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Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

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Laden, mischen, füttern – alles mit einer Maschine

Lesezeit: 11 Minuten

Selbstfahrende Futter­mischwagen können auch auf Biogasanlagen wertvolle Hilfe leisten. Wir haben Praktiker aus ganz Deutschland nach ihren Erfahrungen gefragt.


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Ein Radlader mit Greifschaufel packt 2 m3 Mais aus dem Silo, wendet, fährt 200 Meter und kippt die Silage in den Dosierbehälter. Dann fährt er zurück und lädt die nächste Schaufel. So oder ähnlich beschickt der Großteil der über 8 000 Biogasanlagenbetreiber in Deutschland täglich die Fermenter.


Bei Milchviehbetrieben mit Biogasanlagen kommt ein anderes Verfahren immer mehr in Mode: das Füttern mit einem selbstfahrenden Futtermisch­wagen. Wir haben sechs Betriebe aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg nach ihren Erfahrungen befragt. Alle setzen den Mischwagen sowohl für die Biogasproduktion als auch in der Rinderfütterung ein. In der Übersicht auf Seite 11 haben wir die Betriebe mit ihren Konzepten aufgeführt.


Die Vorteile, die sie nach zum Teil mehrjährigem Einsatz festgestellt haben:


  • Die Anschnittsfläche im Silo ist immer glatt. Dadurch gibt es weniger Nacherwärmung und damit weniger Verluste, was bei steigenden Substratpreisen ein wichtiges Argument ist. Auch kann sich in der Silage weniger Regenwasser als bei herkömmlicher Entnahme mit der Greifschaufel sammeln.
  • Mit der Entnahmefräse können die Landwirte gezielt die obere Schicht sowie die meist minderwertigen Seitenränder im Silo für die Biogasanlage entnehmen. Die beste Silage bleibt dann für die Kühe.
  • Am Silo, aber auch beim Überfahren über den Hof gibt es keine Bröckel-verluste mehr. Dadurch sinkt der Reinigungsaufwand. Auch macht die Silo- anlage einen besseren Eindruck auf die Umwelt- und Wasserbehörden, die immer häufiger Biogasanlagen kontrollieren.
  • Wer vorher mit einem gezogenen Futtermischwagen gearbeitet hat, musste immer erst den Traktor mit Mischer und anschließend den Radlader zum Befüllen zum Silo fahren. Mit dem Selbstfahrer entfällt die Lauferei.
  • Das Futter wird bereits im Fahrzeug gemischt. Damit ist beim Eintragssystem weniger Aufwand nötig bzw. ist ein einfacheres Dosiersystem möglich, selbst bei einem hohen Grasanteil. Auch sinken die Stromaufnahme der Rührwerke sowie die Rührzeiten, weil das Substrat homogener in den Fermenter gelangt.
  • Die Mischung ist immer gleich und homogen, es gibt keine Schichtenbildung, wie sie sonst bei großen Schubbodencontainern oder anderen Einbringsystemen ohne Mischfunktion vorkommen. Daher erhalten die Bakterien im Fermenter immer das gleiche Menü.
  • Die Kabine mit Heizung und Klimaanlage bietet auch im Winter Komfort, den so mancher Radlader vermissen lässt. Bei Fütterungszeiten von 1 Stunde pro Tag hilft das auch den Mitarbeitern.


Arbeitszeit gespart:

Viele Betriebe haben festgestellt, dass sich die Arbeitszeit mit dem Selbstfahrer reduziert. „Wir müssen hinterher nichts mehr sauber machen“, ist für Thomas Carstensen aus Haselund (Schleswig-Holstein) ein wichtiges Argument. Seit August 2010 ist dort der Selbstfahrer in Betrieb. Er füttert die Kühe und die Biogasanlage mit Grassilage aus zwei verschiedenen Silos. Dadurch hat er weitere Wege zur Biogasanlage.


Anton Günthner-Biller aus Aßling (Bayern) spart im Kuhstall gegenüber dem zuvor eingesetzten gezogenen Misch­wagen 45 Minuten Arbeitszeit pro Tag ein, bei der Biogasanlage etwas weniger.


