsiloanlagen“, erklärt Dr. Dahlhoff (LWK Nordrhein-Westfalen). Ein Anlagenhersteller aus Niedersachsen nennt dazu ein Beispiel: Kostete ein Silolager im Jahr 2004 noch 40 000 €, muss man heute teilweise mit dem Zehnfachen rechnen. Hier fordern die Hersteller und Berater mehr Augenmaß bei den Behörden.


Probleme mitBürgerinitiativen


Weitere Probleme mit den Genehmigungsbehörden, die häufig genannt wurden: Lange Bearbeitungszeiten für Bauanträge und Verzögerungen durch Bürger-initiativen. Die überregional tätigen Anlagenhersteller beklagen zudem, dass in jedem Bundesland – und häufig in jedem Landkreis – andere Anforderungen zu erfüllen sind.


Auch beim Netzanschluss beklagen die Befragten Verzögerungen durch die Netzbetreiber, vor allem bei der Auskunft zum richtigen Netzverknüpfungspunkt.


Hinrich Neumann

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