Schneller ist er in der Biogasproduktion jetzt beim Befüllen. Denn er füttert ein Menü aus Gras, CCM, Grünroggen, Getreide-Ganzpflanzensilage und Silomais. Dazu kommen Gülle und Mist, die er aber extra in die Biogasanlage einfüllt. Früher musste er dafür immer erst den Radlader zum Silo fahren, dann den gezogenen Futter­mischwagen holen. Sein Dieselverbrauch liegt heute bei 13 l/h. „Das ist weniger, als wir vorher beim Radlader benötigt haben“, hat er festgestellt. Denn der Radlader hatte eine Greifschaufel mit 3 m3 Volumen. Da musste er rund zehnmal pro Tag vom Silo zum Fermenter und zurück fahren, um den Dosierer zu füllen.


Im Gut Sossau in Grabenstätt (Bayern) mit einer 385 kW-Biogasanlage ließ sich die Arbeitszeit mit dem Selbstfahrer mit 15 m3 Mischwanne deutlich verringern. „Wir haben eine zeitlang mit dem Teleskoplader gefüttert, als der Selbstfahrer zur Inspektion war. In der Zeit haben wir doppelt so lang gebraucht“, so die Erfahrung von Thomas Stadl, stellvertretender Betriebsleiter.


Für Florian Hoyer haben die Investitionskosten für den Selbstfahrer gesprochen. In dem Betrieb mit 55 Kühen aus Glonn (Bayern) war der gezogene Mischwagen mit 8 m3 zu klein geworden. Als dann die Biogasanlage dazu kam, hätte er einen neuen Futter­mischwagen für den Stall, eine Dosieranlage für die damals neue Biogasanlage sowie in ein neues Beladefahrzeug investieren müssen. Zwar kostet ein Mischwagen je nach Leistung und Ausstattung von 110 000 bis 230 000 € (netto). Allerdings zahlt man auch für einen Radlader zwischen 80 000 und 200 000 €. „Da war der Selbstfahrer die günstigere Lösung, da wir damit nur eine statt drei Maschinen haben“, begründet er die Entscheidung.


Geringer Stromverbrauch:

Dank des Selbstfahrers hat er auch eine sehr einfache Einbringtechnik bei der Biogasanlage wählen können: Die Mischung füllt er direkt in eine Vorgrube. Das Futter besteht zur Hälfte aus Grassilage, dazu kommen Mais- und Ganzpflanzensilage, Lieschkolbenschrot und – per Radlader eingefüllt – Pferdemist. Außerdem pumpt er täglich 5 m3 Gülle aus dem Kuhstall sowie 50 m3 Flüssigkeit aus dem Endlager in die Grube. Das gesamte Material geht dann noch durch einen Mazerator, bevor es in den Fermenter gepumpt wird. „Damit zerkleinern wir sowohl die frische Grassilage als auch die unvergorenen Fasern aus dem Endlager sehr fein“, beschreibt Hoyer. Das Ergebnis: Trotz des hohen Grasanteils gibt es keine Schwimmdecken im Fermenter. Das Fermentersubstrat hat nur einen TS-Gehalt von 7 %. Und die Kombination aus Vormischung im Selbstfahrer und Flüssigfütterung sorgt für einen sehr niedrigen Strom-Eigenverbrauch. Dieser liegt mit 5 bis 7 % (inklusive BHKW) nur bei der Hälfte dessen, was sonst bei der Grasvergärung üblich ist.


Das so vergorene Material führt auch im Endlager zu einem sehr dünnflüssigen Gärrest, der sich problemlos auf dem Grünland ausbringen lässt.


Den Einsparungen stehen z. T. höhere Kosten gegenüber. Dazu zählt neben den Betriebskosten für Diesel auch der Verschleiß, vor allem an den Fräsmessern. „Bei Grassilage ist der Verschleiß höher, nach 1 600 Betriebsstunden müssen die Messer raus“, so die Erfahrung von Thomas Stadl.


Viele Störungen:

Doch beim Messertausch bleibt es leider nicht bei allen Betrieben. Steffen Benne aus Frittlingen (Baden-Württemberg) hat nach fünf Jahren bzw. 4 000 Stunden Laufzeit in den Selbstfahrer eines italienischen Herstellers gut 40 000 € in Ersatzteile gesteckt. Defekt waren unter anderem die Entnahmefräse, die Außenhaut der Wanne und sehr oft die Hinterräder. Zwar hatte er immer ein Ersatzrad vorrätig. Dennoch hat das immer wieder den Tagesablauf gestört.


Seit 2013 füttert er mit einem Modell eines süddeutschen Herstellers. „Ich hatte von diesem zwischenzeitlich ein Ersatzfahrzeug, das vorher 27 000 Stunden auf einem ostdeutschen Großbetrieb gelaufen ist. Das zeigt, dass die Maschinen durchaus länger halten können“, betont er. Sein jetziger Selbstfahrer besteht allein aus 5 t Edelstahl, der in der Mischwanne, aber auch im Zuführkanal verbaut ist. Benne hält nach seinen bisherigen Erfahrungen eine Edelstahl-Ausführung für sehr wichtig und rät jedem Käufer, auf hochwertige Komponenten zu achten.


Um längere Ausfälle zu vermeiden, sollten bei Komponenten wie Reifen oder der Elektronik keine exotischen Bauteile verwendet sein, damit man sie schnell tauschen kann.


Auch Frerk Francksen aus Butjadingen (Niedersachsen) hat nicht nur gute Erfahrungen mit dem Selbstfahrer gemacht. Schon im ersten Jahr haben ständige Ausfälle und Störungsmeldungen vor allem vom Motor, aber auch ein Ausfall der Vierradlenkung, Hydrauliklecks und viele andere Störungen das Füttern zur Tortur werden lassen. Dazu kommt der sehr hohe Verschleiß vom Elevatorband hinter dem Fräskopf, das bereits nach 500 Betriebsstunden. „So ein Band kostet inklusive Einbau mal eben 3 000 €“, ärgert sich Francksen.


Dennoch würde er heute auf den Selbstfahrer nicht mehr verzichten wollen. Als die Maschine mal wieder in der Werkstatt war, hatte er längere Zeit mit dem Teleskoplader gefüttert. In der Zeit stieg der tägliche Futterverbrauch der Biogasanlage mit 380 kW von 18 t auf 22 t an. Francksen hatte das zunächst auf die Silagequalität geschoben. „Aber als wir den Mischwagen wieder hatten, konnten wir die Fütterung nach wenigen Tagen wieder um drei bis vier Tonnen reduzieren“, stellte er fest. Bei Kosten von 35 bis 40 € je Tonne Mais bringt das also Einsparungen von über 100 € pro Tag. „Aber ich rate jedem Berufskollegen, sich vor dem Kauf bei anderen Landwirten nach den Erfahrungen mit Zuverlässigkeit, Verschleiß, Service der Werkstatt und Kulanz des Herstellers zu erkundigen!“


Die Größe ist ein Kompromiss.

Bei der Wahl der Größe des Selbstfahrers haben die Betriebe immer einen Kompromiss gewählt. Meistens haben sie den Wagen so ausgelegt, dass er leistungs- und größenmäßig zur Kuhzahl und zum Stallgebäude passt. Denn er muss sich ja gut auf der Futtergasse, aber auch zwischen den Gebäuden rangieren lassen. Zum Befüllen der Bio-gasanlage sind dann mehrere Mischungen pro Tag nötig. „Aber ein größerer Mischwagen steht kostenmäßig in keinem Verhältnis zu der zweiten Mischung“, ist Landwirt Günthner-Biller überzeugt, der mit einem 8 m3-Wagen arbeitet. Dennoch muss der Wagen auch Leistung bringen. „Mit 175 PS Leistung und Sechs-Zylinder-Motor ist er für die Biogasanlage optimal ausgelegt, da er nicht immer Vollgas laufen muss“, lautet seine Erfahrung.


Ohnehin spart man bei einem größeren Mischer nur die Fahrstrecke. „Die Zeit für das Einfräsen und das Entladen bleiben ja gleich“, nennt Landwirt Benne den Grund, warum er sich gegen ein größeres Fahrzeug entschieden hat. Er füttert seine 800 kW-Biogasanlage mit einem Selbstfahrer mit 18 m3 und muss täglich vier Mischungen machen. Für Entnehmen, Transportieren und Ausladen benötigt er heute 0,6 Liter Diesel pro Tonne Substrat. Seine Überlegung: Wenn er mit einem großen Mischer mit 30 oder 35 m3 arbeiten würde, wäre eine viel höhere Motorleistung und damit auch deutlich mehr Diesel zum Mischen nötig. Auch wäre der Verschleiß der Mischwanne höher. Für die 300 m zwischen Silo und Dosierer ist der Dieselverbrauch dagegen verhältnismäßig gering. Für ihn steht daher fest: Mehrmals kleinere Mengen mischen ist günstiger als eine große auf einmal.


Umladen per Förderband:

Das gemischte Substrat muss vom Selbstfahrer in den Annahmebehälter der Bio­gasanlage umgefüllt werden. Frerk Francksen füllt den Mischwagen-Inhalt zusammen mit Mist per Teleskoplader in den Dosierer. Das ist zwar ein zusätzlicher Arbeitsschritt, aber eine relativ günstige Lösung. Die Alternative ist auf den meisten anderen Betrieben ein Förderband, auf das die Mischung umgefüllt wird. Dieses ist jedoch kostenmäßig nicht zu unterschätzen.


Im Betrieb Günthner-Biller ist das Förderband 4,50 m lang, 1,30 m breit und hat einen Motor mit 11 Kilowatt (kW) Antriebsleistung. Im Betrieb benötigt es jedoch nur rund 6 kW. Das Umladen einer Füllung dauert zwischen fünf und acht Minuten. Den Füllstand des Dosierers kontrolliert er mithilfe einer Kamera, die am Selbstfahrer montiert und in den Dosierer gerichtetet ist.


Das Förderband hat bei einem italienischen Hersteller rund 11 000 € gekostet. Bei deutschen Herstellern kann so ein Förderband bei einer Überladeleistung von 3 bis 4 t pro Minute auch 35 000 € (netto) kosten, wie aktuelle Angebote zeigen.


Steffen Benne setzt auch ein Förderband ein, das ihn 7 000 € gekostet hat. Zusätzlich hat er zusammen mit seinem Bruder eine interessante Lösung gebaut: Das Förderband ist beweglich, es fährt auf einer Schiene langsam während des Befüllvorgangs vorwärts. Parallel dazu fährt er mit gleicher Geschwindigkeit mit dem Mischwagen. Auf diese Weise lässt sich der fast zehn Meter lange Abschiebebunker mit 50 m3 Volumen gleichmäßig befüllen. Das Umfüllen einer Mischung dauert nur 2,5 Minuten.


Von angebauten Lösungen wie Überladeschnecken oder Überladebändern an den Mischwagen hält er dagegen nichts: „Die sind immer starr an der Maschine. Man schleppt nicht nur das Gewicht ständig mit, sondern ist auch auf engen Höfen oder niedrigen Ställen schlecht beweglich.“ Eine Überladeschnecke mit mehreren Winkeln würde außerdem den Dieselverbrauch und die Verschleißkosten erhöhen.


Benne ist der von uns befragte Landwirt mit den längsten Selbstfahrer-Erfahrungen. Bereits seit dem Jahr 2000 erzeugt er Biogas und füttert seit 2005 auch mit einem Selbstfahrer.


Trotz der negativen Erfahrungen, die er mit dem Vorgängermodell gemacht hat, würde er heute auf diese Technik nicht mehr verzichten, selbst wenn er keine Kühe hätte: „Gerade bei steigenden Futterkosten ist es wichtig, Lagerverluste zu vermeiden und die Bakterien im Fermenter mit einer guten Mischung optimal zu versorgen, damit sie möglichst viel aus dem Material herausholen. Dafür ist der Selbstfahrer sehr gut geeignet.“


Hinrich Neumann

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